Überraschende Heirat
Mit dem Mauerbau 1961 endete die Abwanderung von Bewohnern der DDR in die BRD, und gleichzeitig erhöhte sich die Zuwanderung von ausländischen Arbeitnehmern. Zahlrei-che Griechen, Spanier und Italiener kamen als Gastarbeiter in die Bundesrepublik. Der Begriff Gastarbeiter war allerdings nie
eine offizielle Kategorie, die in irgendeinem Gesetz oder Ver-ordnung stand. 1973 hatte die Ausländerbeschäftigung ihren Höhepunkt bereits überschritten, und ein sogenanntes „Anwerbestopp“ war die Folge.
Die Ausländer, die nach Deutschland kamen, um hier zu arbei-ten, gingen davon aus, dass sie nach einiger Zeit wieder in ihr Herkunftsland und zu ihren Familien zurückkehren würden. Integrationspolitik beschäftigte daher zunächst kaum jemanden. Es wurde erst viel später zum offiziellen Themenfeld.
Es war an einem Sonntagnachmittag. Im Hotel am Stadtpark war der landläufig bekannte Tanztee angesagt. Pünktlich um 15 Uhr gingen meine damalige Freundin Ursula und ich dort hin, und es wurde ein fröhliches Vergnügen. Schon nach kurzer Zeit hatte ich einen gut aussehenden Mann im Blick. Wir tanzten miteinander. Ich war begeistert und spürte das besondere Kribbeln im Bauch! Nur mit der Unterhaltung klappte es leider nicht recht, denn es stellte sich heraus, dass der schöne Typ Grieche war und seine Deutschkenntnisse nur sehr unvollständig waren. Das aber war für uns kein Hindernis. Unsere Blicke sagten mehr als Worte. Wir waren so aufeinander fixiert, dass wir die Welt um uns herum schon bald vergaßen. An meine Freundin hatte ich kaum noch gedacht. Inzwischen hatte auch sie eine Bekanntschaft gemacht und mich wahrscheinlich ebenfalls vergessen. Dieser Tag im Mai wurde für mich zu einem ganz besonderen Erlebnis - ein sogenannter Wonnemonat und noch viel mehr... Ich hatte ein tolles Mannsbild kennengelernt - mich verliebt in einen Mann, dreizehn Jahre älter als ich und erfahrener.
Das musste der Richtige sein. Aus einem vergnüglichen Nachmittag wurde recht bald schon eine ernsthafte Beziehung.
Es dauerte nicht lange, und wir wurden zum Gesprächsthema in einer Stadt mit knapp achtzigtausend Einwohnern, wo fast jeder jeden kennt. Ich - eine Tochter aus „geordneter“ Familie - hatte eine Beziehung zu einem Griechen - besser gesagt - zu einem Gastarbeiter. Egal! Ich hielt „die Ohren steif“ - meine Eltern natürlich nicht!
Dimitrios, so hieß der schöne Grieche, und ich trafen uns so oft wie möglich. Natürlich war ein Wörterbuch auch stets dabei. Schon bald fühlte ich mich auch im Kreise seiner griechischen Freunde zu Hause, und mit der Verständigung klappte es immer besser. Unsere Liebe aber brauchte kein Wörterbuch; sie war aufregend und leidenschaftlich zugleich. Mein Herz schlug nur noch für Dimitrios. Es sollte die große Liebe meines Lebens werden. Von nun an wollte ich alles mit ihm teilen. Ein angemietetes, möbliertes Zimmer in der Altstadt wurde „unser“ erstes Zuhause. Damenbesuch war dort allerdings nicht gestattet. Spät abends nahm ich Dimitrios daher heimlich mit auf mein Zimmer - bei meinen Eltern - im Dachgeschoss. Als sie jedoch davon erfuhren, gab es harte Aus-einandersetzungen. Durch die herbeigeholte Polizei ließen sie den „Ausländer“ bei Nacht und Nebel aus unserer Wohnung abführen. Ich folgte der Polizei und meinem Dimitrios natürlich. Die Nacht verbrachten wir in seinem Auto auf einem abgelegenen Parkplatz. Was nun? Wohin? Weiterhin im Auto schlafen und jeden Morgen von dort aus ins Büro? Nein, das war keine Lösung.
