An J.
Und die Zeit, in der wir noch so sorglos und friedlich waren.



Diese Geschichte handelt von Liebe. Aber nicht diese Art von Liebe bei der einfach immer alles schön ist. Bei der, der gut aussehende Junge und das hübsche beliebte Mädchen, einander finden und ihre oberflächliche, langweilige Beziehung auf social media ausschlachten.

Nein. Diese Geschichte handelt von richtiger Liebe. Und wie beschissen das sein kann, jemanden mehr zu lieben als sich selbst. Hört sich bestimmt nicht so cool an. Das ist es auch nicht.
Sorry.



C war so ein unfassbares Arschloch und dennoch liebte er C. Ohne Grund, und ohne Vorteil für ihn selbst. Ohne Liebe die er zurückbekommen hätte. Was ihn bei Kräften hielt waren die Erinnerungen an eine längst verblasste Zeit. Erinnerungen an eine Zeit in der C ihm das Gefühl gegeben hatte, es könne niemand anderes für ihn in Frage kommen. Er dachte es wäre Liebe. Aber er wusste nicht was noch auf ihn zukommen würde. Er wusste nicht, dass all der Schmerz der ihn zerriss, nachdem er C seine unerwiderten Gefühle gestand, nichts sein würde im Vergleich zu dem was J ihm antun würde.
J. Er war wie eine Lichtung mit all den wunderschönsten Blumen die es gab, in einem Wald, der sonst so finster war. Auf dieser Lichtung war es so unendlich warm und alles was passierte konnte unserem naiven R ein so breites Lächeln aufs Gesicht zaubern, dass man hätte denken können er platze gleich vor Freude.

Und jetzt da ihr etwas Respekt vor mir als allwissender, zurückblickender Stimme
habt, bedaure ich euch sagen zu müssen, dass ich dieser dumme Junge war. Aber
wenn ihr ganz ehrlich seid, hättet ihr es anders gemacht? Liebe ist so unfassbar
verwirrend. Und das was mit mir passiert ist seinerzeit, hat mich dazu gebracht
Dinge zu tun, die ich davor nie getan hätte. Ich war verzweifelt und das ist auch
okay. Es war eben meine erste Liebe. Aber genug davon.

J zeigte mir eine Welt, durch die ich tagtäglich gestreift bin, allerdings nie wirklich wahrnahm. Es waren die kleinen Dinge, die mit jeder anderen Person nicht der Rede wert gewesen wären, die mit J aber so außergewöhnlich wurden, dass ich bis zum heutigen Tage über unsere Erlebnisse träume. Es kam mir auch zu der Zeit vor als würde ich träumen. Kennt ihr das, wenn Farben oder Eindrücke im allgemeinen in Träumen immer etwas überzeichnet und total beeindruckend sind? So sah meine Welt aus wenn J bei mir war. Es war alles so viel heller und die Farben gesättigter. Es hat einfach alles auf einmal Sinn gemacht.
Aber fangen wir von vorne an. Um zu verstehen wie ich so kaputt gegangen bin, muss man die Geschichte von Anfang an kennen. Ich habe oft versucht die Teile wieder aufzusammeln, die übrig waren als ich zerbrach. Und auch wenn ich damit immer noch nicht fertig bin (Und vollständig werde ich wohl nie wieder sein), macht alles langsam Sinn, und die Puzzleteile ergeben ein, zwar unscharfes aber einleuchtendes Bild.

Ich kannte J über Freunde. Über meine besten Freunde. Er war oft dabei, aber gesehen oder wahrgenommen habe ich ihn nie. Witzigerweise hielt ich erst jemand anderen für J, da ich ihn persönlich noch nie gesehen hatte, obwohl er schon seit geraumer Zeit in meinem Freundeskreis verkehrte. Der erste Tag jedoch an dem ich ihn sah, war eine warme Sommernacht, die ich so schnell wohl nicht vergessen würde. Auch wenn an diesem Abend nichts besonderes passierte, und wir nicht gerade viel erlebten, lag ein Zauber in der Luft der sich mir nicht erklären ließ. Wir verstanden uns auf anhieb. Es war als hätten wir uns schon viele Leben davor gekannt. Den gleichen Humor, die gleichen Träume, den gleichen Herzschlag teilten wir uns.

