Die Zeit nach der Wende war nicht leicht. Sie hat mich zu dem kritischen und vorsichtigen Menschen gemacht, der ich heute bin.
Und dennoch – es gab immer Menschen, die meine ostdeutsche Herkunft respektiert und akzeptiert haben. Mit viel Humor haben wir versucht, die kleinen und auch größeren Differenzen augenzwinkernd zu „reparieren“.
Aus meiner heutigen Sicht war es unser größter Fehler, so o f f e n h e r z i g und
e h r l i c h in ein System gegangen (worden) zu sein, das von einer (aus ostdeutscher Sicht) mehr oder weniger hartherzigen und unsozialen Geld- und Finanzpolitik geprägt war und es heute noch ist. Wir vergaßen, dass dieses System vielen Menschen bereits seinen Stempel aufgedrückt hatte - seit ewigen Zeiten, im Verlauf vieler Generationen. Die meisten Menschen im westlichen Teil Deutschlands kannten nichts anderes, als in "Geldform" zu denken! Und genauso wurden wir eben auch behandelt. Nur – wir waren es nicht gewöhnt!
Deshalb bin ich sehr froh, dass es heute, besonders in Jugendkreisen Strömungen und Tendenzen gibt, die das "Schneller, Höher, Weiter" nicht mehr mitmachen wollen und nach neuen, humaneren, sozialeren und natürlich auch ökologischeren Wegen suchen.
An die DDR denke ich heute nicht mehr zurück. Lediglich meine wunderschöne Kindheit wird mir immer in Erinnerung bleiben.
obwohl ich mir als Österreich ein Leben in der ehemaligen DDR nicht vorstellen kann, kann ich mir doch vorstellen, dass du den Kindertagen nachtrauerst.
Kommentar:Für mich war die Einheit ein unbeschreibliches Erlebnis. In einer Zeit, aus Europa zerfiel, wurde Deutschland wiedervereinigt. Ein wenig trauere ich um verpasste Chancen nach, andererseits habe ich tolle Menschen aus dem Osten und auch meine Frau aus Sachsen-Anhalt kennen und lieben gelernt.
Kommentar:Wir waren damals nach der Grenzöffnung im Osten. Bin ziemlich weit reingefahrn bis zur polnischen Grenze. Irgendwo hatten wir dann privat übernachtet, weil die Straßen dort damals so schlecht waren, dass an eine Rückfahrt an einem Tag nicht zu denken war. Weil die Leute so saunett waren haben wir dann mehrere Tage draus gemacht. Übernachtung mit Frühstück kostenlos wenn wir das wollten. Aber wir haben das Geschenk so einfach nicht angenommen. Haben uns dann dafür später bedankt - per Post :-). Was mir aufgefallen ist, die sehr, sehr schlechte Luft dort. Oftmals wurde mit Koks geheizt. Es ging in den Winter rein. Die Luft war zum Schneiden. Nach 3 Tagen mußte ich abbrechen, weil ich solch ein Kratzen im Hals hatte, dass ich unbedingt das Land verlassen mußte. Mir taten die Leute leid die das leider nicht konnten. Viele ältere Menschen hatten Lungenprobleme gerade im Winter. Sicherlich ist ein solch massiger Verkehr wie hier im Westen auch nicht das gelbe vom Ei und man muß ungedingt etwas gegen den Smog unternehmen aber die dortigen Luftverhältnisse waren katastrophal. Ich verstand nicht, dass ein von sich sozialistisches System solch asoziale Verhältnisse seiner Bevölkerung zumutet auch das Ausreisen in andere Länder ist so, als wenn man einen Wanderfalken in ein Käfig einschließt, ihm dazu noch schlechte Heimatluft zum Atmen gibt, dazu vielleicht noch schlechtes Wasser und Rationen spärlichen Futters. Kein Wunder wenn man dann auf die Idee kommt auszubrechen.
Kommentar:Danke für die interessanten Kommentare! Schlechte Luft gab es, doch viele haben das verdrängt bzw. gar nicht gemerkt. Ich war selber auch mal krank. Immer, wenn ich in der Stadt an der Ampel stand, kam dieser Husten. Ein einziger Arzt hat es durch die Blume zugegeben: Ursache waren die Abgase! Schlimmer noch war die Dauer-Luftverschmutzung in den Industriegebieten der chemischen Industrie bei Leipzig und Halle. Bei quasi Dauernebel haben die Menschen dort selten mal die Sonne gesehen. Alles war verdreckt, nicht mal Wäsche konnte man raushängen.
Beruflich habe ich selber die Umweltthemen angesprochen - mündlich und schriftlich. Das Ergebnis: Ignoranz. Vieles war kaum zu ertragen und ich denke nicht gerne daran zurück. Aber es gab eben auch gute Seiten: die DDR war - zwar auf niedrigem Niveau, aber sie war viel sozialer. Es war für alles gesorgt - alle hatten Arbeit, kostenloses Gesundheitswesen, genügend Personal in den Krankenhäusern, jeder Betrieb hatte eine Pausenversorgung, manche einen Betriebskindergarten, kostenlose und gute! Schulbildung, als Frau konnte man ohne Probleme alleine oder alleinerziehend leben usw.. Wenn man einmal daran gewöhnt war, will man es wieder haben, bzw. strebt dorthin. Wir mussten z.B. auch keine Steuererklärung machen. Keiner musste bei uns jemals zum Arbeits- oder Sozialamt. Alles viel einfacher und bürgerfreundlicher. Leider hat es nicht funktioniert. Aber heute könnte es (aus ökonomischer Sicht) funktionieren. Nur gibt es Kräfte, die es blockieren. Schade!
