Unser bester italienischer Freund hat eine Hausbesichtigung für uns organisiert. Das Haus gehört einem Freund unseres Freundes (ja, so ist das hier in Italien…). Dieser Freund ist Bauunternehmer. Da kann man ja wohl was erwarten. Es wird uns vorgeschwärmt, von der Größe des Hauses, der guten Lage, dem schönen Garten, ach, man kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr raus. Ich bleibe skeptisch. Habe ich doch schon zu viele ‚schöne‘ Häuser besichtigt.
Nach einer halben Stunde Fahrt biegen wir gleich nach einer Bergaufkurve scharf nach rechts ab und landen auf einem total verwilderten Grundstück mit einem schon stark verfallenen Stall. Und das Haus? War wohl mal weiß, aber jetzt haben sich überall Schwamm, Moos und Schimmel breit gemacht. Ich rümpfe die Nase noch bevor ich aus dem Auto steige.
Nun ist ein verwilderter Garten natürlich kein Problem, auch die Stallruine kann wieder in Schuss gebracht werden, aber ein Haus mit Schwamm und Schimmel…
Na ja, gehen wir mal rein… Es ist groß und kalt und dunkel. Seit Jahren nicht mehr bewohnt. Überall kommt die Feuchtigkeit durch die Wände. Die reinste Tropfsteinhöhle. Die Heizkörper sind ausgelaufen und das Wasser steht in großen Pfützen auf den Terracottaboden. Alles ist mit Schimmelpilz durchsetzt und ich mag kaum richtig atmen. Das Badezimmer ist der reinste Horror. Statt Fliesen gibt es an den Wänden und dem Fußboden nur flauschigen, verschimmelten Velourteppich. Ich muss hier raus.
„E vero una bella casa – wirklich ein schönes Haus“, sagt unser Freund, der sich draußen gerade eine Zigarette angezündet hat. Will der mich veralbern oder… meint er das etwa ernst?
Ich schüttele den Kopf. „Nein, das Haus hat Schimmel bis unters Dach. Von innen und außen. Es ist dunkel und hässlich.“
„Nein, nein,“ versucht unser Freund uns zu besänftigen, „so ein bisschen Schimmel ist doch kein Problem.“
„Für mich schon. Dieser schwarze Schimmel ist giftig.“ Und langsam werde ich das auch.
„Schwarzer Schimmel, schlimmer geht’s nicht“, ereifere ich mich. Wie kann ein Arzt mir erzählen, dass Schimmel kein Problem ist.
Aber unser Freund winkt ab. „Ja natürlich. Bei euch in Deutschland ist der Schimmel mal wieder giftig, aber hier in Italien hast du in allen Häusern ein bisschen davon und die Leute wohnen dort trotzdem. Wen stört’s?“
Der Bauunternehmer gesellt sich zu uns. „Mit dem Schimmel ist das wirklich kein Problem. Ein wenig Farbe und alles sieht wieder aus wie neu. Das Haus kostet für euch auch nur Zweihunderttausend und wenn ihr noch Hunderttausend drauf legt, renoviere ich auch den Schimmel weg.“
Die Renovierung will ich sehen – oder besser nicht.


© castagnabella


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Kommentare zu "Es wird besichtigt: Das Muffa-Haus"

Re: Es wird besichtigt: Das Muffa-Haus

Autor: noé   Datum: 22.11.2014 11:21 Uhr

Kommentar: Dein Schimmel bringt mich zum Schmunzeln. ;o))
noé

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