95. Schritt


Wir kommen und wir gehen, fremd. Wir irren durch die Gärten des Lichts und wir glauben vor allem an Wunder, die es „immer wieder gibt“. So hält uns geheimnisvoll der Schein umfangen, der seinen Ursprung hat in den Gehirnen der Armut. Denn wer arm ist, dem ist es zusätzlich nicht vergönnt taugliche Unterscheidungen anzustellen. Ihm genügt es zu leben und überall dort, wo er sich zu befinden glaubt, da passiert es, daß er ihm begegnet: dem ganz persönlichen Wunder im ganz persönlichen Sein (denn die Wunder sind überall!).

Was sich allerorts ereignet, vereinigt oft viele unter einem einzigen Hut, und, demgegenüber wenige in den meist unbeachteten Phänomenen dieser seltsamen Blase aus Traum und Schmerz, die uns in einer gemeinsamen Vision zusammenfasst, damit wir sie erleben dürfen, die unglaublich (weil eklatant) heimlichen Wunder einer „ganz normalen“ Realität, sowie die kaum nachvollziehbaren Sensationen aus den sur- und irrealen Bereichen. Existent sind sie alle!

Zuerst einmal und leider auch schwer zuzuordnen wäre da das „Wunder der Liebe“ zu nennen. Seine Ursprünge scheinen in himmlischen Bereichen zu liegen, doch es gibt auch unverschämte Unkenrufe, die sie gerne ins Lächerliche ziehen, oder sie gar wissenschaftlich verunglimpfen, indem sie behaupten, sie - die Liebe - sei ein Ergebnis aus rein hormonellen Vorgängen. Wie es auch immer ist, sie hat oft ein weiteres Wunder zur Folge: das Wunder des Lebens.

Das Leben selbst ist wiederum Einflüssen ausgesetzt, die nicht allein hormonell oder biologisch erklärt werden können. Manche behaupten, es sei geistigen Vorgaben unterworfen, was einerseits Wunderheiler auf den Plan ruft und andererseits Denker in Angst und Schrecken versetzt. Doch während, unter einer Flut von Scharlatanen, tatsächlich Männer und Frauen existieren, die einen Draht zu dieser Geisterwelt haben, kommen die Denker nicht immer mit dem Schrecken davon.

Denken sie unrichtig, dann müssen sie einsehen, daß es „Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, von der sich unsere Schulweisheit nichts träumen lässt“, und denken sie nicht falsch, dann sind sie tangiert von Fantasien, die nicht immer welche sein müssen, dann spüren sie vielleicht in sich magische Kräfte, die sie selbst, nicht zuletzt, in bloßes Erstaunen versetzen können.

Vergleiche mit klerikalen Erscheinungen möchte ich damit aber nicht anstellen. Zweifelsohne sind jedoch auch sie vorhanden! In allen Religionen der Erde gibt es das: die Wunder nach Vorschrift! Da treten stets wichtige Figuren aus den „Heiligen Büchern“ heraus, werden „sichtbare Realität“ (zumindest für den inbrünstig Gläubigen) und verkünden was ihre frommen Diener zu hören verlangen. Auch dies ist ein Ausdruck der geheimnisvollen Kräfte, die in und aus den Seelen zur Wirkung kommen.

Wobei insgesamt beachtet werden sollte, daß die Einfachheit,
respektive die Kompliziertheit, mit der ein Mensch gestrickt ist, den jeweiligen Grad der Erscheinung bestimmt. Dies kann von der religiösen Verklärung bis hin zum Empfangen von Botschaften aus der Zukunft – wie z.B. die Erfindung der Glühbirne – führen. Rein praktische, wie auch spirituelle Fortschritte sind dabei durchführbar!

Soweit die positiven Wunder innerhalb der Grenzen des Seins. Doch auch die negativen Wunder verlangen unsere Tribute. Verwunderlich ist es immerhin, wie lange sich gerade durch und durch schlechte Menschen in hochrangigen Positionen halten können, ohne von der nicht generell still schweigenden Mehrheit aus dem Wege geräumt zu werden. Unheilbringende Diktatoren könnten ein Lied davon singen. Wie oft hat es sich schon zugetragen, daß sie, wie von Engeln beschützt, ihr absurdes Treiben so lange verfolgen durften, bis es keinen Ausweg für ganze Völker mehr gab.

