Renee saß an ihrem Schreibtisch, sie starrte gedankenverloren aus dem Fenster, das Wetter war genauso trüb wie ihre Stimmung. Ihre Gedanken befanden sich irgendwo zwischen Saturn und Mars. Eigentlich hätte sie den Dienstplan für die nächsten Wochen fertig stellen müssen, doch sie konnte sich einfach nicht konzentrieren, immer wieder sah sie sein Gesicht vor sich. Sie seufzte und und massierte sich die Schläfen. Sie zwang sich, auf den Monitor zu schauen und die Namen ihrer Mitarbeiter in die entsprechenden Felder einzutragen.
“Renee!” Nick streckte vorsichtig den Kopf zur Tür herein. “Stör ich?”
Renee sah sich um und ein kleines Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
“Nein, ich kann mich sowieso nicht konzentrieren. Komm rein.”
Nick betrat das Büro und setzte sich auf die Tischkante ihres Schreibtischs.
“Ich bin soweit durch, hast du noch etwas zu tun? Sonst würd ich gern für heute Feierabend machen.”
Renee schüttelte den Kopf.
“Nein, du kannst gern für heute Schluß machen.” Sie wandte sich wieder Bildschirm zu. Nick sah sie einen Moment an, dann legte er seine Hand auf ihre Schulter.
“Was ist los Renee? Denkst du schon wieder an ihn?”
Sie seufzte. “Ich will das gar nicht, aber ich sehe ständig sein Gesicht vor mir, das macht mich noch verrückt.” Sie rieb sich die Augen, Nick sah, dass sie die Tränen kaum zurückhalten konnte.
“Naja, er hat dir halt sehr weh getan und das in vielerlei Hinsicht.” Er strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. Renee versuchte die Tränen weg zu blinzeln.
“Was hältst du davon, wenn wir beide für heute Feierabend machen und noch einen Wein trinken gehen?”
“Okay.” dankbar lächelte sie ihn an. Renee schaltete ihren Rechner aus, zog sich ihren Blazer über und gemeinsam mit Nick verließ sie das Kino in dem sie als Theaterleiterin arbeitete. Vor sechs Monaten war sie aus North Shields nach Brighton gekommen um ganz neu anzufangen. Sie wollte alles hinter sich lassen und vor allem wollte sie vergessen! Sie hatte ihren Chef um eine Versetzung gebeten, es war ihr egal wohin, nur weg aus North Shields. Es hatte auch sofort geklappt und sie war hierher gekommen. Nick war ihr Assistent und inzwischen auch ihr bester Freund. Er wußte als einziger genau was sie erlebt und durchgemacht hatte und war immer für sie da, wenn sie jemanden zum reden, oder zuhören brauchte. Erst war er wütend gewesen, da er sich selbst auf den Posten als Theaterleiter beworben hatte, doch als er Renee kennengelernt hatte war sein Zorn schnell verraucht, sie war so liebenswürdig und warmherzig, hatte immer ein offenes Ohr für ihre Mitarbeiter und sie liebte das Kino und die Welt des Films, was sie für Nick sofort sympathisch machte.
Renee sah Nick verstohlen von der Seite her an, nicht zum ersten Mal fiel ihr auf, wie gut er aussah. Er war ein ganzes Stück größer als sie, hatte lange blonde Haare, die er meist mit einem Band zu einem Zopf zurückgebunden hatte, er war durchtrainiert und seine stahlblauen Augen strahlten eigentlich immer fröhlich. Er war einer der bestaussehendsten Männer die Renee je getroffen hatte. Nick bemerkte ihren Blick und legte wie selbstverständlich einen Arm um ihre Schultern, dankbar ließ Renee ihren Kopf gegen seine Schulter sinken und schweigend liefen sie durch einige Straßen, bis sie bei ihrem Lieblingsitaliener angekommen waren. Sie setzen sich in eine kleine Nische und bestellten eine Karaffe Rotwein. Nick nahm ihre Hände in die seinen und sah sie lange an. Er versank so gern in ihren großen, rehbraunen Augen, aber er bemerkte auch den Schmerz in ihnen. Die langen blonden Locken fielen ihr im Moment ins Gesicht und er hätte ihr jetzt gern einfach über die Wange gestreichelt. Er drückte ihre Hände fester, inzwischen war sie wie eine Schwester für ihn. Wenn er sah wie sehr sie litt, schmerzte es ihn selbst und er verspürte eine unbändige Wut auf diesen Mann, der ihr so viel Leid zugefügt hatte.
“Magst du darüber reden?” fragte er leise.
“Ach Nick… Was soll ich noch sagen? Ich habe Angst das ich nie wieder jemandem vertrauen kann. Er hat soviel kaputt gemacht.” sie schluckte schwer. “Ich habe Angst das es nie wieder heilt.” fügte sie leise hinzu. Renee merkte wie die Tränen sich ihren Weg bahnten. Nick sagte nichts, er hielt einfach ihre Hände und ließ sie weinen.

“Renee!” rief Nick sie am nächsten Nachmittag vom Foyer aus.
“Was gibts?” rief sie aus ihrem Büro zurück.
“Kannst du mal nach vorn kommen, hier möchte dich jemand sprechen.”
“Moment!” antwortete sie und erhob sich aus ihrem Bürostuhl. Sie betrat den Verkaufsraum und blieb einen Moment stehen, sie schluckte. Am Tresen stand ein hochgewachsener Mann, mit tiefschwarzen Haaren, einige Strähnen hingen ihm in die Stirn. Er hatte dunkle Augen und ein sehr markantes Kinn. Er lächelte sie an und zeigte dabei strahlend weiße Zähne.
Renees Herz begann wie wild zu schlagen und ihre Handflächen begannen zu schwitzen.
“Hallo.” sagte er mit einer tiefen, volltönenden Stimme “Mein Name ist Marc Chastain.” er streckte ihr zur Begrüßung seine Hand entgegen.
“Renee McCluskey.” sie reichte ihm die Hand, sein Händedruck war angenehm fest und sie fühlte sich wie elektrisiert.
Renee räusperte sich. “Was kann ich für sie tun?” fragte sie ihn dann.
“Ich komme von der Eventagentur Johnsen & Chastain”. Wir organisieren das Stadtfest nächste Woche und da ich gerade hier vorbeikam wollte ich fragen, ob sie nicht eines unserer Werbeplakate aushängen könnten?” er hielt ihr lächelnd eine Papierrolle entgegen.
“Natürlich, das machen wir gern.” Renee ergriff das Plakat und versuchte zu lächeln, doch sie fürchtete, dass ihr das gründlich misslang.
“Das ist sehr nett, vielen Dank.” er lächelte nochmal und Renee hatte das Gefühl ihre Knie würden gleich nachgeben.
“Wiedersehen!” sagte er noch, bevor er sich umdrehte und ging.
“Wiedersehen!” antwortete Renee, doch da war die Tür bereits hinter ihm zugefallen.
Langsam drehte sie sich zu Nick, der stand lässig gegen den Tresen gelehnt und beobachtete sie mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
“Spar dir jeglichen Kommentar! Oder du übernimmst den ganzen nächsten Monat die Wochenendschichten.” zischte sie ihn an.
Nick lachte leise.
“Du bist ganz rot im Gesicht, dachte ich mir doch, das er dein Typ ist.” er zwinkerte ihr zu.
“Ich sagte du sollst den Mund halten.” sie straffte die Schultern und hielt ihm das Plakat hin. “Häng das ins Fenster und beim nächsten Mal, darfst du die Entscheidung, ob wir ein Plakat aufhängen oder nicht gern ohne mich treffen.”
“Geht klar.” Nick grinste immer noch als Renee die Tür zu ihrem Büro krachend ins Schloß fallen ließ.

Es klopfte an ihre Bürotür.
“Ja Bitte!” Renee sah von ihrer Arbeit auf. Anne, eine der Servicemitarbeiterinnen steckte den Kopf zur Tür herein.
“Vorn steht ein Mann, der dich gern sprechen möchte. Hat mir aber keinen Namen genannt.”
“Danke Anne. Ich bin gleich da.” Renee streckte sich, sie war dankbar für die Ablenkung, denn auf die Spielpläne der nächsten Woche konnte sie sich nicht konzentrieren, seit ein paar Tagen sah sie immer ein paar dunkler Augen vor sich und sie geriet jedesmal ins Träumen. Sie schüttelte den Kopf. - Das ist lächerlich! - schimpfte sie mit sich selbst.
Sie betrat das Foyer.
“Da vorn.” Anne deutete auf einen Mann, der mit dem Rücken zu ihnen stand und das Filmplakat des neues Quentin Tarantino Films eingehend betrachtete.
Renee schluckte, sie erkannte ihn sofort, gerade hatte sie noch von seinen Augen geträumt.
Mit zitternden Knien ging sie langsam um den Tresen herum und trat hinter ihn.
“Mr. Chastain, “ sagte sie leise, “Was kann ich heute für sie tun?”
Er drehte sich zu ihr um und zeigte wieder dieses umwerfende Lächeln.
“Mrs. McCluskey.” er streckte ihr seine Hand zur Begrüßung entgegen, die Renee zögernd ergriff.
“Es ist so, “ begann er etwas unsicher, “Nachdem ich das letzte Mal hier war, musste ich immer wieder an sie denken…”
“Wie bitte?!” unterbrach ihn Renee ungläubig, sie bemerkte das er immer noch ihre Hand hielt und zog sie weg, als hätte sie sich verbrannt.
“Naja, “ er zuckte etwas unbeholfen mit den Schultern, “ich wollte sie daher fragen, ob sie nicht vielleicht Lust hätten, am Samstag mit mir auf das Stadtfest zu gehen.”
Renee spürte wie ihre Wangen sich rot färbten. Sie wusste nicht, ob das sein ernst sein sollte, oder ob er sich vielleicht einen Spaß mit ihr erlaubte.
“Ich… “ sie räusperte sich, “Es tut mir leid, aber ich… ich muss arbeiten.” Ja, Arbeit war immer eine gute Ausrede. “Sie können sich vorstellen, das alle meine Mitarbeiter auf dieses Fest gehen möchten und einer muss ja hier die Stellung halten.” sie versuchte ihn anzulächeln.
“Tut… tut mir leid.” fügte sie noch hinzu, dann drehte sie sich einfach um und ließ wortlos einen verdutzten Marc zurück.

