Aus dem Leben eines Glaubenix: Das Märchen von ELSTER und dem Säbelzahn-Tiger!

Es war einmal...Naja, nicht alle Märchen fangen so an. Beispielweise die von Behörden. Behörden gehören zu den größten Lebensrisiken des heutigen Normalbürgers, jedenfalls seitdem der Säbelzahn-Tiger ausge­stor­ben ist und der Durchschnittsmensch sich seine Nahrungsmittel im Supermarkt kaufen kann und nicht mehr durch die Jagd auf gefährliche Tiere für Nachschub in seinem Kühlschrank sorgen muss.

Damit die Bürger nicht übermütig werden und nach Ende der Säbelzahn-Tiger einfach nur lustig und fidel so ihr Leben genießen, wurden von der Obrigkeit Behörden und Ämter erfunden. Diese haben, ge­nau, wie zuvor die Säbelzahn-Tiger, fast ebenso großen Einfluss auf Lebensdauer und Lebens­qua­lität von Bürgern. Die Sturheit mancher Ämter und deren Vertreter grenzt nicht selten an Körperverletzung im Amt.

Beispiel ELSTER, das digitale Ungeheuer der Finanzverwaltung. Man rätselt noch, aus welchem Grund dieses Digital-Ungeheuer geschaffen wurde. Sollte der einfache Normalbürger schon mitten im Frieden auf den totalen digitalen Krieg vorbereitet werden, wie es totaler und digitaler nicht mehr geht?

Wir wissen es nicht und werden es wohl auch nie erfahren. Wie so manches andere auch, gehört das zu den Geheimnissen, die sich Behörden in ihren Mauern ausdenken und von denen einige noch viele Jahre später in diesen Gebäuden herumspuken.

Ungefähr wie in einem Edgar Wallace Krimi mit einem alten englischen Schloss das Gespenst des vor vielen Jahren ermordeten Schlossherrn. Aber während bei Edgar Wallace am Ende der Gärtner als Täter ausfindig gemacht werden kann, gelangen bei Behörden die Namen der Täter nur selten an die Öffentlichkeit. Das lernen sogar schon kleine Kinder am Anfang ihres Lebens, wenn sie auf Anordnung eines Amtes irgendeinen Rasen nicht betreten dür­fen.

Was aber macht eine Mutter mit ihrem Kleinkind, das zum ersten Mal mit einem Nachttopf zu tun be­kommt und ihn wie eine Suppenschüssel behan­delt und daraus etwas herausnehmen, statt etwas hineinbefördern möchte?

Richtig! Sie richtet keine Hotline ein oder verweist auf eine Homepage, wie bei ELSTER, sondern setzt sich beim nächsten Geschäft in die Nähe des kleinen Geschäftemachers und zeigt ihm, wozu ein Nacht­topf ei­gentlich ge­dacht und gemacht ist und wo man ihn anfasst und an welcher Stelle man sein kleines oder gro­ßes Geschäft hineinbefördert. Kleinkinder lernen schnell, wenn Mutti dabei ist und sich sorgsam und liebe­voll um sie kümmert.

Unwillkürlich dachte die Mutti des Kleinkindes an ihren Mann, der in einem Finanzamt arbeitet und in letzter Zeit erheblich später und sehr gestresst nachhause kam. Seine Gespräche mit Steuerpflichtigen, er nannte sie sogar seine ELSTER-Kleinkinder, die ständig bei ihm anriefen und ihn um Hilfe baten, waren voller Stress und von Vor­würfen geprägt. Aber er konnte nur sehr begrenzt Hilfe leisten und fühlte sich gar nicht wohl dabei, was sich auf seine Laune und auf die der ganzen Familie auswirkte, der er abends davon er­zählte.

Liebevoll muss ein Steuerbeamter nicht unbedingt mit ELSTER-Neulingen umgehen. Das wäre zu viel ver­langt. Aber doch etwas respekt- und verständnisvoll, denn schließlich wurde niemand, auch der Steuer­be­amte nicht, als ELSTER-Sachverständiger geboren.

Statt also die zahlreichen hilflosen Steuer-Neulinge mit ihrem Topf, pardon...Kopf voller Zweifel und Sorgen einsam und verlassen vor dem heimischen Computer leiden zu lassen, so hatte jedenfalls seine Frau ihm ihre Idee mitgeteilt, sollte in jedem Finanzamt oder auch Bürgerbüro, das etwas auf sich hält, ein Bür­ger­zimmer mit einem PC und dem ELSTER-Zugang vorhan­den sein, in dem der ELSTER-Neuling wie unter den Augen eines Lehrers, seine ersten Gehversuche mit ELSTER unternehmen könnte .Das würde allen Beteilig­ten viel Stress, Ärger und Verzweiflung ersparen. So weit, so märchenhaft. Und der Ehemann gab diese Idee seiner Frau sofort an seinen Chef, den Leiter des Finanzamts weiter. Dem gefiel diese Idee sehr gut.

Doch wie in Märchen üblich, gibt es auch eine böse Schwiegermutter, die immer alles Gute verhindern will.

Also klingelte am nächsten Morgen beim Chef vom Finanzamt gleich in der Früh das Telefon. Am Hörer war, nein, nicht die Schwiegermutter! Sondern der örtliche Vorsitzende der Steuerberater-Union, der von den Ideen des Amtes schon erfahren hatte und dem Chef jetzt darzulegen versuchte, wie viele Steuerberater jetzt den Hungertod erlei­den müssten, wenn der Chef versuchen sollte, diese Idee umzusetzen.

