Huch, ich bin im Paradies! Welche Schande! Hab gar nicht bemerkt, daß ich gestorben bin …
Ist das jetzt unchristlich? „Es ist ein Phänomen“, sagt der dunkle Engel neben mir, der an einem Waschtrog ge-rade mit Blondieren beschäftig ist. Ein Leopard sitzt blöd grinsend daneben. Er wedelt aufgeregt mit dem Schwanz. Träumt er vom Engel oder von einem Rindersteak?

Nö, das geht im Paradies gar nicht, denke ich mir und weiß nicht, ob ich mich jetzt geirrt habe. Aber das ist ja auch nur eine Lappalie. Viel wichtiger ist der noch ausstehende Koalitionsvertrag zwischen der schwarzen und der weißen Schicksals-Partei.

Da im letzten Wahlgang, dem sogenannten Yin-Yang-Ver-fahren, hier, mitten im Jenseits, keine Kraft die absolute Mehrheit erhalten hat, denkt man an eine Übergangslösung, bis durch üble Nachreden (hin und her) Neuwahlen erforderlich werden können.

Inzwischen wird dem Lagerkommandanten das Misstrauen ausgesprochen, damit er ungeniert weiter agieren kann – mit oder ohne Doktorwürde. Ich helfe inzwischen dem Engelchen beim Blondieren, oder ich versuche aufzuwachen, in ein anderes Paradies hinein, ganz am Rande der Schande, respektive der bewohnbaren Un-Welt.

So bin ich also gar nicht im Paradies? Doch, wenn dies nicht das Paradies ist, was ist es dann? Ist es wenigstens das Paradies der Werktätigen? Das Bollywood für einfache Geister – Bollywood selbst also?

Die dunklen Engel um mich sind anscheinend alle mit Blondieren beschäftigt – woher sie auch kommen. Alle möchten sie dabei sein, beim größten Reibach der Geschichte. „Kommt, verkleiden wir uns als Assimilanten“, rufen sie neckisch, „das ist gerade modern und es heizt den Karneval an!“ Ich schüttle mich vor Lachen! Das kann die Realität nicht sein, denke ich. So komisch habe ich sie gar nicht in Erinnerung. Also kann es auch nicht sein, daß ich gestorben bin. Aber: Dies ist das Paradies!! Darauf muss ich schon bestehen, allen Verkleideten und allen Nichtverkleideten gegenüber. Und so beginne ich euphorisch zu schunkeln, so lange, bis alles aus den Fu-gen gerät.

Als ich wieder erwache, hat mich ein wilder Affe gebissen, der Leopard hat sein Rindersteak bekommen, der dunkle Engel ist gar schröcklich erblondet und vor mir steht, kopfschüttelnd, eine leuchtende Gestalt. Es ist die Zukunft, die mich fressen will. Vorher soll ich allerdings noch paniert werden.

Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten  222. Schritt

© Alf Glocker


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Kommentare zu "Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten 222. Schritt"

Re: Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten 222. Schritt

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 25.03.2022 9:31 Uhr

Kommentar: :-) :-) :-)
Liebe Grüße Wolfgang

Re: Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten 222. Schritt

Autor: Alf Glocker   Datum: 25.03.2022 17:42 Uhr

Kommentar: Dank!

Liebe Grüße
Alf

Re: Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten 222. Schritt

Autor: Michael Dierl   Datum: 26.03.2022 0:19 Uhr

Kommentar: Ohhhhhhhhhhhhhhhhhh...............wie schade, dass Du nicht geschrieben hast "Ein Leopard sitzt blöd grinsend daneben. Er wedelt aufgeregt mit dem Kanonenrohr......." Aber ich will Dir nicht in's Amtwerk pflutschen! ;-)

lg Michael - ein in-mich zerreißendes nach außen sichtbares durchrüttelnder Applaus! :-))))))))

Re: Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten 222. Schritt

Autor: Alf Glocker   Datum: 26.03.2022 6:47 Uhr

Kommentar: Hahaha - erfrischend!

Danke für den Aplaus

LG Alf

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