Sie dachte, sie wüsste was der Tod ist. Sie dachte, sie hätte alles schlimme schon erlebt. Aber da irrte sie sich.

Es war wieder einmal ein regnerischer Freitagabend.
Sie wusste es. Sie wird beobachtet. Wie immer. Wie jeden Tag.
Wie konnte sie heute morgen auch nur ansatzweise denken, dass es anders sein würde. Das geht jetzt schon seit Monaten so. Jeden Tag dasselbe. Sie seufzte und stand auf um sich für das Abendessen fertig zu machen. Etwa eine halbe Stund später klopfte es an der Tür und eine Pflegerin betrat mit einem Tablett das Zimmer. Sie wusste wie es nun weitergehen würde. Es war jetzt schon ein Alltagsritual. Ohne darüber nachzudenken setzte sie sich auf einen Stuhl und wartete bis Emma, so heißt die Pflegerin, ihr das Essen reichte. Obwohl Emma die ganze Zeit neben ihr saß, versuchte sie sie zu ignorieren und aß einfach weiter. Als sie fertig war, bewegte sie sich nicht, sondern blieb einfach auf dem sehr unbequemen Stil sitzen.
"Wir haben sehr gute Neuigkeiten für Sie. Ab morgen ist es ihnen gestattet einmal die Woche das Heim zu verlassen..... Gute Nacht und bis Morgen."
Sie nahm die Worte gar nicht richtig wahr, sondern erhob sich vom Stuhl und legte sich in ihr Bett. Bevor sie einschlief, musterte sie wie jeden Abend ihre Arme. Auch wenn sie nun von ihrem Vater getrennt war, hatte sie immer noch Angst. Ihr Vater. Der Grund warum sie seit 9 Monaten hier ist. Obwohl sie 19 Jahre alt ist, hat sie überhaupt keine Privatsphäre. Sie wird jede Minute von diesen scheußlichen Kameras an den Wänden beobachtet. Aber mittlerweile nahm sie diese gar nicht mehr richtig wahr.
Bevor sie die Augen schloss, realisierte sie erst, was die Pflegerin gesagt hatte. Sie durfte das Heim verlassen. Eine einzelne Freudenträne bannte sich ihren Weg nach draußen und fiel auf ihr Kissen. Einige Minuten später schlief sie ein und träumte wieder von ihrer grausamen Vergangenheit.
Die nächsten 3 Monate vergingen und jede Woche wurde sie immer glücklicher. Aber im vierten Monat passierte etwas, dass ihr Leben komplett verändern sollte:

Sie ging gerade die Straße entlang und es schauderte ihr schon bei dem Gedanken daran nach hause zurück gehen zu müssen. Nicht einmal das Wort "zuhause" konnte sie ohne Gänsehaut zu bekommen aussprechen. Sie achtete gar nicht dadrauf wo sie lang ging, als sie jemand plötzlich an den Armen festhielt, da sie fast rückwärts gefallen wäre.
Sie schaute hoch und blickte in das charmanteste Lächeln, dass sie jemals gesehen hatte. Je länger sie in die warmen, braunen Augen schaute, desto schneller schlug ihr Herz.
Sie brachte ein schüchternes Lächeln zustande und strich sich eine lästige Haarsträhne hinters Ohr
"Hallo, ich heiße Jeff. Und du bist?", fragte er ein wenig schüchtern, aber auch selbstbewusst.
"Sagt man nicht Namen sind wie Schall und Rauch? Namen verraten einem rein gar nichts. Woher willst du durch irgendeinen Namen wissen, wer da vor dir steht. Vielleicht ist es ein Freund, Feind, bekannt oder unbekannt."
Der junge Mann schien sichtlich aus der Bahn geworfen. Aber er fand sein Lächeln, welches ihm so gut stand, schnell wieder und sagte mit einem Funkeln in den Augen:
"Dann würde ich dich gerne besser kennen lernen. Dürfte ich dir einen Kaffee spendieren?" Sie stimmte zu.
Während sie sich bei einem Kaffee unterhielten, erfuhr sie sehr viel über Jeff, aber selbst sagte sie nichts, bis er fragte ob er sie nach hause begleiten könne.
Sie zögerte, erzählte ihm aber dann die ganze Wahrheit. Wirklich alles.
Sie wusste nicht warum, denn normalerweise vertraute sie niemandem.
Aber in seiner Nähe fühlte sie sich sicher.
"Ich habe kein Zuhause. Ich lebe in einem Heim. Ich bin nicht wie andere 19-jährige." Bevor sie weitererzählte, atmete sie einmal tief ein und aus. Dann krempelte sie ihre Ärmel hoch.
Sie merkte, dass Jeff für einen Moment die Luft wegblieb. Aber er beruhigte sich schnell wieder.
"Als Kind hat mein Vater mich sehr Verletzt." Sie deutete auf die Brandnarben und auf einige Flecken.
"Er hat mich nicht nur körperlich sondern auch geistlich komplett zerstört. Deswegen lebe ich seit ich 18 bin dort. Ich kann nicht arbeiten, da ich mich bei zu vielen Menschen unwohl fühle. Mit 18 rannte ich weg, direkt dorthin." Weiter konnte sie nicht erzählen. Die Erinnerungen schmerzten sie immer noch. Er schien zu verstehen, erhob sich und bot ihr seine Hand an.
Er begleitete sie nach hause und zeigte ihr auf dem Weg unterschiedliche Sternbilder. Zu allen konnte er eine kleine Geschichte erzählen. Sie fühlte sich beobachtet aber schenkte diesem Gefühl keine Beachtung. Als beim Heim ankamen, verabschiedete er sich mit einem Kuss auf die Wange. "Nächsten Dienstag um 8?" Sie nickte. Mit hochrotem Kopf ging sie auf ihr Zimmer. Sie lächelte immer noch, als es klopfte und die Pflegerin mit einem ernsten Gesicht hereinkam. "Du wirst diesen Mann nie wieder sehen!" Sie war geschockt. Woher wusste sie von ihm? "Warum?" "weil er nicht gut gut für dich ist. Schluss!" Mit diesen Worten verließ Emma das Zimmer. Sie schaltete das Licht aus, schmiss sich auf ihr Bett und weinte sich in den Schlaf. Und zum ersten Mal seit langem hatte sie keinen Albtraum. Nein. Sie träumte von ihm. Von seinem charmanten Lächeln.
Was in der nächsten Woche passierte, bekam sie nicht mit. Als ihr aber gesagt wurde, sie dürfe das Heim nicht mehr verlassen, beschloss sie sich rauszuschleichen.
Am Dienstag machte sie sich fertig. Kurz bevor sie gehen wollte, drehte sie sich noch einmal im Kreis und nickte dann zufrieden in den Spiegel. Es war schwer sich an all den Pflegern vorbeizuschleichen aber sie schaffte es.

