1.Szene

Klappe:

20 unbekleidete Personen laufen auf einen Marktplatz, auf dem ein Kleiderständer steht, und bilden einen Kreis. Sie setzen sich in Bewegung – sie laufen, sie rennen im Kreis herum. Es handelt sich um einen Tanz. In der Mitte steht eine Torte, aus der jetzt ein, als Albert Einstein verkleideter, Affe steigt. Er hat eine Trommel dabei. Er schlägt den Takt…aber als er die Stöcke wegwirft stellen sich die nunmehr wieder laufenden, dann gehenden Gestalten, alle gegenseitig ein Bein und fallen um.

Wie von selbst beginnen sie einen scheinbar zusammenhanglosen Dialog, einen Disput, über nichts Bestimmtes – sie schreien sich an.

1.Tänzer: „Seht doch mal!“

2.Tänzer: „Ich sehe nichts…“

3.Tänzer: „Was denn sonst?“

Alle zusammen: „Das haben wir uns gedacht!“

Irgendwo lacht jemand laut…(wer gelacht hat ist nicht feststellbar).

4.Tänzer: „Was kunft denn da noch auf uns Zu?“

Unsichtbare Stimme: „Du siehst mit den Augen eines Kindes…!“

5.Tänzer (er ist ganz rot im Gesicht und aufgequollen): „Du ziehst das Glück / Unglück an wie andere Leute ihre Socken.“

6.Tänzer: „Je nach wem…“

7.Tänzer: „Der hat aber einen Ausschlag…“

8.Tänzer: „Wie ein Boxweltmeister…“.

Da taucht plötzlich eine schizophrene Frau auf – sie trägt ein Schild mit der Aufschrift „Ich bin schizophren!“

Sie ruft: „Das ist für mich eine Tautologie!“

Ein schizophrener Mann taucht auf. Auch er trägt das Schild „Ich bin schizophren“…

Er ruft noch lauter: „Das ist mir zu optimistisch!“

9.Tänzer: „Freu dich mal etwas vorsichtiger!“

Der Schizophrene: „Ich bin doch kein Glaubensmensch…“.

10.Tänzer: „Eben drum!“

Klappe!


Neue Szene…

Der Disput beginnt wieder von Neuem – die Gestalten laufen erneut im Kreis… Diesmal sind die Männer mit Pelzmänteln bekleidet, die Frauen tragen Burka.

11.Tänzer: „Ich ekle mich vor deinem Körper“.

12. Tänzerin: „Ich ekle mich vor meinem Körper“.

Der Schizophrene: „Das wäre doch jetzt nicht nötig gewesen…“.

In diesem Augenblick gibt es eine partielle Sonnenfinsternis – die Szene wird ein wenig dunkler…

Die Schizophrene: „Das ist ja ungeheuer!“

13.Tänzer: „Wo ist ein Ungeheuer?“

14.Tänzerin: „Da vorne“.

Der Schizophrene: „Ich seh‘ keines, aber ich verstehe…“.

Wieder lacht eine unsichtbare Stimme lauthals……

12.Tänzerin: „Ich ekle mich vor deiner Seele!“

15.Tänzer: „Das ist die wahre Liebe!“

Die Schizophrene: „Die einzige?“

Der Schizophrene: „Die einzige unter vielen…Heirate mich!“

Unsichtbare Stimme: „Wer hat das gesagt?“

Plötzlich mischt er Regisseur mit. Er tritt in die Kulisse und schreit aufgeregt, mit den Händen fuchtelnd: Vorsicht! Es ist ermittelbar, welcher Gesprächsbeitrag von wem kommt…!“

Der Schizophrene tritt ihm mutig entgegen: „Das kam von dem Kleiderständer dort drüben“.

Regisseur: „Merkt denn der nicht, daß er ein Kleiderständer ist?! Kleiderständer dürfen keine eigene Meinung haben und keinen eigenen Willen!“

16.Tänzerin: „Und was hat er, eine oder einen?“

17.Tänzer: „Er hat keinen!“

Der Kleiderständer spricht mit geheimnisvoller Stimme: „Das geht nicht!“

Dann bewegt er sich und man merkt, daß es ein Mensch ist…einer, der sich bisher immer nur im Hintergrund gehalten hat.