Dachte ich zumindest. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Und jetzt wo ich
hier so sitze, wünschte ich mir, ich hättte ihn nie kennen gelernt. Nicht so.

Die Zeit die auf unsere erste Begegnung folgte, war in der selben magischen Stimmung getränkt wie unsere erste richtige Begegnung.
Ich hatte nie jemanden kennen gelernt, mit dem ich so problemlos Stunden meines Tages verbringen konnte, wie mit ihm. Ich hatte noch nie so viel gelacht. So viel zugehört. So viel erzählt. So viel geteilt. So viel verstanden. Er hat mir Dinge beigebracht die man nicht einfach so lernen kann.
Ich wurde mir meiner Gefühle bewusst, in dieser einen Nacht, eine Woche nach unserer ersten Begegnung. Ich hatte sturmfrei und hatte neben J eine ganze Menge weitere Freunde eingeladen.
J allerdings verbrachte bereits den ganzen Tag bei mir. Wo auch sonst? Diese Frage hätte ich damals nicht beantworten können, das es nur Sinn machte, wenn er bei mir war. Heute jedoch könnte ich wohl keine Antwort darauf finden, wo er denn ist. Und wieso er nicht mehr bei mir sein möchte. Dazu aber später mehr.

An diesem einen Abend, an dem wir beide nicht mehr ganz Herr unserer Sinne waren, schaffte es J nach einer Woche viel weiter in mein Herz vorzustoßen als es vor ihm jemand vermochte.
Für euch mag es vielleicht nichts bedeuten. Für mich hat es das aber. Ich hatte noch nie einen Kuss, und von dem was in unserem Alter manchmal einem Kuss folgt, ganz zu schweigen.
J fragte mich, ob er bei mir schlafen dürfte, er hätte zu viel getrunken. Doch frag ich mich im Nachhinein, ob es ihm wirklich so wichtig war, an einem Tag unter der Woche, so sehr abzustürzen, obwohl sowieso nicht mehr viel passieren würde.

War es dir das J? Oder Wolltest du einfach bei mir bleiben? Denn wenn die
Antwort auf diese Frage Nein ist, dann will ich nur noch wissen, wieso du am
nächsten Tag noch geblieben bist? DU sagtest du würdest wohl weg sein wenn ich
aufwache. DU warst aber noch da. Ich habe ganz genau gehört, wie du oben noch
Zeit tot geschlagen hast. Ich will wahrscheinlich einfach weiterhin in meiner
Fantasie von uns beiden leben, und nicht zugeben, dass es reiner Zufall war, oder
dass du einfach verschlafen hast.

Aber die Erinnerung an diese Nacht, in der wir uns um drei Uhr noch Aufbackpizza gemacht hatten, und am nächsten morgen noch auf meinem Balkon Kaffee getrunken und Zigaretten geraucht haben, ist mir zu wichtig, als dass ich sie mit plausiblen, unromantischen Erklärungen zerstören will.
Es war wahrscheinlich alles nur in meinem Kopf. Diese wunderschöne Vorstellung, dass J mich vielleicht lieben könnte. Ich glaube auch, dass er mich wirklich geliebt hat. Aber nicht auf die Art und Weise wie ich es vielleicht gewollt oder gebraucht hätte. Und vielleicht habe ich ihn auch nur gebraucht, um mich zum ersten mal in meinem Leben richtig geliebt zu fühlen.

Jedenfalls war ich dann erstmal ein paar Tage bei meiner Schwester, drei Stunden von zuhause entfernt. Und trotz der Entfernung schaffte er es mir ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Allerdings zauberte er mir auch immer wieder ein großes Fragezeichen in meinen Kopf. Er vermisse mich schon schrecklich, schrieb er mir am ersten Tag meiner Abwesenheit. Er sei am überlegen auch nach München zu fahren über dieses Wochenende. Wieso sagte er aber all diese Sachen. Ich weiß es nicht und auch nach vielen Gesprächen habe ich nie eine Antwort erhalten. Seine Begründung, es wäre so leichter für mich, ergibt bis heute wenig Sinn für mich und ist alles andere als zufriedenstellend.
Aber dazu, was noch passieren würde als ich ihm meine Liebe gestanden habe komme ich noch.