Kommentar:Ja, Heike das klingt alles recht hübsch aber heute würde es genauso wenig funktionieren wie damals auch. Ein Staat kann man nicht auf ewig ausbluten. Irgendwoher muss Geld einfliessen. Umsonst ist der Tod wie man so schön sagt. Steuererklärung ist wichtig auch für Dich selber, weil man dann z.B. zuviel Gezahltes zurück verlangen kann. Ein Staat ohne Steuer geht kaputt oder es muss jeder für sich selber sorgen, so wie im Amiland auf die hohe Kante legen. Ich habe Bekannte dort, die würden am liebsten in Deutschland wohnen. Ein Blinddarm OP kostet in etwa, kommt drauf an wo man sich und von wem man sich operieren läßt, ab ca. 15.000 Dollar aufwärts. Ein Gehirn-OP liegt bei astronomischen ca. 100.000 Dollar bis weit drüber. Kommt auf den Schwierigkeitsgrad an. So, das sind nur mal zwei Beispiele. Spezialisten kosten Geld, wollen auch bezahlt werden sonst wandern sie aus wo sie besser bezahlt werden. Was meinste warum in der ex DDR so viele in den Westen wollten, weil dort nicht nur höher Verdienstmöglichkeiten vorhanden waren, auch die Qualität vieler Dinge, die ich hier gar nicht alle aufzählen kann und auch will. Die Qualität für die Leistung eines Staates wird auch von allen Länder auf der Erde beeinflußt bzw. stehen im indirekten Vergleich zu einander oder wolltest Du z.B. gern in Afrika wohnen oder in Afghanistan oder oder oder......! Man geht dort hin wo man für seine Leistung ein entsprechendes Honorar bekommt. In der IT-Branche z.B. wer gut ist geht in die Staaten. Ja, ich rede hier vom Spezialistentum aber gerade diese Leute machen die Kohle von der wir alle profitieren nicht der kl. Mann der jeden Tag brav als Gärtner oder Pfarrer oder Feuerwehrmann oder eine Bürokraft ist. Es sind die großen Globalplayer die so viel Geld machen, Steuern zahlen, dass es der Gemeinschaft gut geht. Natürlich ist hier der Mittelstand kaputt gemacht worden im Westen. Find ich auch nicht so dolle denn Kleinvieh mache auch Mist. So. höre mal auf sonst komme ich zu nix Anderen mehr.
Kommentar:Hallo Michael, tut mir leid, aber ich höre von Dir zu oft "Geld" und "Kohle". Ich hatte auf einen Kommentar dieser Art gewartet, und promt ist er da. Danke, dass Du mir den Westen erklärt hast! Von allein wäre ich als Ossi wohl nicht drauf gekommen.
Bin leider ganz anderer Meinung. Man kann alles sozialer organisieren, wenn man nur w i l l . Und hier haben wir ihn wieder, den tiefen Spalt... Du der Lehrer, ich der Schüler...stimmts?
Kommentar:Nun ja, dann würde ich mal vorschlagen, dass Du Deine Vorstellung von einer für Dich perfekten Welt beschreibst mit ALLEN was dazu gehört. So in Kurzform sonst hockst Du ewig dran wenn man wirklich ALLES berücksichtigen würde. Einen kl. Auszug davon hast Du ja schon geschrieben aber das ist ja nicht alles!
Warum Deine ursprünglich, für Dich perfekte Welt, die DDR, nicht mehr ist steht im Wiki. Dazu muss ich hier nicht noch einen langen Text schreiben, da ich auch nicht alles weiß und es recherchieren müßte. Nur so viel. Man sperrt sein eigenes Volk nicht hinter Schützengräben, Stacheldraht und Selbstschußanlagen, Soldaten, sowie bissigen Hunden ein und stellt die Behauptung auf dass wir uns gegen den Westen auf diese Weise schützen müssen. DAS IST KRANK, MENSCHENVERACHTEND IM ALLERHÖCHSTEN GRADE!!!
Zu Deiner Annahme ich sei Lehrer. Nein, ich bin nur interessiert daran was um einen herum passiert. Man informiert sich, liest Kommentare, Meinungen etc. Ich bin Illustrator auf neudeutsch heißt das heute Kommunikationsdesigner. Früher nannte man das schlicht und einfach Grafiker aber heute ist jeder der was macht gleich Designer. Eine Anpassung an die internationalen Berufs-Bezeichnungen auf die ich persönlich keinen Wert lege.
Das nicht alles in Gold glänzt im Westen weiß ich auch. Nur so viel. Es besteht eine erhebliche finanzielle Diskrepanz zwischen Arm und Reich. Die sog. sozial ungerechte Schere zwischen Besserverdienenden und Normalverdienenden, die von Jahr zu Jahr sich immer weiter öffnet. Dazu noch eine Zweiklassenmedizin - naja - und so einiges mehr wo's klemmt. Wichtig ist aber, dass man hier die Chance hat etwas zu verändern. d.h. sich z.B. im Gemeinderat engagieren. Sich aufstellen lassen für diverse Dinge die einem persönlich schon immer interessiert haben. Dabei lernt man immer ein bissl mehr dazu kann sich so nach oben boxen wenn man so will und wenn man das Zeug zu hat auch für größere Aufgaben die Hände nach strecken nach dem Motto: NIX ist UNMÖGLICH. Nur machen muss man es!
Dein kl. Anwandlung von Zynismus liegt Dir ganz gut aber damit erreicht man wirklich NIX! Das habe ich mir im Laufe der Zeit und Erfahrung schon länger abgeschminkt. Man kann's auch sachlich machen ohne jemanden damit persönlich anzugreifen!
Gruss Michael
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