Thesenpapier
Von Alexej Licharew
(2877382)
Seminar: Verdinglichung
Bezogen auf Georg Lukacs Reflexionen
Probleme der Philosophie
05.03.2018


1. Im Verdinglichungsprozess werden aus eigentlich nicht-verdinglichten Lebewesen, mit eigener Subjektivität, Kreativität, Intelligenz und Lebendigkeit, durch eine gewisse kalkulierte Benutzung der Lebewesen für ein gewisses wirtschaftliches Interesse verdinglichte, objekthafte und funktionalisierte Entitäten, welche ihre eigene Lebendigkeit dem mechanisierten Produktionsprozess unterordnen und somit nach fremden Willen und Befehlen gehorsam funktionieren.

2. Eine Befreiung von der mechanisierenden Verdinglichung für die ökonomische Mehrwertsakkumulation könnten wir eventuell mit der außerökonomischen Selbstverwirklichung bezeichnen, welche nicht um Profite oder um des Kapitals willen geschieht, sondern als sinnproduzierende Zweckrealisierung der inneren Vermögen und Fähigkeiten anzusehen ist.

3. Da im Kapitalismus eine schreckliche Verdrehung von Subjekten in Objekten und von Objekten in Subjekten stattfindet, müssen wir um das Problem der Verdinglichung aufzulösen, die Verdrehung verdrehen. Das bedeutet eine Entsubjektivierung der Objekte sowie eine Resubjektivierung der Subjekte.

4. Und selbst die Intersubjektivität der Menschen, die Beziehungen von Menschen miteinander, werden im kapitalistischen gesellschaftlichen Arbeits- und Produktionsprozess in ihrer Qualität zu verdinglichten Beziehungen (Beziehungen werden einem kalkuliertem ökonomischen Nutzenkalkül unterworfen, instrumentalisiert, bloßes Mittel zum Zweck). Die Emanzipation von verdinglichten Beziehungen ist zugleich die Hinwendung zu einer gesunden Intersubjektivität, welche in außerökonomischen Werten, wie Freundschaft, Liebe, Vertrauen, Freude und gemeinsamer Glückseligkeit verwurzelt ist.

5. Dingsein heißt nicht Dingbleiben. Wer seinen Status als verdinglichtes Subjekt erkennt, der erkennt im Weiteren, dass er/sie/es nicht ausschließlich nur ein mechanisiertes Objekt zur Bedürfnisbefriedigung für Fremde, Unbekannte, oder Andere ist. Diese Selbsterkenntnis als handlungswirksames Subjekt fördert die Erkenntnis von den Anderen als ebenso der tätigen Freiheit fähigen Subjekte. Dingbleiben heißt sich mit der Beraubung der wesenseigenen Subjektivität wie Kreativität, mit der Amputation von eigener Intelligenz und Vitalität zufrieden zu geben.

6. Eine gesunde und entdinglichte, nicht nur ökonomischen Kategorien unterworfene Subjektivität kann sich als eine Gelingende nur manifestieren, wenn zugleich die kollektive Intersubjektivität mehr und mehr sich seiner selbst bewusst wird, wir als Gesellschaft uns weiterentwickeln und gesunden; wo Lebewesen sich selbst und die Anderen sowohl als Mittel als auch als Selbstzweck betrachten und erfahren, wir uns in Respekt anerkennen und wertschätzen, weil wir gerade als Lebewesen lebendig, gesellig und sittlich sind und als ein lebendiger Teil das lebendige Ganze bereichern.


© Alexej


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Kommentare zu "Thesen zur Entdinglichung"

Re: Thesen zur Entdinglichung

Autor: Verdichter   Datum: 09.12.2019 3:10 Uhr

Kommentar: Uff, da musste ich mich echt erst einlesen...
Das Wort "Verdinglichung" finde ich mega interessant, ebenso wie "Entdinglichung".
Mit der Anwendung der Wörter lassen sich möglicherweise viele unverständliche Taten von Menschenhand erklären.
Sie eröffnen ein weites Feld zum Nachdenken.
Das tröstet mich darüber hinweg, dass ich nicht sicher bin, alle von deinen Gedanken verstanden zu haben.
War interessant zu lesen!
Gruß, Verdichter

Re: Thesen zur Entdinglichung

Autor: Alexej   Datum: 09.12.2019 11:50 Uhr

Kommentar: ach danke.....ja die Gedanken lassen auch interpretationsfreiraum....es sind resultate von einer gedanklichen verdichtung, die glaube ich auch nicht nur eineindeutig verstehbar sind....wenn es impulse gegeben hat zum nachdenken und reflektieren, dann hat es sich schon gelohnt, diese thesen ins netzt zu stellen...was damit passiert, liegt nicht in meiner vollständigen entscheidungsgewalt. will ich auch nicht, weil wir alle suchen uns das, was uns weiter foranbringt, bzw. näher zu unserer eigenen Mitte, ohne dafür andere als Dinger zu betrachten....danke für dein Kommentar....ich würde auch gerne lesen, was deine gedanken so gewesen sind, weil es sind gerade thesen, über welche man auch gerne streiten darf, bzw. das gemeinsame reflektieren zeitigt verschiedene perspektiven, welche da sein dürfen und sich hoffentlich konstruktiv vermitteln ...=)

