Das beträchtliche Schweigen

© Alf Glocker

Es kommt aus den Friedhöfen der Zukunft! Sein Urfluß entspringt in den Tränen der Ungeborenen, die das Schicksal der Papageien beweinen, die über die Philosophen triumphiert haben, es vereinigt sich mit den Ko-Tropfen, die, verabreicht von autorisierten Oberst-Ärzten, den malignen Hauptstrom der falschen „Liebe“ bilden, in dessen Fluten schließlich die Wahrheit ertrinkt…

Sobald irgendwo noch ein Mensch in den zweifelhaften Genuss kommt, sinnvoll Macht auszuüben, damit der hypnotische Singsang gekaufter Sirenen eingedämmt werden könnte, rotten sich die Verschwörer des kollektiven Suizids zusammen, um ihn in eine Falle zu locken, damit der Betäubungsmechanismus, der schließlich zu den Gräbern der späteren Verzweiflung führt, nicht aufhört. Die Dummheit muss aus der Reserve gelockt werden, damit Kluge gestürzt werden können. Denn das beträchtliche Schweigen möchte unter allen Umständen ausgeführt sein…

Lange Gedankengänge führen (unterirdisch) in kein Licht! Sie sind nur die Bunker des Unwesens, das sich, dem Labyrinth des Minotaurus ähnlich, dem Ungeheuer das sich auf die Lauer gelegt hat, um Helden in graue Zellen zu sperren, deren Mauern keinen Ausgang mehr haben – weshalb sie dann auch viel besser gefressen werden können. So schwebt die Bedrohung, wie eine tiefhängende Wolke, auf den Meeresspiegel von Normal-Null herab, wo es den Fischern nur noch gelingt Abfall an Land zu ziehen.

Die Erde hat beschlossen sich zuzunähen… Nachdem sie Milliarden Jahre geblüht hat kommen nun die Hilfskräfte der Keuschheit zu ihrem Recht, das weiter nichts als nur Unrecht für die angewandte Vernunft bedeutet. Die Scham hat keine Lippen mehr, um auszudrücken was auch immer geschieht – und auch die Zunge wurde vorsichtshalber entfernt…

Nun ist man sich einig: Der gewaltige Umwälzungsprozess darf nicht mehr unterbrochen werden! „Charon“ ist der meistgewählte Vorname männlicher Nachkommen und der nunmehr allerorts in der Luft hängende Pesthauch muss – vor allem von Frauen – tief eingeatmet werden, denn das Glück muss bereits an seiner Wurzel vergiftet werden. Verhindert sein muss auf alle Fälle, daß eine bisher noch Unbedrängte etwas gebären kann, das Anlass zur Hoffnung gibt.

Niemand sieht sich mehr um! Hinter jedem Wanderer durch die Unzeit verbirgt sich der Schatten des Schweigens, das unentwegt zur Aktivität verurteilt ist. Es ahnt mittlerweile im Voraus, wo noch ein kreativer Impuls entstehen könnte und es handelt konsequent: „Hier hat einer die Absicht nicht mehr zu schweigen!“, schreit er, schreien die, inzwischen zu Millionen angewachsenen, Schatten – und schon eilt die Gesinnungspolizei mit aktivierten Alarmsignalen herbei.

„Gebt mir ein optisches oder akustisches Zeichen“, so beschwört der Tod die Lebenden, in der Seance jener Zeit, die auf keinen Trost mehr verweisen kann, außer auf den der völligen Entmenschlichung, durch eine Entwicklung einer Technik, die darauf abzielt steuerbare Individuen zu erzeugen, von denen keine Gefahr mehr ausgehen kann, weil sie einen Denk-Schrittmacher eingepflanzt bekommen haben.

Doch in den zentralen Gremien des großen Steuerungsapparats freuen sich die Vertreter hochmorbider Verwesungsämter am Niedergang dessen, was einmal „Allgemeine Meinungsfreiheit“, oder auch, „Entfaltung sämtlicher, nützlicher Anlagen“ hieß. Die große Umetikettierung ist in vollem Gange! Sogar der Himmel beteiligt sich wissentlich an der Vereinheitlichung notwendiger Verhaltensstrukturen…

Nachdem alte Wegweiser nicht mehr ernst genommen wurden, ist „man“ bestrebt neue aufzustellen, die jedoch, oder gottseidank, alle an Galgen befestigt sind. So können sie nicht mehr gut übersehen werden! Denn jetzt führen alle Wege an Rom vorbei… Kreisverkehre haben Vorrang, aber die neuen sind besonders raffiniert angelegt: sie haben keine Ausfahrten mehr.

Deshalb und gerade deshalb und immer wieder DESHALB gehen die echten Menschen (das sind diejenigen, welche keine Lust auf neue Bio-Bomben, mit der Zerstörungskraft von mehreren Billiarden Tonnen TNT haben) mit gesenkten Häuptern durch eine Landschaft des Grauens, die allerdings durch rosa Brillen und pinkfarbene Ohrenschützer nicht mehr real wahrgenommen werden kann…und sie schicken ihren Trübsinn, über den Mainstream des kommenden Nichts hinweg, in die Leere einer Epoche, die nirgendwo stärker empfunden werden kann, als in der Mitte dieses beträchtlichen Schweigens, das überall nicht nur die Lämmer befallen hat.


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Das beträchtliche Schweigen"

Re: Das beträchtliche Schweigen

Autor: possum   Datum: 31.05.2019 1:55 Uhr

Kommentar: Du hast hier wieder deinen scharfen Einblick nieder geschrieben, gerne angehalten, lieber Alf!

Lieben Gruß!

Re: Das beträchtliche Schweigen

Autor: Alf Glocker   Datum: 31.05.2019 9:52 Uhr

Kommentar: Danke Dir, liebe Possum!

Liebe Grüße
Alf

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