Solidarität gibt's nicht umsonst

Plötzlich ist Krieg in Europa und die Welt ist entsetzt!
Naja, es ist nur die kleine Ukraine, kein Nato-Land, also so schlimm nun doch nicht, aber immerhin: Der Westen ist empört, besorgt und leidlich in Aufruhr.
Die Länder helfen nicht aktiv, aber sie schicken Waffen und Ausrüstung und aufmunternde Worte. In Gedanken sind wir bei euch!
Und die EU hat ziemlich fiese Sanktionen gegen Russland verhängt. Das tut Putin weh und das ist Sinn der Sache.
Der einzelne Bürger tut was er kann. Spendet Geld, Kleidung, Babynahrung.
Die Solidarität ist groß.
So groß, dass die deutsche Regierung einknickt. Also: KEIN Gas und KEIN Diesel mehr von Herrn Putin. Auch nicht ein bisschen. NIX mehr. So! Ätsch!
Das Volk will das so.
Die Regierung wollte erst nicht so. Jedenfalls nicht so total, denn derselbe Bürger hat gern ein warmes Heim und liebt sein Auto. Das wissen die da oben. Aber: was muss, dass muss. Schon klar.
Aber: woher nehmen? Das olle Fracking-Gas der Amis, das jedem Umweltschützer die Nackenhaare aufstellt? (Und bis vor kurzem noch unter der Herrschaft eines völlig unzurechnungsfähigen Narzissten stand) Oder das der niederländischen Nachbarn? Nur - das reicht nicht. Also auch noch das aus Katar? Geht's noch von weiter weg???
Aber nochmal: wer auf der Straße steht und sich beim Demonstrieren kalte Füße holt, kommt gern in ein warmes Heim zurück. Da muss die Regierung schon sehen, dass sie liefert. Egal wie. Und vor allem: egal wie teuer. Da können doch wir nichts dafür!
Der Liter Sprit nähert sich der 2,50 -€-Marke. Ja, Solidarität endet eben nicht mit den wütenden anti-Kriegs- und anti-Putin-Parolen, die in die Welt geschrien werden. Aber dass sie nun tatsächlich etwas kostet wird nicht so gern akzeptiert.
Der Staat könnte doch die Steuern darauf abschaffen. Das kann doch nicht so schwer sein!? Das können wir als Bürger doch wohl erwarten?! Herr Lindner! Also bitte!
Tja, da endet die Solidarität ganz schnell an der Tanksäule oder bei der nächsten Heizkostenabrechnung. SO solidarisch sind wir dann doch nicht.
Fahnen schwenken und demonstrieren - das ist drin. Energie sparen -schon nicht mehr so. Und tatsächlich bezahlen??? - das geht ja gar nicht!
Aber nicht nur der kleine Bürger ist nach 2 Corona-Jahren finanziell ausgeblutet - das Staatssäckel ist es auch. Kein anderes Land der Welt hat mehr Geld für die finanzielle Unterstützung seiner Bürger ausgegeben. Und der hat es gern genommen. Dagegen ist ja auch gar nichts einzuwenden. War ja alles schwer genug, aber die hohe Kante ist halt ziemlich niedrig geworden. Und jetzt müssen auch noch viele hunderttausend ukrainische Flüchtlinge untergebracht und versorgt werden. Mit allem. Mit Wohnraum, Lebensmitteln, mit Energie (der teuren) und mit medizinischer Hilfe, vor allem psychologische (besonders teuer), mit Schulen, Integrationshilfen und, und, und...
Und natürlich wird diese Hilfe geleistet! Dafür zahle ich gern Steuern. Das ist ganz normale humanitäre Hilfe, die Menschen einander angedeihen lassen. Aber sie kostet nun mal Geld.
Solidarität braucht mehr als Worte. Es gibt viel zu tun. Und viel auszuhalten. Und vielleicht ist dies erst der Anfang.
Wer glaubt, das alles dürfe ihn nicht persönlich treffen, der hat nicht viel verstanden.
Solidarität gibt's nicht umsonst.


