„Nicht alles ist lyrisch, was sich so Lyrik nennt,
nicht alles poetisch, was Poesie heißt.“
(Erhard Blanck)


Vielen Menschen sind Tiefgründigkeit in Gedanken und Leben gegeben, dieses wird hier keinesfalls verleugnet. Doch die Kunst, das Blut des Herzens oder die Tränen des Auges im Zauber der Sprache nieder zu schreiben, vermögen nur wenige zu meistern. Sich zwischen Worten zu verlieren, mit pochendem Herzen umher zu irren, um letzten Endes einem kleinen Licht zu folgen, das den Ausgang weist...
Das Gefilde der Muse ist keine gewaltige Fabrik, in der am Fließband Worte, Zeilen und Verse zu tausenden zusammen-geschmiedet werden. Doch gerade ein solches Bild scheint in vielen Köpfen unterbewusst zu existieren. Da werden die eigenen Kanonen mit Werken geladen und unter der Flagge der „Freien Poesie“ in die Weiten des Netzes, des Nichts, geschossen. Meist unüberlegt wird alles, was dem Gedankenreich entspringt, der breiten Öffentlichkeit vor die Füße geworfen. Und dort wird es liegen bleiben.
Menschen, schreibt wie es euch belieben mag, doch macht euch nichts vor: Wem kein Talent zum Trompete spielen innewohnt, dem hilft auch keine noch so unsterbliche Liebe zu diesem Instrument, denn es gelangen lediglich missgestaltete Töne zur Oberfläche. Genau so verhält es sich beim poetischen Spiel, wo sich Buchstaben und Silben im Wirbelsturm der Gefühle verdichten und alles, was ihnen im Wege steht, hinfort reißen.
Wer diesem Spiel nicht gewachsen, der hege seine Werke im Stillen, pflege sie mit der Zeit, und vielleicht vermag eines dann empor zu steigen und mit dem Brausen der Winde ebenso zu tanzen.


„Ein Dichter ist derjenige, welcher beim Lesen
seines Gedichts erkennen läßt,
daß er die besten Verse noch nicht geschrieben hat.“
(Khalil Gibran)


Die Moderne reicht dem Dichter die Möglichkeit dar, dem anderen über weite Entfernung zu helfen. Doch dazu bedarf es Ehrlichkeit und allen voran dem Willen, ehrliche Kritik zum Besten zu geben. Die „Kommentarfunktion“ sollte auch als solche wieder genutzt werden. CUM MENTIS „mit Gedanken“ zum jeweiligen Werk gefüllt bringt es den einzelnen Dichter immer ein Stückchen weiter. Vielfach jedoch kann man im sinnlosen Geschreibsel der Kommentare eine gleiche Sinnentleerung erkennen wie im eigentlichen Werk.
Es wird nicht mit oftmals geheuchelten Lobpreisungen gespart, kürzer und knapper – ein Wort – soll das Gefallen zum Ausdruck bringen. Völlig teilnahmslos und zurück im Staub der Zeilen bleiben Interpunktion und Grammatik zurück, denn dies sei ja nicht ausschlaggebend für einen Lyriker oder Poeten, um sein Innerstes nach Außen zu kehren.
Dieses Innerste ballt sich leider allzu oft im „Ich“ zusammen und implodiert in seinem eigenen Bezug auf sich selbst. Wer seine Werke lediglich seinem eigenen Ich widmet, der wird nie offenherzig auf die Dichtung der anderen zugehen können.


„So viele Dichter gelangen nicht zur Vollendung
und sterben bereits im Knittelalter!“
(Martin G. Reisenberg)


Eine Welt entdeckt man nicht, indem man daheim still im Kämmerchen sitzt und nur auf altbekanntes zurückgreift. Der Wortschatz einer Sprache ist gewaltig und wertvoll, denn für den, der darauf zugreifen kann, dem eröffnet sich eine Welt in schillernden und glitzernden Farben. Teilt diesen Schatz und erfreut euch daran. Stecht in See, lasst gewohntes hinter euch im Hafen schlummern und erkundet die unvorstellbare Weite des Reichs der Erato, der Kalliope...
Die Schönheit der Welt liegt vielfach in einfachen Dingen verborgen. Mit Fantasie verwandelt sich eine Libelle zu einem Feendrache und Bäume werden zu uralten Weisen. Doch ebenso steckt in vielem die Nichtigkeit. Da bleibt der Schweinekot Schweinekot und ist des Dichtens nicht wert.