Unsere Gedanken kreisten hin und her. Tante Adele - die Schwester meiner Großmutter - sie würde sich gewiss erbarmen und uns vorübergehend aufnehmen. Gott sei Dank! Sie gewährte uns tatsächlich vorübergehend Unterschlupf. Hals über Kopf gab ich Elternhaus und Job auf, um mit diesem Mann in eine neue, ungewisse Zukunft zu starten. Mit wenig Geld in der Tasche machte ich mich mit einem Mann, den ich kaum drei Monate kannte, auf nach Düsseldorf.
Auf den Rheinwiesen schlugen wir unser Zelt auf. Ein Dach überm Kopf und Wasser aus dem Rhein zur täglichen Körper-pflege reichten uns damals für eine glückliche, zufriedene Zweisamkeit aus. Nachdem wir einige Tage unter freiem Himmel am Ufer des Rheins campiert hatten, machten wir uns auf die Suche nach einer Wohnung und einem neuen Job. Als deutsch-griechisches Paar - damals sehr problematisch - war die Sache natürlich nicht einfach. Die sprichwörtlichen „Türen und Tore“ blieben uns zunächst verschlossen. Unser Glück stand „auf der Kippe“. So schnell wie möglich mussten wir den Bund einer „Wilden Ehe“ legalisieren, und das mit einer Heirat vor dem Standesamt. Aber wie? Trauzeugen mussten her, sonst gab es keine Eheschließung.
Tante Adele, zu der wir ja nach wie vor Kontakt hielten, wusste Rat. Ein Vetter meiner Mutter wohnte mit seiner Frau in Düsseldorf. Ich hatte noch nie etwas von ihnen gehört. Adele nahm Kontakt zu den Verwandten auf und führte das Vor-gespräch. Mein Liebster und ich gingen anschließend gleich selbst zu ihnen mit der Bitte, uns als Trauzeugen zum Standes-amt zu begleiten. Es wurde ein einmaliger Auftritt. Hauptsache: Wir waren rechtmäßig ein Ehepaar.
Alsbald entdeckten wir ein schönes, möbliertes Zimmer in ei-ner herrschaftlichen, alten Villa in Oberkassel - eine kostspielige Angelegenheit zur damaligen Zeit. Noch aber reichte unser Geld für Miete und Nahrung. Um Benzin zu sparen, fuhren wir mit dem Auto von Dimitrios nur sehr selten. Zwei ältere Damen waren unsere Vermieter. Sie bewohnten die untere Etage. Die übrigen Räume waren vermietet an Personen aller Nationalitäten. Ich glaube, ich war die einzige Deutsche im Haus.
An einen Schreck im Treppenhaus kann ich mich noch gut erinnern. Ein „Schwarzer“ begegnete mir. In seinen Augen leuchtete nur das Weiße, alles andere war schwarz. Afrikaner waren damals in Deutschland noch eine große Seltenheit. Meinem Mann und mir war es egal, wer im Hause wohnte. Die einzelnen Mieter interessierten uns nicht. Wir hatten eine gute Unterkunft in einer der besten Gegenden von Düsseldorf. Mit den beiden Damen freundeten wir uns schon recht bald an, verbrachten manche Stunden zusammen und führten hin und wieder auch ihren Dackel am Rhein spazieren. Für große Unternehmungen reichte unser Geld nicht. Aber wir waren zufrie-den, liebten uns und alles war gut.
Neue Arbeitsstellen hatten wir inzwischen gefunden, und wir arbeiteten nun beide im gleichen Betrieb. Ich im Büro, mein Mann als Hilfsarbeiter im Betrieb.