“Renee?” leise öffnete Nick die Bürotür. Als er sie zusammengesunken und den Blick zur Decke gerichtet auf ihrem Bürostuhl sitzen sah, betrat er den Raum. Er drehte den Stuhl so das sie ihm direkt gegenüber saß und hockte sich vor sie. Vorsichtig nahm er ihre Hände in die seinen.
Langsam wandte sie ihm ihren Blick zu.
“Ich hätte so gern “ja” gesagt.” sagte sie mit erstickter Stimme und NIck merkte, das sie Mühe hatte die Tränen zu unterdrücken.
“Ich weiß. Anne hat mir alles erzählt.” sanft streichelte sein Daumen ihre Hand. “Renee, was wäre denn so schlimm daran dich mit ihm zu treffen? Es ist nur ein Date und er scheint doch sehr nett zu sein?” aufmunternd sah er sie an.
“Nur ein Date? Ja, bei Julian fing auch alles nur mit einem Date an und du weißt was er mir angetan hat.”
“Nicht jeder Mann ist so wie Julian!”
Renee schüttelte heftig den Kopf “Ich kann nicht, es ist noch viel zu früh dafür.”
“Zu früh?” eindringlich sah er sie an. “Renee, du verkriechst dich seit sechs Monaten von morgens bis abends in diesem Gemäuer. Fang endlich wieder an zu leben!”
Renee entzog ihm ihre Hände.
“Ich hab zu tun.” erwiderte sie schroff. “Kümmere dich doch besser um die Wartung der Projektoren und nicht um mein Liebesleben.”
Nick seufzte, er merkte sofort das ihr Ton keinen Widerspruch duldete und jeder weitere Versuch mit ihr zu reden ins Leere laufen würde. Er erhob sich und verließ den Raum um sich wieder seiner Arbeit zu widmen.

Einige Tage später, stand Rene vor den Türen, des Kinos und sah dem bunten Treiben zu. Buden wurden aufgebaut, Straßenkünstler führten ihre Kunststücke vor und die Luft roch nach gebrannten Mandeln und Zuckerwatte. Die Sonne strahlte und als einige Kinder lachend und aufgeregt an Renee vorbei liefen musste sie lächeln.
Sie war nach Brighton gekommen um neu anzufangen, also warum tat sie es dann nicht endlich? Nick hatte recht, von morgens bis spät in die Nacht, saß sie im Kino und arbeitete, alles um sie herum blendete sie aus. Sie war mitte 30 und wollte nicht den Rest ihres Lebens auf diese Weise verbringen. Julian sollte nicht gewinnen, er hatte sie verletzt, aber nicht getötet. Die Wunden waren tief, doch so langsam verschorften sie und bildeten Narben, was geschehen war, konnte nicht ungeschehen gemacht werden, es wurde Zeit, dass sie lernte mit den Erinnerungen daran zu leben, nach vorn zu schauen und weiter zu machen. Sie musste wieder lernen zu vertrauen, auch da hatte Nick wahre Worte gesprochen.
Sie seufzte tief und betrat wieder das Foyer. Nick, der sie die ganze Zeit vom Tresen aus beobachtet hatte sah sie nachdenklich an.
Als Renee sich an ihm vorbeidrücken wollte, hielt er sie am Arm fest.
“Hier!” er drückte ihr eine Visitenkarte in die Hand, die er aus seiner Hosentasche zog. “Ruf ihn an. Er würde sich freuen.” Renee sah auf die Karte und ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen.
“Woher hast du die?”
“Er war gestern hier und hat sie mir gegeben, mit der Bitte sie an dich weiter zu geben. Er war ein wenig verwirrt, weil du ihn einfach so hast stehen lassen.” Nick zwinkerte ihr zu.
“Danke.” lächelte sie und verschwand mit der Karte in ihrem Büro.
Sie atmete tief ein und griff mit zitternden Fingern zum Telefonhörer.
“Chastain.” ertönte seine Stimme. Renee schloß einen kleinen Moment die Augen, sie hielt den Telefonhörer so krampfhaft fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten.
“Hallo.” begann sie. “Hier ist Renee. Renee McCluskey. Ich… “ sie räusperte sich.
“Renee, schön das sie anrufen. Hat Nick Ihnen meine Nummer also gegeben.”
Sie hörte an seiner Stimme das er lächelte.
“Ja, das hat er. Ich… ich wollte sie fragen ob ihre Einladung für heute Abend noch steht?”
Ihr Herz pochte so laut, das sie Angst hatte er würde es am anderen Ende der Leitung hören.
“Ja, natürlich. Ich würde mich sehr freuen.”
Nachdem sie sich über die Uhrzeit einig geworden waren und Renee ihm ihre Adresse genannt hatte, legte sie aufgewühlt den Hörer auf. Sie fühlte sich als wäre sie einen Marathon gelaufen.
“Nick!” rief sie, als sie das Foyer betrat.
“Ich bin hier!” ertönte seine Stimme aus einem der Projektionsräume. Renee öffnete die Tür und betrat den Raum. Nick war gerade dabei Werbetrailer zu schneiden, als sie ihn unterbrach.
“Nick, könntest du mich heute Abend hier vertreten?” fragte sie ihn, sie spürte wie ihre Wangen sich rot färbten und ein breites Grinsen machte sich auf Nicks Gesicht breit.
“Klar!” er ging auf sie zu und strich ihr über die Wange. “Ich wünsch dir einen tollen Abend, amüsier dich gut und denk nicht zuviel nach.” er zwinkerte ihr aufmunternd zu.
“Ich versuchs. Danke Nick.” sie umarmte ihn herzlich und drückte ihm einen Kuß auf die Wange.

Nervös lief sie in ihrem Wohnzimmer auf und ab. Jede Minute müsste er hier sein und Renee hatte das Gefühl gleich verrückt zu werden. Ihr war übel vor Aufregung und ihr Herz raste. Sie hatte eine geschlagene Stunde vor dem Spiegel verbracht, verschiedene Outfits ausprobiert und wieder verworfen, letztlich hatte sie sich für ein langes, pastellfarbenes Sommerkleid entschieden, welches Ihre Kurven sehr betonte. Die langen blonden Locken fielen über ihren Rücken, sie trug ein leichtes Make up, was ihre dunklen Augen betonte und ihre schmalen Lippen voller erscheinen ließ.
Renee zucke zusammen als es an der Haustür klopfte, für einen kurzen Moment erstarrte sie und überlegte, die Tür einfach nicht zu öffnen. Doch der Wunsch Marc kennenzulernen überwog und so öffnete sie.
Marc stand lächelnd vor ihr. Er trug eine Jeans und dazu ein, ihrer Meinung nach, viel zu eng sitzendes T-Shirt, welches seinen muskulösen Oberkörper sehr betonte. Seine schwarzen Haare hatte er mit einer Sonnenbrille zurück geschoben. Renee schluckte, er sah wirklich fantastisch aus.
“Wollen wir?” fragte er und streckte ihr seine Hand entgegen. Renee konnte nur nicken und ergriff zögerlich seine Hand.
“Sie sehen toll aus.” sagte er auf dem Weg zum Auto und sah sie von der Seite her an.
“Danke, sie aber auch.” Renee spürte schon wieder, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss und sie verfluchte sich innerlich dafür.
Er lachte leise und als sie am Auto angekommen waren hielt er ihr galant die Beifahrertür auf.
Renee stieg dankend ein und ließ sich in den Sitz fallen. Als er die Autotür schloß zuckte sie zusammen.
Wenn er jetzt los fuhr saß sie in der Falle, dann hätte sie keine Chance mehr ihm zu entkommen, ausser sie würde aus einem fahrenden Auto springen. Für einen kurzen Moment stieg Panik in ihr auf, ihre Handflächen begannen zu schwitzen und sie hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen.
“Er ist nicht Julian.” sagte sie leise zu sich selbst.
“Wer ist Julian?” fragte Marc, der gerade eingestiegen war.
“Was?” schrak Renee hoch, “Niemand.” sie versuchte ihn anzulächeln.
“Okay.” Marc lächelte sie so offen und freundlich an, das sie sich sofort entspannte.

Gemeinsam schlenderten sie durch die Straßen, hörten den Bands zu, die auf verschiedenen Bühnen spielten, sahen den Straßenkünstlern zu und genossen das bunte Treiben um sich herum.
Nach einer ganzen Weile konnten sie Plätze in einem der kleinen Straßencafes ergattern, sie bestellten einen Wein und unterhielten sich angeregt. Renee fühlte sich wohl in seiner Gegenwart, er machte es ihr aber auch sehr einfach mit seiner lockeren und ungezwungenen Art.
Renee hatte erfahren, dass er 42 Jahre alt war und Mitbegründer und Inhaber einer großen Event- und Werbeagentur war.
“Seit wann bist du denn hier in Brighton?” fragte er sie.
“Ich bin vor etwas mehr als sechs Monaten hergekommen. Inzwischen fühle ich mich hier sehr wohl. Obwohl Brighton schon deutlich größer ist als North Shields.” antwortete sie lächelnd.
“Was hat dich denn bewogen hier runter zu ziehen, das Wetter war es sicher nicht?” fragte er interessiert. Das Lächeln in ihrem Gesicht erlosch und er merkte sofort das er einen wunden Punkt getroffen hatte.
Sie räusperte sich. “Der Job, ich wurde versetzt.” sie starrte in ihr Weinglas.
“Entschuldige, wenn ich dir zu Nahe getreten bin, das war nicht meine Absicht.” Er griff über den Tisch hinweg nach ihrer Hand. Sie zuckte bei der Berührung zusammen, ließ ihn jedoch gewähren.
“Schon gut, ich rede nur nicht gern darüber.”
“Okay. Wie wäre es denn, wenn wir uns gleich das Feuerwerk am Pier ansehen?” schlug er vor. Renees Gesicht hellte sich wieder auf, sie nickte. “Ja, sehr gern.”
Einen Moment sah Marc sie nachdenklich an, er war wirklich fasziniert von Renee, sie war nicht nur wunderschön mit diesen langen blonden Locken, die ihr Gesicht wie ein teures Gemälde umrahmten und den braunen Augen, die wie tiefe Seen waren, sie war auch intelligent, hatte den gleichen Musik- und Buchgeschmack wie er und sie strahlte eine unglaubliche Stärke aus. Er ahnte, das es etwas in ihrer Vergangenheit gab, das sie noch nicht verarbeitet hatte, aber das schreckte ihn nicht ab. Er wollte sie unbedingt besser kennenlernen.
Als es dunkel wurde, machten sie sich auf den Weg zum Pier, wo das große Abschlußfeuerwerk stattfinden sollte. Der Platz war bereits voll mit Menschen, die alle auf das große Ereignis warteten. Renee atmete die laue Nachtluft ein, es war wirklich ein wunderschöner Abend, das Wetter konnte nicht besser sein, der Nachthimmel war sternenklar und der Mond schien voll auf sie herab.
Plötzlich ertönte die berühmte Feuerwerksmusik von Händel und die ersten Blumen aus Funken erblühten am Himmel. Fasziniert schaute Renee dem Schauspiel zu, Marc stand hinter ihr und legte seine Hände auf ihre Schultern.
“Gefällt es dir?” vernahm sie seine leise Stimme dicht an ihrem Ohr.
“Ja.” sie sah ihn von der Seite her an, “ja, das tut es.” und damit meinte sie nicht nur das Feuerwerk.
“Das freut mich.” er drückte sie ein wenig fester an sich und Renee ließ es zu.