„Eins pflegte man die Poesie,
Heut wird nur Poesie >getrieben<“
(unbekannt)


© der Verfasser


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Beschreibung des Autors zu "Eine kleine lyrische Anklageschrift"

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Kommentare zu "Eine kleine lyrische Anklageschrift"

Re: Eine kleine lyrische Anklageschrift

Autor: Ronia Tading   Datum: 09.08.2015 17:51 Uhr

Kommentar: Hallihallo,

wie wahr, wie war deine Worte sind!

Zunächst einmal hast du das schön beschrieben und ich mag es, dass du deine Kritik in sinnvolle Abschnitte unterteilt hast. Außerdem ist dort Bekanntes wiederzufinden: die Talentlosigkeit mancher "Poeten", das Nicht-kritikfähig-Sein, die teilweise genauso sinnfreien Kommentare, das "Ich"-bezogene Schreiben, was sich nur um den Autoren und seine Probleme dreht und dieses von der Welt verschlossen sein, was auch eine Art beschränkten Denkens ist.

Alles in einem teile ich deine Meinung ganz :)

Liebe Grüße
R.T.

Re: Eine kleine lyrische Anklageschrift

Autor: arwen   Datum: 09.08.2015 17:56 Uhr

Kommentar: Ich bin kein Dichter und auch kein Poet, aber wie soll dann so ein Werk geschrieben sein? Ich würde gern darüber mehr erfahren.

Re: Eine kleine lyrische Anklageschrift

Autor: Homo_Ingenuus   Datum: 09.08.2015 18:06 Uhr

Kommentar: Danke Ronia ;) Ich weiß deinen Kommentar zu schätzen

An arwen: Allen voran sollte wohl überlegt sein, ob das eigene Werk vielleicht auf dem eigenen Gedichteblock besser aufgehoben ist. Meine Meinung ist, daß nicht alles "einfach so, mir nix dir nix" in die Foren gebrettert werden sollte. Eben weil viele nicht fähig sind, Konstruktivität in ihre Kommentare (so es den welche gibt) einfließen zu lassen. Jeder darf ja schreiben wie er oder sie möchte, das verurteile ich ja nicht. Aber in vielen/den meisten Foren herrscht eine Überschwemme an nichtigem Geschreibsel. Da ist es wenig verlockend, zuerst auf die Suche nach Perlen zu gehen, weil sie in Untiefen untergingen. Verstehst du was ich meine?
Sicherlich ist auch noch kein Meister vom Himmel gefallen, und jeder beginnt in Kinderschuhen zu laufen.
Nur was oft hier reingestellt wird, stets im Gleichlaut hingeschrieben, vom Sinngehalt abgesehen, ist wirklich reines Mittel- und sogar Untermaß. Ich lobe auch niemanden, der mit einer Stime wie eine Krähe Enya nachsingt... oder würdest du so jemanden ob seiner "seidenweichen" Stimme über die Maßen loben wollen?

Re: Eine kleine lyrische Anklageschrift

Autor: arwen   Datum: 09.08.2015 18:28 Uhr

Kommentar: Ich verfüge leider nicht über das Wissen in der Schreib und Dichtkunst, daher wäre es vermessen Dich zu kritisieren, jedoch scheint es nachvollziehbar. Was aber gut oder nicht gut ist, kann ich nicht sagen. Mir muss es gefallen. Ich betrachte es nur als Leser. Daher wäre es besser mit jenen zu schreiben, die sich in dieser Materie auch auskennen. Ich wünsche mir, das noch mehr sich Deiner Kritik annehmen, um für mich daraus eine Erfahrung zu entnehmen. Ich danke Dir. LG Regina