Das gefiel ihm ganz und gar nicht, er hatte schließlich Abitur gemacht. Das nützte ihm nichts, denn seine Deutschkenntnisse reichten für einen Job im Exportbereich nicht aus. Seine Unzufriedenheit über Deutschland und seine Arbeit lösten auch in mir Traurigkeit aus und schließlich sogar Schuldgefühle. Kurzentschlossen kündigten wir unsere Arbeitsstellen und die Unterkunft. Wir verließen Düsseldorf. Mein Ehemann wollte zurück in seine Heimat nach Griechenland. Und ich? Was sollte mit mir geschehen? Mit nach Griechenland oder zurück ins Elternhaus? Ich liebte doch meinen Mann – also folgte ich ihm.
Mit einem wahren Vehikel von Auto machten wir uns auf zur Fahrt nach Griechenland – voller Hoffnung auf eine erfolgrei-che Zukunft. Unser letztes Hab und Gut brachten wir in ein Leih-Haus, um zusätzliches Geld für unsere Reise zu bekommen. Sämtliche Gegenstände, wie Schmuck, Bücher und Por-zellan gingen jedoch später leider in den Besitz des Leih-Hauses über, da die Einlöse-Frist von drei Monaten überschritten wurde.
Das große Abenteuer begann! Deutschland – Österreich – Jugoslawien – Griechenland – eine Strecke über dreitausend Kilometer mussten in mehr als sechsunddreißig Stunden mit dem „klapprigen“ Auto bewältigt werden. Wir fuhren durch Wüstengegenden und auf teils unbefahrbaren Wegen durch Ge-wässer und Wälder von Nord nach Süd. Autobahnen in Jugos-lawien und Griechenland waren um 1960 kaum vorhanden bzw. nicht vollständig ausgebaut.
Kurze Unterbrechungen dienten lediglich zum Tanken und zur Beschaffung der erforderlichen Einreise-Papiere für Jugosla-wien und Griechenland. Geschlafen wurde im Laufe der Reise so gut wie nicht. Hin und wieder machten wir ein kurzes Nik-kerchen im Auto; gewaschen haben wir uns unterwegs an Tankstellen oder Rastplätzen.
Das Jugoslawien im Jahr 1960 habe ich in sehr schlechter Erinnerung behalten. Die Menschen lebten in unwürdigsten Verhältnissen; sie wirkten auf mich wie Räuber und Zigeuner. Unser Auto wurde mehrfach angehalten. Wir wurden belagert und bestohlen. Es war also unterwegs nicht nur abenteuerlich, sondern auch höchst gefährlich für uns. Oft hatte ich große Angst und dachte nur noch an eine baldige Ankunft in unserer künftigen Heimat. Erschöpft in Griechenland angekommen, wurden wir sehr herzlich von den griechischen Eltern aufgenommen. Wer weiß, was mein Mann seinen Eltern von mir erzählt hatte. Verstehen konnte ich – bis auf ein paar Brocken – wenig. Wir verständigten uns mit Händen und Füßen. Ich empfand dort in der „Fremde“ ein wohliges Gefühl und genoss die familiäre Wärme, die mir entgegengebracht wurde, als wunderbar für meine Seele. Meine Eltern, insbesondere meine Mutter, waren mir immer nur mit Vorwürfen und Zurechtweisungen gegenüber getreten; oft sogar mit Härte, auch als ich noch ein Kind war. Vielleicht bin ich auch deshalb in den Armen eines Griechen - eines warmherzigen Südländers - gelandet. Meine Empfindungen konnte niemand verstehen. Immerhin verbrachten wir über drei Monate in dem neuen Zuhause mit den griechischen Eltern in Thessaloniki,
wo ich auch schnell in die Verwandtschaft und den Freundeskreis eingeführt wurde. Eine Deutsche – und noch dazu mit blonden Haaren – 1960 in einer griechischen Familie, das war schon etwas Außergewöhnliches.