Nachdem ich wieder nach hause kam, ging unsere Zeit erst richtig los. Es war Hochsommer. Nicht nur bei den Jahreszeiten sondern auch in meinem Herzen. Von Treffen am See bis zu Fahrten mit offenem Verdeck in seinem Mini. Ich war noch nie so lebendig. Hätte man mich vor einem Jahr noch gefragt, ob ich den Sommer mag, hätte ich wohl mit Nein geantwortet. Die Hitze war für mich sonst unerträglich und in meinem Körper hatte ich mich nicht wohl genug gefühlt als dass ich luftige oder kurze Sachen hätte anziehen wollen. Doch mit J war alles egal. Das einzige was zählte waren wir zwei. Wir schwebten durch diese unendliche Sphäre, die nur mit Harmonie und Liebe gefüllt war. Es gab nichts worüber man sich hätte sorgen müssen. Nichts woran zu denken war. Nichts bei dem wir uns uneinig waren. Es war, obwohl es in unserer Welt unmöglich scheint dieses Ideal zu erreichen, geschweigedenn zu erleben, perfekt. Einfach perfekt. Er war perfekt. Zumindest für mich. Seine buschigen, aber gleichzeitig geformten Augenbrauen, die so dicht über seinen wunderschönen blauen Augen rankten. Und seine Lippen. Er hatte einzigartige Lippen, mit sonderbarer aber atemberaubend schöner Form. Ich versuche nichts in meinem Leben zu bedauern. Eines bedaure ich jedoch zu tiefst. Nie in den Genuss gekommen zu sein, eben diese engelsgleichen Lippen geküsst zu haben.

Zwei Dinge jedoch, prägten nicht nur diesen einen Sommer sondern mein ganzes Leben.
Fangen wir an mit dem CHI. Für alle, die nicht wissen wovon ich rede; Das ist kein Wunder. Der CHI ist ein internationales Reittunier, das trotz seiner Größe, eigentlich nur in unserem kleinen, urigen Teil der Welt Bekanntschaft genießt. J war, wegen seiner Familie, die sehr Pferdesport begeistert ist, schon einige Male bei dem Turnier. Ich jedoch hatte natürlich über Werbereklamen und sonstigem davon gehört bin jedoch nie dort gewesen. Das sollte sich ändern, als er mich fragte, ob ich mit ihm hingehen wolle. Seine kleine Schwester hat am Springwettbewerb teilgenommen. Es war eine ganz neue Welt. Ich dachte, ich hätte in meiner kleinen Heimatstadt alles gesehen, alles erlebt. Alles ausprobiert. Doch dann schaffte J es erneut mir was neues zu zeigen und mir meinen Atem zu rauben. Wahrscheinlich war es objektiv betrachtet nicht halb so schön wie in meiner Erinnerung. Aber für mich wird dieser Tag und der Ort wohl immer eine magische Bedeutung haben. Das war nicht nur einer der letzten warmen Sommersonnenuntergänge, sondern auch der Tag an dem er mich seiner Familie vorgestellt hat.

J bitte sag mir, falls du das jemals liest, was ich nicht hoffe; Wieso? Wieso ich?
Was hast du wirklich gefühlt? Das was wir hatten war keine einfache
Freundschaft und das weißt du genau so gut wie ich.
Ich wünschte du könntest das alles aus meinen Augen sehen, mit meinem Kopf
überdenken, mit meinen Tränen betrauern und mit meinem Herzen spüren.
Die schönsten Tage buchstabieren noch immer deinen Namen. Der Name, der
mich meinen eigenen vergessen lässt. Der Name, der für mich nicht nur Liebe
bedeutet sondern auch zuhause. Er bedeutet jedoch auch Schmerz und Leere.