Re: Eine kleine lyrische Anklageschrift

Autor: Homo_Ingenuus   Datum: 09.08.2015 18:43 Uhr

Kommentar: DAS ist ja gerade der Punkt: ich selbst bin auch kein "Fach"Wissender, was Begrifflichkeiten, Stile etc. der Lyrik anbelangt. Bei mir entstehen Werke aus, wie Gibran sagt, aus einer "blutenden Wunde oder einem lächelnden Mund". Und auch nur, wenn mir die Muse geneigt ist. ;) Ich saß manches Mal dran und wollte unbedingt ein Werk schreiben, aber siehe da, mir fiel rein gar nichts ein, und so ließ ich es bleiben. Monate verstrichen und auf einmal: Zack! da floss es aus dem Herzen aufs Papier...
Es macht in vielen Foren aber leider den Anschein, daß die Lyriker/Poeten lediglich etwas herauspressen, nur um die Quote "jeden Tag ein Gedicht" oder so, erfüllen...
Man erkennt es sofort, wenn man die Werke durchliest...da fehlt etwas...

So es mir denn möglich, helfe ich jedem, der sich im Schreiben versuchen möchte oder der Talent besitzt. Keine Frage.

Re: Eine kleine lyrische Anklageschrift

Autor:   Datum: 09.08.2015 19:30 Uhr

Kommentar: Hätte mehr von echten Poeten hier erwartet.
Stimme in allem zu - aber Interpunktion stört mich gewaltig und sie gehört der Vegangenheit
an. Heute macht es Sinn, keinen Sinn mehr in der Lyrik zu haben.
Wenn ich sehe, was so von Professoren auserwählt wurde, in der Gedichtebibliothek oder
anderen Schreibwettbewerben, dann gelangt man doch zu der Überzeugung, dass es gut ist,
beliebig zu schreiben, denn so wird man von vielen verstanden und geschätzt und somit
erfolgreich. Ein Prozess, der auch in die Ausdrucksarmut einfließt.

Ansonsten bewundere ich deinen Einsatz aber bezweifle die Resonanz.

Denn du forderst ein hohes Gut. Kritikfähigkeit mit sich selbst...


LG. Waldeck

Re: Eine kleine lyrische Anklageschrift

Autor: Homo_Ingenuus   Datum: 09.08.2015 19:51 Uhr

Kommentar: Ich mag deine Ironie in diesen Sätzen :D
"Von vielen verstanden und geschätzt und somit erfolgreich" Wenn DAS die Ziele eines
Dichters sind, nunja... Das befremdliche ist: wo sind hier im Forum noch das, was man unter "wahren Poeten" versteht? Selten welche zu finden. Wir sind alles keine Goehtes oder Shakespears oder wie die großen alle heißen. Aber etwas Geschmack und Selbstkritik den eigenen Werken gegenüber sollte jeder, der schreibt, besitzen...

Wer weiß schon wie die Resonanz ausfällt. Die meisten werden genau so weitermachen wie bisher. Zumal sie zu faul scheinen, einen konstruktiven Kommentar abzugeben.

Ja, sowas sollte ein hohes Gut zumindest "sein"...

Re: Eine kleine lyrische Anklageschrift

Autor: arwen   Datum: 09.08.2015 20:15 Uhr

Kommentar: Wie kann man lernen, wenn man keinen Meister an der Seite hat? Viel mir gerade so ein.

Re: Eine kleine lyrische Anklageschrift

Autor: Homo_Ingenuus   Datum: 09.08.2015 20:58 Uhr

Kommentar: ;) in dem einem entweder das Talent dazu gegeben, oder auf konstruktive Kommentare geachtet wird; Meister und Schüler glaube ich, ist in diesem Falle hierarchisch also falsch. Man lernt auch vieles selbstständig, WENN man über den Tellerrand hinaus blickt und auf die Muse hört...
So zumindest ist`s bei mir. Ich lese gerne und viel, sehr gerne Hesse, aber auch epische Dichtung und und und. Ich lasse mir die Muse Lehrerin sein und entwickelte ein gewisses Gespür dafür, wann ich aufhorchen sollte. Einen weltlichen Meister und Lehrer benötige ich nicht wirklich, bin aber aufgeschlossen und freue mich über jedweden Kommetar, Vorschlag, Rat und Verbesserungsansinnen...Wie ich schon meinte: man wächst auch an dem andern. Ein gegenseitiges Geben und Nehmen.