Unsere Liebe blieb nicht ohne Folgen. Ich musste in eine Frauenklinik. Ein Eingriff wurde vorgenommen, ohne Betäu-bung. Wahrscheinlich hatte ich eine Fehlgeburt. Genaues weiß ich nicht. Aufgrund der Sprachschwierigkeiten habe ich die ganze Wahrheit niemals erfahren. Ich weiß nur, dass ich viele Tage mit großen Schmerzen im Bett liegen musste. Doch auch das habe ich überstanden. Das Leben ging weiter. Den wahren Überblick über das Geschehen konnte ich mir aber nicht so recht verschaffen. Tagsüber war mein Mann nur selten in Sichtweite. Irgendwann im Laufe des Tages kam er nach Hause, und dann wurde in der Familie hauptsächlich Griechisch gesprochen, Deutsch so gut wie gar nicht. Notgedrungen lernte ich ein wenig Griechisch bei den Eltern und „Poppi“, der Schwester meines Mannes; sie war mit einem Militärarzt verheiratet. Gerne war ich mit Poppi zusammen, sie konnte Klavier spielen, und ich habe ihr gern dabei zugehört. Außerhalb der elterlichen Wohnung durfte ich mich nicht aufhalten, wozu auch, ich kannte ja niemanden im Ort. Ich fühlte mich trotz allem gut aufgehoben und in keiner Weise eingeengt.
In meinem neuen Zuhause gab es nachmittags zwar keine Tee-stunden, aber es wurde Mokka getrunken. Aus dem um-gestülpten Kaffeesatz wurden fantasievolle Zukunfts-Geschich-ten gelesen und anschließend vorgetragen.
Das ist ein alter Brauch der Griechen. Das Beisammensein war immer recht gemütlich, und vor allen Dingen, ich war ja nach wie vor in meinen Mann verliebt.
Während meines Aufenthaltes lernte ich immer mehr von Griechenland und den antiken Sehenswürdigkeiten kennen. Kirchen, Tempel und Katakomben beeindruckten mich. Es war alles ganz anders als in Deutschland. Schon der griechisch-orthodoxe Glaube unterscheidet sich sehr von der westlichen Religion. Es war jedes Mal ein erhabenes Gefühl, in einem orthodoxen Gotteshaus oder in den Katakomben von Saloniki zu sein. In Düsseldorf hatte ich schon einen kleinen Einblick in diese „andere Welt“ bekommen und war fasziniert.
Mein Mann fand inzwischen in einem Betrieb seiner Verwandtschaft die Möglichkeit Geld zu verdienen. Er wurde so-gar Mitinhaber, und es ging uns finanziell sehr gut. Aber die Entscheidung, für immer in Griechenland zu bleiben, hatten wir noch nicht getroffen, zumal unsere standesamtliche deutsche Eheschliessung in Griechenland nicht anerkannt wurde. Erst durch das Zeremoniell einer orthodoxen Trauung ist die Ehe in Griechenland rechtsgültig. Dieses Thema wurde aber vorerst von uns nicht diskutiert. Wir ließen uns Zeit. So harmonisch wie es angefangen hatte, blieb es leider nicht. Meine Eltern hatten Alarm geschlagen.
Mit Hilfe von Rechtsanwälten, Polizei und Interpol sollte versucht werden, mich aus Griechenland zurückzuholen. Sie hatten ausfindig gemacht, wo ich lebte.
Eines Tages erreichten Briefe aus Deutschland meine neue Adresse. Von den Bittbriefen meiner Eltern war ich natürlich sehr ergriffen. Darin beteuerten sie ihre Liebe zu mir und hofften sehnsüchtig, dass ich nach Deutschland zurückkehren würde, mit oder ohne Mann.
Thessaloniki mit dem „Weißen Turm“ - Sinicea Kalitea Ditikis Macedonias
Der Neubau meiner Eltern sollte in Kürze bezogen werden, und es könnte eine gute gemeinsame Zukunft unter einem Dach entstehen. Aufgrund der Vollendung meines 21. Lebensjahres war ein Zurückholen durch Interpol jedoch ausgeschlossen. Ich war erwachsen und konnte tun und lassen, was ich wollte. Die Eltern waren machtlos.


