Mein fiktives Wohnzimmer ist 1 Million Quadratkilometer groß, und dabei lebe ich in einem Turm. Von ihm aus schaue ich über ein endloses Land voller Obstbäume. Meine Sammlungen sind so überflüssig wie die Sixtinische Kapelle (sie haben alle irgendwie mit Kunst und Kultur zu tun) und meine Gedanken so schwer wie die Milchstraße – alles schwebt! Ich bewege mich immer auf der an-deren Seite der Lüge – egal wo ich bin!

Meine Spur ist undeutbar und sie führt am Rande einer Abgrund-Gesellschaft entlang, die mutig genug war mich hervorgebracht zu haben, um es dann wieder weitestgehend zu bereuen. Denn wen ich auch treffe, auf meinen Wegen – keinem gelang es bisher mich zweifelsfrei (an)zu erkennen.

Auf fotografischen Bildern bin ich de facto unsichtbar, auch wenn sich dort etwas befindet das mir ein klein wenig ähnlich sieht. Meine sämtlichen Mitgliedsausweise sind gefälscht. Die angeg-ebenen Personalien stimmen nicht mit der Realität überein. Die Realität ist: Ich bin genau ab dann nicht (mehr) zugehörig, wo eine stupide Macht alles bestimmt!

Meine Nationalität habe ich dem Land verschrieben, in welchem die Sonne nicht über Gesetzbüchern aufgeht, die mit nichts von alldem übereinstimmen, was sich gute Geister geloben dürfen. Meine Wahlscheine werfe ich nur in Urnen, die nicht für die Ver-brennung in den Öfen der Unvernunft bestimmt sind. Mit ihrer Asche dünge ich sorgsam den Garten!

Mein Garten ist ein heiliger Platz, den es zu bewahren gilt. Er produziert noch die dringend benötigte Atemluft für die Seelen der Anderwelt, worin sich nur Wesen aufhalten dürfen, die rechten Glaubens sind: keines! Das Losungswort „Würde“ in all seinen Grenzen auszusprechen, ist überflüssig, da sie als gegeben vorausgesetzt wird!

Wer sie nicht akzeptiert, der kommt auch nicht vor! Er wird von seinen eigenen Gedanken, durch die Gerechtigkeit verflüssigt und verliert sich wie ein Nebelschleier, unter der Sonne einer Wahrheit, die ausschließlich durch die Logik der Aufrichtigkeit begründet ist. Suggestive Werbung ist, im Gegensatz zu ausgeklügelten Be-darfsvorschlägen, bei sofortiger Verflüssigungsstrafe, ausdrücklich verboten und etwaige Absatzzahlen beziehen sich einzig und allein nur auf Schuhsohlen.

Schönheit ist eine natürliche Voraussetzung! Sie wird an den Grenzen meines ganz persönlichen Großreiches kontrolliert. Dort wird nach Weisheit, Großzügigkeit, Intuition, Intelligenz und tiefen Gefühlen gefragt. Vieles davon ist gewöhnlich hinter täuschend ästhetischen Masken-Fassaden verborgen. Doch auch ästhetische Masken müssen, zur Ermittlung der Identität, abgelegt werden. Sollte, nach deren Ablegen, wiederum Ästhetik zum Vorschein kommen, erhält der Kandidat ein Bleiberecht und bekommt ausreichend Freundschaft angeboten.

Wir setzen uns dann an den offenen Kamin, wo wir über den Sternenhimmel, ansprechende Reize, oder zukunftsweisende Ideen sprechen. Zwischenrufe von jenseits des Gartenzaunes werden nicht geduldet! Wer frei von perfiden Absichten ist, der überhört, zusammen mit mir, unqualifizierte Äußerungen. Was menschlich ist, muss menschlich bleiben. So lautet unsere Verfas-sung! Sie gilt ohne Einschränkungen, im ganzen Fantasie-Land! (Und leider ausschließlich dort.)

Nicht nur aus diesem Grund ist meine Heimat die größte imaginär-zusammenhängende Landmasse der Erde. Leider hat sie nicht sehr viele Bewohner! Von Herzen erwünscht wären Widerstands-denker aus allen vorstellbaren, oder noch völlig unbekannten Rich-tungen des Himmels und der Hölle.

Unendlich viele Werkstätten warten noch auf die entsprechenden Meister, weite Felder auf das richtige Wissen, runde Tische auf nicht – wie gewohnt – ungeschickte Diplomaten, Betten auf hinreißende Frauen, klare Flüsse auf ihre Bewahrer, sowie eine riesige Anzahl, in ihrer Beschränktheit hilfloser Tiere, auf die Helfer und Helfershelfer einer weisen Regierung, die es versteht echte Bedürfnisse in die Tat umzusetzen und zwar dort, wo etwas ge-braucht wird, um ECHTEN Wohlstand auf die Beine zu stellen.

Bewundert wird jeder werden, der zum Vorbild für talentfreie An-geber taugt, die sich nur eines vorstellen können: Macht und Reichtum, ohne ersichtliche Gründe für einen solch hirnrissigen Anspruch – eben nur des puren Glanzes wegen. Sonnenkönige werden zwar anerkannt, nicht aber über ihre fahrbaren Untersätze, auffallende Roben oder noble Absteigen definiert, sondern durch die Übereinstimmung ihrer Worte, mit den auf sie folgenden Werken ermittelt.

Die sich daraus ergebenden Horizonte sind so sonnig, wie sie in der Erreichbarkeit wunderbarer Ziele erstrahlen. Unsere Vorstel-lungen werden uns Dimensionen eröffnen, in denen die Wohnzimmer der Geister sich über Millionen Quadratkilometer erstrecken. Und eingerichtet werden sie sein, mit an Sixtinische Kapellen erinnernder Pracht und der Herrlichkeit eines kulturellen Treibens, das sowohl in der Lage ist Berge zu versetzen, als auch sich selbst, durch freie Menschen zu bewahren, die nirgendwo sonst noch vorkommen, als auf dem Terrain neidloser Lebens-freude!


© Alf GLocker


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Kommentare zu "Mein kleines Zuhause"

Re: Mein kleines Zuhause

Autor: kriegerin87   Datum: 11.10.2018 21:23 Uhr

Kommentar: Wow, unglaublich schöner Text! I can feel! Damke!

Re: Mein kleines Zuhause

Autor: Alf Glocker   Datum: 12.10.2018 15:11 Uhr

Kommentar: Ich danke Dir, liebe Kriegerin!

Viele Grüße,
Alf

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