Guter Rat ist teuer, sagt ein Sprichwort. Aber was teuer ist, muss nicht immer gut sein – sagt die Erfahrung. Im Ratsfalle könnten wir aber auch im Do-it-yourself-Verfahren zu einem Ergebnis kommen. Dazu bräuchten wir jedoch ein geeignetes Werkzeug. Deshalb versuchen wir es erst einmal mit Nach-Denken. Dann versuchen wir es frei …

Was rät uns der „Realist“? „Wir müssen mit dem zurechtkommen, was wir haben!“ Und was haben wir? Wir haben uns – also nicht du mich und ich dich, sondern zunächst einmal habe ich mich und du dich. Das ist zwar ebenfalls reine Spekulation, aber darüber haben wir ja schon gesprochen. Doch zurück zum Thema – wir haben unser nacktes Leben! Wem es wirklich gehört, soll uns im Folgenden nicht weiter beschäftigen. Was wollen wir daraus machen?

Zunächst können wir uns nur Vorhaltungen machen. Wir schelten uns, so wir „vernünftig“ sind. Wir halten uns vor: Jetzt raff dich auf und stell dich den Anforderungen, die auf dich zukommen – lebe das Sein! Dann empfiehlt sich ein Kassensturz …

Was ist das eigentlich, ein „Sein“?
Hmm, zunächst bedeutet es einmal, zumindest soweit uns bekannt ist, 5 Sinne zu haben …
Wer 5 Sinne hat, der besitzt, so möchte ich sagen, ganz klar die Chance, sich selbst und anderen damit eine Freude zu bereiten. Wir kennen das z.B. zur Genüge von der Liebe. Aber nicht allein die Liebe ist geeignet, Freude in und um sich zu verbreiten, auch die Kunst ist es! Dazu zählt nicht nur die Musik (Beethoven hat einmal gesagt: Wer meine Musik gehört hat, kann nie wieder richtig traurig sein), die unsere Ohren erfreut, die geeignet ist, uns in Stimmungen zu versetzen, nicht nur die Belletristik und die Poesie, sondern natürlich ebenso die bildende Kunst, die Malerei, die Bildhauerei und im weitesten Sinne wohl auch die Fotografie.

Da fällt mir ein … Denken gehört ja ebenfalls dazu: „Cogito ergo sum“. Bin ich also, wenn ich denke? Oder bin ich erst gänzlich im Sein, wenn ich Denken und Lieben verbinde? – Ich könnte eine Grundstimmung aus beidem erzeugen, eine Art innere Sonne, die mich in die Lage versetzt, das Leben aus einem bestimmten positiven Blickwinkel zu sehen. Wäre das dann schon die Voraussetzung für echte Kreativität?

Natürlich könnte ich mir jetzt vorstellen ich liebte mich einfach selbst (ohne zu kontrollieren, inwiefern das überhaupt stimmt). Dann begegnete mir vielleicht der Stolperstein der Selbstgefälligkeit, aus der spontanes Eigenlob und kritiklose Selbstüberschätzung hervorgehen könnten. Aber das stelle ich mir nicht vor. Ich versuche zu ergründen, wie weit es mit der Liebe zum Sein (auch dem eigenen) her ist. Wie mache ich das?

Könnte ich vielleicht so an die „Sache“ rangehen … ich erzeuge zuerst einmal einen meditativen Urzustand in meiner Seele. Nichts darf sie überlagern. Anschließend versetze ich meine Gedanken automatisch in kreisförmige Bewegungen um einen ruhenden Pol, die immer schneller werden. Mit der Zeit (die jetzt eigentlich gar nicht mehr wirklich vergeht) schleudere ich alles Belastende, das mein tiefstes Selbst umgibt, von mir, bis ich völlig geistig bin: ein absolut neutraler Zustand!

Dann, erst dann, blicke ich in den Spiegel, um das, was übrig geblieben ist, zu erkennen und – finde mich schön. „Schön“ im Sinne von „ausbaufähig“. Das bedeutet, daß sich die Kreativität mir in Windeseile nähert. Von allen Seiten kommt sie trost- und kraftspendend auf mich zu, um mir neue Welten aufzuzeigen, die aus meiner neutral denkenden Ur-Identität wachsen möchten. Ich entdecke Raum-Zeit-Kontinuen, die vorher noch nie ein Mensch gesehen hat (weil er aus seiner Ur-Identität völlig andere Welten erzeugen würde) und ich beginne zu betrachten.

Ich betrachte die Neuen Welten, die alte Welt, mich selbst – alles völlig neutral, doch mit dem Hochgefühl des Seins, das sein Bestes gegeben hat. Ob ich nun zufrieden bin oder nicht, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist die Intensität, mit der ich die ganze Zeit gelebt habe.

Ich habe mein Ich gefunden und geweckt, habe es an einer Stelle entdeckt, an die es passt, ohne gewaltsam von außen in eine Nische gedrängt worden zu sein. Jetzt ergeben sich die Konsequenzen daraus wie von selbst. Ich bin, wie ich bin und kann, was ich kann, und was ich kann und was ich bin, ist wertvoll. Dieser Wert, an dem praktisch immer gearbeitet werden darf, der jedoch nicht verteidigt zu werden braucht, weil er für sich neben anderen Werten steht (an welcher Stelle ist zwar diskussionsfähig, aber nicht kritikwürdig), ist mein Wert.

Meine Seele lebt in ihm und durch ihn. Er ist mein Sein, das ich leben kann, mein Reichtum, meine zeitlose „Identität“ und mein immerwährendes Ziel. Dafür gibt es das Universum und das Bewusstsein, denn nichts ist edler im Gemüt als das unverfälscht gelebte Sein!

Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / 212. Schritt

© Alf Glocker


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