Abschied von Griechenland:
Schöne Worte und Versprechungen meiner Eltern veranlassten mich schließlich, meinen Mann zu überreden, nochmals nach Deutschland zurückzukehren, um einen neuen Anfang zu wagen. Eine geeignete Arbeitsstelle würden wir bestimmt finden. Sollten wir das Risiko der totalen Aufgabe unserer derzeit guten Finanzsituation wirklich eingehen? Wir waren wirklich ratlos. Immer wieder kamen wir auf neue Gedanken.
Das Für und Wider hatten wir stets vor Augen. Mehr und mehr dachte ich an meine Eltern und an meine kleine Schwester. Heimweh machte sich in meiner Seele breit, und ich litt. Nach ausgiebigen Familiengesprächen im griechischen Elternhaus kamen wir letztendlich zu dem Entschluss: Auf ein Neues und gemeinsam zurück nach Deutschland. Schon allein wegen meines Seelenfriedens.
Ankunft in Deutschland:
Sehr herzlich wurden wir von meinen Eltern aufgenommen. Meine Schwester war inzwischen fünf Jahre alt und zu einem netten kleinen Mädchen herangewachsen. Große Dispute auf allen Ebenen schienen begraben. Aber dieser friedliche Zu-stand in der Familie war leider nur von kurzer Dauer, dann war das mir vertraute Dilemma wieder gegenwärtig. Der griechische Schwiegersohn schien meinen Eltern doch nicht ebenbürtig. Ein Zusammenleben in dem neu gebauten Elternhaus wurde uns untersagt. Ich konnte es kaum fassen.
Also, wohin? Das Geld war inzwischen recht knapp geworden. -Gott sei Dank fanden wir kurzfristig ein möbliertes Zimmer und Arbeitsstellen für uns beide. Ich im Büro, mein Mann im Betrieb. Aber der Job gefiel uns nicht, und wir waren sehr unzufrieden. Unsere Beziehung wurde mehr und mehr ange-spannt. Von unserer neuen Zukunft hatten wir andere Vorstellungen. Mein Mann, annähernd vierzig, machte nicht mehr mit und verzog sich schon nach kurzer Zeit erneut nach Griechenland - und das für immer. Ich blieb allein zurück in Deutschland und arbeitete zunächst lustlos im Büro weiter. Von nun an fühlte ich mich nur noch einsam und traurig. Ich wollte meinem Mann nach Griechenland folgen. Mit niemandem konnte ich über meine Empfindungen und Sorgen sprechen. Kei-ner steckte ja wirklich in meiner Haut, und Menschen, die mir zuhörten oder mich gar verstehen konnten, fand ich damals nicht. Meine Probleme waren für meine Mitmenschen wahr-scheinlich zu unbequem. Meine verworrenen Gedanken - meine Gefühle - ich war verzweifelt und total am Boden zerstört. War überhaupt noch genügend Liebe da? Darauf konnte ich mir damals selbst keine Antwort geben. Letztendlich fand ich einen guten Rechtsanwalt, der mir zunächst seelische Unterstützung bot. Stundenlange Sitzungen fanden statt. Hin und her war ich gerissen. Was sollte ich tun? Was war die richtige Lösung für mein Problem als verlassene Ehefrau? Trotz allem Schmerz musste ich vernünftig sein und die Worte meines Anwalts und meiner Eltern ernst nehmen. Gemeinsame Überlegungen und Argumente hinsichtlich der Mentalität von Südländern sprachen schließlich dafür: Endgültige Trennung vom griechischen Ehemann.
Ob dieser Rat meiner Situation gerecht wurde, weiß ich bis heute nicht. Nun gut, meine Entscheidung war gefallen. Deutschland sollte meine Heimat bleiben beziehungsweise wieder werden. Die Scheidung wurde eingeleitet! Das war recht kompliziert. Nur ich war nach Deutschem Gesetz verheiratet, mein Mann nicht. Das Thema Scheidung ließ ihn kalt; vielmehr forderte er mich auf, alsbald in Griechenland nach vollzogener griechisch-orthodoxer Trauung mit ihm gemeinsam eine Familie zu gründen. Jede Menge Briefe mit seinen Liebesbezeugungen kreuzten ständig zwischen Deutschland und Griechenland. An eine endgültige Trennung dachte er keinesfalls.
Ich lebte in Deutschland zwei Jahre von meinem griechischen Ehemann getrennt, und danach war die Scheidung automatisch rechtskräftig. Ich nahm ein Darlehen auf, um sämtliche Kosten für Rechtsanwälte, Gerichte, Konsulate und Botschaften bezah-len zu können. Eine lange finanzielle Durststrecke lag vor mir.
Was war mir geblieben.............Trauer - Zweifel - an meiner großen Liebe?


