Schlimm ist es, keinen Verstand zu haben! Fast ebenso schlimm ist es jedoch, zu viel davon zu besitzen. Zu viel Verstand haben, möchte man meinen, ist wohl schlecht möglich, vor allem in einem Land, wo er schmerzlich vermisst wird. Und in welchem würde er nicht schmerzlich vermisst, laufen doch in schlicht allen Gegenden der armen Mutter Erde hauptsächlich vorzugsweise Menschenwesen umher, bei denen man gut und gerne annehmen möchte, sie wüssten gar nicht, was das ist: Verstand!

Kommen wir jetzt zurück auf den Boden der Realität, und bilden wir uns ein, es gäbe den idealen Staat. Lassen wir doch der Fantasie einfach freie Hand und fangen wir zu fabulieren an …
Im idealen Staat, nennen wir ihn einmal Ixxüppsillonquadrat, gibt es keine Polizei! Jeder darf demgegenüber aber alles tragen, was er möchte, Waffen, Hosen, Balken, Tee, Bären zum Aufbinden, Behahs, keine Behahs, keine Hosen, nichts, Mäntel aller Art, nur keine Mäntelchen wie das einer Doppelmoral usw. Aber das muss man niemandem explizit verklickern – jeder weiß sowieso, was er tut!

Keine Menschenseele käme je auf die Idee, mit einem schnellen Auto mehr als nur anzugeben. Gefährliches Schnellfahren, was einem Waffengebrauch gleichkommt, steht außer Frage. Es reicht zu wissen, daß man es könnte! Und man kann es ja wirklich tun … auf völlig verkehrsfreien Rennbahnen, die dafür vorgesehen sind. Dasselbe gilt für Waffen, die man ja auch nicht real, also zur Ausübung von Gewalt benutzt, sondern ausschließlich zum Zielschießen – und falls einen auf offener Straße einmal ein Tiger fressen möchte.

Jeder zahlt freiwillig Steuern, denn jeder möchte sehr gerne einen Betrag dafür leisten, daß es Schulen, Krankenhäuser, Straßen und Kultureinrichtungen aller Art gibt. Dafür werden die Steuergelder aber auch weder veruntreut noch falsch eingesetzt. Es existiert niemand, der gewillt ist, weder vorsätzlich, noch unabsichtlich, Bürger zu verarschen. Falls dies einmal geschieht, geschehen sollte, ist der betreffende Politiker aufs Äußerste bemüht, den angerichteten Schaden wieder in Ordnung zu bringen! Alle Einwohner des Landes helfen genau dort, wo sie können! Wenn einer definitiv an einer bestimmten, von ihm ausgesuchten Stelle nicht helfen kann, dann sucht er sich sofort eine andere. Sämtliche Mittel werden an jener Stelle eingesetzt, wo sie gebraucht werden – und zwar zum Wohle aller und in genau dem Maße, wie sie gebraucht werden …

Um diesen paradiesischen Zustand aufrechterhalten zu können, unterziehen sich die Bürger sporadisch, aber immer wieder, einer freiwilligen Prüfung bei einer neutralen Instanz, wo ihre Eigenschaften, ihre Qualitäten sowie ihre Kompetenzen getestet werden. Für alles sind imaginäre „Scheine“ vorgesehen! Imaginär deshalb, weil keiner auf die Idee käme, eine völlig logisch begründete Beurteilung in Zweifel zu ziehen. Geprüft werden nicht nur die Fahrtüchtigkeit und die Arbeitskraft, nicht nur gesundes Urteilsvermögen, sondern beispielsweise auch die Fortpflanzungstauglichkeit! Der (imaginäre) Elternschein ist überhaupt einer der wichtigsten Scheine!

Wer sich also aufgerufen fühlt, etwas zu tun, das der Allgemeinheit vielleicht nützen, vielleicht schaden könnte, der sucht ganz automatisch eine der neutralen Prüfungsstellen auf und geht dort sich selber auf den Grund. Testergebnisse, wie „Notorischer Schnellfahrer“, „Verkappter Amokläufer“, oder auch „Unüberlegter Kindermacher“ sollten das denkende Individuum sofort anregen, sich abzubremsen. Wer also einen Sportwagen hat und damit nicht bloß Mädchen spazieren fahren, sondern andere Verkehrsteilnehmer übel bedrängen möchte, der ist gehalten, sich schnellstmöglich davon zu befreien, bevor etwas Schlimmes geschieht!

Wer eine wundervolle Waffensammlung besitzt, die beinahe ein ebensolcher Augenschmaus wie ein Sportwagen ist und irgendwie als pervers veranlagt beschrieben werden muss, der sollte das Weite suchen und nie an seinem Waffenschrank vorbeikommen! Wer sich für einen großen Denker hält, in Wirklichkeit aber nur ein kleines Lichtchen ist, der sollte keinesfalls an Projekten mitarbeiten, die Verantwortung mit Gefühl erfordern, der sollte zum Bau gehen, wo er lediglich tun darf, was ihm angeschafft wurde, und wer schon 3 unausstehliche Kinder hat und trotzdem – aus welchen Gründen auch immer – sich ein noch unausstehlicheres dazu wünscht, obwohl er es gar nicht mehr mitabfüttern kann, dem sollte kein anderer Ausweg bleiben als zuzugeben, daß er in seine Frau(en) gar nicht verliebt ist, sondern sich nur abreagieren möchte.

Dies geschieht ja hauptsächlich aus dubiosen Machtgründen, und zwar erkennbar (dazu zählen übrigens auch niedere Instinkte)! Und eben diese Gründe sollten überdies Leute abschrecken, in die Politik gehen zu wollen, nur weil sie vielleicht dick oder doof sind und ansonsten keinerlei sichtbare Kreativ-Ergebnisse aufweisen können. Kurz: Wer, wo auch immer, einfach keine Ahnung hat, der ist aufgerufen, seine Mitmenschen vor sich und seinesgleichen zu verschonen!

Nun aber wollen wir uns wieder von unserem Logik-Anfall erholen und zurückerwachen in die Realzeit des gelebten Wahnsinns, bevor wir uns ganz frech fragen müssen: „Wo liegt dieses gelobte Land eigentlich?“ Wir müssten uns sonst leider zur Antwort geben: „Es liegt im Nirgendwo, hinter den sieben Bergen, den sieben Brücken, den sieben Sachen, es hat Nullkommanull Einwohner, einen Staatshaushalt von 13 Trillionen Luftblasen, und wenn dort die Sonne aufgeht, dann schlägt es dreizehn, denn so etwas kann (darf) es einfach nicht geben!“

Ganz nebenbei gesagt, wird es ja obendrein von niemandem angestrebt, denn sollten die dafür geeigneten Wunderwesen vereinzelt auf dieser Welt im Verborgenen existieren – also Individualisten, die gerne den idealen Staat Ixxüppsillonquadrat anstreben möchten –, dann sind sie dermaßen in der Minderheit, daß sie den Bemühungen derer, die ein solches Vorhaben aus tiefster Überzeugung (und weil sie allerhand zu verbergen haben) ablehnen, mit Leichtigkeit zum Opfer fallen würden.

Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten  230. Schritt

© Alf Glocker


© Alf Glocker


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