1.) Kapitel
06. Juni 2085, 07: 40 Uhr, Büro des Sicherheitsdienstes
„Eins muss man ihnen lassen.“, murmelte Christopher Pelley kopfschüttelnd, während er auf den Bildschirm seines Arbeitspults sah. „Sie sind immer wieder für eine neue Überraschung gut!“ Auf dem Hauptmonitor sah man, von unzähligen anderen Fenstern umrahmt, die Hauptnachrichtenseite von Terra City. Groß, über den normalen Ankündigungen, Alltagsnachrichten, Stellenangeboten und Presseterminen, waren zwei Sensationen zu lesen. „Hologramme jetzt auch mit Kommunikatoren möglich!“ lautete die erste. Mit der zweiten Schlagzeile würde Christopher sich erst beschäftigen, wenn sein Dienst begann. Er vergrößerte die erste Schlagzeile und begann zu lesen: „Wie ein Pressesprecher der Universität von Terra City bekannt gegeben hat, ist es nun möglich Hologramme mit einem Kommunikator zu projizieren. Dies ist den Forschern vor kurzer Zeit erstmals gelungen. Bis vor kurzem war es nur möglich Hologramme zu projizieren, wenn die Energiequelle nicht auf einer autarken Speicherzelle beruhte, sondern mit dem Stromnetz verbunden war, oder selbst Energie produzierte. Auch war es nicht möglich die Leistung einer Speicherzelle so zu vergrößern, dass diese in der Lage war, konstant genug Energie abzugeben um eine dauerhafte Projektion zu ermöglichen. Durch eine Umstrukturierung der Bauweise konnte die Einschränkung jedoch behoben werden. Dieser Fortschritt in der Speicherzellentechnologie wird nicht nur Auswirkungen auf die Kommunikatoren haben; allen Technologien, die eine portable Speicherzelle besitzen, werden nun eine Fülle neuer Möglichkeiten eröffnet.“ Lächelnd schloss Christopher Pelley den Artikel. „Es gibt kein Problem mehr, dem unsere Wissenschaft nicht gewachsen wäre.“, dachte er fröhlich.
Er legte den anderen Artikel mit einer Handbewegung in den Hologlobus, wo er vom ganzen Raum aus zu sehen war. Der Hologlobus war eine Runde, halb transparente Sphäre von circa 2 Metern Durchmesser, welche in der Mitte des großen Raumes zu schweben schien. Tatsächlich war es jedoch nur eine geschickte Illusion der Architekten, die den Hauptmonitor frei schwebend erscheinen ließ. Rund um den Globus waren Arbeitsstationen verteilt, die allerdings größtenteils noch verweist waren. Entlang der Wände waren weitere Stationen aufgereiht, die alle eine kleinere Ausgabe des Hauptglobus darstellten. Nur 3 der insgesamt 25 Plätze waren momentan belegt, wie es nach Ende der Nachtschicht normal war. Christopher ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Keiner schenkte seinem Tun besondere Beachtung. Warum auch? Sein Dienst hatte noch nicht begonnen und seine Mitarbeiter waren müde von der durchwachten Nacht. Christopher ließ sich in seinen Formsessel zurück sinken und wartete zwei Sekunden, bis der Sitz sich seiner Körperform angepasst hatte und er bequem saß. Dann drehte er sich herum und lies die Aussicht auf sich wirken.