“Es war wirklich ein wunderschöner Abend. Ich danke dir Marc.” er hatte sie zurück gefahren und sie verabschiedeten sich vor ihrer Haustür.
“Das fand ich auch, ich bin froh das du deine Meinung geändert hast.” er zwinkerte ihr zu.
“Das bin ich auch. Gute Nacht.” Renee lächelte ihn an, drehte sich um und wollte gehen, doch Marc griff nach ihrer Hand und hielt sie so zurück.
“Renee, ich würde dich gern wiedersehen.” sein Daumen strich über ihre Hand.
Sie zögerte. “Marc, ich… ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist… ich kann so etwas gerade nicht… ich….” bevor sie den Satz beenden konnte, legte er einen Finger auf ihre Lippen.
“Versuch es gar nicht erst Renee. Ich werde nicht locker lassen.” er zwinkerte ihr zu. “Ich möchte dich einfach nur wiedersehen, nicht mehr und nicht weniger.” aufmunternd lächelte er sie an und Renee gab sich geschlagen.
“Okay.” nickte sie.
“Gut, dann rufe ich dich an. Schlaf gut, Renee McCluskey.” mit diesen Worten drehte er sich um und ging zurück zu seinem Auto. Renee blieb stehen und sah ihm nach, bis die Rücklichter seines Autos in der Dunkelheit verschwunden waren.

“Hallo meine Liebe! Ich möchte alle schmutzigen Details wissen.” schwungvoll betrat Nick ihr Büro. Renee verdrehte genervt die Augen.
“Hast du nichts zu tun?” versuchte sie ihn abzuwimmeln.
“Klar hab ich das, aber das hier ist viel wichtiger.” er grinste breit und setzte sich auf die Kante ihres Schreibtischs. Renee sank seufzend in ihrem Stuhl zurück.
“Es gibt gar nichts zu erzählen. Wir hatten einen schönen Abend, dann hat er mich Heim gebracht und das wars…” sie zuckte mit den Schultern.
“wie meinst du das “das wars…” seht ihr euch wieder? Hat er dich geküßt… komm schon, raus mit der Sprache.”
“Du gibst nicht auf oder?”
“Natürlich nicht, dafür sind Freunde ja da.”
“Ja und Nein, sind die Antworten.”
“Hm… ihr seht euch also wieder, das ist doch super! Warum guckst du dann so griesgrämig?”
“Ich gucke nicht griesgrämig. Ich bin nur unentschlossen. Er ist ein toller Mann… wirklich. Er sieht super aus, ist sehr nett und zuvorkommend, wir hatten wirklich viel Spaß.” Renee lächelte bei der Erinnerung an den gestrigen Abend. “Ich meine, er ist… schon ziemlich sexy.” Renee wurde rot bei ihren Worten und Nick lachte leise.
“Das klingt doch toll. Lern ihn kennen Renee, gib ihm eine Chance.” aufmunternd sah er sie an.
“Ja, ich werds versuchen. Aber die Angst ist halt da, als ich allein mit ihm im Auto saß, da hab ich kurz Panik bekommen.” sie senkte den Blick und musste schlucken.
Nick nahm ihre Hand.
“Das kann ich gut verstehen.” sagte er verständnisvoll.
Vom Läuten des Telefons wurden sie beide aus ihren Gedanken gerissen.
“Renee McCluskey.” meldete sie sich. “Marc… schön das du anrufst.” Renees Wangen färbten sich rot und Nick begann zu grinsen.
“Heute Nachmittag? Ich… äh… ich muss gucken ob ich eine Vertretung für mich finde…” sie sah Nick an, der nur nickte und den Daumen hoch hielt.
“Ja, ja, ich denke das geht… okay, dann bis später.” wie in Zeitlupe legte sie den Hörer auf und sah Nick an.
“Das war Marc.” sagte sie lahm, “er hat mich eingeladen zu einem Picknick am Strand.”
Nick lachte, “Picknick am Strand… wir romantisch.” er zwinkerte ihr zu. Renee verzog spöttisch den Mundwinkel.
“Fahr los, ich bin hier.” er grinste breit.
Renee erhob sich und umarmte ihn. “Ich danke dir.”

Marc hatte wirklich an alles gedacht. Sie waren zu einer kleinen, versteckten Bucht gefahren, dort hatte er eine Decke ausgebreitet und sein voll gepackter Picknickkorb war mit den feinsten Leckereien gefüllt. Renee nippte an ihrem Champagner.
Sie legte den Kopf schief und sah ihn leicht skeptisch an.
“Was ist?” fragte er
“Du bist beinahe schon zu perfekt.” Renee grinste ihn an und Marc musste lachen.
“Naja, vielleicht nicht ganz… ich hab den Picknickkorb bestellt.”
“Da bin ich aber beruhigt, sonst hättest du mir ja schon fast Angst gemacht.”
“Und das möchte ich auf keinen Fall.” Er zwinkerte ihr zu und streckte ihr seine Hand entgegen. “Sollen wir ein Stück am Wasser laufen?”
“Gern.” Renee ergriff seine Hand und er zog sie hoch, ließ ihre Hand aber nicht los. Renee schluckte, doch sie ließ ihn gewähren.
Hand in Hand spazierten sie am Strand entlang, genossen die Sonnenstrahlen, die ihre Haut wärmten und unterhielten sich angeregt. Marc sprach über seine Arbeit und Renee hörte an seiner Stimme wie sehr er seinen Job liebte. Verstohlen betrachtete sie ihn von der Seite. Er sah wirklich verdammt gut aus. Die schwarzen Haare wurden vom Wind zerzaust und sein 3-Tage Bart ließ ihn leicht verwegen aussehen. Seine dunklen Augen blitzten, wenn er so begeistert erzählte, er hatte sehr breite Schultern und sie würde wetten, das sich unter seinem T-Shirt ein Sixpack verbarg. Sie musste kichern bei dem Gedanken.
“Was ist so lustig?” fragte er prompt.
“Gar nichts.” Renee wurde knallrot und sie hoffte er würde das nicht bemerken.
“Lachst du mich etwa aus?”
“Niemals” sagte sie, immer noch lachend.
“Na warte… “ er zog sie mit sich ins Wasser und spritzte sie mit den Füßen naß. Renee schrie erschrocken auf, musste aber gleichzeitig lachen. Sie tat es ihm nach und im nu war eine wilde Wasserschlacht in Gang. Es dauerte nicht lange und sie beide waren klatschnass. Sie tobten wie zwei Kinder und lachten ausgelassen. Sie war so unbeschwert wie schon lange nicht mehr und alle Sorgen waren weit weg.
“Vielleicht sollten wir langsam zurück gehen. Es wird doch etwas frisch.”
Renee nickte, und gemeinsam liefen sie zurück. Als sie an ihrem Picknickplatz ankamen erstarrte Renee, sie war nass bis auf die Knochen, aber an Wechselkleidung hatte sie natürlich nicht gedacht. Sie schluckte… und nun?
Sie kam sich wie eine Idiotin vor, an sowas dachte man doch vorher, daran war nur er Schuld, wenn sie mit Marc zusammen war, konnte sie einfach keinen klaren Gedanken mehr fassen.
“Ich… “ begann sie lahm, sie schlang ihre Arme um sich, ihr wurde wirklich kalt.
Marc kratzte sich am Kopf.
“Wir sollten aus den nassen Klamotten raus.” sagte er zu ihr.
“Ja, aber… ich, ich hab gar nichts zum wechseln dabei.” sie wurde rot. Wie blöd konnte man sein ins Meer springen und keine Kleider dabei haben.
“ Da gehts dir wie mir… daran hab ich im Eifer des Gefechts nicht gedacht.”
Renee musste trotz allem lachen, sie mussten ein tolles Bild abgeben wie sie hier beide standen, klatschnass und ziemlich ratlos.
“So können wir jedenfalls nicht zurück fahren. Ich habe noch eine Decke im Auto liegen, am besten du ziehst dich aus und wickelst dich in die Decke ein, die Klamotten legen wir in die Sonne zum trocknen.”
Er lief zum Auto und holte eine Decke aus dem Kofferraum, die er Renee gab.
“Könntest du… dich umdrehen.” sagte sie bittend.
Er grinste sie an, drehte sich dann aber um.
Renee stieg aus dem nassen Rock und zog ihre Bluse aus, der BH folgte, ihren Slip behielt sie an. Sie setzte sich auf die Picknickdecke und hüllte sich in die Decke. Sie wagte einen Blick in Marcs Richtung und sah das er sich ebenfalls seiner nassen Kleider entledigte.
Er stand mit dem Rücken zu ihr und sie beobachtete ihn daher unverhohlen. Sie schluckte als sie seine muskulösen Oberarme und seine breiten Schultern betrachtete, sein Anblick verursachte ihr ein wohliges Kribbeln in der Magengegend, als er sich zu ihr drehte musste sie trotz der Situation lächeln, da war es, das Sixpack. Sie wurde schon wieder rot. Sie fühlte sich unsicher und wie ein frisch verliebter Teenager in seiner Gegenwart, verschämt senkte sie den Blick. Nur mit seiner Boxershorts bekleidet setzte er sich neben sie.
Verschmitzt sah er sie an.
“War nicht meine beste Idee, ein Bad zu nehmen. Tut mir leid Renee.” entschuldigte er sich.
“Naja, ich hätte meinen Kopf ja auch zum denken benutzen können.” Sie lächelte ihn ein wenig an. Renee sah das er fror, sie schluckte schwer.
“Möchtest… möchtest du nicht mit unter die Decke kommen? Dir ist doch kalt.” sie räusperte sich verlegen.
“Wäre das ok für dich?”
Sie nickte und breitete den Arm aus, so dass er dichter zu ihr rutschen konnte und sie beide unter der Decke Platz hatten.
Als ihre Oberarme sich berührten zuckte sie innerlich zusammen, ihre Haut schien sich in eine Fackel zu verwandeln.
Sie spürte wie sich Gefühle einen Weg bahnten, die sie lange in sich vergraben hatte. Marc brachte sie dazu sich wieder wie eine Frau zu fühlen, lange hatte sie sich vor solchen Dingen abgeschirmt und nun überwältigten sie Gefühle wie Lust und Leidenschaft.
Marc legte einen Arm um sie damit sie möglichst eng zusammenrücken konnten und sich so mit ihrer eigenen Körperwärme zusätzlich wärmten.
“Ok so?” fragte er vorsichtig. Auch ihn machte diese Situation etwas nervös. Er hatte sich auf den ersten Blick in Renee verliebt, nicht nur das sie wunderschön war, sie war auch klug und warmherzig. Er würde sie so gern küssen, sie halten und berühren, doch er bemerkte natürlich ihre Zurückhaltung, sie wirkte ängstlich und war immer auf genügend Abstand bedacht, nun saßen sie hier, beide fast nackt und ziemlich dicht beieinander. Er wollte nicht das sie dachte, er hätte diese Situation absichtlich provoziert, er hatte nur einfach nicht nachgedacht, sein Hirn schien manchmal einfach auszusetzen wenn er mit ihr zusammen war.
“Ja, alles ok.” sie lächelte ihn an.
“Verrückt oder?” er begann langsam ihren Arm streicheln.
“Ja, irgendwie schon.” antwortete sie, sie schloß die Augen und genoß seine zarte Berührung. Sie seufzte und legte vorsichtig ihren Kopf gegen seine Schulter. Eine Weile saßen sie einfach so da, er streichelte sanft ihren Arm und sie lag an seinen Oberarm gelehnt. Sie sagten nichts, doch die Stille war nicht bedrückend.

