Frühlingsanfang 2016

Hinter Baccharach, an der B9, nahe der Wurstbude, blühen tiefblaue Veilchen am Gehweg.
Ein Büschelchen dieser Pflanze hat sich dort bis jetzt festgesetzt.
Einige blaue Tupfer sah ich noch im alten, braunen Laub.
In den Gärten blühen gelbe Blumen und einen blühenden Forsythienstrauch sah ich.
An der B9 nach Oberwesel dufteten blühende Dornensträucher.

Oben, an einem Rand des Heimbachtales, fand ich nur Kühle.
In der Nähe alter Gärten blüht blau ein kleines Immergrün.
Graues und braunes Laub liegt umher.
Auf dem Wurschberg, auf dem unser Telefon- und Fernsehmast steht wehte es kalt
In der Ferne sah ich Orte, deren Namen ich kenne: Manubach, Medenscheid, Neurath,
Winzberg. In einigen Orten wohnen Bekannte, mit denen ich noch Verbindungen halte.


In den Weinbergen blüht schon der Persische Ehrenpreis, dass einst, 1805, aus dem botanischen Garten von Karlsruhe auswilderte. Tiefviolette Knospen der Taubnesselnblüten leuchten.

Im Weinberg blüht es fast das ganze Jahr.
Der persische Ehrenpreis beginnt und die Taubnesseln.


Auf der Platte

Der Bahnhof von Mainz hat im 2. Stockwerk eine große Umsteigeplattform, auf der die Menschen,viele junge, wenige alte, sich zurechtzufinden suchen, nach ihren Zügen auf der Hinweistafel spähen und weiter eilen. Der Verkehr erfordert Ernst, finde ich.

Abseits, an den hinteren Sitzbänken, wo ich manchmal sitze und den Menschen zuschaue, saß eine Dame auf dem Boden und bewegte sich mit langsamen Bewegungen.
Ein junger Syrer saß nahebei auf einer Bank und blickte verächtlich.
Die Dame hielt einen halbleeren Becher mit Sekt in der Hand.
Sie war vielleicht in ihren Vierzigern.
Ich fragte sie ob sie hoch wolle.“ Ja“, sagte sie und ich begann zu ziehen. Das fruchtete nichts.
Ein junger Mann, der aussah wie ein Arzt, half mit den richtigen Griffen und die Dame stand.
Vorsichtig, mit einer Hand unter dem Ärmel, die andere am Gelenk führte ich die Schwankende zur Bank.
Ich begann an mein Fahrrad zu denken und an meine Fahrt.
„Was nun?“ fragte ich die Dame. Sie sagte „Platte“. Ich erwiderte „die Platte hat zu“ und meinte das Caritashaus am Berghang. „Unter der Brücke“, sagte sie und „Schlafsack“.
Draußen vor dem Bahnhof verläuft eine Autobahnrampe auf Stelzen und ich erkannte ihren Willen.
Wir fuhren mit dem Fahrstuhl abwärts. Ich faste sie zu fest am Arm und marschierte mit ihr zu schnell zum Ende des Brückenbaues, der zum Ende immer flacher wird.
Dort erkannte ich Matratzen und Schlafsäcke.Wir strebten dahin und ich hielt sie noch immer zu zackig unter dem Arm und am Laufen.
Ich meinte die Schlafsäcke seien belegt, sie waren aufgebauscht und geschlossen.
Doch die Dame glitt auf eine Matratze, ich fühlte an einem Schlafsack, er war leer.
„Danke“ sagte sie und ich eilte zurück zum Bahnhof.


© Hartmut Holz


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