Es sollte jedoch nicht nur den CHI geben, der meinen Sommer so magisch machte.
Seit unserer ersten richtigen Begegnung, redeten wir oft darüber einen Hund aus dem Tierheim auszuführen. Es dauerte nicht lange, bis wir unseren Worten, Taten folgen lassen würden, was eine weitere Eigenschaft an ihm war, die ich so liebte. Er war ein Mann seines Wortes. Die Betonung dabei liegt leider auf „war“…
Eine Zeit lang, gingen wir jeden Tag zum Tierheim. Jeden Tag gingen wir eine Stunde lang laufen. Und redeten. Oder schwiegen. Aber selbst die Momente der Stille waren kostbar. Mit ihm war alles kostbar. Jeder einzelne Sonnenstrahl in meinem Gesicht. Jeder Wind, der durch meine Haare strich. Jeder Schritt den wir Seite an Seite gingen. Hat er es auch so wahrgenommen? Ich wünsche es mir.
Das Laufen gehen wurde zu unserer Routine, und da wir uns ausnahmslos jeden Tag sahen, war es schon eine Selbstverständlichkeit.
Seinerzeit, hatte ich einen Job, den ich aus Protest gegen rassistische Kommentare und vielen anderen Gründen nicht besuchte. Aus fehlendem Verständnis seitens meiner Mutter heraus, habe ich mich dazu gezwungen gesehen, sie anzulügen und anstatt zur Arbeit zu gehen, meine Arbeitszeit anders zu fristen. Das ermöglichte nicht nur, einer höllisch langweilig und betrübenden Arbeit zu entrinnen, sondern auch diese gewonnene Zeit mit der Person zu verbringen, mit der ich ohne weiteres hätte abhauen können.
Ich bin übrigens nicht stolz darauf meine Mutter angelogen zu haben. Es war aber für mich die einzige Möglichkeit glücklich zu sein. Und Man. Ich war glücklich. Zum ersten mal seit langer langer Zeit war einfach alles gut.

Dank meiner „Arbeits“situation sahen wir uns also jeden Tag manchmal acht Stunden und mehr. Und als ich ihm die ironisch gemeinte Frage gestellt habe, ob er, wenn ich zur Frühschicht musste, um fünf Uhr morgens für mich rauskommen würde und er ja sagte, war es für mich sonnenklar, dass er mich lieben musste. Für welchen einfachen Freund, würde man seinen Schlafrythmus ohne Sinn um 180° wenden?


Ich sprach vorhin, von Dingen im Leben die ich bedaure bzw. Versuche nicht zu
bedauern. Eine weitere Sache die ich bedauere, an der jedoch niemand Schuld
trägt, ist die Postkarte, die er mir aus der Dominikanischen Republik geschickt
hat, die bis zum heutigen Tage nicht angekommen ist. Ich werde nie erfahren,
was er mir schrieb. Es wird wohl nichts bedeutendes gewesen sein. Bedeutend
aber in der Hinsicht, als dass ich etwas zum festhalten hätte, wenn es wieder
unerträglich wird, dass er nicht mehr so da ist wie ich ihn brauche und
vermisse.

Jetzt komme ich zu dem Teil unserer Geschichte, der in meiner perfekten Fantasie von uns nie passiert ist.

Das was ich aber bis jetzt erzählt habe, ist nur ein Bruchteil dessen was wir erlebt
und gefühlt haben in der Zeit in der uns Zeit egal war.

