Aufgelöst

Es ist an der Zeit. 24 Jahre habe ich gebraucht um die Hoffnung in mein Leben zu verlieren. Mein Herz brennt. Alles was mir einst wichtig war und mir halt bot, war mir genommen.

Den Gedanken verfallen grübelt er in seinem Bett. „Bietet sich mir überhaupt noch eine Lösung ohne aus dieser unverträglichen Existenz zu entfliehen?“, die Frage, derer er einer Antwort zu suchen verpflichtet ist. Schon allein weil er den Gedanken nicht ertragen konnte, wie die Hinterbliebenen ehrlos seine Wohnung durchstöbern und meinen sich ein Bild seiner Persönlichkeit machen zu können.

Drum öffnet der Junge sein Herz…

Der Junge, der bereits zu seinem siebten Lebensjahr die freie Wahl über seinen Weg ertrug, deren Entscheidungen schon zu oft fatale Folgen für seine emotionale Zugänglichkeit hatten, dessen Fehler ihn bis heute unwiderruflich Entstellen.

Er wacht auf, macht den Wecker aus. Er schaut sich kurz um und denkt: „Ah stimmt, hier wohne ich gerade.“ Er steht nicht auf, drückt den Wecker weg und schläft weiter. Einmal. Zweimal. Dreimal. Eine halbe Stunde später stellt er den Wecker eine Stunde nach und nickt wieder weg. Sein Geist hungert nach Schlaf. Sein Leben verpflichtet ihn wach zu sein. Nach 30 Minuten der erste Anruf: „Wo bleibst du“, sagt eine Stimme am Hörer. „Ich bin in einer Stunde da“, sagt er und springt auf. In fünf Minuten geduscht, nach acht Minuten in Auto und auf der Straße. Der zweite Anruf: „Wir haben hier noch ein Problem, es ändert sich etwas am geplanten Ablauf,“ sagt die Stimme am Hörer. „Ok, wird gemacht“, handelte er ab und legt auf. „Wie immer.“, denkt er ohne eine Miene zu verziehen. Zum Glück trifft das auf den Jungen, dessen Position ohnehin unbestimmt ist. Er kann das Chaos ertragen, es kostet einfach nur mehr Energie und er hat ja auch so keine.

Als er die Hälfte der üblichen Strecke gefahren ist, denkt er an sein kleines Mädchen, dass er über fast 5 Jahre aufgezogen hatte. Welcher er jeden Morgen durch ihr seidiges, aber auch flüchtiges Haar streichelte, bevor er sie Üblicherweise bei seiner Mutter vorbeibrachte. „Es war.“, betrauerte er, fasste sich und zog beschleunigt um die nächste Kurve. Es war an einer Ampel der am dicht-befahrensten Straße der Umgebung, zum Glück hatte er von hier an kaum noch unüberholbare Schleicher vor sich zu ertragen und konnte seiner Leidenschaft nachgehen, mit der er sich nur zu gerne aus der Trauer zwingt, denn beim Fahren kann er sich keine Ablenkung leisten.

In der Firma angekommen, packt er überzogen eilig seine üblichen Utensilien, da er wie immer nur plus, minus eine Minute in der Zeit liegt und zieht weiter. Bei der ersten Tanke wird erstmal getankt, denn ohne Koffein hat er keine Chance. Die letzte Etappe bis zum üblich unregelmäßigen Arbeitsplatz zieht er durch, er trinkt aus und geht hinein.

„Hallo, ich habe gehört hier gibt es ein Problem.“, bot er sich gepflogen an und folge der Rezeptionistin. Mit einem: „Danke, ich habe nun alles, was ich brauche, um das Problem zu beheben.“, machte er sich an die Arbeit. Die Zeit vergeht viel zu langsam, wenn einem nur die Arbeit bleibt, um von seinen Problemen abzulenken. Zielgerichtet wird der Fehler behoben und festgestellt, dass die gewünschte Arbeitszeit noch bei weitem nicht ausgeschöpft wurde. Gelangweilt denkt er: „Wenn…“, und öffnet fluchtartig seinen Koffer. Er packt seine Dokumente aus, füllt die üblichen Spalten aus und bietet sie der Rezeptionistin zum Gegenzeichnen an. „Gibt es noch weitere Anmerkungen, oder sind Sie zufrieden?“, lädt er sich hoffnungsvoll aus. „Machen Sie es gut!“.

Lethargisch und beinahe rennend bahnt er sich seinen Weg zum Auto. Verzweifelt setzt er sich und hofft, dass hierbei keine reißerischen Folgen entstehen. Eine andere Option bietet sich ihm zurzeit nämlich nicht. Über das, was ihn nun auf der Heimfahrt erwartet, wagt er nicht zu denken und zieht durch.

„Und wieder einen Tag ertragen, vielleicht wird es morgen leichter.“

Tag: 2. Dezember 2019 Ort: Eine kleine abgelegene Stadt im Zentrum Deutschlands.


© Dustin Beck


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