Die hintere Wand des Raumes bestand zur Gänze aus Panzerglas, welches einen ungehinderten Blick über Terra City ermöglichte. Seit nun mehr als 2 Jahren war er Leiter des Sicherheitsdienstes des Regierungsgebäudes im Herzen von Terra City und er war immer noch fasziniert von dem Ausblick, den man aus dem riesigen Gebäude hatte. Mit knapp 2 Kilometern Höhe und 500 Stockwerken überragte das Regierungsgebäude alle anderen Bauwerke in der Stadt. Dabei war es nicht nur über dem Meeresspiegel ein wahrer Gigant, es erstreckte sich selbst unter Wasser knappe 100 Stockwerke tief. Dort konnte man umgeben von einem Fischpanorama seinem Dienst nachgehen. Christopher allerdings bevorzugte eher die höheren Stockwerke denn von dort konnte man bis hinaus auf Pazifik schauen und wenn man, wie Christopher, Glück hatte, bekam man ein Büro mit Blick nach Osten. Nichts war schöner als ein Sonnenaufgang bei klarem Wetter. Das Funkeln der Strahlen auf den Wellen die gegen das Ufer der Stadt brandeten. Um den gesamten Sonnenaufgang zu beobachten war Christopher heute jedoch zu spät. Der Verkehr, der heute besonders dicht war hatte ihn sehr viel Zeit gekostet. Natürlich wusste er, dass bei einem so großen Ereignis, wie es für diesen Tag geplant worden war, die Hölle in der Stadt los sein würde. Die Leute strömten aus allen verbliebenen Städten und Kolonien der Erde nach Terra City um ihm live beizuwohnen. Christopher erschauerte unwillkürlich als er an die ganze Arbeit dachte, die ihn heute erwartete. In solchen Augenblicken war er ein kleines Bisschen neidisch auf seine Kollegen aus der Nachtschicht. Der Arbeitsaufwand war geringer, jedoch nicht sehr, da eine so große Stadt wie Terra City mit ihren weit über 90 Millionen Einwohnern selbst nachts nicht schlief. Aber das war nichts im Vergleich zu tagsüber. Aber trotzdem, Christopher Pelley würde um nichts in der Welt seine Arbeit mit jemandem tauschen wollen. Er liebte seinen Job, auf den er sein ganzes Leben lang hingearbeitet hatte. Er war stolz, mit seinen 28 Jahren Leiter des Sicherheitsdienstes zu sein. Sein Job trug Unmengen an Verantwortung, das wusste er, doch Christopher trug sie gerne, und er trug sie nicht alleine, denn seine Mitarbeiter unterstützten ihn mit allen Mitteln. Sie alle zusammen trugen die Verantwortung für die Sicherheit des gesamten Regierungsgebäudes.
Er wandte sich blinzelnd von der glitzernden Helligkeit des Ozeans ab und ließ seinen Blick weiter über die nahezu endlosen Weiten der riesigen Stadt wandern. Währenddessen dachte er daran was heute alles erledigt werden musste. Normale Tage hatten eine gewisse Routine. Dieser Tag nicht, denn er war ein außergewöhnlicher Tag! Außergewöhnlich deshalb, weil ein ganz besonderes Ereignis stattfinden würde. Ein Ereignis, welches es noch niemals zuvor auf der Erde gegeben hat. Heute war der Tag an dem sich die Menschheit auf zu neuen Sternen machen würde. Heute war der Tag des ersten überlichtschnellen Fluges der Menschheit!
Die besten Ingenieure der ganzen Erde hatten mehr als 20 Jahre an dem neuen Antrieb gearbeitet. Mit ihm war es nun möglich, gewaltige Strecken zurück zu legen. "Endlich kommen wir über die Grenzen unseres Sonnensystems hinaus und wer weiß, vielleicht finden wir sogar fremdes Leben?!", dachte Christopher enthusiastisch. "Dass es auf dem Mars kein Leben gibt haben wir ja hinlänglich bewiesen, aber weiter draußen…?", grübelte er vor sich hin. Um ihn herum begannen sich die Arbeitsstationen zu füllen. Christopher versuchte das langsam aufkommende Stimmengewirr noch für einige Sekunden zu ignorieren um sich die letzten Momente vor seiner Schicht noch zu entspannen.
"Chris! Träumst du schon wieder von den Sternen?", schallte eine fröhliche Stimme durch den Raum und riss Christopher aus seiner Träumerei. "Jeden Morgen finde ich dich grübelnd vor dem Fenster! Wenn du nicht aufpasst bekommst du noch graue Haare und wirst alt." Christopher Pelley ließ seine Augen noch eine Sekunde geschlossen, dann drehte er sich um und öffnete die Augen. Vor ihm standen ein Becher mit dampfendem, heißen Kaffee und ein Schinken-Käse-Sandwich. Sein Lieblingsfrühstück, seit dem er Kaffee trank. Daneben stand, in seiner schicken neuen Uniform, Michael Berger, Christophers neuer Stellvertreter und der beste Freund den Christopher sich wünschen konnte.