© Verdichter


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Beschreibung des Autors zu "Solidarität gibt's nicht umsonst"

Ich möchte nicht falsch verstanden werden: es ist großartig, dass so viele Menschen gegen diesen Wahnsinn demonstrieren. Es gilt Zeichen zu setzen, je mehr, desto besser. Ich war selbst dabei. Und vielleicht sind das auch nicht dieselben Menschen, die so sehr gegen den Spritpreis meckern. Aber ich habe einen Tag an einer Tankstelle gearbeitet und was ich mir da alles anhören musste, war unglaublich. Von Solidarität mit wem auch immer war keine Spur. Da dachte jeder nur an sein Portmonnaie.

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Kommentare zu "Solidarität gibt's nicht umsonst"

Re: Solidarität gibt's nicht umsonst

Autor: Jens Lucka   Datum: 14.03.2022 20:57 Uhr

Kommentar: Da schreibst du gute Worte, liebe Verdichterin. Ich habe den Kopf geschüttelt, als sofort wieder von Aufrüstung in Unsummen gesprochen wurde. Gestern sah ich einen Bericht wieviel Kinder sogar hier bei uns an der Armutsgrenze leben.
So ganz verstehe ich die Welt nicht .

Liebe Grüße , Jens

Re: Solidarität gibt's nicht umsonst

Autor: Wolfgang Sonntag   Datum: 14.03.2022 21:00 Uhr

Kommentar: Liebe Verdichter,
Problem gut unter die Lupe genommen. Text und Beschreibung sollten nicht nur hier im Forum gelesen werden ...
Liebe Grüße Wolfgang

Re: Solidarität gibt's nicht umsonst

Autor: Sonja Soller   Datum: 15.03.2022 12:18 Uhr

Kommentar: Liebe Verdichter,

zu deiner Beschreibung der jetzigen Sitution muss ich dir gratulieren, obwohl das ganz sicher nicht die richtige Formulierung ist Stellung zu beziehen und auszusprechen wie es ist!!!!

Ich bin ganz bei dir, es geht wieder mal nur ums Geld.
Es ist wie es ist, wenn Freiheit Geld kostet, dann lieber: Ein bisschen "Unfreiheit"
in Kauf nehmen.

Der letzte Absatz gefällt mir sehr, sehr gut!!!!!!!

Herzliche Grüße aus dem zustimmenden Norden, Sonja

Re: Solidarität gibt's nicht umsonst

Autor: Angélique Duvier   Datum: 15.03.2022 12:51 Uhr

Kommentar: Leider geht es wieder einmal ums Geld, die Gier der Menschen ist unersättlich, die Nächstenliebe und Mitmenschlichkeit wird wieder hinten angestellt. Es sind immer wieder die Menschen die selbst kaum etwas haben, die ihre Hände helfend ausstecken.

L.G.

Angélique

Re: Solidarität gibt's nicht umsonst

Autor: Verdichter   Datum: 19.03.2022 12:32 Uhr

Kommentar: Ihr Lieben, vielen Dank für euren Zuspruch. Ich hätte eher mit einem Shitstorm gerechnet, weil sich ja doch viele auf den Schlips getreten fühlen können. Hier im Schreiber-Netzwerk haben viele sehr diplomatisch einfach nichts dazu gesagt. eigentlich ungewöhnlich...
Natürlich sehe ich auch die wirklich große Hilfsbereitschaft überall und will das auch gar nicht schmälern. Es ist toll zu sehen, was alles freiwillig geleistet wird. Dennoch werden etliche unfreiwillige Leistungen von allen Bürgern erwartet werden, denn im Krieg geht es nun mal nicht nach Lust und Laune.
Auf einem Demo-Schild habe ich einen Spruch gesehen, der mich sehr beeindruckt hat: "Putin, behalte dein Gas, lieber lerne ich Stricken!" - das ist echte Solidarität! Lieber sitzt jemand in seiner kalten Wohnung, weil er sich keine warme mehr leisten kann, als dass Geschäfte mit diesem Kriegstreiber gemacht werden. Lieber strickt sich jemand warme Socken. Aber diese Haltung ist tatsächlich selten, wenn sie wahr wird.
Grüße, euer Verdichter

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