Es ist der erste Schultag im Jahr 1993.
Und mit erstem Schultag meine ich auch wirklich den ersten Schultag. Am Samstag war die Einschulung. Ich habe mich so unwohl gefühlt. Ich kannte niemanden nicht ein Kind war unter den Erstklässlern, das ich bereits aus dem Kindergarten kannte.
Was schicken meine ungläubigen Eltern mich auch ausgerechnet in einer vorwiegend evangelischen Region auf einen katholischen Kindergarten.
Nun steh ich da, mit der Vogelnest-Gedächtnis-Frisur auf die meine Mutter so stolz ist, mit dem pinken Scout Tornister mit bunten Sternen und will die Hand meiner Mutter nicht loslassen. Ich hab so eine Angst. Ich bin nicht gerne alleine auf mich gestellt. Mama hat gesagt es würde Spaß machen und das ich nun groß bin. Ich will nicht groß sein, nicht wenn es bedeutet alleine zu sein.
Ich warte mit meiner Mutter zusammen auf den Bus, der mich zum allerersten Tag zu der Grundschule bringen wird und mich erst zum Mittag wieder nach Hause fahren darf.
Plötzlich kommt sie um die Ecke. Mit langen blonden Haaren. Auch sie an der Hand ihrer Eltern. Mit demselben Gesichtsausdruck, in dem ich mich wieder erkenne. Wir sind nervös und ängstlich. Unsere Eltern stellen uns einander vor. Wie Eltern das tun, wenn auch sie fühlen, dass für ihre Kinder eine neue Zeit beginnt.
Auch Eltern haben Angst. Angst vor falschen Freunden, Angst vor dem falschen Weg, Angst etwas falsch zu machen, Angst davor die Kinder zu sehr einzuengen oder ihnen zu viele Freiheiten zu gewähren.
An diesem ersten Tag wussten wir noch nicht, dass wir zwei uns unser Leben lang begleiten würden.
Wir waren einfach zwei Kinder die Angst hatten, die nervös waren. Und ich danke bis heute dem Schicksal dafür dass wir uns gefunden haben.
Aus uns wurden die besten Freundinnen.
Wir haben mit einander gelacht, miteinander geweint. Wir haben uns gestritten und uns auch geprügelt.
Wir haben die Pubertät miteinander erlebt. Den ersten Freund, den ersten Liebeskummer, die ersten Partys, die ersten zwielichten Freunde, das erste Coolsein-Wollen.
Als wir nach der Orientierungsstufe auf unterschiedliche Schulen geschickt wurden, haben sich auch die Freunde verändert. Wir haben uns dennoch nicht aus den Augen verloren. Auch wenn wir uns so manches Mal vielleicht die Pest an den Hals gewünscht haben, wussten wir dennoch immer, was wir an einander hatten.
Meine beste Freundin begleitet mich nun schon seit über Zwanzig Jahren meines Lebens und ich möchte nicht einen Tag davon missen.
Sie ist mein Vorbild. Sie gibt mir Kraft und steht mir auch in Guten wie in Schlechten Zeiten zur Seite und von beiden haben wir genug mit einander ausgestanden und stehen sie bis heute aus. Wie zwei Felsen, die den Wellen trotzen. Manchmal auch der ganzen Welt.
Momentan haben wir leider nur wenig Zeit für einander. Und ich weiß, dass sie deshalb ein schlechtes Gewissen hat. Sie studiert. Und versucht ihr Leben zu meistern. Genauso wie ich.
Wahre Freundschaft verträgt das. Bedingungslos.
Kein Mann und auch meine Eltern werden mich je so kennen, wie sie mich kennt. Niemand wird mich je ohne Worte, durch einen einzigen Blick so verstehen können, wie sie.
Wenn ich meiner besten Freundin dadurch am besten helfen kann, dass ich ihr Zeit schenke, dann tue ich das. Bedingungslos.
Sie braucht kein schlechtes Gewissen zu haben, denn ich weiß sie würde jederzeit ihre Bücher in die Ecke schmeißen und alles stehen und liegen lassen um mir beizustehen, wenn es mir schlecht geht. Genauso wie ich für sie.
Unsere Freundschaft wird auch noch die nächsten Zwanzig Jahre bestehen dessen bin ich mir sicher.
Denn die wahre Freundschaft zwischen zwei Menschen ist besonders eins:
BEDINGUNGSLOS


© Sabrina Hemme


3 Lesern gefällt dieser Text.







Kommentare zu "Die beste Freundin"

Re: Die beste Freundin

Autor: noé   Datum: 13.03.2014 8:54 Uhr

Kommentar: Da könnte man neidisch werden, wenn Neid denn eine Option darstellte...
noé

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