Die Welt, die Zeit, die Umstände in denen man sich befindet, aus zweierlei Sicht zu sehen ist nicht leicht – und doch leichter als Zusammenhänge herzustellen! Denn die Interessen eines Schizophrenen gehen ja mindestens so weit auseinander wie die Beine einer Prostituierten bei Hochbetrieb. Da kann es sein, daß der Janus, der so einen Schizophrenen ausmacht völlig den Überblick verliert. Vielleicht ist Wahrheit ja weder vorne, noch hinten im Gesichtskreis zu finden, sondern eher seitlich. Aber zwei Gesichter zu haben und zu glauben man sähe dadurch alles, ohne einen Seitenblick zu riskieren, ist ebenso verbohrt, wie ein Schullehrer, der auch dann noch eisern am Lehrplan festhält, wenn er lauter Analphabeten vor sich in der Klasse hat. Dann hilft kein ununterbrochenes Predigen…dann wäre ein Erkennen der Situation angesagt.

Wobei wir wieder bei den Zusammenhängen wären… Wahre Zusammenhänge, also Hintergründe, die deshalb nicht sofort erkennbar sind, weil sie nicht im offiziellen Lehrplan vorgesehen sind, verschließen sich nicht nur der einfachen Schizophrenie, sondern auch jeglichem geistigen Analphabetismus. Der Schizophrene erkennt nicht womit er konfrontiert wurde, oder er irrt – aus dem einfachen Grund, weil ihm sein zweites Ich immer wieder in die Parade fährt und sinnvolle Reaktionen verhindert. Er kann weder auf Bedrohungen reagieren, noch einfache Verhaltensweisen entwickeln, die ihn aus der Gefahrenzone herausnehmen könnten. Manchmal wäre es für den Schizophrenen sogar besser, er würde zusätzlich noch an einem respektablen Verfolgungswahn leiden, als nur seiner Spaltung zu unterliegen. Dann könnte er wenigstens gewisse Umstände überbewerten.

Er würde sich umsehen und sich umgeben fühlen von Leuten die ihm etwas antun wollen. Das entspräche der Wirklichkeit aber eher, als einerseits zu sehen, daß da immer wieder einer ist, von dem eine echte Gefahr ausgeht und andererseits zu sagen: „Dem Lehrplan nach ist es viel wahrscheinlicher vom Blitz getroffen zu werden, als jemandem zu begegnen, von dem eine Gefahr ausgeht“. Einer, der an Verfolgungswahn leidet, kommt da entschieden besser weg – er meint einfach: alle die aussehen wie einer von dem eindeutig eine Gefahr für mich ausgeht, sind als gefährlich einzustufen und von daher zu meiden! Er wird also, nicht ganz zu Unrecht in dauernder Panik sein, solange ihn Leute umgeben, die aussehen wie solche, von denen tatsächlich eine Gefahr ausgeht…aber er wird überleben – während der Schizophrene einfach irgendwann umkommt!

Um beidem zu entgehen, der Schizophrenie und dem Verfolgungswahn, müsste man also ein Interesse an den Zusammenhängen, ein Gespür für Wahrheit und Wirklichkeit entwickeln. Man müsste in der Lage sein 1 und 1 zusammenzuzählen, ohne sich selbst beim Denken widersprechen zu wollen, ohne irgendeinen verrückten, nicht praktikablen Lehrplan berücksichtigen zu müssen, der einen aus der Schizophrenie direkt in den Verfolgungswahn führt…und: man müsste auch ein echtes Interesse an seiner Umgebung und den Menschen darin haben, die, jeder auf seine Weise, verrückt sind und einem Schaden zufügen können, wollen, müssen und schließlich auch dürfen. Doch ein solches Vorhaben erforderte ein gesundes Maß an Denkaufwand, welches weder Zusammenhänge, noch eine klare Sicht außer Acht lässt, nur um einem Programm zu genügen. Denn die Programme sind nahezu ALLE pathologisch zu nennen und haben mit den tatsächlichen, individuellen Erfordernissen der Bürger nichts zu tun!

*

Unverschämte Naivität


Ich verschließe meine Augen fest
vor der großen Welt-Realität,
weil sich‘s so „besser“ leben lässt,
damit mir eben alles gut gerät!

Dann halt‘ ich mir die Ohren zu –
ich will nicht hören, das Geschrei
raubt mir die wohl verdiente Ruh‘!
Ich denke lieber Einheitsbrei…

Achtung jetzt, da ist doch nichts,
lauf gleich weg, ich bleibe stehen!
Ich fürchte mich nicht, angesichts
der Dinge die da vor sich gehen!

Drum sag‘ ich lieber keinen Ton –
das könnte man mir übelnehmen!
Das liebe Schicksal löst das schon,
dafür muss ich mich nicht schämen!


© Alf Glocker


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