Marc lehnte seinen Kopf zu ihr und hauchte ihr einen Kuß in ihren Nacken.
“Weißt du eigentlich wie schön du bist?” sie spürte seinen Atem an ihrem Ohr und die kleinen Härchen an ihren Armen stellten sich auf.
“Marc… ich bin nicht schön.” antwortete sie leise, sie wandte verlegen den Kopf ab.
“Hey!” Marc nahm ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und zwang sie so, ihn wieder anzusehen. “Du bist wunderschön.” sagte er leise und seine Lippen näherten sich den ihren. Sein Kuß war sanft, seine Lippen berührten kaum die ihren. Renee schloß die Augen. Dieser Mann brachte die Mauern, die sie so mühsam um sich errichtet hatte einfach so zum einstürzen. Marc legte seine Hand auf ihre Wange und küßte sie behutsam auf die Stirn.
“Wir sollten fahren.” begann er leise, “Du sitzt hier so nah neben mir und wir sind beide fast nackt, ich weiß nicht wie lange ich mich da noch beherrschen kann.” sagte er mit einem schmunzeln. Renee nickte. Sie wusste das er recht hatte, sie hätte sich jetzt gern ihren Gefühlen hingegeben und sie war froh das Marc die Situation in keinster Weise ausnutzte.
“Ich weiß nur nicht wie… ich meine unsere Sachen sind immer noch naß… “ fragend sah sie ihn an, er lachte.
“Wickel dich einfach in die Decke ein.” Marc begann die Reste ihres Picknicks einzuräumen. Renee sammelte ihre nassen Sachen ein und stieg ins Auto. Marc zog sich sein immer noch feuchtes T-Shirt über und stieg ebenfalls ein. Er drehte die Heizung voll auf und sie fuhren los.
“Ich danke dir für den wundervollen Tag.” sagte Renee als sie vor ihrer Haustür standen.
“Nein, ich danke dir. Und es tut mir leid, wie es geendet hat, ich hatte das nicht geplant.”
Renee lächelte ihn offen an. “Das muss dir nicht leid tun, es war sehr… sagen wir… aufschlußreich.” ihr wurde schon wieder heiß und kalt bei der Erinnerung an seinen athletischen Körper, der sich so eng an sie geschmiegt hatte. Sie räusperte sich.
“Also dann… “ sie wollte die Wagentür öffnen, doch Marc hielt sie zurück.
“Falls wir beide uns keine Lungenentzündung geholt haben, dann würd ich dich morgen Abend gern zum Essen einladen.”
“Sehr gern.” antwortete sie sofort. Sie musste nicht überlegen, sie wollte ihn unbedingt wiedersehen.
“Okay, ich hole dich ab.”
Renee wollte aussteigen.
“Renee!” sagte er nochmal, “Die Decke!” er zeigte auf die Decke, in die sie immer noch gehüllt war. Sie wurde rot. Sie trug nichts darunter, ausser ihrem Slip.
“Ich.. ich… “ begann sie stotternd, wurde dann aber von Marcs Lachen unterbrochen.
“Das war ein Scherz.” sagte er schnell. Renee atmete tief aus und lachte ebenfalls.
“Bis morgen.” sie sprang aus dem Wagen und winkte ihm hinterher.

“Schon wieder ein Date?” fragte Nick, als Renee gegen Abend das Kino verlassen wollte.
“Ähm…” verlegen blickte sie zu Boden, “Ja.” nickte sie und räusperte sich.
“Wie war denn das romantische Picknick am Strand?” bohrte Nick weiter.
Sie seufzte, blickte ihn an und lächelte. “Unbeschreiblich.” antwortete sie dann. Nick verspürte bei ihren Worten ein unangenehmes ziehen in der Magengegend, er verzog kurz das Gesicht, konnte dieses Gefühl aber nicht wirklich einordnen.
“Klingt vielversprechend.” grinste er.
“Ja, das sehe ich ähnlich.” sie zwinkerte ihm zu.
“Und was steht heute auf dem Programm?”
“Er hat mich zum Essen eingeladen.”
“Hm.” brummte Nick nur. Das unangenehme ziehen nahm zu und er legte sich eine Hand auf den Bauch.
“Was ist? Gehts dir nicht gut? Ich kann absagen und du gehst lieber Heim.” besorgt blickte Renee, der sein Blick nicht entgangen war, ihn an.
“Nein, nein. Es geht schon, ich hab vielleicht was falsches gegessen, wird schon wieder.” er lächelte sie gequält an.
“Bist du sicher?” zweifelnd blickte sie ihn an, sie legte eine Hand gegen seine Wange und danach auf seine Stirn, besonders heiß fühlte er sich nicht an.
“Ja, ich bin sicher.” er grinste sie an, doch Renee empfand sein lächeln als unecht. Er strich ihr zärtlich übers Haar.
“Hab viel Spaß und gib ihm eine Chance.” mit diesen Worten drehte er sich um und ging in einen der Projektionsräume.
Renee sah ihm einen Moment nachdenklich hinterher und ging dann.

“Ich dachte wir würden etwas essen gehen?” fragte Renee verwirrt, als Marc in die Wohngegend einbog, in der er lebte.
“Das tun wir auch.” er lächelte sie an und drückte kurz ihre Hand.
Renee schluckte, ein Essen in einem Restaurant war eine Sache, ein Essen bei ihm zuhause eine ganz andere. Sie atmete tief ein und schloß einen Moment die Augen, ob sie es je schaffen würde, die Dämonen aus ihrer Vergangenheit zu vertreiben? Wieder Vertrauen zu fassen und unbeschwerter an die Dinge heranzugehen. Sie musste endlich aufhören in jedem Mann nur das leibhaftige Böse zu sehen, was Julian ihr angetan hatte, war unverzeihlich und eigentlich gehörte er dafür hinter Schloß und Riegel, aber das war eben Julians Tat. Marc hatte damit absolut gar nichts zu tun. Marc war so charmant und herzlich, wenn er sie ansah, mit seinen dunklen Augen, dann tummelten sich in ihrem Bauch plötzlich haufenweise Schmetterlinge. Sie erinnerte sich noch sehr genau, wie es angefühlt hatte, als seine Haut, die ihre berührte, als sie fast nackt nebeneinander saßen und seine Lippen hatten sich so wunderbar weich angefühlt, als er sich sacht geküßt hatte. Sie seufzte leise. Das konnte einfach nicht falsch sein, sie hoffte so sehr, dass sie sich in ihm nicht täuschte.