Beide diskutierten angeregt noch eine ganze Weile, bis dem Chef noch eine zweite Idee kam, wie er die Idee eines ELSTER-Büros schließlich doch noch erfolgreich umsetzen konnte. Die erzählte er aber nicht gleich dem Steu­erberater, sondern ein wenig später, als er diesen verabschiedet und den Hörer aufgelegt hatte, seinem Kollegen, dem Ehemann der Kleinkind-Mutti.

Beide kamen zu dem Schluß, dass dies eine Möglichkeit sein könnte und es einen Versuch wert wäre. Also war am nächsten Morgen an der Eingangstür zum Finanzamt auf einem Hinweis-Schild zu lesen:

An alle Steuerpflichtigen, die ihrer Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung noch nicht nachgekommen sind, weisen wir auf das Bußgeld hin, das demnächst fällig wird, falls die Abgabe nicht bis zum (hier stand das genaue Datum) erfolgt ist.
Das Bußgeld kann auf Antrag entfallen, wenn der Steuerpflichtige den Nachweis erbringt, dass er sich um die rechtzeitige Abgabe bemüht hat, aber diese Bemühung ohne eigenes Verschulden erfolglos war.
Der Nachweis kann durch den Steuerpflichtigen selbst oder dessen Vertreter nach Terminvereinbarung auf einem PC mit ELSTER-Zugang in Zi. 017 im Erdgeschoss erbracht werden.
gez. Die Amtsleitung

In den nächsten Tagen stand das Telefon zur Terminvereinbarung nicht still. Alle interessierten Steuer­pflich­tigen lernten in Zi.017 im EG des Finanzamts unter Anleitung von erfahrenen ELSTER-Fachleuten, die Klippen der nach wie vor schwer verständlichen Software zu umschiffen und erfolgreich im Abgabe -Hafen der Erklärung zu landen.

Die Steuerpflichtigen freuten sich und die Mutti des Kleinkindes bekam viele Extra-Küsse von ihrem Mann, der jetzt wieder pünktlich und zufrieden nachhause kam. Er war einer der ELSTER-Betreuer und erzählte von glück­lichen und dankbaren Steuerpflichtigen, die ihm dankbar die Hand schüttelten, weil sie zum ersten Mal vom Amt nicht mehr allein gelassen, sondern tatkräftig und wirkungsvoll unterstützt wurden.

Und sicher kommt Ihnen auch der Schluss dieser Geschichte bekannt vor. Denn, wie in allen Märchen endet er mit...

....und wenn die Steuerpflichtigen nicht schon längst der Schlag getroffen hat beim einsamen heimischen Ausfüllen der digitalen ELSTER-Formulare, dann freuen die sich noch heute über eine gute Idee, die von der Mutti eines Kleinkindes und Frau eines Steuerbeamten ihre Reise in alle Finanzämter antrat.




***************************************************************
Wenn Ihnen die Texte gefallen und Sie Texte zu eigenen Themen veröffentlichen möchten für Ihre Webseite, Ihre Flyer oder für andere Zwecke, dann können Sie uns gern eine Mail senden an:

[email protected] mit dem Betreff: "Texter-Anfrage"

Wir melden uns dann umgehend bei Ihnen!
Vielen Dank!
***************************************************************


© Chris Krönig


15 Lesern gefällt dieser Text.

Unregistrierter Besucher

Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher


Beschreibung des Autors zu "Aus dem Leben eines Glaubenix: Das Märchen von ELSTER und dem Säbelzahn-Tiger!"

Die Idee, die aus dem Nachttopf kam!

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Aus dem Leben eines Glaubenix: Das Märchen von ELSTER und dem Säbelzahn-Tiger!"

Re: Aus dem Leben eines Glaubenix: Das Märchen von ELSTER und dem Säbelzahn-Tiger!

Autor: Michael Dierl   Datum: 27.08.2022 0:53 Uhr

Kommentar: :-)) guter Text! Geschichte Super! Schöne Idee!

lg Michael

Re: Aus dem Leben eines Glaubenix: Das Märchen von ELSTER und dem Säbelzahn-Tiger!

Autor: Hansi   Datum: 27.08.2022 18:13 Uhr

Kommentar: Danke Michael für die Blumen! Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen!! Tschüssi, Hansi

Re: Aus dem Leben eines Glaubenix: Das Märchen von ELSTER und dem Säbelzahn-Tiger!

Autor: Michael Dierl   Datum: 27.08.2022 22:15 Uhr

Kommentar: Hallo Hansi, diesen Spruch hat mein ehemaliger Chef immer von sich gegeben wenn wir einen Auftrag zu bearbeiten hatten an dem nicht viel zu verdienen war als Grafiker! Immerhin tut man dann demjenigen eine Gefallen und koch die Sache soweit runter dass man nicht im Soll landet - oder man knappst es demjenigen ab der sich's leisten kann! Irgendwie ging immer alles nur heute hat sich doch vieles geändert.

lg Michael

Kommentar schreiben zu "Aus dem Leben eines Glaubenix: Das Märchen von ELSTER und dem Säbelzahn-Tiger!"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.