Die gelben Wolken eines kommenden, furchtbar grauen Ascheregens ziehen wie eine Perlenkette des Verderbens über den Nachthimmel hin. Das Schmuckstück leuchtet … schweflig – es stinkt! Ein Geruch von Verwesung macht sich, wie ein Zeichen, dazu noch unterschwellig, breit. Giftige Fahnen schleiern schon deutlich bis auf den Boden der Tatsachen herab.
Irgendwo weint ein ungeborenes Kind. Es besteht aus dem Nichts noch nicht empfundener Gefühle, doch seine Präsenz ist mitleiderregend.
Überirdischer Donner beginnt mit der Ouvertüre zur Oper „Abschaum“ und der Vorhang geht auf! Schwarze Engel erscheinen, die Masken des Lichts tragend.
Müde erheben sie ihre Posaunen – im Hintergrund glänzt die Stadt Jericho. Ihre Tore sind weit geöffnet für die Janitscharen der göttlichen Daseinsfreude, die keine Berechtigungsscheine braucht, um unerkannt einzudringen. Rattenprozessionen nähern sich, angeführt von Harlekinen, dem Mauerring. Die Spielwiese vor der Stadt füllt sich mit Bettlaken. Alle Traumtänzer sind aufgerufen, sie zu bevölkern und sich auf etwas hinauszureden, das mit-nichten gebraucht wird: Blutspenden!
Viele sehen darin eine neue Müllhalde, aber das denken lediglich die Eingeschlossenen, denen es vorbestimmt ist, auf die Posaunenklänge der maskentragenden Engel zu warten. Die Bürger sind jetzt im Ansatz furchtsam, ha-ben sich aber trotzdem für den kollektiven Selbstmord entschieden, denn die Auswege lägen nur im Verzicht. „Und der ist keine Alternative!“, sagen sie. Ohne ihr Auf-bäumen ist der Ausgang der Oper vorhersehbar langweilig.
Zuverlässig unwach geblieben, aalt sich der Quoten-Philosoph im Denkbaren – sollte er seine Stimme erheben? Nein! Lieber verlängert er seine Kontemplation noch eine ganze Weile, bis er erkennt, daß die Stadt brennt! Das Dröhnen der Posaunen hat er überhört. In einer Vision sieht er Kassandra im Staub auf dem Schlachtfeld lie-gen, das keines ist. Doch nicht alles von ihr liegt im Staub, nur der vergewaltigte Leib. Ihr Haupt ziert eine spitze Stange, die aus einem der Mauerreste ragt, um Folgendes kundzutun: Glaube niemals an Wegweiser, die du nicht selbst aufgestellt hast – sie könnten in eine Zeit ohne Zukunft führen!
Irgendwo weint ein ungeborenes Kind! Es besteht aus dem Nichts niemals empfundener Gefühle, und seine Präsenz ist schwindend!
Die Oper ist nun in vollem Gange! Die schwarzen Engel mit den Masken aus Licht ziehen hinter die Bühne ab. Im Orchester wechseln die Musiker. Ein neuer Dirigent hebt den Taktstock und die Trommeln eröffnen einen zärtlichen Reigen, der einen Aufmarsch ohnegleichen aus den giftigen Wolken herabbeschwört. Der Ascheregen verdun-kelt die Sicht. Es stinkt unterschwellig nach Verwesung und aus dem schwefligen Gelb steigt der Erlöser auf den Boden der Tatsachen hernieder.
Er lächelt! In seinen blutunterlaufenen Aug-äpfeln spiegelt sich das gesamte Vertrauen der Welt …
Kommentar:Hallo Alf, das Wort der "Quoten-Philosoph" schön beschrieben für jemand der Allem nach dem Mund redet. Die Geschichte die Du erzählst ist wieder mal so gefüllt mit zig Bilder im Kopf die entstehen und sich gegenseitig überlappen und verdrängen. Manchmal denke ich die Welt ist tatsächlich eine Oper, das kann alles nur geträumt und gar nicht wahr sein, weil zu skuril und surreal. Aber leider ist es der Wachzustand und der ist erschütternd! Sehr gut beschrieben. Zum Bild, tja, TOP! Mehr kann ich dazu nicht sagen! Gefällt mir sehr! Schöne Farben und das Thema ist eben auch bekannt! Der Herr Leonardo da Vinci war schon ein besonderer Zeitgenosse!
lg Michael
Re: Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / 241. Schritt
Kommentar:Ja, lieber Michael...das hier kann eigentlich nur ein böser Traum sein. So viele Idioten auf einem Haufen kann es real doch gar nicht geben, möchte man meinen.
Danke für den Komentar!
LG Alf
Re: Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / 241. Schritt
Gefühlsduseleien
Ein Tag brachte Enttäuschungen.
Gescheiterte Versuche,
warfen kalten Schnee auf die Gedanken.
Träume sprangen aus den Wolken,
sie brachen sich beinahe das Genick,
doch sie [ ... ]
Wir sind die Phalanx des Guten gewesen,
wir haben uns wahrhaftig um alles bemüht.
Wir waren, an der Geschichte gemessen,
Pioniere auf einem ganz neuen Gebiet.