Kurzer Lehrgang in "Richtige Wahl treffen".
Sei bescheiden, wirf Dein Lebensinteresse auf eine einzige Facette, von der 98 Prozent Deiner Mitmenschen keine Notiz nehmen, und Du wirst Einsamkeit betreten!



Euch vergessen, und Einsamkeit wäre nicht. Wer nicht an Einsamkeit glaubt, der glaubt nicht ans Leben.



Ein seltsamer Typ. Er schwärmt für die Lösungen. Mit ihm wird das Leben leichter und leichter, er nimmt das Negative raus. Zurück bleibt ein fadenscheiniges Leben.
Sein Ideal: "Nichts mehr eingespannt im Schraubstock!"
(Abhilfetyp)



Wir sind allesamt Kinder des Aristoteles: "Zoon politikon" (das soziale Tier)



Auch beim Streben nach Lebenserfahrung sollte man zurückhaltend sein. Zeichnet sich z. B. ab, dass eine Angelegenheit negativ ist, kann man getrost die Kenntnisnahme-Arbeiten abschließen. Das Untaugliche verdient nicht unser Interesse.



Liebesgedicht

Die Liebe warf ein Netz über mich
Und ich warf ein Netz über die Liebe.



Mich wundert, dass mir in meinem langen Leben nie ein Zwischenmensch begegnet ist. Da es doch so viele zwischenmenschliche Probleme gibt! Scheint zu bedeuten, dass es den gar nicht gibt. Bleiben also nur der Privatmensch und der Sozialmensch.
(Übrigens ist die soziale Schuld geringer als die private.)



Problähme



Der Glaube an die Menschheit: Ich halte meinen Nachbarn für zuverlässiger als mich selbst.



Die Zweisamkeit ist der Einsamkeit nicht überlegen. Erst die Fünfsamkeit tut es.



Die Menschen machen sich nicht auf den Weg, Menschen zu suchen. Nein. Sie scheuen den Gang durch die Einsamkeit. Man hat ihnen gesagt, Einsamkeit sei etwas Negatives.


"Die Gedanken sind frei." Wir müssen nicht denken, wie wir tun.


Einsamkeit: Ihre Abschirmkräfte sind den Menschen 10mal lieber als ihre Anziehungskräfte.


Mit dem Sozialen ist auch die Menschenkenntnis verschwunden. Sie war in dem "sozialen Topf" angesetzt gewesen.


Meine Fehler: Ich kann nicht so gut denken, wie ich sehen kann, und nicht so gut schreiben, wie ich denken kann, und nicht so gut meinen, wie ich schreiben kann.


Denunziation: Die nicht atmen können, solange auch die Einsamen zu den eingetragenen Mitgliedern der Menschheit gehören, geben sich als die Gesunden aus.


Seltsam, dass noch so viele Menschen WIR sagen können!


Bei den Optimisten hat der Realist einen schweren Stand. Die vertrauen darauf, dass die Realität nicht zum Zuge kommt.


Ob eine Kuh allein auf der Weide steht oder zusammen mit den anderen, das fühlt sie nicht. Und doch entgeht es ihr nicht. Sie hat Augen im Kopf. So ist sie über ihren Einsamkeits-Status immer im Bilde. Wie so anders ist doch die Einsamkeit von uns Menschen! Wir sehen nicht. Unsere Stärke ist das Fühlen. Ein kleines Gefühl verrät uns, ob wir einsam sind. Von 1 bis 5. (Und es erspart uns zugleich nachzusehen, wie wir denn stehen "auf der Weide".)


Ist das Zueinanderkommen bei den Menschen nicht mehr so beliebt, entfaltet sich die Einsamkeit.


Hilfe brauchen die Einsamen nicht. Ein bisschen Gesellschaft täte ihnen vielleicht gut, aber die kriegen sie nicht. Von uns nicht. Wir haben nur Hilfe im Angebot.


(Einsamkeit ist ein soziales Phänomen. Von Hilfe kann im Sozialen keine Rede sein.)


Einsamkeit ist ein Gefäß für ein vollendetes Leben.


Was Einsamkeit ist und was nicht, kann nicht aus der Luft gegriffen werden. Dazu braucht's einen Batzen Menschenkenntnis. (Falls nicht das Interesse am Menschen ganz aus der Mode gekommen ist.)


Die Versuche, den Menschen psychisch in Ordnung zu bringen, werden Erfolg zeitigen, sobald wir den Mut haben, uns von der alten Väterweise abzuwenden und zwecks Übereinstimmung mit der Therapie zur psychischen Lebensweise zu greifen.


Ein Zitat: "Einsamkeit macht krank." Ja. Die Faulen.


Wo Menschen aufeinander treffen, ist Einsamkeit nicht weit.


© Roland Morgenstern (*1938), Werkzeugmacher und Maschinenbau-Ingenieur. Sprücheklopfer (Der Specht von Karow). Mitglied des Schreiber-Netzwerks


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