Dass die beiden Freunde waren, war schon immer so gewesen. Christopher hatte Michael schon während der Ausbildung beim Sicherheitsdienst kennen und schätzen gelernt. Michael war ein kluger Mann der eine sehr gute und ausgeprägte Intuition hatte. Einige besonders gefährliche Fälle hatten die beiden zusammengeschweißt. Nachdem Christopher den Sprung zum Sicherheitsdienst im Regierungsgebäude geschafft hatte, setzte er sich dafür ein, Michael eine Bewerbung zu verschaffen. Innerhalb weniger Jahre erlangte Christopher durch seinen scharfen Verstand und seine Analysefähigkeiten an Beliebtheit bis er schließlich vor zwei Jahren zum leiter des Sicherheitsdienstes wurde. Michael, der ein Jahr später in den Regierungstower wechselte legte eine nahezu ähnlich erfolgsversprechende Karriere hin, die ihn zu Christophers Stellvertreter gemacht hatte.
"Ich mag es nicht wenn du mich Chris nennst, wie oft soll ich dir das noch sagen?", entgegnete Christopher seufzend jedoch nur halbernst und dann fügte er in spöttischem Tonfall hinzu: "Wenn du dir nur halb so viele Gedanken machen müsstest wie ich, dann würden dir noch mehr graue Haare wachsen wie du ohnehin schon hast!" Michael schüttelte zur Antwort nur seine, zu einem Pferdeschwanz gebundenen, Haare und sagte auf das Frühstuck deutend: "Du solltest essen, heute wird ein langer Tag, du weißt, dass es solche Ereignisse in sich haben!" Nach einer kleinen Pause fügte er hinzu: "Und übrigens mache ich mir seit meiner Beförderung mindestens genauso viele Gedanken wie du und meinen Haaren hat es noch nicht geschadet." "Mag sein“ sagte Christopher, " aber mal was anderes. Hast du heute schon in die Zeitung geschaut? Es gibt was Neues!" "Nicht schon wieder!", stöhnte Michael und verzog das Gesicht zu einem gequälten grinsen. "Wenn es schon wieder so eine neue technische Spielerei zum Kaufen gibt, wird mein Sohn nicht eher Ruhe geben, bis wir sie haben. Davon bekomm ich wirklich graue Haare!" "Ja es ist 'so eine technische Spielerei'. Sie haben die Speicherzellen so verbessert, dass wir jetzt unter anderem auch Holos selbst mit mobilen Geräten projizieren können." "Wenigstens ist es was nützliches.", brummelte Michael vor sich hin während er sich an seiner Station niederließ. "Wir werden sie sowieso haben sobald sie auf dem Markt verfügbar sind! Wir müssen ja immer auf dem neusten Stand bleiben." Christopher nickte zur Antwort nur, denn sein Mund war bereits voll mit seinem Frühstück. Emily betrat den Raum und warf ihm einen Luftkuss zu und zwinkerte ihm zu. Sie würden später noch genug Zeit füreinander haben. Emily Dafone war Christophers Freundin. Die beiden waren seit mehr als einem Jahr ein Paar und bewohnten zusammen ein Apartment am Rand der Stadt. Normalerweise würde Christopher mit Emily zur Arbeit fahren, an so wichtigen Tagen jedoch ließ sie ihm vor Schichtbeginn einige Zeit allein, damit er zur Ruhe kommen konnte.
Pünktlich um 8 trank Christopher den letzten Schluck Kaffee. "Bereit? Sind alle da?" Fragend sah er Michael an. Dieser nickte bestätigend. "Also gut, dann geht es los." Christopher strich sich noch einmal seine Uniform glatt, dann erhob er sich und sah lächelnd in den vollbesetzten Raum. Alle Stationen waren besetzt und er blickte in 25 erwartungsvolle Gesichter. Freude erfüllte ihn als er sein einsatzbereites Team sah. Der Tag konnte beginnen.


© Tim Geißler


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Beschreibung des Autors zu "Starlight"

Kapitel 1 meiner Geschichte über die Menschheit auf dem Weg zu den Sternen!

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