Weltweiter Handel, Ausflüge bis an das Ende der Welt, Innovationen über Innovationen. Was heute noch als der letzte Schrei gilt, findet bereits morgen keinerlei Beachtung mehr. Unsere Welt scheint sich in einem stetigen Fortschritt zu befinden. Doch besteht unsere Welt nur noch aus vergnügenden Reisen und materiellen Vorlieben? Sind wir uns darüber bewusst, was am anderen Ende der Welt oder gar neben uns geschieht? Die Frage ist: Leben wir in einer aufgeklärten Gesellschaft?

Wir Deutschen haben immer etwas zu nörgeln. Dabei geht es uns im internationalen Vergleich sehr gut. Im jährlich von der UNO veröffentlichten World Happiness Report befinden wir uns auf Platz 16 von 155 Ländern. Klar, besser geht es immer. Im Vergleich zu vielen (besonders afrikanischen) Ländern leben wir jedoch im absoluten Luxus. Das ist nicht jedem bewusst. Eine wichtige Frage ist: Schätzen wir unsere eigene Demokratie, die damit verbundenen Vorteile, aber auch die einfachen Dinge des Lebens noch wirklich?

Die Bundesrepublik besteht aus sechzehn Bundesländern, die sich alle an die demokratische Verfassung, das Grundgesetz, halten müssen. Mit den darin garantierten Freiheiten wird uns Bürgern ein möglichst sorgenfreies Leben garantiert, solange wir die Rechte des Mitbürgers nicht verletzen.
Ein Produkt unserer Gedankenfreiheit ist der technische Fortschritt. Handys, Roboter und Computer vereinfachen unsere Welt, schaffen uns Arbeitsplätze und verbinden. Mit einem Mausklick sitzt man in Paris, mit dem nächsten flattern die neuesten Sneaker von adidas, Jordan und Co. ins Haus. Facebook wünscht uns alles Gute zum Ehrentag, Instagram teilt unsere schönsten Augenblicke mit der Welt.
Diese Errungenschaften müssen wir zu schätzen wissen, in Zeiten von Überwachung und Datendiebstahl sollten wir sie jedoch auch kritisch hinterfragen. Nicht alles, was glänzt, ist Gold. Ein kritisches Beäugen kann niemals schaden und eine kräftige, ehrliche Umarmung wird uns auf ewig glücklicher machen als die goldene Rolex am Handgelenk oder das überteuerte Smartphone in der Hose. Wir müssen wiedererlernen, dass uns diese materiellen Güter nicht unterscheiden dürfen.

So aufgeklärt wir über unsere eigenen Vor- und Nachteile sind, so wenig kümmern wir uns um die Krisenherde auf dieser Welt. Neun Staaten besitzen Atomwaffen und schicken im gleichen Atemzug Hilfspakete nach Afrika. Wir führen eine ewige Debatte über Gleichberechtigung, Freiheit und Rassismus. Unterdessen werden dunkelhäutige Sportler in europäischen Fußballstadien mit Bananen beworfen und mit Affengeräuschen beschmäht, in Ungarn und Deutschland verbreiten Rechtspopulisten ihr Gedankengut und ein ehemaliger, insolventer Reality-Star möchte im einflussreichsten Staat der Welt eine Mauer errichten, um die benachbarten Staatsbürger fernzuhalten.
Leere Worte reichen nicht, wir müssen uns getrauen, die Ungerechtigkeiten anzusprechen, Politiker darauf wirkungsvoll aufmerksam machen und mit Geldspenden sowie größerem physischem Einsatz die Welt zu verbessern. Und zwar nicht nur unsere eigene, kleine Welt.

Von einer aufgeklärten Gesellschaft sind wir eben doch noch meilenweit entfernt. Erst, wenn wir wirklich über den Tellerrand schauen und Probleme ausnahmslos anpacken, können wir unsere Erde als gerecht bezeichnen. Erst dann werden wir eine aufgeklärte und faire Gesellschaft sein.


© Sebastian Pohl


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Beschreibung des Autors zu "Leben in einer aufgeklärten Gesellschaft?"

Kommentar, ob wir Bürger in Deutschland ein ausgeprägtes Bewusstsein über die Geschehnisse um uns herum besitzen.




Kommentare zu "Leben in einer aufgeklärten Gesellschaft?"

Re: Leben in einer aufgeklärten Gesellschaft?

Autor: Maline   Datum: 10.07.2019 10:10 Uhr

Kommentar: Wir Österreicher nörgeln nicht nur, wir raunzen auch noch dazu!
LG. Maline

Re: Leben in einer aufgeklärten Gesellschaft?

Autor: Ikka   Datum: 10.07.2019 11:44 Uhr

Kommentar: Lieber Sebastian, aus einem aktuellen Anlass in meiner Gemeinde beantworte ich deine Frage mit "NEIN!" Wir leben n i c h t in einer aufgeklärten Gesellschaft! Wenn z.B. ein Pfarrer versetzt wird und die Gemeinde auch in einer Gemeindeversammlung nicht erfährt, warum ... hat das ja wohl mit "Aufklärung" nichts zu tun. Danke für deinen Essay, so konnte ich nun ein bisschen Dampf ablassen ... "ein weites Feld", um mit Fontane zu sprechen.
Lieben Gruß,
Ikka

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