Meine Sozialkundelehrerin hatte beschlossen heute ihre Stunde über Werte im Wandel der Zeit zu halten. Zum Teil aus dem aktuellem Anlass: „Charlie Hebdo“, aber vermutlich auch weil ihr, wie immer, nichts anderes einfiel. Sie versuchte also 27 Teenagern einzutrichtern, dass die heutige Gesellschaft aktuell auf ihrem Tiefpunkt sitzt. Früher war ja alles besser. Die Kinder sind undankbar, frech und haben keinen Respekt.
Sie sagte aber auch, dass heutzutage eine Wertevielfalt herrscht wie nie zuvor.
An der Tafel standen Werte wie Pünktlichkeit, Ehrgeiz, Zuverlässigkeit, Zivilcourage aber auch „Geld ist geil“. Natürlich muss man ihr zustimmen und auch sagen das alleine auf menschlicher Ebene Durchsetzungsbereitschaft und Flexibilität gegen Toleranz, Mitgefühl und Vertrauen nicht ankommen, jedoch sollte man durchaus die gesellschaftliche Veränderung mit einbeziehen.
Im Antikem Rom, galt als angesehener Mensch jemand der gut Kämpfen konnte, der dem Herrscher ergeben war und seiner Frau treu blieb.
Im Mittelalter waren Werte fast verschwunden. Nur die Religion blieb.
Nach den Weltkriegen war es natürlich wichtig zu wissen, dass man einem vertrauen konnte, das man sich selbst verwirklichte. Heute jedoch wird es immer wichtiger sich nach außen zu präsentieren. Jede Abweichung von dem vorgeschriebenen Ideal, wird bestraft.
Selbstverwirklichung steht bei vielen an letzter stelle, was genau das Problem ist.
Heute liegt der Wert unserer Gesellschaft nicht mehr in einem fröhlichen und gewaltfreien miteinander Auskommen. Wir wollen eigenständig stehen, nicht mehr von anderen abhängig sein, aber dennoch andere Menschen beherrschen. Wir wollen uns ein perfektes Leben aufbauen. Mit Geld, einem Partner, ein paar Kinder. Doch um dieses Glück zu behalten oder aber auch erst zu bekommen macht es uns nichts mehr aus über ein paar Leichen zu gehen. Jeder eventuelle Störenfried in dem perfekten Plan der perfekten Welt wird angeklagt oder am besten gleich beseitigt. Die Syrischen Flüchtlinge die uns unsere Arbeitsplätze wegschnappen wollen wir natürlich nicht, aber das sie von unseren wohlverdienten Steuern in unserem Land leben und den ganzen Tag keine Finger krumm machen...dass passt uns natürlich auch nicht.
Als die Lehrerin fragte, ob wir uns nach dem Anschlag in Paris denn hier noch sicher fühlen, antwortete einer, dass er sich nicht vor Terroristen fürchtet, sondern viel mehr vor den Asylbewerbern und ihrer angeborenen Gewaltbereitschaft. Außerdem könnten die Flüchtlinge ja auch Anhänger des IS sein.
Natürlich, lieber Tobi. Ich werde auch täglich aus meinem Land, von meiner eigenen Gemeinschaft, meiner eigenen Partei vertrieben, weil ich mit ihren Ansichten übereinstimme.
Diese Menschen suchen unsere Hilfe, wurden aus ihrer Heimat vertrieben.
Doch da wir uns nur noch auf die klein perfekte Welt konzentrieren, die wir erschaffen haben, bekommen wir deren Leid überhaupt nicht mehr mit.
Auf der Straße rennen wir an ihnen vorbei, beschweren uns lautstark darüber das sie im Weg stehen und hechten weiter, nur um es, auf die Minute genau, pünktlich ins Büro zu schaffen.
Doch warum die Flüchtlinge auf der Straße stehen und uns mit flehenden Augen ansehen ist den meisten von uns völlig egal. Wie immer geht es nur um äußere Perfektion.
Es juckt uns nicht, solange wir nicht betroffen sind, und das gilt es dringend zu ändern.
Wir müssen unsere gesellschaftlichen äußeren Werte wieder von Pünktlichkeit und Perfektion auf innere Werte wie Mitgefühl und Akzeptanz bringen. Erst dann ist auch ein friedliches Leben ohne Terroranschläge und sinnloses Morden möglich.


© Lisa Smids


4 Lesern gefällt dieser Text.








Kommentare zu "Die Perfekte Welt"

Re: Die Perfekte Welt

Autor: Juergen Wagner   Datum: 21.01.2015 18:40 Uhr

Kommentar: Tolle Reflektion! Hoffen wir, dass viele Menschen in diese Richtung gehen! Jürgen

Re: Die Perfekte Welt

Autor: axel c. englert   Datum: 21.01.2015 19:49 Uhr

Kommentar: Die "Jugend von heute" ist doch nicht so schlecht!
(Wie Frau Lehrerin sie gerne machen möcht'...)

LG Axel

Kommentar schreiben zu "Die Perfekte Welt"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.