Wie ich kürzlich von einem führenden Wissenschaftler der erst seit kurzem richtig bekannt gewordenen Fakultät der Relativisierologie und der nicht angewandten Heraldik erfuhr, sei es nicht Sache der genauen Einschätzung und Kartografierung psychischer Fehlfunktionen und ob sich etwas kurios verhalte, sondern eine Frage der Interpretation! Beweisen könne er das durch die Auflösung, ja geradezu die Nivellierung der Mafiaproblematik, in Süd- Mittel- und Norditalien, sowie dem Rest der Welt, außerhalb der Polkappen. Dort habe er ganz persönlich, sowie ein geniales Team der weltweit verbreiteten Organisation der Relativisierologen, erfolgreich an der Beseitigung gefährlicher Ausnahmesituationen, die im Grunde keine sind, mitgearbeitet.

Für Relativisierologen, so betonte er, sei nicht ausschlaggebend ob man ein Problem an der Wurzel bekämpfe, sondern eher mit welcher moralischen Einstellung es nicht an Wurzel bekämpft werde, da es sich so leichter, sprich problemloser beseitigen lasse. Dabei komme es vor allem darauf an, Dingen NICHT auf den Grund zu gehen, da Auf-den-Grund-Gehen nur Schwierigkeiten auslöse und überdies die absolute Ehrlichkeit erfordere, ja, sogar voraussetze – dies aber wiederum nichts mit dem Akzeptieren einer gegenwartsnahen Realität zu tun habe, die gar nicht erst wirklich bewältigt werden wolle. Auf die – nunmehr der Vergangenheit angehörende – Mafiaproblematik bezogen habe das folgendes zu bedeuten:

Als sich noch weniger befähigte Fachleute mit dem Phänomen „Mafia“ beschäftigten und beispielsweise immer wieder betonten, dieses oder jenes Verbrechen sei von Mafiosi begangen und von ihren Sympathisanten begünstigt worden, konnte einfach kein befriedigendes Ergebnis erzielt werden, da diese Vorgehensweise eine Bloßstellung sämtlicher Mafiosi und deren Sympathisanten bedeutet hätte und dies zwangsläufig eine Verurteilung, sprich Inhaftierung aller dieser Verbrecher, sowie ihrer Helfer und Helfershelfer nach sich hätte ziehen müssen. Das aber wäre wirtschaftlich unklug und außerdem kaum machbar gewesen.

Viel geschickter erwies sich deshalb im Folgenden die von uns vorgeschlagene Methode der Umetikettierung! Was heißen will: Nirgends wo „Mafia“ drauf steht ist auch Mafia drin! Ganz im Gegenteil...sollte nun aber doch einmal, oder notfalls auch so oft wie eben tatsächlich, eine Untat begangen werden, dann hat diese nicht das Geringste mit der Mafia zu tun. Das Verbrechen wurde grundsätzlich von einem Geistesgestörten begangen, der für nichts wirklich verantwortlich gemacht werden könne und dem selbstverständlich auch unter keinen Umständen ein mafiöser Hintergrund nachzuweisen sei, weil es den nicht zu geben hat, es ihn also nicht gibt!

Alle, die gemäß der echten unverfälschten Relativisierologie reagieren können, sind vom Schicksal bevorzugt! Sie leben in Frieden und Eintracht und sie sind, vor allem in der Lage neugierigen Kindern, die sich ängstlich nach der Mafia erkundigen, zu erklären, daß die Menschheit wie ein Sandstrand sei, an dem sich Milliarden von Sandkörnen befinden, wo jedes Körnlein für einen guten Menschen steht. An diesem Strand gebe es aber vermutlich ein einziges blaues Sandkorn, das den real so gut wie nicht vorkommenden schlechten Menschen symbolisiere. Den zu finden sei aber praktisch für ein einzelnes Kind (oder einen Erwachsenen) unmöglich.

Zum Schluss erklärte mir der Professor noch verschmitzt, daß sich sein, mir soeben gehaltener Privat-Vortrag gar nicht unbedingt auf die Mafia beziehe, sondern nur ein Beispiel für die schlimmste Gangster-Organisation der Welt sei, die er jedoch nicht bereit sei zu nennen, da es sie, seiner maßgeblichen Meinung nicht gäbe – und weil es sie nicht gäbe, bestünde die Menschheit aus lauter guten Menschen, wobei der eine schlechte quasi relativ unauffindbar sei. Weder durch konkrete Hinweise, noch durch Namensnennungen könne er entlarvt werden – und wenn gelegentlich durch seine Hand wieder einmal einige Menschen grausam zu Tode kämen, dann sei er stets nur verrückt gewesen. Dies wiederum entschuldige alles. Ich bedankte mich schön und suchte schleunigst das Weite! Bravo Menschheit!


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Die neuesten kriminalistischen Vorgehensweisen"

Re: Die neuesten kriminalistischen Vorgehensweisen

Autor: Doris Demski   Datum: 25.03.2017 17:09 Uhr

Kommentar: mal wieder gefällt mir³

Re: Die neuesten kriminalistischen Vorgehensweisen

Autor: Alf Glocker   Datum: 27.03.2017 19:42 Uhr

Kommentar: Dank! Vielen!

LG

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