Nach ersten Reaktionen auf seinen Rücktritt muss man sich fragen, ob in der Tat nur Vollblutpolitiker für dieses Amt geeignet sind. Weil sie alleine die professionelle "Immunität" gegen Verbalattacken aus allen Lagern zu besitzen scheinen, im Gegensatz zu politischen Laien, die andere, wenn auch nicht minder wichtige Qualitäten haben, und deswegen auf dem glatten Berliner Parkett zu leicht ins Rutschen kommen? Das macht einen Grübeln, denn damit begeben wir uns der Chance auf Originale, auf Persönlichkeiten, die mehr als nur die stets gleichlautenden Worthülsen, in stets gleichförmiger Rhetorik ablassen.
Tocqueville schrieb schon vor 150 Jahren, "Es ist in den Vereinigten Staaten eine (...) Tatsache, dass die bedeutendsten Männer selten zu öffentlichen Ämtern berufen werden, und dies trifft (...) in dem Maße zu, wie die Demokratie (...) ihre früheren Grenzen überschritt."1
Mit Horst Köhler hatte man einen Amtsträger wählen wollen - und einen richtigen Menschen mit Ecken und Kanten bekommen.
Ist es leider möglich, dass sich auch eine moderne Demokratie totlaufen kann, zur Routine wird - auf Kosten der Inhalte, auf Kosten des Souveräns?
Kann es auch sein, dass sich Horst Köhler nicht im Zentrum des Berliner Karussells befand, wie er glaubte, sondern von dessen Fliehkräften erfasst wurde?
Dünnhäutig, wie ihm nachgesagt wird, dass er sei oder nicht: Es wirft ein schlechtes Licht auf unser "oberstes" Gemeinwesen, mit denkenden Menschen auf diese Weise umzugehen.
© Hans Finke

1 Alexis de Tocqueville "Über die Demokratie in Amerika" Editions Gallimard Paris 1951


© Hans Finke


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