Der Stubentiger

Heute hatte ich Besuch - von einem Raubtier. Naja, so ein richtiges Raubtier war es nicht. Es hatte zwar Ähnlichkeit mit einem Tiger... einem kleinen, rötlichen Tiger... es war ein Stubentiger...
Eine kleine, rotweiß gefleckte Katze kam heute Besuch.
Eigentlich ist so eine Katze ja immer noch ein Raubtier. Allerdings sehen wir, also die Menschen, es überhaupt nicht gerne, wenn sie jagt. Eine Maus ist ja noch okay, aber wenn sie Vögel jagt, dann nehmen wir ihr das übel, obwohl sie dabei nur ihren natürlichen Instinkten folgt.
Ein Raubtier, geschaffen, um das Gleichgewicht in der Natur aufrecht zu erhalten. Jäger und Gejagte, Fleisch- und Pflanzenfresser und dann - kam der Mensch und machte sich die Erde untertan und das Gleichgewicht geriet aus den Fugen.
Aus Raubkatzen wurden Stubentiger, aus Wölfen wurden Hunde, die nur eins zu sein haben, nämlich gehorsam. Aus grasenden Rinderherden, aus, den Wald durchstreifenden wilden Schweinen, aus Hühnervögeln wurden eingepferchte Hochleistungserzeuger von Nahrungsmitteln, ja, sie wurden selbst dazu.
Und was wurde aus dem Menschen? Ursprünglich selber ein Teil der Natur, selbst Jäger und Gejagte, steht er heute an der Spitze der Nahrungskette. Durch den aufrechten Gang, die Entwicklung der Sprache, die eine gezielte Zusammenarbeit möglich gemacht hat, durch die Handhabung von Werkzeugen und das Weiterentwickeln von Vorhandenem, durch Vergleichen und Vorausschauendem Handeln entstand ein Gehirn, dass die komplexesten Zusammenhänge erkennen und Lösungen schaffen kann.
Aber trotz aller Intelligenz haben wie, genau wie der Stubentiger, noch immer unsere Instinkte. Und die sorgen dafür, dass wir manchmal alles logische Denken vergessen und so handeln, als wären wir noch ein Teil der Natur.
Unser Eigenes Volk steht über allen Anderen. Alle, die anders sind werden bekämpft. Wir führen Kriege, weil das Nachbarvolk als Konkurrenz angesehen wird und vernichtet werden muss. Wir erobern Territorien um darüber zu herrschen und uns, die dort vorhanden Rohstoffe, zu sichern.
Und selbst die Religionen, die zwischen den Instinkten und dem Verstand vermitteln sollten, werden dazu genutzt, um die Andersartigkeit zu unterstreichen. Sie verschärfen die Konflikte und machen die Menschen zu Marionetten von einigen Wenigen, die es geschafft haben, die Fäden in der Hand zu halten. Sie spielen mit uns und bringen uns dazu, den Verstand auszuschalten und unseren Instinkten zu folgen, indem sie unsere Ängste wecken und uns zu Taten anstiften, die ihnen nützen.
Der Stubentiger wird seine Instinkte nicht verlieren, auch wenn er sein Dosenfutter zu schätzen weiß.
Und wie ist es mit uns, den Menschen? Werden wir es schaffen unsere Instinkte zu beherrschen und eine friedlich Welt erschaffen?


© Sigrid Hartmann


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Kommentare zu "Der Stubentiger"

Re: Der Stubentiger

Autor: Michael Dierl   Datum: 31.05.2025 0:25 Uhr

Kommentar: Hi Sigrid, nein, das glaube ich weniger. Wir, der Mensch, führt schon über Jahrhunderte Krieg und es ging immer wieder um die niederen Dinge, wie Landeroberung, Gold und Edelsteine. Heute um Seltene Erden und andere Rohstoffe, die man braucht um die Massen an Menschen zu ernähren. Denn da sind Phosphate lebenswichtig, damit Pflanzen gedeihen können bzw. der Ertrag so reichlich ist er, dass man das dreifache aus dem Boden holt als gewöhnlich. Nachteile sind Nitrate im Boden etc. Das blöde daran, dass man die Hälfte wegschmeißen muss, um den Preis zu halten. Das ist einfach zu verrückt und das kann ich selbst nicht unterstützen. Aber leider wird das immer noch so gemacht. Das ist auch nur ein Beispiel von vielen Dingen in dem Produziert wird, so als wenn der letzte Tag anbricht. Bald wird es um reines Wasser gehen und vielleicht auch bald um gekühlte Räume, weil der Mensch wirklich alles zerstört, was die Natur uns gegeben hat. Ein indianischer weiser Spruch lautet: Wenn Du einen Baum nimmst, dann pflanze zwei und grabe nie zu tief in Mutter Erde, denn dort würde man böse Geister wecken, die einem schaden! Aber all das juckt den modernen Menschen nicht. Der ist dümmer als ein Haufen Stroh und denkt, es würde schon nix passieren! Doch manchmal wehrt sich die Erde und es passiert doch. So wird der Mensch vielleicht sich bald selbst ausrotten, weil die Waffen dazu hat er schon lange! Und was einmal gebaut wurde, wird auch eingesetzt werden. Das ist fast schon ein Gesetz! Denn der dumme Mensch will wissen, was passiert. Die Neugier, der Geiz und Habsucht sind die Triebfedern unserer modernen Gesellschaftsform! Leider! Wünsche Dir ein doch schönes Wochenende. Ich bin wieder mal am zeichnen mitten in der Nacht! :-)

Deinen Text habe ich sehr gerne gelesen und ich stimme in allen Punkten mit Dir überein!

lg Michael

Re: Der Stubentiger

Autor: Alf Glocker   Datum: 31.05.2025 7:23 Uhr

Kommentar: nein, das werden wir nicht!

LG
Alf

Re: Der Stubentiger

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 04.06.2025 10:57 Uhr

Kommentar: Liebe Sigrid,
mit viel Gefühl geschrieben. Warum schaffen wir Menschen nicht das, was wir bei den Tieren bewundern? Ganz klar: Wir haben eine tödliche Waffe … die Fähigkeit zu sprechen.
Liebe Grüße Wolfgang

Re: Der Stubentiger

Autor: sissy   Datum: 06.06.2025 22:57 Uhr

Kommentar: Herzlichen Dank für eure Gedanken zu meinem Text

LG Sigrid

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