Es begab sich zu einer Uhrzeit, als die meisten Menschen bereits die Schwelle zum Land der Träume überschritten hatten. Da stand ich unter der Dusche und freute mich über das wohlig, warme Gefühl des Wassers, welches vermag jeglichen Stress hinfort zu spülen. Als ich nun so mit mir im Reinen war, stieg ich aus dieser Kabine der Selbstreiningung. Mir kam der gewohnt starke Temperaturabfall gelegen, sollte man doch nie zu Hitzköpfig die weiche, horizontale Gelegenheit der Regeneration aufsuchen.
In diesem Moment entschied sich mein Fuss jedoch diesem Abend eine Schlusspointe hinzufügen zu wollen. Er glitt über den so wundervoll getäfelten Fliesenboden wie eine Eiskunstläuferin auf dem Weg zur Goldmedaille. Ich folgte ihm erschrocken, aber entschieden genug um seinem Egotrip Einhalt zu Gebieten. So schlitterten wir in diesem wundervollen, romantischen Moment dahin. Als ich ihn zu einer kleinen Pirouette überzeugen konnte, musste ich unweigerlich an Laurel und Hardy denken. Wie sehr ich über sie gelacht hatte und nun schien es mir als würden sie mir ausgelassen dabei zusehen, wie ich nackt, meinem Fuss folgend und pirouettendrehend mein Badezimmer neu kennen lernte. Nach der Drehung gab mein Fuss die Goldmedaille auf und entschied sich den Halt und Kontakt mit dem Boden vorerst einzustellen. Und in diesem genüsslichsten Moment des Tanzes wurde mir bewusst, dass ich ja noch einen Badläufer kaufen wollte.
Die Neigung in die Horizontale erfolgte nun mit gnadenloser Realität und für einen kurzen Moment hörte ich ein "Hallelujah" in meinem Kopf. Jedoch nicht das schöne Lied von Leonard Cohen, sondern das klischeehafte Gospel-Hallelujah.
Mein Fuß beendete seine Karriere beim Kontakt mit der Schwelle der Dusche. Ich versuchte mich abzufangen. Dies gelang mir leider nur mit mäßigem Erfolg, da mein Daumen mit dem Abfangen der in diesem Moment herrschenden Kräfte maßlos überfordert war. Ich hörte meinen Lehrer in genau diesem Moment verhöhnend rufen "Kraft = Masse × Beschleunigung!". Was für ein Glück, dass ich erst ein paar Kilo abgenommen hatte.
Den Schlussakkord bildete die Landung meines Hinterkopfs auf der Toilettenschüssel. Eine Vision vom "Fluxkompensator" blieb in diesem Moment leider aus. So lag ich da. Vom eigenen Fuss verraten. Geschlagen durch die Gesetze der Physik. Und ich blickte nur noch nach oben. Da stand meine Katze und starrte mich gelangweilt an. Bis sie über mich hinweg stieg um in ihrem Katzenklo ihr Geschäft zu verrichten.

Der Moment war perfekt.


© DeepSilver


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Beschreibung des Autors zu "Die Pirouette im Badezimmer"

Tatsachenbericht :)

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