“Komm rein.” galant hielt er ihr die Haustür auf. Renee betrat die große Vorhalle. Das Haus war riesig, beeindruckt sah sie sich um.
“Lebst du hier ganz allein?” fragte sie staunend.
“Ja, ganz allein.” sagte er lachend, als er ihr den leichten Mantel abnahm.
“Ich gebe zu, ich bin beeindruckt.” sagte sie lächelnd. Er nahm ihre Hand und führte sie in ein riesiges Wohnzimmer, Renee sah sich um, der Raum war sehr hell gehalten, eine riesige cremefarbene Wohnlandschaft stand vor einem großen offenen Kamin. Ein paar Regale waren an den Wänden befestigt, ein Flügel stand in einer Ecke und auf der anderen Seite des Raumes befand sich ein riesiger Esstisch mit dazu passenden hochlehnigen Stühlen.
“Wow.” entschlüpfte es ihr. “Spielst du Klavier?” fragte sie und deutete auf den Flügel.
er schüttelte belustigt den Kopf.
“Leider nicht, er ist ein Erbstück meines Großvaters. Ich wollte es immer lernen, aber meine Eltern hielten nichts davon und nun fehlt mir einfach die Zeit dazu.”
Renee nickte. Marc griff ihre Hand und führte sie auf die Terrasse, hier stand ein großer Tisch, der wunderschön gedeckt war. Rosenblüten waren über den Tisch verteilt und einige Kerzen verbreiteten ihr warmes Licht. Zwei Feuerschalen brannten und einige Fackeln waren auf der angrenzenden Rasenfläche entzündet worden.
Renee blieb einen Augenblick stehen und brauchte eine Weile um diese Eindrücke zu verarbeiten, sie kam sich vor wie in einem der Liebesromane, die sie manchmal las. Sie musste schlucken, es war wunderschön, Marc hatte sich soviel Mühe gegeben, sie drehte sich zu ihm um.
“Marc, das ist wunderschön.” sie lächelte ihn an und er sah das Tränen in ihren Augen glitzerten. Zärtlich strich er ihr über die Wange.
“Du, Renee… du bist wunderschön. Es gibt kaum etwas, das dir gerecht werden könnte.”
Renee wusste nichts darauf zu sagen, sie sah ihn nur an.
“Setzen wir uns?” fragte er. Dankbar nickte sie und ließ sich zu ihrem Platz führen.
“Kochen kann ich allerdings genauso wenig, wie Picknickkörbe packen, das Essen hab ich vom Thailänder kommen lassen, wenn es nicht schmeckt, bitte die Beschwerden dorthin schicken.” er zwinkerte ihr zu und Renee musste lachen. Das Eis war gebrochen und die Anspannung ließ nach. Sie aßen und unterhielten sich angeregt. Renee ging aus sich heraus, erzählte viel von ihrer Arbeit und was sie am Kino so sehr faszinierte.
“Du bist einfach für eine Weile jemand anderes, du kannst sein wer, oder was du willst, du tauchst in Welten ein, die völlig fantastisch sind, es ist wie eine Flucht… “ sagte sie begeistert. Er sah sie interessiert an.
“Und wovor fliehst du Renee?” er nahm ihre Hand und sah sie an. Natürlich bemerkte er ihre Angst, sobald sie mit ihm allein in einem geschlossenen Raum war, er sah wie sie bei der kleinsten Berührung zusammen zuckte und ihre Augen sich panisch umsahen.
Er ahnte das sie etwas schlimmes erlebt hatte, doch er wollte sie nicht zu sehr drängen, er befürchtete das sie dann den Kontakt zu ihm abbrechen würde, doch nun hatte sie ihm eine gute Vorlage gegeben und er wagte einen kleinen Vorstoß.
Renee schluckte.
“Ich… wie meinst du das?” wich sie ihm aus, verlegen nahm sie ihr Weinglas und trank einen großen Schluck.
“Renee, “ begann er vorsichtig, “es ist mir nicht entgangen, dass du jedesmal leicht panisch wirst, wenn wir allein in einem Raum sind, ich dachte, es gibt vielleicht etwas, vor dem du versuchst wegzulaufen?” er nahm ihre Hand und lächelte sie an. Renee entzog ihm ihre Hand, sie spürte wie ihr Herz begann zu rasen.
Sie schüttelte den Kopf. “Nein, du… du täuschst dich, es ist alles in Ordnung.” sie versuchte die Mundwinkel zu einem Lächeln zu verziehen, doch es misslang ihr gründlich.
Marc seufzte und nickte.
“Okay.” sagte er leise, er lehnte sich zurück und nahm einen Schluck aus seinem Weinglas.
“Marc, es tut mir leid, wenn du dir mehr erhofft hast, als ich dir geben kann.” sie war den Tränen nah, es tat ihr unendlich leid, er gab sich soviel Mühe und sie stieß ihn weg. Sie verfluchte Julian innerlich.
“Es muss dir nicht leid tun. Ich habe Geduld.” er zwinkerte ihr zu und lachte leise.
“Warum?” fragte sie leise, sie senkte den Kopf und spürte wie sich eine Träne den Weg aus ihrem Augenwinkel bahnte.
Sofort lehnte er sich wieder vor und griff erneut ihre Hand.
“Hey!” sagte er leise und legte den Finger unter ihr Kinn, so dass sie ihn ansehen musste, “Bei unserem ersten Date sagte ich dir, dass ich dich kennenlernen möchte, das betrifft nicht nur das Hier und Jetzt, sondern auch deine Vergangenheit.” sanft wischte er mit dem Finger die Träne weg, “Und auch die Wunden, die dir zugefügt wurden.” fügte er leise hinzu.
Renee räusperte sich und holte tief Luft. “Entschuldige bitte.”
“Schon wieder eine Entschuldigung.” er schüttelte den Kopf. “Tu das nicht.”
“Was?”
“Dich für alles zu entschuldigen. Warum redest du dich selbst so klein?” fragend sah er sie an.
“Das… das tu ich doch gar nicht.” Renee fühlte sich in die Ecke gedrängt, sie wollte nicht über solche Dinge reden, sie war unsicher und verlegen.
“Doch das tust du immer wieder.” er rückte mit seinem Stuhl ein Stück vor, so dass er direkt vor ihr saß. Er nahm ihre Hände in die seinen und blickte ihr direkt in die Augen. Renee schluckte, doch sie hielt seinem Blick stand.
“Renee, ich werde dich zu nichts drängen, ich werde aber auch nicht locker lassen. Zwischen uns knistert es gewaltig und das kannst du nicht weg reden. Ich habe nicht vor dich heute abend ins Bett zu bekommen, ich werde mich dir nur soweit nähern, wie du es zulässt und das ist absolut in Ordnung, dafür musst du dich weder entschuldigen, noch rechtfertigen. Aber sei dir einer Sache sicher, du wirst mich nicht so schnell los.” aufmunternd sah er sie an und Renee musste ein wenig lachen.
“Das heißt, du klebst jetzt an mir wie ein Kaugummi?” neckte sie ihn.
“Genauso sieht es aus.” auf seinem Gesicht erschien ebenfalls ein Lächeln.
“Danke.” sagte sie leise.
“Obwohl es mich sehr viel Kraft kostet dich jetzt nicht zu küssen.” sagte er mit einem zwinkern in den Augen.
Renee erhob sich aus ihrem Stuhl, sie stellte sich vor ihn, legte ihre Hände auf seine Wangen und beugte sich zu ihm runter. Sie vertraute ihm, vielleicht war sie naiv, nur wegen ein paar schöner Worte war er noch lange kein Heiliger, aber sie wollte ihn ebenso sehr küssen und sie musste lernen, den Moment zu geniessen. Sie schloß die Augen und ihre Lippen berührten sanft und vorsichtig die seinen. Marc legte seine Hand in ihren Nacken und zog sie zu sich runter, so dass sie auf seinem Oberschenkel saß, er erwiderte ihren Kuß mit voller Leidenschaft, seine Zunge drängte vor und sie öffnete einladend die Lippen. Ihr Körper schien in Flammen zu stehen, sie wollte diesen Mann so sehr, sie seufzte vor Lust und ihre Hände begaben sich auf Erkundungstour, sie fuhr über seine Schultern und strichen sanft über seine muskulöse Brust, währenddessen spürte sie seine Hände an ihrer Taille, auf ihrem Rücken und in ihrem Haar. Sie hörte ihn leise stöhnen, als sie sich fest an ihn presste.
Als Renees Finger begannen, die Knöpfe seines Hemds zu öffnen, hielt er ihre Hände fest und rückte ein Stück von ihr ab.
“Wir sollten das nicht tun Renee.”
“Warum nicht?” fragte sie verwirrt.
“Nicht das ich das nicht wollte, aber ich habe dir gerade einen Vortrag darüber gehalten, das ich dir Zeit lasse und ich möchte nicht, dass wir jetzt etwas tun, was du morgen bereust.”
er strich ihr durch die Haare und sah sie an, ihr Atem ging immer noch schwer und ihr Gesicht war leicht gerötet, sie nickte. Sie wusste, er hatte recht, sich jetzt von der Leidenschaft mitreissen zu lassen, wäre nicht klug. Er musste erst von ihrer Vergangenheit erfahren, doch um ihm davon zu erzählen, war sie noch nicht bereit.
Renee wollte sich von ihm lösen, doch er hielt sie fest.
“Bleib hier, du fühlst dich so gut an.” er zog sie in seine Arme und sie kuschelte sich an ihn und bettete ihren Kopf an seiner Schulter. So saßen sie eine ganze Weile schweigend, Marc strich zärtlich über ihr Haar und ihren Rücken und Renee genoss einfach seine Nähe.

Sie saß an ihrem Schreibtisch und stützte den Kopf in ihre Hände, verträumt schaute sie aus dem Fenster, noch vor ein paar Wochen waren ihre Gedanken dunkel und voller Wut und Trauer, doch nun hatte sie ein Lächeln auf den Lippen und ihre Augen leuchteten. Sie war verliebt, es hatte eine Weile gedauert sich diese Gefühle einzugestehen, doch sie konnte nicht mehr dagegen ankämpfen. Marc hatte die Mauer, die sie so mühsam um sich errichtet hatte problemlos zum einstürzen gebracht, er hatte Gefühle in ihr wieder geweckt, von denen sie dachte, sie wären an jenem verfluchten Abend vor einem Jahr gestorben. Ihr Handy piepte und sie zuckte zusammen. Als sie die Nachricht las, wurde ihr Lächeln breiter. Marc war für eine Woche beruflich nach Antwerpen geflogen, mehrfach am Tag schickte er ihr kleine Botschaften und Renees Herz machte jedes Mal einen kleinen Hüpfer vor Freude wenn sie die Nachrichten las.
-Sitze gerade in einem langweiligen Meeting und denke an dich- sie ließ sich in ihrem Bürostuhl zurück sinken und seufzte.
“Hast du schmutzige Gedanken, oder warum seufzt du so zufrieden?” mit einem lauten Krachen flog ihre Bürotür auf und Nick betrat polternd, wie es so seine Art war, den Raum.
“Schon mal was von anklopfen gehört?” zischte sie ihn an.
“Ja gehört schon… aber bisher noch nicht ausprobiert.” schwungvoll setzte er sich auf ihre Schreibtischkante.
“Was kann ich für dich tun?” ignorierte sie seine Bemerkung.
“Nichts bestimmtes. Hast du Lust nachher eine Pizza zu bestellen? Ich hab den neuen Fast & Furious aufgezogen… wir hätten den Saal nachher für uns allein! Oder hast du heute wieder ein Date mit deinem Traumprinzen?
“Nein, mein Traumprinz ist für eine Woche in Belgien… bleibt mir nur der Kinoabend mit dir.” neckte sie ihn.
“Sehr charmant… wie immer. Okay, dann bestelle ich schon mal die Pizza.”
“Wie läufts denn mit Marc?” fragte Nick später, als sie in der kleinen Teeküche saßen und ihre Pizza verspeisten.
Renee lächelte bei dem Gedanken an Marc. Sie vermisste ihn und zählte die Tage bis er aus Belgien wieder kam.
Sie nickte mit dem Kopf “Gut. Es läuft…. wirklich gut.”
“Hm…” brummte Nick, “Details bitte!” er zwinkerte ihr zu.
“Details? Was willst du wissen? Wir haben noch nicht miteinander geschlafen, aber wir haben uns bereits geküsst und das war… “ sie zuckte mit den Schultern und suchte nach einem geeigneten Wort, “... gigantisch.”
“Hmm.” murmelte er wieder. Er war zwar neugierig und er gönnte ihr, ihr Glück von Herzen, doch neuerdings machte sich ein ausgesprochen unangenehmes Gefühl in seiner Magengegend breit, sobald sie begann von ihm zu sprechen.
“Was ist eigentlich mit dir? Gibt es in deinem Leben inzwischen jemanden? Wir haben in letzter Zeit immer nur über mich gesprochen, ich weiß gar nicht was bei dir so los ist?” sie griff nach seiner Hand. Nick schüttelte den Kopf.

“Die Richtige ist mir noch nicht über den Weg gelaufen.” er versuchte zu grinsen, doch es gelang ihm nicht so richtig, daher steckte er sich schnell ein großes Stück Pizza in den Mund.
Renee sah ihn skeptisch an. Sie legte eine Hand auf seine Wange.
“Nick, du warst in den ganzen letzten Monaten immer für mich da und dafür bin ich dir unendlich dankbar. Du weißt doch das du auch immer zu mir kommen kannst, wenn dich etwas bedrückt oder?”
Er nickte. “Ich weiß.” einen Moment später seufzte Nick tief und griff nach ihrer Hand. “Zeit für heiße Schlitten und scharfe Bräute.” mit einem grinsen zog er sie hoch und sie gingen in den Kinosaal, den sie zu dieser Zeit ganz für sich allein hatten. Nick startete den Film und setzte sich neben sie. Renee kuschelte sich an ihn und Nick legte einen Arm um sie, er schloß kurz die Augen, nichts würde mehr so sein wie bisher.

Marc sah sie an, auf die Musik konnte er sich nicht konzentrieren. Renee hatte die Augen halb geschlossen und lauschte den sanften Klängen. Sie sah so schön aus in dem schwarzen, schulterfreien Samtkleid, die Haare fielen locker auf ihre Schultern und eine schwarze, eng anliegende Kette zierte ihren Hals. Er musste schlucken, er hatte sie wie verrückt vermisst in den letzten Tagen und als er gestern zurück kam hatte er sie mit Karten für Mozarts Zauberflöte überrascht. Als er sie heute abgeholt hatte, hätte er sie lieber in seine Arme gezogen, sie wild geküsst und den Rest des Abends mit ihr in ihrem Schlafzimmer verbracht, als mit ihr in die Oper zu gehen.
Renee bemerkte seinen Blick, sie lächelte ihn an und nahm wie selbstverständlich seine Hand.