Re: Thesen zur Entdinglichung

Autor: Verdichter   Datum: 09.12.2019 20:49 Uhr

Kommentar: Nun ja, ich habe mich mit dem Thema weit weniger beschäftigt als du und meine Gedanken allein im stillen Kämmerlein formuliert. Sie mögen also noch unausgewogen daherkommen...
Mir kam der Gedanke, dass es ausgerechnet die Subjekte, hier: die Menschen,
sind, die die andere Subjekte zu Objekte machen, um die Taten begehen zu können, die sie begehen wollen. Der Kapitalismus bedingt davon nur einen Teil, der in meinen Überlegungen keine Beachtung fand. Die menschliche Psyche nutzt die Verdinglichung aber in erheblichem Maße zur eigenen Rechtfertigung wie eine Unbedenklichkeitsbescheinigung, da er den von seinen Handlungen Betroffenen jegliche Subjektivität, und damit die Menschlichkeit, abspricht. Erst die seltene Resubjektivierung ermöglicht Reue, Scham und ehrliche Reflexion.
Die Objektivierung ist ein Instrument der Massenbeeinflussung.
Haßprediger nutzen es, um ein Feindbild zu erschaffen, in dem es keine individuellen Personen mehr gibt. "Die Anderen" sind von vielen einzelnen Subjekten zu einem Objekt (z.B. des Hasses) geworden.
Crowd-Management setzt da an.
Unter der Berücksichtigung der Resubjektivierung laufen viele Resozialisierungen. Eine Gesellschaft besteht aus einzelnen Subjekten, die alle gleich wertgeschätzt werden sollen und wollen. Nur dann funktioniert ein Miteinander. Wie will man auch mit einem Objekt kommunizieren?

Vermutlich sind meine Gedanken von deinen Überlegungen weit entfernt, aber wie ich schon sagte: das Wort "Verdinglichung" ist wie ein Schlüssel zu einem Labyrinth, zu eigenen Überlegungen.

Gruß, Verdichter

Re: Thesen zur Entdinglichung

Autor: Alexej   Datum: 10.12.2019 14:40 Uhr

Kommentar: ach ....ob fern oder nahe...was solls....wir können ja kommunizieren mit einander....und sprache überwindet schnell zeit und raum....da kannst du dir einfach ein buch von dostojewskie zur hand nehmen und da wird wieder etwas präsent, was einstmal damals in russland geschah, aber durch das lesen wieder in dem lesenden Bewusstsein geschieht....und du hast schon sehr interessante gedanken....und verstehe das nur nicht genau mit der Unbedenklichkeitsbescheinigung? könntest du das vllt näher erläutern? aber das weitere find ich interessant gedacht...es ist häufig so das ein künstliches Wir und die Anderen konstruiert wird, und die Anderen oftmals so schemenhaft bleiben wie die schlechten gebete in der kirche...sie sind dann projektionsflächen für die eigenen unzulänglichkeiten oder Fehltritte, die man denn versucht an die objekte zu hängen, anstatt sich die feheler selbst einzugestehen und sein Subjektsein zu verbessern, bzw. zu veredeln...da werden die "Anderen" mit schuld beladen oder verdinglicht, zu Instrumenten der eigenen Interessen, Wünsche und Absicht gemacht, sodass sie nicht mehr nur als Subjekte mit ihren eigen Wünschen, Zielen und Bedürfnissen wahrgenommen werden, sondern als sprechende Werkzeuge für die Profitabsichten einiger weniger...und als sprechende werkzeuge hat aristotel bereits die damaligen antiken sklaven tituliert, und in der hiesigen Produktionsordnung sind es nun man die Fabriknichtbesitzer, die sich bzw. ihre Arbeitskraft verkaufen, um ihren Lohn zu sicher....mehr oder weniger....sie sind rechtlich gesehen kein besitzt mehr (also kein Lebensbesitz) von den Herren und damen, die die Produktionsmittel inne haben, aber für die zeit in der die Menschen für sie arbeiten, haben viele kein mitspracherecht, oder hast du mal eine firma besucht in der es demokraftisch zu geht....ich eher weniger...da sind befehle und gehorsam an der tagesordnung, kommandos, Beherrschungen, die chefs sagen den besitzlosen Arbeitskraftverkäufern, den arbeitern was sie zu tun und zu lassen haben....wenn sie nicht gehorchen wird bedroht , mit entlassung gewarnt, weniger gezahlt oder rausgeschmießen, also bestraft....und dass weil die menschen für ihn zu funktionieren haben, der sich dann einen reibach daraus macht, dass es für sich arbeiten lässt, ohne hinterfragt zu werden...und wenn doch welche hinterfragen dann gibt es entweder krach oder sie fliegen.....ja und das....das ist elitäre, beinhae faschistoide kackscheiße im verhältniss von mensch zu mensch....von lebewesen zu lebewesen, weil es einestrukjturelle unwertigkeit impliziert wie expliziert, die einem Verbrechn ähnelt, einer farce...eine fehleinstellung der Menschen untereinander wodurch dann auch viele entfremden, sich anpassen oder verletzungen erleiden, und sich dadurch nachhaltig verkrüppeln...und warum? wegen den strukturellen gesetzen und der scheinbaren Ordnung....eine ausbeuterordnung ist das.....eine Verdinglichungsordnung...eine mechanisierte Funktionalisierung, die sehr vieles Vergessen hat, auf Ignoranz und Arroganz, Ungleichwertigkeit und Betrügereien basiert....und sie einander gegenseitig verletzten...und wieso? weil einige wenige mehr haben wollen als alle anderen....wie die könige einst...oder die unbewussten herrschaften....und das auf kosten und zu lasten der fleißigen und NichtHerrscher...!

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