© unitron


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Beschreibung des Autors zu "Mein Leben - Überrasschende Heirat"

1960 - Integrationspolitik beschäftigte zunächst kaum jemanden. Erst viel später (aktueller denn je) wurde es zum offiziellen Themenfeld.




Kommentare zu "Mein Leben - Überrasschende Heirat"

Re: Mein Leben - Überrasschende Heirat

Autor: noé   Datum: 15.02.2014 10:23 Uhr

Kommentar: Das ist ja eine wirklich spannende Version von Leben. Und Du hast es er-/gelebt! Kann man insoclehr Konstellation irgendwo ein Heimatgefühl mit Geborgenheit entwickeln? Oder ist alles Zerrissenheit?
Langer, aber schöner Text!
noé

Re: Mein Leben - Überrasschende Heirat

Autor: unitron   Datum: 15.02.2014 10:34 Uhr

Kommentar: vielen Dank für deine Reaktion! Das Erlebte und Gelebte ist ja sehr lange her. Es hat lange gedauert, bis der Seelenschmerz verarbeitet werden konnte; kommt hier und da auch manchmal wieder "hoch". Heute im fortgeschrittenen Alter denke ich etwas anders über Vergangenes als in jüngeren Jahren - normal!
Das Leben war oft sehr grausam zu mir, und dann stellen sich oftmals die seltsamsten Fragen an einen selbst - ohne vielleicht auch eine Antwort darauf zu finden...so ist das Leben...

Re: Mein Leben - Überrasschende Heirat

Autor: noé   Datum: 15.02.2014 10:42 Uhr

Kommentar: Aber: Wenn Du ihn nicht geheiratet hättest, was wäre anders gewesen in Deinem Leben? Und: Wäre es besser gewesen? Was hast Du mitgenommen aus dieser Zeit, was Dir ansonsten versagt geblieben wäre? Welche schönen Erahrungen hast Du machen dürfen, die Du ohne das nie gemacht hättest?
Im Nachhinein kann man gedanklich nur die Spreu vom Weizen trennen und meistens bleibt verdammt viel Weizen übrig. Hauptsache: Du hast GELEBT!
noé

Re: Mein Leben - Überrasschende Heirat

Autor: unitron   Datum: 15.02.2014 18:41 Uhr

Kommentar: Danke für Deine Reaktion!! Ja ich habe "erlebend gelebt". Heute nach über fünfzig Jahren profitiere ich von den damaligen Erfahrungen. Ich interessiere mich für Menschen verschiedenster Mentalitäten und Charaktere; sie bilden für mich die Basis für eine bessere Menschenkenntnis (vielleicht?!) Mein Weg führte mich daher in die unterschiedlichsten Richtungen...V i e l l e i c h t ?

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