“Möchtest du noch auf ein Glas Wein mit reinkommen?” fragte sie zögernd, als sie vor ihrem Haus standen.
“Gern.” nickte er.
Gemeinsam betraten sie das kleine Haus, in dem sie lebte. Renee öffnete weit die Terrassentüren und öffnete eine Flasche Rotwein. Sie schenkte ihnen zwei Gläser ein und ging mit ihm nach draussen. Renee reichte ihm ein Glas.
“Danke für den wunderschönen Abend.” lächelte sie ihn an.
“Gern geschehen.” sagte er und die Gläser klirrten leise als sie anstiessen und einen Schluck tranken.
Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte sie an.
“Ich hab dich vermisst in der letzten Woche.”
Renee spürte wie sie rot wurde. “Das ging mir ebenso.” sie lehnte gegen die Steinbrüstung und sah einen Moment in den Himmel, die Nacht war klar, der Mond schien herab und die Sterne funkelten. Sie seufzte, es war an der Zeit mit ihm über ihre Vergangenheit zu reden. Sie war in ihn verliebt, das konnte sie nicht länger leugnen und er musste die Wahrheit kennen, bevor sie sich auf ihn einlassen konnte.
“Marc, “ begann sie leise, “Als du mich neulich gefragt hast, ob ich vor etwas fliehen würde, hattest du recht.”
Er lehnte sich neben sie und griff ihre Hand. Sie seufzte noch einmal tief, bevor sie begann ihm ihre Geschichte zu erzählen.
“Vor etwa einem Jahr lernte ich in North Shields einen Mann kennen, wir trafen uns auf einer Party. Wir verstanden uns gut und er gefiel mir. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag, wir gingen ganz klassisch etwas essen und danach ins Kino. Er war höflich und charmant. Ich dachte es könnte etwas daraus werden. Als er mich nach Hause brachte, lud ich ihn noch auf einen Kaffee ein, das bereue ich heute zutiefst.” sie seufzte und er sagte nichts, er hatte Angst, dass wenn er sie jetzt unterbrechen würde, sie dann nicht weiter reden würde.
“Es dauerte nicht lange, dann begann er mich zu berühren, er wollte mich küssen, doch mir ging das alles viel zu schnell. Ich sagte ihm deutlich das er bitte gehen soll, doch er hörte nicht auf. Als ich mich wehrte, packte er fester zu, er schlug mir ins Gesicht als ich zu schreien begann.” Ihre Stimme begann zu zittern. Marc schluckte, doch er sagte noch immer nichts. Er legte einen Arm um sie und dankbar legte sie den Kopf an seine Schulter.
“Ich habe mich gewehrt so gut ich konnte, doch er war einfach stärker als ich, er nahm sich mit Gewalt was er wollte. Irgendwann, mir kam es wie Stunden vor, ließ er von mir ab. Er zog sich an und ging einfach, als wäre es das normalste der Welt. Danach beging ich einen großen Fehler, anstatt direkt die Polizei zu rufen, ging ich unter die Dusche, ich duschte ewig und so heiß das meine Haut wund wurde, ich kam mir so beschmutzt vor. Ich rollte mich in meinem Bett zusammen, zitterte vor Schmerz und Angst und konnte mich nicht rühren, ich glaube, ich stand einfach unter Schock.” Renee spürte die Tränen aufsteigen, sie versuchte sie runter zu schlucken, was ihr aber nicht gelang, immer noch brachten die Erinnerungen sie total aus der Fassung und sie hatte Mühe nicht wieder in diese Schockstarre zu verfallen.
“Lieber Himmel Renee, ich hatte ja keine Ahnung.” Marc war fassungslos, ihm war klar, dass sie etwas schlimmes erlebt haben musste, doch er war von einer gescheiterten Beziehung ausgegangen, das sie vergewaltigt wurde, wäre ihm im Leben nicht eingefallen. Er drückte sie fest an sich und küßte sie sanft aufs Haar.
“Zwei Wochen verkroch ich mich zuhause und verließ meine Wohnung nicht mehr, aus Angst ihm nochmal zu begegnen. Ich meldete mich krank auf der Arbeit, ging nicht ans Telefon, oder an die Tür. Irgendwann stand meine Freundin vor der Tür, sie machte sich große Sorgen und wollte nach mir sehen. Als sie vor mir saß, bin ich zusammengebrochen, ich erzählte ihr so gut es ging, was passiert ist und sie überredete mich zur Polizei zu gehen und Anzeige zu erstatten, was ich dann auch tat. Ich machte meine Aussage, wurde untersucht und psychologisch betreut, auch Julian musste aussagen, doch da nach der langen Zeit keine Spuren mehr gesichert werden konnten und dieser Mistkerl, sich ein Alibi verschafft hatte, konnte ihm nichts nachgewiesen werden und er läuft immer noch frei rum. Ich hatte Angst das er sich rächen würde, also beschloß ich North Shields zu verlassen, ich bat meine Chefs um eine Versetzung und hier bin ich nun.”
“Ich weiß gar nicht was ich sagen soll.” Marc war sprachlos.
“Marc, ich mag dich sehr, als du sagtest zwischen uns knistert es gewaltig, hattest du recht, das spüre ich natürlich auch. Ich habe dir das erzählt, damit du verstehst, warum es mir so schwer fällt zu vertrauen. Ich arbeite an mir, aber ich brauche Zeit.”
Marc drehte sich so das er vor ihr stand. Mit den Händen wischte er die Tränen fort, ganz sanft küsste er sie auf den Mund.
“Ich danke dir dafür, dass du mir davon erzählt hast. Ich weiß nicht recht was ich sagen soll, was du da erleben musstest ist grauenvoll und ich kann mir nicht vorstellen, was in dir vorging und immer noch vorgeht.” er zuckte ein wenig hilflos mit den Schultern. “Aber was ich dir sagen kann ist, dass ich echte Gefühle für dich habe, ich habe mich auf den ersten Blick in dich verliebt und glaub mir, ich gebe dir alle Zeit die du brauchst.” er zog sie in seine Arme, für sie da sein, das war so ziemlich alles was er momentan tun konnte.
“Danke Marc.” Renee schmiegte sich an ihn, sie war froh, dass es endlich raus war und sie war dankbar über seine Reaktion. Sie hatte Angst gehabt, ihn damit von sich weg zu treiben, da ihm das vielleicht einfach zuviel wäre, oder er vielleicht sogar ekel empfinden könnte.
Hatte er gerad gesagt er wäre in sie verliebt? Trotz allem musste sie lächeln, vielleicht würde ja doch alles gut werden.
Sie legte ihre Arme um seine Taille und drückte sich an ihn. Sie war sich seiner Nähe durch und durch bewusst und es war nicht beängstigend, sondern im Gegenteil, es fühlte sich gut an. Sie spürte seine Hände auf ihrem Rücken und seine Lippen auf ihrem Haar.
“Marc?” sagte sie leise.
“Hm?” raunte er. Sie hob ihren Kopf und sah ihn an.
“Du bist in mich verliebt?” fragte sie lächelnd.
“Himmel ja! Du hast ja keine Ahnung was du mit mir machst.” Renee musste leise lachen, als sie die leichte Verzweiflung in seiner Stimme hörte. Sie legte ihre Hände in seinen Nacken und zog ihn zu sich. “Mir geht es genauso.” sagte sie fast unhörbar. Einen kleinen Moment schauten sie sich in die Augen, bevor Marcs Lippen die ihren verschlossen. Er küsste sie sanft und ruhig, seine Zunge fand vorsichtig den Weg in ihren Mund und Renee seufzte lustvoll auf.
Sie löste sich ein wenig von ihm und griff nach seiner Hand.
“Komm.” sagte sie leise und zog ihn mit ins Haus. Als sie in ihrem Schlafzimmer standen, sah Marc sie fragend an. Sie sah die unausgesprochene Frage in seinen Augen, aber anstatt zu antworten, öffnete sie den Reißverschluß ihres Kleides und ließ es zu Boden fallen, sie öffnete ihren schwarzen, trägerlosen BH und ließ auch diesen achtlos hinunter fallen. Marc sah sie einen Moment nur an, dann begann er sein Hemd aufzuknöpfen, als es ebenfalls am Boden lag, stieg er aus seiner Hose. Keiner sprach ein Wort, aber sie brauchten keine Worte, ihre Augen sagten alles was gesagt werden musste. Renee legte sachte die Hand auf seinen Oberkörper, sie spürte wie sich seine Muskeln anspannten, seine Haut war so warm. Marc legte einen Arm um sie und zog sie nah zu sich, seine Hand griff in ihre langen blonden Haare und er drückte ihren Kopf zu sich, um sie wild zu küssen, sie spürte wie sich ihre Brüste an seinen Oberkörper drückten und sie stöhnte auf, Marcs Hand strich über ihren Rücken, er presste sie stärker an sich, so dass sie seine Erregung deutlich spüren konnte. Ein stöhnen entfuhr ihm. Renee ging ein paar Schritte zurück und ließ sich auf ihr Bett gleiten, sie streckte ihre Arme nach ihm aus und sofort war er bei ihr. Seine Hände und sein Mund gingen auf Wanderschaft und erkundeten ihren Körper, er streifte ihr den Slip ab
und betrachtete sie eine Weile.
“Du bist so wunderschön Renee.” raunte er leise. Sie lächelte ihn an, sie erhob sich etwas und drückte ihn in die Kissen, so dass er vor ihr lag.
“Jetzt bin ich dran…” murmelte sie, sie zog ihm seine Boxershorts aus und betrachtete ihn eine Weile, sie lächelte ihn an, bevor sie sich zu ihm hinunter beugte und begann ihn ausgiebig zu verwöhnen.
Marc stöhnte auf, er griff einen Moment später unter ihre Arme und zog sie zu sich hoch.
“Du Wahnsinnige…” er lächelte sie an, bevor er sie wieder stürmisch küsste.
“Ich will dich so sehr.” murmelte er zwischen zwei Küssen. Renee drückte ihn ein kleines Stück von sich.
“Hast du... “ sie räusperte sich, “ich bin nicht auf sowas vorbereitet…” ein wenig hilflos sah sie ihn an. Er lachte leise.
“Ich glaub, ich hab noch ein Kondom in meiner Brieftasche.” er erhob sich und wühlte in seinen Taschen, erleichtert seufzte er auf, als er fand wonach er suchte.
Sofort war er wieder bei ihr, Er strich ihr über die Wange und sah sie an.
“Und du bist dir sicher das du das willst?”
“Ganz sicher.” nickte sie.