Re: Eine kleine lyrische Anklageschrift

Autor:   Datum: 09.08.2015 21:20 Uhr

Kommentar: Bleibt nur noch hinzuzufügen das Goethe sowie viele andere Vordenker das Privileg des Einzelunterrichts genossen und der sozialen Förderung, die sie von den Zwängen des Überlebenskampfes verschonte.
Damit werden Ausgangspunkte geschaffen, die möglichen Hochbegabten, wenn sie denn mal entdeckt werden, oft nicht zur Verfügung stehen. Und vor allem Poesie bedarf der Zeit und der Geduld. Und in der Schule existiert nichts davon...

Nur so am Rande angemerkt. Dazu käme, dass solche Wesen nicht verstanden würden,
von den Generationen, die nicht mal mehr fließend lesen vermögen.

Einen schönen Abend!

Waldeck

Re: Eine kleine lyrische Anklageschrift

Autor: Homo_Ingenuus   Datum: 09.08.2015 21:29 Uhr

Kommentar: Das mag richtig sein. Heute herrscht natürlich ebensosehr der Überlebenskampf, allerdings in anderer Hinsicht.
Trotzallem: wer sein Talent und die Liebe zum Lyrischen/Poetischen erweckt, kann sich gerade HEUTE vielerlei offen zugänglicher Hilfsmittel bedienen. Und ich weiß nicht, wäre mir ein Hype und hoher Beliebtheitsfaktor meiner Werke wirklich lieb?
Zeit und Geduld, richtig, das sind schon Voraussetzungen. Aber ist nicht jeder Mensch Herr seiner eigenen, von Geburt an gegebenen Zeit? Meister seiner eigenen Entscheidungen und Träger seiner Selbst? Wenn man will, nimmt man sich die Zeit zurück und zerbricht die Ketten, die einem, meist willentlich, auferlegt wurden...

Stimmt, Leseschwäche und Kommunikations-Niedergang liegen stark auf der jungen Generation...

ebenso eine geruhsame Nacht!

Freigeboren

Re: Eine kleine lyrische Anklageschrift

Autor: arwen   Datum: 09.08.2015 21:31 Uhr

Kommentar: was ich hier vermisse, ist genau das was gerade hier auf dieser Seite geschieht, es entspricht mir mehr eines Schreiber Netzwerk. Texte zu zerreißen finde ich nicht angemessen, korrigieren ist was anderes. Die Sichtweise zu betrachten und auch zu verstehen finde ich schön. Jedoch hüllt sich alles in Schweigen.

Re: Eine kleine lyrische Anklageschrift

Autor: Homo_Ingenuus   Datum: 10.08.2015 18:07 Uhr

Kommentar: Richtig, Arwen, so sehe ich das ebenfalls. Nur die meisten "schreiben" nur um des "geschrieben seins". Texte auf polemisch-sarkastische Weise den Todesstoß zu geben, ist nicht Sinn und Zweck, da teile ich deine Auffassung. Eben dies erwähnte ich im Bezug auf "konstruktive Kritik", die dem einzelnen Werkzeug und Rüstzeug mit gibt.
Vorallem soll sich ja niemand genieren, die etwas erfahreneren Lyriker/Poeten anzuschreiben und um Rat zu bitten... DAS verstehe ich nicht, es gibt doch auch die "Privatnachricht"-Funktion?!

Weist du, für mich in meinem lyrischen Wesen ist es mitunter recht schwierig, die guten Werke herauszupicken und zu kommentieren, denn es ist ein immenser Zeitaufwand.
An dieser Stelle: Wer das liest, dem biete ich gerne Hilfe an.

Re: Eine kleine lyrische Anklageschrift

Autor: arwen   Datum: 10.08.2015 19:01 Uhr

Kommentar: Na ja, ich traue mich manchmal nicht, die Privatfunktion auszuprobieren

Re: Eine kleine lyrische Anklageschrift

Autor:   Datum: 10.08.2015 19:06 Uhr

Kommentar: Genau, Kritik kostet sehr viel Zeit und ernsthafte Beschäftigung mit der Materie.
Darum verlangen Professoren von der Gedichtebibliothek auch Geld und siehe dann,
was für Gedichte sie als Glanzlicher auswählen..

Das ist sehr großzügig, was du diesem Forum anbietest.

Ich hoffe, es wird gesehen und gewürdigt.

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