Selbstverständlichkeiten?

© Alf Glocker

Von allen Forschungsgebieten ist die Erforschung des eigenen Selbst wohl die interessanteste, aber auch die vernachlässigste Disziplin. Dabei richten wir mit uns die größten Schäden an – meist ohne es zu wissen! Denn wer sich selbst nicht kennt, der achtet auch nicht auf seine Fehler…

Im Gegenteil, er liebt sie (unbewusst), weil er alles an sich liebt – sonst könnte er/sie ja auch keinen anderen lieben (und noch ein paar Allgemeinplätze!). Was es aber an sich, seinem Körper und seiner Psyche alles zu entdecken gibt, das wahrscheinlich lieber verborgen bleiben möchte, das geht an dem vorbei, der stark und selbstbewusst ist.

Stark und selbstbewusst ist nicht unbedingt gleichzusetzen mit „dumm“, aber in gewisser Weise mit „unempfindlich“! Sage ich mir, “ich kann nichts tun was mich selbst verletzen würde, denn ich finde für alle meine Taten eine Erklärung!“? (Sollte das einmal nicht der Fall sein, dann STELLE ich mich eben dumm und habe sicherheitshalber von nichts gewusst…)

Was es an uns zu lieben gibt ist vielerlei: den Schweiß, die überflüssigen Haare, die ersten Alterungserscheinungen, zu lange Nägel, komische Zähne, komische Gedanken (die manchmal über sonst was gehen), oder triebhafte Sehnsüchte, die uns vor uns bloßstellen könnten, wenn wir darüber nachdächten. Woraus also bestehen wir denn schon groß?

Natürlich können wir alles miteinander in Einklang bringen und sogar auf einen Partner einstimmen, aber dann müssen wir über eine ganze Menge hinwegsehen…über den Ekel z.B. – vor uns selbst und vor anderen…nicht zu vergessen, über die Möglichkeit, daß sich andere vor uns ekeln könnten. Wir müssen halt an uns glauben…

Dies ist sogar noch leichter zu bewerkstelligen, wenn wir, außer an uns, an noch etwas glauben, an ein „höheres“ Wesen, an eines, dem wir gerade in den Kram passen – so wie wir sind. Dann geht es uns gut, dann können wir uns gar nicht vor uns ekeln. Und Vorsicht: sich vor „höheren“ Wesen zu ekeln ist sowieso verboten!

Wer alles befolgt was nötig ist, damit man sich selbst völlig selbstverständlich, als mitten im Lebens stehend begreift, der hat es gut. Er wird bis zu seinem Tod in seliger Eintracht mit sich und mit einer Welt existieren, die von Grund auf total versaut ist – eine, vor der man sich nur noch ekeln kann. Also, Augen zu und durch! Irgendwo findet sich alles was man braucht: eine Gefährtin, ein Gemahl, eine Brut, ein Lehensherr, ein Glaubensfürst und ein Land…den Hunger (auch nach mehr) lassen wir mal beiseite.

In unserem Selbstverständnis liegt die Antwort auf sämtliche Fragen! Am besten wir sind einfach nicht sensibel und fantasievoll genug, um uns selbst zu bezweifeln, so sind wir, aus unserem Selbstverständnis heraus, selbstverständlich! So selbstverständlich sogar, daß wir uns quasi automatisch ganz von selbst verstehen…daß überhaupt alles an uns so selbstverständlich ist, wie wir eben sind!


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Selbstverständlichkeiten?"

Re: Selbstverständlichkeiten?

Autor: possum   Datum: 18.09.2017 1:56 Uhr

Kommentar: Mei hast du dies wieder getroffen lieber Alf, toll, glG!

Re: Selbstverständlichkeiten?

Autor: Alf Glocker   Datum: 18.09.2017 7:23 Uhr

Kommentar: Du hast einfach den Überblick...
Danke Dir!!

LG Alf

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