Ihr Stift fuhr über das Papier. Ihre Hand zog einen Strich.

Feuer schlug aus einer Tür. Hitze brannte auf der Haut und versenkte Haare und Haut.

Der Stift skizzierte zwei Ohren… einen Kopf… ein Auge… eine Nase. Dann den struppigen Hals…

Eine Stimme schrie. Hände trommelten verzweifelt gegen eine Tür. Rauch brannte in Nase, Augen und Mund. Es gab keine Möglichkeit zu Antworten.

Das Tier bekam Beine… Pfoten… einen Rücken… einen Schwanz…

Eine Tür wurde aufgetreten. "Feuerwehr! Ist hier jemand?", rief eine kräftige Stimme. Die Hände hämmerten wieder. "Da drüben ist jemand"

Konzentriert setzte ihre Hand mit dem Stift den Schatten der Schnauze, schattierte das Gesicht der Katze und setzte die Ohren dreidimensional. Die Pupille der Katze setzte sie schmal, den Blick geradeaus, obwohl der Kopf etwas gesenkt war. Mit einem Kreis deutete sie an, wo der Mond sein Licht auf die Katze werfen sollte. Sie deutete einen Hügel an auf dem das Tier saß. Wolken zogen vor den Mond, der durch eine Lücke die Katze leuchten ließ.
Sie machte einen Schritt zurück.

Die Luft war zu schwer zum Atmen. Dennoch hievte sie sich irgendwie auf die Beine. „Da ist ein Mädchen!“ „Bring sie raus, ich hol die Person von neben an“ Ein Schatten tauchte vor ihr auf. Panik stieg in ihr auf.
Etwas krachte. Das Geräusch ließ sie zusammen zucken. Ein Schrei… dann nur noch das Knisternde Feuer. „Mam? Mam? MAM!“ Die Stimme war ihr vertraut. „MAM!“ „Kommen Sie. Wir müssen hier raus“

Etwas fehlte dem Bild. Eine Idee prickelte in ihren Fingern. Sanft zog sie mit dem Stift leuchtende Linien unter den Pfoten des kleinen Katers. Sie ließ kleine Funken in den Nachthimmel empor steigen und das schwarze Fell in einen rot Ton tauchen. Von ihrer Idee angetrieben, wechselte sie die Farbe und hauchte dem Bild Leben ein.

Ihre Füße brannten, doch sie rannte weiter. Schmerz pochte in ihrer Lunge. Plötzlich hielt sie an. Es donnerte und es begann zu regnen. Erst als sanfte Tropfen. Sie zuckte, als sie ihre heiße Haut berührten. Als sie den Blick zum dunklen Himmel hob, brachen die Wolken. Sie schloss die Augen und ließ das natürliche Nass ihre Schmerzen fort waschen. Sofort war sie durch und durch nass. Dann hustete sie und krümmte sich.
„Da ist sie!“, rief eine Stimme hinter ihr. Ihre Beine gaben nach und sie ließ sich ins Gras fallen.

Als ihre Hände schmerzten, ließ sie die Stifte fallen und sah sich das Bild an. Es war fertig. Der kleine Kater sah sie wartend an. Schnell schnappte sie sich ihren Edding und setzte ihr Zeichen in die rechte untere Ecke des Bildes. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus und sie setzte sich auf den Tisch, der dem Zeichenpult gegenüber stand. „So gefällst du mir“, flüsterte sie und überlegte, wo sie es in ihrer Wohnung am besten platzieren könnte. Sie fröstelte als sie an ihre ersten Bilder zurück dachte.

„Acryl ist das beste Mittel zum Malen“, hatte die Kunstlehrerin gefaselt. „Es lässt sich immer wieder übermalen und kann Gefühle besser ausdrücken, als jeder Stift es kann“

Wut und Abscheu stiegen in ihr auf. Sie hatte von Acryl schon am ersten Tag genug gehabt. Die Farben hatten nur dafür gesorgt, dass ihre Leinwände knall rot geworden waren. Irgendwann hatte sie in einem Fachgeschäft einen Kohlestift gefunden und ihn an einem der Probierblätter ausprobiert. Die schwarz weiß Zeichnung hatte dem Händler den Atem geraubt.
Es konnte schon sein, dass es Leute gab, die sich nur mit Acryl verständlich machen konnten, doch für sie war der gute alte Bleistift, die beste Möglichkeit dem Papier zu sagen, was sie haben wollte.