Doch, kaum waren sie umgekommen, wurde allen auch schon urplötzlich klar wie unglaublich pervers sich ihr Lebensweg gestaltet hatte und wie magisch ihr Schicksal gewesen sein musste. Dann ist es erneut Sache von sichtlich irritierten Fachleuten, nicht herausfinden zu dürfen, woher die mysteriösen Gründe für die, von den Despoten ausgelösten Ereignisfolgen, kamen. Sind die wahren Gründe hierfür womöglich deshalb nicht eruierbar, weil sie im Bereich rein mystischer Ursachen liegen? An dieser Stelle versagt gewöhnlich der Verstand!

Wo er nicht versagt und trotzdem scheitert, dort befindet sich die Sterndeutung! Nein, nicht die, welche aus dem Lauf der Gestirne eine Berechenbarkeit des Schicksals ableiten lässt (obwohl nicht völlig ausgeschlossen werden kann, daß der Sensitive damit umzugehen vermag), sondern in der Vorhersage von Umlaufbahnen und Entfernungen, von Massendichte und Fusionsreserven, von Beschaffenheiten und den daraus resultierenden Möglichkeiten. Kurz, in der Mathematik und der Astrophysik!

Denn vieles lässt sich einfach nicht erklären, nicht berechnen, obwohl es sich metaphysisch vielleicht erfühlen ließe. Dort, im Reich des Unberechenbaren, beginnen die allergrößten Wunder des Universums, die jedoch mit purer Selbstverständlichkeit hingenommen und deshalb auch ganz einfach übersehen werden. Das kling zwar nicht auffallend logisch, bekommt aber sofort einen tieferen Sinn wenn wir uns darum bemühen eine Formel zu entwerfen, die beschreibt, warum der Mond optisch exakt die gleiche Größe aufweist wie die Sonne!

Eine absurd klingende Antwort darauf könnte lauten: „Weil es sonst auf diesem Planeten keine Sonnenfinsternisse geben könnte“. Immerhin existieren wir in einem Umfeld, das Wunder dringend benötigt um sich die Welt erklären, respektive nicht erklären zu können. Jedes dieser beachteten oder auch nicht beachteten Phänomene macht die Zeit, die wir hier verbringen dürfen, spannender. Wie es scheint, kommt es auch auf nichts mehr an, als auf das: möglichst viele Spielregeln beleben ein Chaos so stark, daß sämtliche Träume erlebbar werden können.

Und die großen Rätsel rufen eben jene Neugierde hervor, die für den täuschend echten Wandel gebraucht wird, der uns über die Vergänglichkeit hinwegtrösten soll. Nicht immer muss eine Ursache auch eine logische Wirkung haben. Die optischen Größenverhältnisse der Gestirne herauszufinden ist nicht Sache der Vernunft, weil wir den Grund dafür gar nicht wissen wollen (?). Ebenso werden wir vergeblich nach den Ursachen forschen, die es ermöglicht haben, daß die Erde gleichbleibend in ganz genau der Zone um die Sonne kreist, in der Leben überhaupt möglich ist. Als ein weiteres Wunder wären da noch die Meteoriten-Einschläge zu nennen, die immer gerade rechtzeitig dann stattgefunden haben, wenn ein großes Aussterben vorherrschender Arten dringend erforderlich wurde um eine weiterführende Entwicklung zu gewährleisten.

Dies kann und darf aber kein Gegenstand der uralten Menschheitsfragen „Woher komme ich?“ und „Wohin gehe ich“ sein, denn sonst würden wir uns am Ende noch etwas erklären können, das den Grundbaustein kultureller Entwicklungen, die Unehrlichkeit, unmöglich macht. Wir brauchen den Wahnsinn ganz einfach, denn ohne ihn ist der Lebenswille, der uns über millionen Generationen bis hierher befördert hat, nicht denkbar. Es sind die Wunder und nichts als die Wunder, die Unmögliches möglich machen, um sogar den ausgefallensten Verrücktheiten eine reelle Chance zu geben!

Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / eine weitere Leseprobe

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© Alf Glocker


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Kommentare zu "Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / eine weitere Leseprobe"

Re: Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / eine weitere Leseprobe

Autor: axel c. englert   Datum: 04.04.2015 15:00 Uhr

Kommentar: Das ist ein wirklich wunderbarer Text!
(Auch Foto nicht gekleckst: Baum schön wächst!)

LG Axel

Re: Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / eine weitere Leseprobe

Autor: Alf Glocker   Datum: 05.04.2015 9:47 Uhr

Kommentar: Haha, vielen Dank lieber Freund!

LG Alf
und schöne Ostern noch

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