Ich gestand ihm meine Gefühle. Jedoch nicht von Angesicht zu Angesicht. Dafür hatte ich nicht den Mut. Eine weitere Sache die ich bedauere. Ich gab ihm eine Box. Die Box enthielt einen Brief, in dem ich ihm nicht nur erklärte wie mein Gefühlschaos aussah, sonder mich auch entschuldigte dafür, dass ich mit meinen dummen, unbegründeten Gefühlen vermutlich unsere Freundschaft zerstört hatte. An diesem Punkt war ich so abhängig von ihm, dass ich lieber eine rein platonische Beziehung zu ihm geführt hätte als gar keine.
Zusätzlich zu dem Brief hatte ich zwei selbstgemalte Bilder dazu gelegt. Beide sollten versinnbildlichen, wie leid es mir tat.
Dazu kamen zwei Zigaretten, da er sich nie eigene kaufen wollte und ich ihm etwas geben wollte, dass den Schock etwas erträglicher machen würde.
Ich wusste nicht, dass es ihn anscheinend nicht im geringsten schockieren würde, was in diesem Blütenpapier Brief stand.
Er schrieb mir nämlich noch am selben Tag, dass ihm meine Gefühle wohl nicht unbekannt gewesen sein, er aber versucht hätte es zu ignorieren um es uns beiden einfacher zu machen.
Einfacher. Als wäre irgendetwas daran einfach. Seinen besten Freund und Seelenverwandten zu verlieren. Wäre ich ein Mädchen, hätte er sich vielleicht in mich verliebt. Ich weiß nicht ob ihr als Leser euch vorstellen könnt wie das ist um Haaresbreite an der besten Sache vorbeizuziehen, die euch ja passiert ist.
Unbefriedigt von seiner Antwort, und immer noch heillos verliebt, beschloss ich ihn nach einer Pause zu fragen. Ich brauchte Zeit.
Wie gesagt war ich aber abhängig. Ich hielt es keine zwei Tage ohne ihn aus. Ich musste ihn sehen und als wir uns nachts getroffen haben, war alles normal. Zu normal. Es war so normal, dass es mich noch mehr verunsicherte als davor.
Wir sahen uns dann wieder regelmäßiger, wenn auch nicht so häufig wie davor.

Der schicksalhafteste aller Abende allerdings war Hs 18. Geburtstagsparty. Ich versuchte ihm so gut es ging aus dem Weg zu gehen, ohne eine komische Stimmung aufkommen zu lassen. Das fiel ihm jedoch auf. Und ich will mich nicht selbst als wichtiger darstellen als ich es tatsächlich bin, aber nachdem ich ihn ein zwei mal ignorierte, fing er an sich richtig zu betrinken. Nachdem ich ihn wieder ignorierte, merkte ich dass bei ihm irgendwas nicht stimmte. Es sei ihm zu laut sagte er. Er hatte aber nicht die Kraft aufzustehen und zu gehen. Ich half ihm durch den ganzen Abend. Er kotzte acht mal in den Eimer den ich ihm besorgte. Ich wischte ihm das Erbrochene und die Tränen aus seinem Gesicht. Holte ihm Decken, und ließ ihn den ganzen Abend mit seinem Kopf in meinem Schoß schlafen. Passte auf seine Sachen auf. Hielt ihn wach. Redete mit ihm. Über alles nur nicht über das was ich ihn wirklich fragen wollte. „Was sind wir jetzt?“

Schlagartig stand er aber auf und beschloss selbst nach hause fahren zu wollen. Ich bin ihm gefolgt und fragte ihn ein letztes Mal ob ich ihn nach hause fahren dürfte. Nicht, dass ich nüchtern gewesen wäre, aber nicht so betrunken wie er.
Ich weiß nicht was ihn so gekränkt hat an dieser Frage. Was ihn dazu verleitet hat mich auf offener Straße anzuschreien. Ich habe mich noch nie so dreckig gefühlt. Noch nie so ungewollt.

Er fuhr davon in die tiefschwarze Nacht. Und ich ihm hinterher. Ich weiß was Ihr
denken mögt. „du warst doch selbst betrunken“, „du bist nicht besser als er“. Das
habe ich auch nie gesagt. Und dazu kommt, dass mir sein Leben mehr am Herzen
lag als das meine. Ich musste wissen, dass er gut angekommen war.

Als ich sah, dass er wohlauf zuhause angekommen war schrieb ich ihm, dass ich eine Pause brauchen würde. Aber diesmal eine richtige. Keine halben Sachen mehr. Seine Antwort war, noch mehr als die auf meinen Brief, ein Schlag ins Gesicht. Ein endgültiges Knock-Out für mich.
Er sagte, dass er auch eine Pause brauchte, dass ich zu weit gegangen wäre und dass er nichts mehr zu dem Thema zu sagen hatte.