„Wie nennst du es?“ Sie fuhr herum. Ihre Schwester Kaori stand in der Tür. „Oh tut mir Leid, ich wollte dich nicht erschrecken“ Sie bekam ein Seufzen zur Antwort. „Vergiss nicht, dass du gleich einen Termin bei der Psychotherapie hast“, erinnerte Kaori sie und verließ das Zimmer.
Gedanken verloren fiel ihr Blick wieder auf ihr neues Bild. „Rabenfunke“, sagte sie nach einigen Minuten. „Ich nenne dich Rabenfunke“ Entschlossen nahm sie das Bild und trug es in den Keller. Sie suchte sich einen schwarzen Rahmen aus und rahmte das Bild vorsichtig ein. Leichter Stolz glomm in ihr auf. Schnell hüllte sie es in ein Tuch und stellte es zu den anderen,
„Aki?“, ertönte die Stimme ihres Bruders Saeko von oben. Sie seufzte. „Was?“, rief sie und sprintete nach oben. „Fährst du jetzt?“, fragte Saeko und sah auf ihre Hände. „Hast du wieder gemalt?“ Ihr platzte der Kragen. Wütend schubste sie ihn bei Seite und ging in ihr Zimmer, um sich um zu ziehen.





Als sie ihre Hand hob, um die Klingel zu betätigen, sah sie dass sie immer noch Bleistift an ihrer Hand hatte. Seufzend zog sie ihre Stulpen höher und hob wieder die Hand. Die Tür wurde von innen geöffnet, bevor sie den Knopf drücken konnte. Ein Mann sah sie lächelnd an. „Hallo, komm doch rein“, sagte er fröhlich.
„Moment!“, rief jemand und ein Junge kam die Treppe herauf gesprintet. „Ich muss auch rein“

Ein Stuhlkreis. Das war nicht das was sie sich vorgestellt hatte. Kaori hatte nichts von Gruppentherapie gesagt. Abwartend setzte sie sich zu den anderen. Es waren mit ihr zusammen fünf. Drei Mädels und zwei Jungs.
Der Junge vom Eingang setzte sich neben sie. Der Mann schloss die Tür. „Na dann wollen wir doch mal“, begann er. „Schön dass ihr alle da seid. Ich bin Ingo Luther“ Alle sahen ihn schweigend an.
Eins der Mädchen seufzte. „Hallo Ingo, schön dich kennen zu lernen“, sagte sie und sah uns an, als wollte sie, dass wir es wiederholen. „Hey“, sagte der rothaarige Junge neben ihr. „Hi“, sagte auch die Dritte im Bunde. „Ich bin Nath, hi zusammen“, sagte der Junge neben ihr.
Ingo grinste. „Schön, damit wollte ich auch anfangen. Wie wer's wenn wir mit der Vorstellungsrunde anfangen“ Sein Blick blieb auf… natürlich. „Willst du?“