Renee wurde wach und das erste was sie spürte waren Marcs Arme, die sie eng umschlungen hielten. Sie lächelte als sie an die letzte Nacht dachte, es war wunderschön gewesen, sie hatte keinerlei Angst verspürt, keinerlei Zweifel, einfach nur Leidenschaft und Lust. Sie hatten sich Zeit gelassen, gegenseitig ihre Körper erkundet, er hatte sie in seinen Armen gehalten, als würde er sie nie wieder loslassen wollen und sie hatten sich geliebt, waren eins geworden. Sie seufzte wohlig.
“Guten Morgen!” hörte sie seine leise Stimme an ihrem Ohr Sie drehte den Kopf in seine Richtung.
“Guten Morgen!” lächelte sie ihn an.
“Wie geht es dir? Wie fühlst du dich?” fragte er und sah sie besorgt an. Renee musste lachen.
“Keine Sorge… mir geht es gut.” antwortete sie und kuschelte sich enger an ihn. “Sehr gut sogar.”
Erleichtert seufzte er und gab ihr einen Kuß auf die Stirn. “Ich geb dich nicht mehr her.” flüsterte er in ihr OHr. Renee lächelte.
“Das wirst du leider müssen… ich muss nämlich mal wieder arbeiten gehen, Nick hat so viele Schichten für mich übernommen, ich muss mich langsam mal wieder blicken lassen.” sie zwinkerte ihm zu und löste sich aus seinen Armen.
“Ich geh jetzt duschen. Kommst du mit.” frech grinste sie ihn an.
“Das lass ich mir nicht zweimal sagen.” antwortete er lachend.

“Nick!” Renee öffnete die Tür zum Vorführraum, wo sie Nick, in die Wartung der Projektoren vertieft vorfand.
“Da bist du ja. Ich hab dich schon überalle gesucht.” sie brannte darauf ihm alles zu erzählen. Sie fühlte sich glücklich und ausgelassen, sie hatte ein Dauergrinsen im Gesicht und wollte am liebsten die Welt umarmen.
“Nun hast du mich gefunden.” brummelte Nick, ohne sie anzusehen, “Was gibt es denn?” fragte er abwesend.
Renees Lächeln gefror als sie seinen kalten Tonfall vernahm.
“Ist schon gut, “ sagte sie schnell, “war nicht so wichtig.” sie drehte sich um und wollte den Raum verlassen. Nick seufzte und hob den Kopf.
“Ich seh doch das du gleich platzt, also was möchtest du los werden?” gezwungen lächelte er sie an.
Renee ging auf ihn zu und nahm ihn in den Arm, sie spürte wie er sich versteifte bei ihrer Berührung und irritiert ließ sie wieder von ihm ab.
“Naja… “ begann sie zögernd, “Ich hab ihm gestern alles erzählt und er hat es sehr gut aufgenommen und dann… dann hat er die Nacht bei mir verbracht.” sie spürte wie sie rot wurde, musste aber schon wieder glücklich lächeln, bei dem Gedanken an die letzte Nacht.
“Das freut mich für dich. Wurde auch Zeit.” er zwinkerte ihr zu und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.
“Nick? Was ist denn los?”
“Hm? Nichts, ich hab nur gerade zu tun.”
“Okay.” sagte sie leise und enttäuscht, “Dann lasse ich dich mal weiter arbeiten.” Leise schloss sie hinter sich die Tür.
Nick atmete tief aus, er fühlte sich als hätte ihm jemand mit der Faust in den Magen geboxt. Er drehte sich um schlug mit einem frustrierten Aufschrei gegen die Wand. Warum hatte er nur nicht früher gemerkt was mit ihm los war. Wann war aus Freundschaft Liebe geworden? Er merkte es erst jetzt, wo es zu spät war. Die halbe Nacht hatte er wach gelegen und versucht diese diffusen Gefühle zu identifizieren, die ihn plötzlich quälten. Der Gedanke, dass sie bei ihm war, hatte ihn fast verrückt gemacht vor Eifersucht. Er wusste nicht ob er es schaffen würde ihr einfach nur ein Freund zu sein und seine wahren Gefühle zu unterdrücken.

Einige Wochen waren vergangen. Renee fühlte sich fantastisch, jede freie Minute verbrachte sie mit Marc, er las ihr jeden Wunsch von den Augen ab. Sie waren sehr glücklich, sie konnten miteinander reden, lachen, aber auch schweigen. Marc zeigte ihr die Stadt, sie besuchten Museen und Kirchen, sahen sich Filme an, aßen bei ihrem Lieblingsitaliener und machten lange Spaziergänge, sie diskutierten über Gott und die Welt und sie liebten sich immer wieder leidenschaftlich. Renee genoß jede Sekunde mit Marc.
Was ihr allerdings kopfzerbrechen bereitete war das Nick sich immer weiter von ihr entfernte, sie vermisste ihren besten Freund, die Gespräche, sein Lachen, seine Wärme, einfach alles. Er redete nicht mit ihr über das was ihn bedrückte und das machte sie traurig, er weigerte sich ihr zu sagen was mit ihm los war und das belastete sie sehr, er war immer für sie da gewesen in ihrer schwersten Zeit, sie wollte nun auch gern für ihn da sein, doch er ließ sie einfach nicht mehr an sich ran.
Heute hatte sie allerdings keine Zeit sich darüber Gedanken zu machen. Heute fand eine Filmpremiere in ihrem Kino statt, es war zwar nur eine Kleine, kein Hollywood-Blockbuster, sondern eine Produktion aus England, doch einige der Hauptdarsteller würden erscheinen, sowie die Presse und alles was in der Stadt Rang und Namen hatte. Dementsprechend nervös war sie. Renee lief bestimmt zum hundertsten Mal in den Projektionsraum und überprüfte ob der Film ordentlich eingelegt war und alles ordnungsgemäß funktionierte. Nick stemmte die Hände in die Hüfte und sah sie wütend and.
“Das ist mein Hoheitsgebiet!” schimpfte er, “Ich hab hier alles im Griff! Jetzt beruhig dich doch mal wieder, es wird schon alles gut gehen.”
“Okay, entschuldige. Ich bin nur etwas nervös.” beschwichtigend hob sie die Hände.
“Renee!” rief Anne von unten, sie verstaute mit drei anderen Mitarbeiterinnen die gelieferten Getränke.
“Ja?” rief Renee, sie machte kehrt und lief die Treppen hinunter ins Foyer.
“Wir haben keinen Champagner geliefert bekommen.” sagte Anne, als Renee vor ihr stand.
“Oh nein!” Renee hatte das Gefühl kurz vor eine Ohnmacht zu stehen, dies war ihre Bewährungsprobe, heute durfte nichts schief gehen.
“Ich fahr los und besorge welchen aus dem Großmarkt.” bot Nick sich an, der hinter ihr aufgetaucht war.
“Danke.” erleichtert lächelte sie ihn an. Nick versuchte ebenfalls ein Lächeln, doch es gelang ihm nicht. Er ertrug ihre Nähe nicht mehr, seine Gefühle für sie hatten überhand genommen und er versuchte so gut es ging, ihr aus dem Weg zu gehen. Er merkte, wie sehr er sie verletzte, mit seinem Rückzug, doch er hatte keine andere Wahl.