Das Loch in das ich fiel, als ich seine Worte las, war von ungeahnten Tiefen. Die Schwärze, die er beschworen hat, war von ungeheurer Dunkelheit. Und die Schmerzen, die ich fühlte, waren derart zerreißend, dass ich nichts mehr spürte. Ich war, obwohl ich dachte, dass ich dort längst wäre, am Ende.
Ich konnte nichts tun außer weinen. Tränen vergießen darüber, dass die einzige Person die mein Herz je in ihrer Hand hielt, sich dazu entscheiden konnte es zu zerdrücken. Es war als hätte jemand all die schönen Farben geklaut, die ich zum ersten mal sah als ich mit ihm war. Und da ist mir aufgefallen was ich verloren hatte. Was geschehen war. Und dass niemand etwas daran ändern könnte.
Es folgte eine Zeit, in der ich nicht viel sprach. Nicht viel aß. Und nicht viel schlief. Ich habe meine Bedürfnisse runtergeschraubt, und Selbstachtung wurde zum Fremdwort. Ich wünschte ich hätte das Atmen auch eingestellt.
Dann irgendwann, folgte die Sache in meinem Leben die ich wohl am meisten bedauere und bereue. Ich habe ihm geschrieben. „In zwei Wochen ziehe ich weg, und ich glaube, dass es, wenn es bis dahin nichts wird, gar nichts mehr wird.“
„Ich gehe heute mit Kevin und Lea Shisha rauchen. Komm doch bitte mit.“
Und ich, wie ein naiver, kleiner Junge, folgte seinem Ruf. Als wir uns gesehen haben, stellte ich ihm nur eine Frage.: „Ist wieder alles gut?“ Und er meinte nur „ja. Ich hab dich vermisst!“
Und in diesem Moment, war es das auch. Zum ersten mal seit unserer letzten Konversation.
Wenn du trauerst und es nichts gibt, was Sinn ergibt. Es niemanden gibt, der dich versteht und alles was du brauchst eine bestimmte Person ist, dann kommt euch jeder Tag wie ein Jahrhundert ohne Sonne vor. Vielleicht war diese Verzweiflung der Grund dafür wieso ich nicht weiter nachfragte, und kein klärendes Gespräch gesucht habe.

Danach war dann erstmal alles gut zwischen uns. Aber ich wusste, dass es nie mehr sein würde wie es einst war. Es würde immer diese kleine Sache zwischen uns stehen. Dass er wusste, dass ich ihn liebte.

Das wohl traurigste, an der ganzen Geschichte ist, dass sie hier endet. Ich habe immer noch Kontakt zu J. Manchmal. Wir sehen uns auch immer noch. Manchmal. Und es tut noch weh. Immer.

Es veränderte sich nicht viel und doch erkenne ich nichts wieder. Es ist alles so anders obwohl alles beim alten blieb. Vielleicht macht es das so schwer. Der Schein, nach dem alles wie gewohnt ist, trügt und macht es schwer zu akzeptieren, dass nichts ist wie es mal war. Nicht mit ihm. Nicht mit zuhause. ER hat alles verändert.
Meine Freunde sagen, dass das vorbeigeht Dass man halt nicht mit jeder Person für immer verbunden sein kann. Sie haben unrecht.
Es wird vermutlich aufhören meinen ganzen Kopf zu übernehmen, aber irgendwo bleibt er. Für immer in meinem Herzen. Eine Zeit die ich nie vergessen werden kann. Meine erste wahre Liebe.



J?
Erinnerst du dich an mich?
Erinnerst du dich an dich?
An uns?


© Rayen Ayari


1 Lesern gefällt dieser Text.

Unregistrierter Besucher


Beschreibung des Autors zu "Für immer vielleicht, vielleicht für immer."

Diesen Text habe ich geschrieben als eine Art Selbsttherapierung nach dem was passiert ist. Hat wohl nicht ganz geklappt, da ich immer noch das wichtigste in meinem Leben vermisse.

Und ja es handelt sich um zwei Männer die sich geliebt haben (zumindest dachte ich das), und falls ihr damit ein Problem haben solltet, sucht euch einfach den nächsten Text. Danke.

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Für immer vielleicht, vielleicht für immer."

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Für immer vielleicht, vielleicht für immer."

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.