Jeff begrüßte sie höflichen sie beschlossen im Schein der Sterne und des Vollmondes ein wenig spazieren zu gehen. Um Mitternacht, als sie oben auf einem Hügel standen, küsste er sie. Ihr Herz setzte für einen Moment aus, nur um dann doppelt so schnell zuschlagen sie schloss die Augen und genoss diesen Moment. Wie lange sie dort standen war ihr nicht klar, als er sich plötzlich von ihr löste.
Als er den Mund öffnete um etwas zu sagen, begannen seine Knie zu zittern und er wurde schwer. Sein ganzes Gewicht lag nun in ihren Armen. Sie legte ihn auf den Boden und strich ihm übers Haar. Es war alles so schnell gegangen. Sie hob den Kopf und trotz der durch Tränen verschleierten Sicht, sah sie..... Nein! Das konnte nicht sein! Es war.... Emma!!! Und sie hielt ein blutiges Messer in der Hand. "Ich liebe dich." Das war das letzte, was Jeff sagte, bevor er für immer die Augen schloss. Sie weinte. Sie weinte wie noch nie zuvor.
"WARUUUM?", schrie sie Emma mit aller Kraft an. Emma schluckte. "Weil ich...", sie brach ab.
"Weil ich deine M..Mutter bin.", schluchzte sie mit Tränen in den Augen.
Sie verstand nicht. Wie konnte Emma ihre Mutter sein. Die Frau von der sie dachte, sie wäre tot. Aber Nein! Hier steht sie? Die Frau, die ihr das Leben geschenkt haben soll? Das konnte nicht sein.
Ihr schien die Verwirrung in Gesicht geschrieben zu sein. Noch immer kniete sie neben Jeff, dessen Brust sich weder hob noch senkte. Er war es. Die Liebe ihres Lebens. Sie wusste es bisher nur noch nicht. Bisher glaubte sie auch nicht an Liebe auf den ersten Blick. Aber für alles gibt es eine erstes mal.
"Ich wollte nicht, dass du den selben Fehler machst, wie ich und dich verliebst. Ich machte diesen Fehler und was hatte ich davon? Ich musste gehen, als du auf die Welt kamst. Es tut mir leid! "
"Aber nicht jede Liebe muss so enden wie deine Mutter." Das Wort Mutter spukte sie förmlich aus. Emma schien durch diese Worte getroffen. Sie senkte den Blick und nickte kaum merklich. Das verwirrte, das Verletzte Mädchen.
Emma hob den Kopf und hatte Tränen in den Augen. Sie lächelte traurig und rammte sich das Messer mit aller Kraft in die Brust.
"NEIIIIINNN!!!!", schrie sie, doch sie konnte nicht aufstehen und zu ihr rennen. Sie war zwar ihre Mutter doch im Moment war Jeff wichtiger. Ihre Beine wollten nicht gehorchen und sie zu ihrer Mutter tragen.
Sie fasste einen Plan. Ohne zu zögern stand sie auf und rannte zur Brücke. Sie stieg über das Geländer und atmete noch einmal tief durch.
Die Tränen, die nun in ihr hochzukommen scheinen, schlicht sie runter. Sie schloss die Augen und sprang.
Sie schien wie in Zeitlupe zu fallen. Die Tränen, versuchte sie nicht mehr aufzuhalten.
Während sie fällt, durchlebte sie noch einmal all die schönen Momente mit Jeff und lächelte schwach. Dann berührten zuerst ihre Zehen und dann ihr ganzer Körper das Wasser, bis es sie umschloss. Das Wasser umschlang sie, als würde es sie nie mehr loslassen wollen und es wird sie auch nie mehr loslassen. Die Luft wurde immer weniger. Sie kämpfte nicht gegen das Wasser, das immer näher zu kommen schien.
Es heißt wenn man die Augen schließt, dass man in diesem kurzen Moment das sieht wonach sich das Herz am
meisten sehnt. Und als sie zum letzten
Mal die Augen schloss, sah sie das
charmante Lächeln von Jeff.




Schreibt mir bitte wie ihr die Kurzgeschichte gefunden habt


© sweeties story


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Beschreibung des Autors zu "Manchmal sind Vertraute diejenigen, die dich grausam verraten"

Sie dachte ihr Leben sei komplett zerstört. sie dachte, es gäbe keinen Ausweg.
Doch die Liebe siegt wie man so schön sagt immer. ABER wie ist es diesmal? Ist der Tod vielleicht doch stärker?




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