Der Kleiderständer sagt: „Alles geht, was bleibt möchte geheiratet werden – basta!“

18.Tänzerin (sie hebt ihre Burka leicht an um besser sehen zu können): „Auch Kleiderständer?“

19.Tänzer: „Gerade die – vielleicht ausschließlich!“

Der Regisseur erschießt den 19. Tänzer!

…Gelächter unter den Zuschauern, außerhalb des Sets…

Klappe


3. Szene

Eine Mondscheibe wandert über den Taghimmel. Sie ist schwarz! Es ist totale surreale Mondfinsternis!


20.Tänzer: “Ach, ist das schööön!!“

Die Schizophrenen: „Ach, ist das schööön!“

Alle zusammen: Ach, ist das schöööööön!

Es beginnt zu regnen!


Die Personen ziehen sich um – weiße und rote Zwangsjacken.

Plötzlich zeigen alle, mit der Nase, auf einen Punkt, aber dort ist nichts

„Seht nur, da geht einer fremd“, rufen sie…

Alle Männer: „Wir sehen aber nichts!“

Alle Frauen: „Sagen wir doch – aber da ist ein Fremder
Er geht in die Fremde…“.

Alle singen:
„Ein Schrittchen vor, ein Schritt zurück,
so entsteht das wahre Glück –
wer da mitmacht, der hat es gut…
Menschen sind nicht auf der Hut“.

Das Publikum wirft Hüte in die Luft…

Alle am Set setzen einen Hut auf!

1.Zwangsjacke: „Ist das Robins Hut?“

2. Zwangsjacke: „Quatsch, das ist Julias…“.

3.Zwangsjacke: „Der heißt Romeo, du Depp“.

4. Zwangsjacke: „Psst, es weiß doch keiner, was mit der Geschichte gemeint ist…“.

5.Zwangsjacke: „So wie bei Nabucco?“

6.Zwangsjacke: „Beischlafuntensilienkoffer???“

7.Zwangsjacke: „Nicht Buko – Na-bu-cco!!“

Der Schizophrene: „Hat das was mit Siechfried zu tun?“

Regisseur: „Bitte keinen Dialekt jetzt!“

Die Schizophrene: „Es war sowieso Aida…“.

In diesem Augenblick erscheint ein als Affe verkleideter Albert. Er hat einen Stein in der Hand und wirft ihn seitlich in die Kulissen. Ein Klirren ertönt.

„Ich habe das Glashaus getroffen“, kreischt er entzückt und hüpft wie verrückt mit den Zwangsjacken im Kreis…

Die Nacht bricht herein.

Klappe



4. Szene


Als es wieder hell wird sieht man neue Kulissen. Eine Gasse die mit Spinnweben durchzogen ist…in der linken Ecke steht ein Fußballtor.

Ein Ball rollt herein – ihm folgen 22 nackte Spieler und Spielerinnen, die sich Nummern auf Rücken und Brust geklebt haben. Die Hälfte der Nummern lautet 666, die andere Hälfte 00.

Die Spieler / innen wollen sich auf den Ball stürzen, aber da tritt ein Schiedsrichter auf…es ist ein als Affe verkleideter Albert Einstein…und zeigt jedem die gelbe Karte…

Die Diskussion fängt von neuem an…

1.Spieler: „Was ist das?“

2. Spieler: „Seit wann gibt es hier Gesetze?!“

3.Spielerin: „Mir kommen die Krokodilstränen“.

4. Spieler: „Ich glaube das jetzt nicht…“.

5.Spielerin: „Dann musst du…“

6.Spielerin: „sterben? Essen trinken, atmen, lieben?“

Der Schizophrene tritt hinzu: „Gott schützt die Liebenden!“

Der Kleiderständer mischt sich ein: „Simpel! Das ist simpel! Zu simpel!“

7. Spieler: „Und überhaupt: wer ist wie Gott?!“

8. Spielerin: „Michael??“

Eine rote Karte taucht auf. Der Schiedsrichter schüttelt das Haupt und sich die Kleider vom Leib. Jetzt sieht man, daß es nicht Albert Einstein, sondern ein Affe ist.

„Das ist Blasphemie“, kreischt er.

Der Kleiderständer: „Wer hört schon auf Affen?“

Einer der Spieler und Spielerinnen hebt die Hand, dann ein zweiter, ein dritter und so weiter…

Der Affe zieht sich wieder an und sieht jetzt erneut wie Albert Einstein aus!