Nein, sie WOLLTE nicht. Aber sie wusste, dass es besser war zu reden, als alles in sich hinein zu fressen. „Ich versuch's“, sagte sie seufzend.
Sie sah in die Runde. „Mein Name ist Gina Akiko Koraiku“ Das Mädchen, das als erste gesprochen hatte, nickte erstaunt. „Schöner Name“, sagte Nath und alle murmelten zustimmend. Akiko grinste. „Meine Freunde sagen Akiko oder Aki. Ich hab einen kleinen Bruder. Saeko, der nervt nur. Meine große Schwester, Kaori, fühlt sich zu alt, um mit mir was zu unternehmen. Mein Dad arbeitet von Morgens bis Abends…“ Sie versuchte den Steckbrief kurz zu fassen.
„Meine Hobbys sind Zeichnen, Sport und Wissenschaft“ Der Rotschopf verzog das Gesicht. Akiko grinste ihn an und er lächelte zurück. „Ja…“ Sie sah zu Ingo. Er nickte und deutete auf Nath neben ihr.
Nath beugte sich nach vorne und rieb die Hände an einander. Akiko konnte an seinem Hals die Anfänge eines Tattoos erkennen. „Ich bin Nathanael Jackson, kurz Nath. Ich lebe bei meinem Dad. Er ist Tattowierer. Mein Hobby ist das Zeichnen und Tattoowieren…“ Akiko fiel auf, dass er den Blick des Mädchens neben dem Rotschopf fing. „Ich treff mich in meiner Freizeit mit meinen Freunden, wenn ich die Zeit finde“
Er dachte noch kurz nach und sah dann zu dem Mädchen neben ihm. Sie kämmte sich nachdenklich durchs Haar. „Ja mein Name ist Leyla Flint. Wie ihr unschwer erkennen könnt, bin ich eine Goth…“
Akiko fiel jetzt erst auf wie Lelya angezogen war. Komplett schwarz. Die Augen waren schwarz umrahmt, die Fingernägel schwarz. Ihre dunkelroten Schuhe mit Nieten verzieht. Totenkopfarmband und Ringe. Ihre Jacke war mit Ketten, Spikes und Nieten verziert…
„Meine Hobbys sind für euch wahrscheinlich eher eigenartig. Ich gehe gern auf Konzerte, besonders Rammstein, Eisbrecher, Subway to Sally, Megaherz, Schandmaul oder Saltatio Mortis. Ich spraye gern, lese viel…“ Sie zuckte die Schultern und sah zu dem Rotschopf. Er schluckte und sah alle einmal kurz an, bevor er mit der Sprache heraus kam.
„Ich bin Alvin Campel. Mein großes Hobby ist YuGiOh. Das ist ein Kartenspiel“ Die Runde nickte. „Kenn ich“, meinte Nath. Alvin lächelte. „Mein Bruder spielt das“, sagte das Mädchen, das noch über war.
„Ja, ich bin viel mit Leuten zusammen, die das auch spielen. Ich verbringe viel Zeit auf Spielmessen und in Comicgeschäften. Bin halt ein kleiner Nerd“, sagte er und sah zur Letzten in der Runde.
Sie grinste für sich und verkniff es sich dann. „Mein Name ist Emi Sakura Schubert. Ihr könnt Sakura sagen“ Nath verschränkte die Arme. „Hast du auch nen Spitznamen?“, wollte er wissen. Sakura grinste. „Mein Bruder nennt mich Sachi“ Nath grinste. Akiko fing Sakuras Blick. „Deine Mam sagt bestimmt oft Sakilein“, meinte sie und Sakura lachte. „Ja genau“
Alvin schüttelte den Kopf. „Asiaten“, brummte er. „Hey!“, beschwerte sich Akiko. „Nur der Vater meiner Mutter ist Asiate. Sonst bin ich Deutsche!“ Alvin nickte erstaunt und sah dann Sakura an. „Ich bin nur nach einer Asiatin benannt. Meine Mutter wollte einen Namen, der noch nicht in unserer Familie vorkommt“, erklärte sie.
„Weiter im Text“, erinnerte sie Leyla. Sakura nickte. „Mein Bruder Zuko, ist ein Jahr älter als ich. Wir leben bei Mam, da meine Eltern geschieden sind. Meine Hobbys sind Musik, Zeichnen, Sport, Sprachen…“
Akiko sah sie erstaunt an. „Annyeonghaseyo¹“, ging Akiko dazwischen. „Annyeong, naega hal su issseubnikka²?“, gab Sarkura zurück und sah sie wartend an. „Mullon³“, sagte Akiko schnell.
„Welche Sprache war das?“, wollte Nath wissen. Sakura grinste. „Koreanisch“, antwortete sie.


© Emi Takara


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Beschreibung des Autors zu "1. Ein Bild – eine Erinnerung – oder doch nur ein Bild?"

Akiko Sakura hat einen schlimmen Unfall hinter sich. Ihre Familie merkt zwar dass sie, wie sie alle, das nicht richtig verkraftet, aber sie ohne weitere Informtionen in eine Gruppentherapie stecken?

Ich will euch nicht die Spannung nehmen. Akiko kommt noch dazu zu erzählen, was passiert ist. Fürs erste hoffe ich aber, dass euch der Text gefallen hat
und
für alle die kein Koreanisch können:
¹Hallo; ²Darf ich?; ³Natürlich!

mit lieben Grüßen
eure Emi Takara




Kommentare zu "1. Ein Bild – eine Erinnerung – oder doch nur ein Bild?"

Re: 1. Ein Bild – eine Erinnerung – oder doch nur ein Bild?

Autor: Mitu Miazaki   Datum: 09.11.2014 13:10 Uhr

Kommentar: Hallo Emi
Danke für diesen wudervollen Beitrag. Ich kann , wie heißt sie noch? Aki? versthen. Zumindest am Anfang das mit ihren Gescwistern. Ich finde es spanned, dass du immer in der Szene gewechselt bist. Ich frage mich jetzt, warum sie zur Psychotheraphie muss und was das für ein Ereigniss gewesen sein kann. Ich würde mich, wenn du weiter schreiben würdest, sehr freuen ;):)
Mit vielen Grüßen
Mitu Miazaki

Re: 1. Ein Bild – eine Erinnerung – oder doch nur ein Bild?

Autor: Emi Takara   Datum: 10.11.2014 15:36 Uhr

Kommentar: Hey Mitu
Ich will nicht meckern, aber mein Künstlername Emi Takara ist Japanisch. Emi ist in diesem Fall der Nachname und Takara der Vorname - da drehen die das nämlich- :D
Danke für deinen Kommentar ich hoffe du ließt die nächsten Teile auch… ??
Feuersturm hab ich ja schon hochgeladen
Hab deine Texte auch kommentiert :D

LG
Takara

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