Als ich 9 war, begann ich zu reisen.
Überall, wo meine um 10Jahre ältere Schwester hinzog, fuhr ich ihr mit dem Zug hinterher.

Mama steckte mich in das Abteil, und am Ziel holte mich meine Schwester wieder ab.
Da ich sehr brav und schüchtern war, blieb ich die gesamte Zugfahrt ganz still auf meinem Platz sitzen!
Wie war das aufregend!
Nach ein paar Fahrten, genoss ich diese Ausflüge richtig!
Ich weiß noch, ich war 10 Jahre alt, da setzte mich die Mama in ein Abteil, in dem eine Klosterschwester saß. Wir kamen ins Ratschen und es war richtig nett!

Ein paar Jahre später beschlossen, meine Schwester und ich, gemeinsam eine Reise per Zug nach Florence zu unternehmen.
Wir fuhren mit dem Nachtzug. Man konnte zwar kaum schlafen, da alles ruckelte und wackelte, es war auch alles sehr eng, doch der Spaß überwiegte!

Am Morgen in Florence nahmen wir ein Taxi. Wir saßen beide auf der Rückbank und hielten uns an den Händen fest, da der Taxi-Lenker fuhr, wie ein Gesenkter. Es gab für ihn weder eine rote Ampel noch eine Stop-Tafel. Er fuhr auf gut Glück, tja und das hatten wir...

Das Hotelzimmer war ein altes Gemäuer mit sehr hohen Räumen, hell und freundlich.

Nachdem wir eher planlos unterwegs waren, hatten wir auch keinen Stadtführer dabei.
Lediglich an der Rezeption erfuhren wir das Nötigste.
Was wir aber genau wussten: wir brauchen einen hohen Turm!

Wir starteten also los und wirklich, von oben sahen wir alles ganz genau, sogar UNSEREN Markt!
Glücklich suchten wir durch die Gassen, und bald wurden wir fündig!
Hier lebten wir auf! Es war herrlich!

Da wir diesen Markt nicht nur einmal besuchten, waren wir bald finanziell ausgebrannt. Beide können wir bis heute nicht mit Geld umgehen - überall diese Verlockungen immer...

Als wir dann im Restaurant saßen, wurde uns klar, dass sich jeweils nur mehr eine Suppe ausging. Wir kauten trockenes Brot dazu.

Neben uns saßen zwei ältere Herren. Sie sahen immer wieder zu uns rüber.
Ihnen wurden gerade saftige Steaks serviert.

Ich weiß jetzt nicht warum, aber plötzlich hielten uns die Italiener zwei Happen von ihrem Steak entgegen...
Meine Schwester und ich sahen uns kurz an, grinsten, und griffen zu!
ES war vorzüglich!

Wie mussten wir doch gierig und hungrig auf die Teller gesehen haben, dass diese Männer mit uns Erbarmen hatten....wie war das lustig!!!!

Am nächsten Tag schüttete es.
Dieses Mal bevorzugten wir die Höhe. Dort gab es weder Geschäfte, noch finanzielle Verlockungen.
Meine Schuhe waren nicht wasserdicht, sodass man jeden meiner Schritte mit einem lauten, gatschenden Geräusch hören konnte.
Da war die Einöde genau richtig.

Unser Gesprächsstoff war natürlich der Vorabend, das konnte wirklich nur UNS passieren, wie war das köstlich, GRINS!!!

Als wir am nächsten Vormittag wieder am Bahnhof waren, bemerkte meine Schwester das Reserve-Geld.
Damit zu Hause niemand sagen konnte: "für uns hattet ihr wohl nix übrig...!", so besorgten wir noch schnell ein paar Souvenirs!

Noch heute können wir über diesen Trip herzhaft lachen!
Ich bin mir sicher, auch heute würde es uns noch so ergehen...vielleicht aber ohne Steak....


© Traudi


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