Die Rotorengeräusche eines Hubschraubers werden hörbar –

Von ganz oben fallen jetzt Flugblätter.
Der Affenschiedsrichter liest daraus vor:

„Es ist verboten zu diskutieren,
es ist verboten nicht zu diskutieren.
Es gibt überhaupt keine Verbote.
Wer das Verbot von Verboten nicht beachtet…
Wer die Verbote nicht beachtet, muss mit einer Höchststrafe von nicht unter mindestens rechnen.
Alles liegt im Ermessen des Gerichts.
Das Gericht kennt zweierlei Maß.
Keiner darf sagen, das Gericht kenne zweierlei Maß, sonst muss er mit einer Höchststrafe von nicht unter mindestens rechnen.
Wer nicht rechnen kann muss 100mal `Alphabet` aufschreiben.
Keiner darf die Verbote außer Kraft setzen.
Wir rechnen mit Höchststrafenfreiwilligen.
Alle Feiglinge bitte einen Schritt zurücktreten“.

Überall hängen die Spinnweben mit den Flugblättern voll.

Die Spieler sind entsetzt! Sie rennen wild durcheinander.

Der Regisseur versucht das Chaos einzudämmen, prallt aber mit dem Kleiderständer zusammen und bekommt das Schild des Schizophrenen zu fassen. Damit schlägt er jetzt um sich.

Er trifft einen Spieler und eine Spielerin nach dem / der anderen…sie fallen der Reihe nach bewusstlos zu Boden und bilden dort einen Kreis.

Der Affe zieht sich erneut um!

Er ruft: „Gott ist groß!“

Da erwachen die Bewusstlosen, aber Feuer ist in den umliegenden Häusern ausgebrochen.

Alle Spieler, Tänzer, Zwangsjackenträger erwachen und rufen: „Klappe, Klaapppeeee, Klaaaappeeee!“

Aber der Affe tröstet sie mit weisen Worten: „Habt keine Angst – es gab nie eine Kulisse, nie ein Set, nur ein Drehbuch. Ihr seid keine Schauspieler, obwohl ihr Schauspieler seid und dies ist auch kein Film, sondern die Realität“.

Der Regisseur lacht und lacht und lacht und lacht.

Der Kleiderständer geht in Flammen auf.

Die Schizophrenen sind geheilt…

Dann löst sich alles in höllisches Wohlgefallen auf, wobei die Zuschauer – zu spät – bemerken, daß sie alle integriert waren. Alles brennt. Und die Brennenden tanzen singend in den Tod:

„Ein Schrittchen vor, ein Schritt zurück,
so entsteht das wahre Glück –
wer da mitmacht, der hat‘s gut…
Menschen sind nicht auf der Hut“.

Klappe

FIN


© Alf Glocker


2 Lesern gefällt dieser Text.

Unregistrierter Besucher

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Drehbuch für einen surrealistischen Film (bitte nicht zu sehr verdrehen)"

Re: Drehbuch für einen surrealistischen Film (bitte nicht zu sehr verdrehen)

Autor: Gerlinde   Datum: 01.09.2018 7:43 Uhr

Kommentar: Lieber Alf,

Von Drehbüchern scheinst Du wenig Ahnung zu haben. Weder vom Aufbau (Exposition, Konfrontation, Klimax) noch von der Formatierung.
Zum Beispiel würde die erste Szene so überschrieben werden:

1 Aussen. Marktplatz - Tageszeit (Früher Morgen bis Nacht), und zwar groß geschrieben.
Darunter dann eine kurze Beschreibung dessen, was man sieht. Personen, die sprechen, werden mittig gesetzt und groß geschrieben. Dialoge leicht nach links darunter versetzt, und Anweisungen in Klammern vom Dialog etwas nach rechts.
Ich schreibe Drehbücher, hätte hier gerne eines als Beispiel hochgeladen, aber das geht anscheinend nicht. Darum fürs Erste diesee Links :

http://mypage.netlive.ch/demandit/files/M_BFNO38KLSZ567NYSJ29/dms/modul_03/Formatierungsregeln.pdf

https://www.drehbuchwerkstatt.de/Fachtexte/DrehbuchFormat.pdf

Re: Drehbuch für einen surrealistischen Film (bitte nicht zu sehr verdrehen)

Autor: Alf Glocker   Datum: 01.09.2018 7:48 Uhr

Kommentar: Dank! Ich will doch nur spielen...

LG Alf

Kommentar schreiben zu "Drehbuch für einen surrealistischen Film (bitte nicht zu sehr verdrehen)"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.