Was einen Sozialstaat ausmacht

© Alf Glocker

Einen Sozialstaat erkennt man an seiner Wirtschaft: Sie strebt die Automatisierung an. Ein anderes Wort dafür ist Rationalisierung, was von Ratio, Vernunft kommt. Und alles läuft zur Zufriedenheit aller ab! Wenn z.B. ein Betrieb „rationalisiert“, also Menschen entlässt und Roboter einstellt, dann verkürzt sich automatisch auch die Arbeitszeit der verbliebenen Arbeiter und Angestellten, bei gleichbleibendem Lohn, auf ein erträglicheres Maß, und, oder, die Roboter zahlen die Löhne und Rentenbeiträge der Entlassenen weiter. So ist das in einem Sozialstaat! Nichtwahr?! Nein, aber so sollte es wohl sein!

Ein Sozialstaat benötigt immer weniger Arbeitskräfte, braucht aber Bürger, damit noch wer Steuern zahlt, denn die rationalisierenden Groß- und Größtbetriebe bekommen Steuererlass für die Bereitstellung von Arbeitsplätzen. Das muss sein, weil sie sonst, was sie übrigens trotzdem tun, nur noch im Ausland produzieren lassen…dort, wo die Lohnkosten niedriger sind. Weil aber dort die Lohnkosten niedriger sind kommen die Arbeitskräfte aus den Billiglohnländern in die reichen Sozialstaaten, wo sie dann von den Löhnen der noch nicht Entlassenen profitieren. Wer nicht wegrationalisiert wurde, der zahlt!

Manche sagen dann aber: „Das ist ja gar kein richtiger Sozialstaat!“ und wollen ihren Kindern nicht antun in einem sogenannten Sozialstaat, der gar kein richtiger ist, leben zu müssen, um für Leute zu zahlen, die im Sozialstaat zwar nicht effizient mitarbeiten, aber trotzdem effizient mitprofitieren möchten. Die Kinder kommen somit folglich erst gar nicht mehr auf die Welt. Dies wiederum bringt den propagierten Sozialstaat in Bedrängnis, weil dann bald keiner mehr Steuern zahlt, aber ständig weiter rationalisiert wird. Das gefällt der rationalisierenden und regierenden Oberschicht leider nicht. Zuzug wird also nötig!

Nun aber verändert sich die Bevölkerung von ehemals Arbeitenden in nunmehr Zugezogene, die hauptsächlich profitieren möchten, zum effizienten Arbeiten aber nicht in der Lage sind, weil ihre Vorfahren oft seit 40 000 Jahren Jäger und Sammler gewesen sind, oder von erobernden Glaubensjüngern abstammen und ihren Lebensstil nicht gerne ändern möchten. Was ein echter Sozialstaat ist, der toleriert so etwas nicht nur, er institutionalisiert es. Ein wirklicher Sozialstaat ist nämlich kunterbunt! Und damit er das bleiben und gleichzeitig weiteren Wohlstand gewährleisten kann, setzt er die Bildung ein…

Nachdem – vor allem in Sozialstaaten – alle Menschen gleich sind, ist Bildung immer gleich gut zu vermitteln…außer man möchte sich nicht fließend verständigen können, weil die Ureinwohner des Sozialstaates beispielsweise keine heilige Sprache sprechen, oder gar dem falschen, oder noch schlimmer, gar keinem Glauben anhängen. Dann muss wieder einmal die Technik herhalten. Schließlich müssen die Roboter gewartet werden und die Reichen brauchen, falls sie mal krank werden sollten, eine Menge Pflegepersonal, auch wenn die Auszubildenden womöglich störrisch sind. Das darf aber auch wieder nicht sein.

Dann zeigt sich was die „innovativen Kreise“ wissenschaftlich zu bieten haben… Sie schlagen, unter anderem, den bargeldlosen Zahlungsverkehr vor! Ein Chip am Handgelenk und flutsch, hat man bezahlt was ausgesucht wurde. Und genau so geht es natürlich auch mit der Ausbildung! Wer da aus entsprechend niederen Schichten stammt und weder Zeit noch Lust hat eines Tages wegrationalisiert zu werden, weil seine Vorfahren seit 40 000 Jahren Jäger und Sammler waren, der kommt in den Genuss eines Chips im Kopf und er hat das von ihm erwartete und geforderte Wissen flugs intus! Bravo Menschheit!

So bleibt der Sozialstaat immer am Laufen und jeder bekommt was ihm zusteht. Keiner muss noch 40 Stunden in der Woche etwas ausüben, das andere in die Lage versetzt sich einen großen Lebensstil zu genehmigen, weil er selbstverständlich leidenschaftlich gerne macht was er macht (siehe Chip) und irgendwann erfinden lernfähige Maschinen andere Maschinen, die immer leistungsfähigere Roboter bauen können, welche dann nur noch gewartet werden müssen, während sich die innovativen Kreise reichhaltig verpflegen lassen. Das klappt, ihr werdet es sehen, harharr! Aber dann kommt die Rechnung direkt vom Wirt!


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Was einen Sozialstaat ausmacht"

Re: Was einen Sozialstaat ausmacht

Autor: Bluepen   Datum: 21.02.2021 9:05 Uhr

Kommentar: Lieber Alf, genial geschrieben!

Das hätte kein Vortragender auf der Volkshochschule Sparte Wirtschaft nicht besser vortragen können. Jetzt fehlt nur mehr der Vortrag über den Niedergang des Sozialstaates, der bereits im Gange ist.

LG - Bluepen

Re: Was einen Sozialstaat ausmacht

Autor: Alf Glocker   Datum: 21.02.2021 9:43 Uhr

Kommentar: Ja, den halt ich auch noch... ;-))

LG Alf

Re: Was einen Sozialstaat ausmacht

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 21.02.2021 12:04 Uhr

Kommentar: Lieber Alf,
das Geld gehört in die Wirtschaft ... und meistens komme ich besoffen wieder raus.
Spaß beiseite, du hast dir bei deinem Vortrag hier richtig Mühe gegeben.
Liebe Grüße Wolfgang

Re: Was einen Sozialstaat ausmacht

Autor: Alf Glocker   Datum: 21.02.2021 16:18 Uhr

Kommentar: Vielen Dank lieber Wolfgang - es ist nur so gesprudelt...

Liebe Grüße
Alf

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