Nick stand gelangweilt im Türrahmen. Renee hatte ihn angewiesen einen Anzug zu tragen und er kam sich wie ein Clown darin vor. Renee hingegen sah wunderschön aus in dem dunkelgrünen, schulterfreien Abendkleid, ihre blonden Locken fielen auf ihre Schultern und ihre Augen leuchteten. Er seufzte als er sah, wie Marc hinter sie trat und seine Hände besitzergreifend auf ihre Schultern legte.
Renee nippte an ihrem Champagner und lächelte zufrieden. Der Abend war ein voller Erfolg, sie kassierte sehr viel Lob und ihre Chefs waren mit der Organisation der Veranstaltung mehr als zufrieden. Sie war gerade in ein Gespräch mit dem Regisseur des Films, sowie einem Darsteller vertieft, als sie aus dem Augenwinkel eine wunderschöne Frau bemerkte, die zielstrebig auf sie zusteuerte. Sie bemerkte wie Marcs Hände, die auf ihren Schultern lagen sich verkrampften, als auch er sie bemerkte, verwirrt sah sie ihn an, doch Marcs Blick galt dieser Frau. Sie war groß, sehr schlank und hatte lange braune Haare, die ihr bis zur Taille reichten. Sie hatte ein Gesicht, wie gemalt und war eine der schönsten Frauen, die Renee jemals gesehen hatte. Ein ungutes Gefühl beschlich sie.
“Hallo Marc.” begrüßte sie ihn und legte vertraut eine Hand auf seinen Arm, während sie ihm einen Kuß auf die Wange gab.
“Sue.” erwiderte er lahm.
“Willst du mich deiner Begleiterin nicht vorstellen?” Sie lächelte Renee an, doch Renee sah keine Wärme in diesem Lächeln und sie zuckte leicht zurück. Marc versteifte sich und sie bemerkte wie unwohl er sich fühlte.
“Marc! Du bist doch sonst nicht so unhöflich.” als Marc immer noch nichts sagte, streckte sie Renee ihre Hand entgegen.
“Ich bin Sue, Marcs Frau.” stellte sie sich vor. Renee griff wie in zeitlupe ihre Hand, sie hatte das Gefühl ihre Knie würden jeden Moment unter ihr nachgeben. Ihr wurde schwarz vor Augen. Sie war seine… was? Seine Frau? Wie war das möglich? Renee wurde übel, sie musste sofort hier raus. Marc stand immer noch da und sagte gar nichts.
“Ich werde uns nochmal mit Getränken versorgen.” brachte sie leise raus. Sie drehte sich um und ging mit steifem Schritt aus dem Saal. Im vorbeigehen drückte sie Nick ihr Sektglas in die Hand.
“Ich muss hier raus.” wisperte sie ihm zu. Nick schaute ihr verdutzt hinterher, als sie aus dem Hinterausgang verschwand. Er sah wieder zu Marc und sah wie diese Frau vertraut ihre Hand auf seinem Arm liegen hatte und sich lachend unterhielt. Nick runzelte die Stirn, ihm war klar das etwas vorgefallen sein musste. Er stellte die Gläser auf den Tresen und lief Renee hinterher.
“Renee!” rief er. Er ahnte wo sie war. Es gab einen kleinen Park hinter dem Kino. Nick wusste das Renee hier ab und zu herkam, wenn sie allein sein wollte und er hatte Recht, dort saß sie auf einer Parkbank und starrte in die Nacht.
“Ist alles in Ordnung mit dir?” er setzte sich unaufgefordert neben sie. Renee schüttelte den Kopf. Sie sah ihn an.
“Nein, ich glaube nicht! Nichts ist mehr in Ordnung!” sagte sie leise.
“Was ist denn passiert?” hakte er nach. Renee wollte sich in seine Arme fallen lassen, doch sie merkte wie er bei ihrer Berührung ein Stück von ihr abrückte und sie setzte sich wieder aufrecht hin.
“Das frage ich mich seit Wochen Nick! Was ist passiert? Du warst mein bester Freund, mein engster Vertrauter, warum hat sich das geändert? Hab ich etwas getan? Hab ich dich verärgert? Ich vermisse dich so!” hilflos sah sie ihn an. Nick seufzte. Er konnte ihr auf keinen Fall sagen was er für sie empfand, das würde alles nur noch schlimmer machen.
“Es tut mir leid Renee.” mehr sagte er daher nicht. Einen Augenblick saßen sie schweigend nebeneinander.
“Er ist verheiratet…” brachte sie dann leise raus.
“Wer? Marc?” verwundert sah er sie an. Renee nickte nur und nun begannen die Tränen zu fließen.
“Ich war so dumm, wieder einem Mann zu vertrauen.” schluchzte sie leise.
“Renee, das kann ich einfach nicht glauben, bestimmt gibt es eine vernünftige Erklärung dafür.” aufmunternd sah er sie an, doch Renee schüttelte den Kopf.
“Ich denke nicht.” traurig sah sie ihn an. Nick seufzte, er konnte sie einfach nicht so traurig sehen, sie tat ihm furchtbar leid. Mühsam hatte sie wieder vertrauen aufgebaut und er hatte sie noch ermutigt es zu versuchen und nun wurde sie wieder enttäuscht. Entgegen aller guten Vorsätze legte er seinen Arm um sie und Renee ließ sich dankbar gegen seine Schulter sinken. Er streichelte über ihr Haar und ließ sie weinen. Seine Hände wanderten über ihre Schultern und ihre Arme. Ihre Haut fühlte sich so gut an, so weich und warm. Er schloß die Augen und musste schlucken. Er rückte ein kleines Stück von ihr weg und legte seine Hände auf ihre Wangen. Renee schaute ihn verdutzt an.
“Es tut mir leid Renee.” murmelte er leise, bevor er sie sanft küsste. Renee war so überrascht, das sie erst gar nicht reagieren konnte. Als er sie fester an sich zog, wurde ihr klar was gerade passiert war. Sie presste ihr Hände gegen seine Schultern und schob ihn von sich.
“Nick was tust du da?” entsetzt sah sie ihn an. Plötzlich wurde ihr alles klar, warum Nick sich von ihr immer weiter entfernte, sie hatte es nicht bemerkt. Wann war das passiert, sie waren doch Freunde. Sie sprang auf und ging ein Stück von ihm weg.
“Renee, es tut mir leid. Ich wollte nicht dass das passiert, aber ich kann nichts gegen meine Gefühle tun.” jetzt war er froh, dass es raus war. Er wusste, dass sie seine Gefühle nicht erwiderte, aber es war wie eine Befreiung, er würde sich nicht mehr verstecken müssen.
Renee drehte sich um und lief einfach ohne ein weiteres Wort zurück, das war zuviel für sie. Sie hatte an nur einem Abend die beiden wichtigsten Menschen in ihrem Leben verloren. Beklommen betrat sie den Kinosaal, inzwischen hatte dieser sich merklich geleert, die meisten Besucher waren gegangen, auch Marc war nicht zu sehen. Er war sicherlich mit seiner Frau Heim gefahren. Renee fröstelte, sie versuchte zu lächeln und kümmerte sich um die letzten Gäste.
“Soll ich noch bleiben?” fragte Anne, als sie allein waren.
“Nein danke Anne, ich werde nachher abschließen, du kannst Feierabend machen. Ich danke dir für deine Hilfe.”
“Okay. Schlaf gut Renee.” Anne verließ das Kino und sie war allein. Sie ließ sich in einen der Kinosessel fallen und weinte hemmungslos. Warum passierte ihr das nur? Warum verliebte sie sich in den falschen Mann und warum verliebte der falsche Mann sich in sie.
Irgendwann schlief sie erschöpft ein.
“Hey!” Renee wurde wach als sie eine Hand an ihrer Schulter spürte, die sie leicht schüttelte. Es war Rob, einer der Filmvorführer.
“Ohje, ich bin wohl eingeschlafen. Wie spät ist es?” fragte sie und streckte sich, ihr Nacken schmerzte von der ungemütlichen Sitzhaltung.
“Es ist bereits Vormittag” sagte Rob.
“Was machst du überhaupt hier?” fragte Renee ihn, “du hast doch erst heute Abend Dienst. Wo ist Nick?”
“Nick hat mich angerufen, er ist krank und kommt heut nicht, ich mach heute Doppelschicht.”
“Oh.” mehr sagte sie nicht, sie wusste das Nick nicht krank war, er wollte ihr aus dem Weg gehen.
“Okay, ich werde erstmal nach Hause fahren um mich umzuziehen.” sie sah an sich herunter, immer noch trug sie ihr Abendkleid. Ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen, bei dem Gedanken an den letzten Abend.

Zuhause angekommen sah sie auf ihr Handy, keine Anrufe und auch sonst keinerlei Nachrichten. Marc hatte nicht mal versucht sie zu erreichen. Schon wieder stiegen Tränen in ihr auf. Sie ging unter die Dusche, es tat gut wie das heiße Wasser auf ihre Haut prasselte. Sie wollte am liebsten den ganzen Kummer abwaschen, doch das war nicht so einfach.
Doch eins wusste sie, sie würde dieses Mal nicht davon laufen. Sie liebte diese Stadt und ihren Job, sie hatte liebe Freunde gefunden und das würde sie nicht aufgeben, für niemanden.
Sie schlüpfte in ihren Bademantel und kochte sich erstmal einen starken Kaffee, gerade als sie sich mit dem Kaffeebecher in der Hand aufs Sofa setzen wollte klingelte es Sturm an der Haustür. Sie hielt mitten in der Bewegung inne. Renee sah vorsichtig durchs Fenster, sie zuckte zusammen als sie Marcs Auto vorm Haus stehen sah. Was wollte er noch von ihr? Die Wunde noch mehr aufreissen? Sie wollte ihn nicht sehen und so ignorierte sie das Klingeln, doch Marc war hartnäckig. Er klopfte energisch gegen die Tür.
“Renee mach auf! Ich weiß das du da bist! Ich muss mit dir reden!” rief er.
Sie seufzte und öffnete widerwillig die Haustür und Marc stand mit einem riesigen Strauß Rosen vor ihr.
“Was willst du noch?” fuhr sie in unwirsch an.
“Ich muss mit dir reden… Bitte!” sie sah ihm an wie unglücklich sie war. Sie seufzte nochmal und ließ ihn eintreten.
Er hielt ihr die Blumen entgegen “Für dich.” sagte er kleinlaut.
Renee verschränkte die Arme vor der Brust.
“Was willst du?” fragte sie nochmal und ignorierte die Blumen. Marc ließ resigniert den Strauß sinken.
“Renee, es ist nicht wie du denkst…” begann er.
“Woher weißt du was ich denke? Du bist verheiratet und hast mir diese kleine Nebensächlichkeit verschwiegen. Was war ich für dich? Ein kleines Spielzeug für zwischendurch?” fuhr sie ihn wütend an.
“So ist es nicht! Laß es mich erklären!” bat er sie.
“Nein Marc. Es ist vorbei. Bitte geh!” sie kehrte ihm den Rücken zu, sie wollte nicht das er ihre Tränen sah.
“Ja, es scheint so einfach oder?” sagte er leise. Renee zuckte zusammen als sie Haustür ins Schloß krachen hörte, kurz darauf hörte sie ihn mit quietschenden Reifen davon fahren.

Eine Woche war vergangen, Renee saß an ihrem Schreibtisch. Marc hatte täglich mehrfach versucht sie zu erreichen, doch Renee wollte sich auf keine Gespräche und Erklärungsversuche einlassen, zu was sollte das führen? Sie versuchte sich ganz auf ihre Arbeit zu konzentrieren, sie liebte ihren Job und sie hatte immer Halt in ihrer Arbeit gefunden. Sie verbrachte jeden Tag von morgens bis spät abends im Kino, sie übernahm Nicks Aufgaben, der sich seit über einer Woche krank gemeldet hatte, nur zum schlafen und duschen fuhr sie Heim. Sie weinte sich nachts in den Schlaf. Marc fehlte ihr so sehr, sein Lachen, seine Berührungen, sein Geruch, einfach alles. Die Vorstellung, dass er jetzt wieder mit seiner Frau zusammen war, versetzte ihr immer wieder einen schmerzvollen Stich im Herzen. Sie seufzte, straffte die Schultern und versuchte sich wieder auf die Dienstpläne zu konzentrieren, als es an ihrer Bürotür klopfte.
“Ja bitte.” sagte sie ohne aufzusehen, sie hörte wie die Tür sich öffnete.
“Was gibt’s denn?” fragte sie, doch sie bekam keine Antwort, leicht genervt drehte sie sich um.
Nick streckte den Kopf zur Tür herein.
“Nick!” rief Renee erfreut. Es war das erstemal seit Tagen, dass sie ihn zu Gesicht bekam.
Sie vermisste ihn schrecklich, obwohl sie genau wusste das es nie mehr so werden konnte, hoffte sie doch das sie es schaffen konnten Freunde zu bleiben, sie wollte ihn nicht verlieren.
Renee musste schlucken als sie ihn ansah, er war unrasiert, die Haare waren ungekämmt und standen wirr in alle Richtungen ab, seine Kleidung war zerknittert, als hätte er tagelang darin geschlafen und er roch deutlich nach Alkohol.
“Hey.” sagte er leise, “Darf ich reinkommen?”
“Natürlich.” Renee hatte Angst vor dem was er ihr zu sagen hatte, doch sie wusste das ein klärendes Gespräch nötig war. Nick öffnete die Bürotür ganz und trat ein, er blieb allerdings direkt hinter der Tür stehen. Renee erhob sich und machte ein paar Schritte auf ihn zu, doch Nick hob abwehrend die Hände. Resigniert blieb sie stehen.
“Ich bin nur hier, um dir meine Kündigung zu geben.” er hielt ihr einen Briefumschlag entgegen. Renee zuckte zusammen, sie hatte damit gerechnet, dass er erstmal Urlaub nehmen würde, oder seine Schichten so legen wollte, das sie sich nicht über den Weg liefen, aber kündigen? Sie schüttelte entgeistert den Kopf.
“Das werde ich nicht akzeptieren!” sie machte noch ein paar Schritte auf ihn zu. “Nick… bitte! Das ist doch nicht nötig, wir werden eine Lösung finden! Ich brauche dich hier doch. Du bist mein bester Mitarbeiter, keiner kommt so gut mit den Projektoren zurecht wie du, ich bin auf dich angewiesen. Bitte tu das nicht!” Flehend streckte sie eine Hand nach ihm aus, doch er schüttelte nur den Kopf.
“Ich kann das nicht mehr Renee! Ich mache mir selbst etwas vor. Wir können keine Freunde mehr sein, wir können auch die Zeit nicht mehr zurück drehen, was passiert ist, ist passiert. Ich ertrage dich nicht mehr um mich!”
Ihr schossen Tränen in die Augen bei seinen Worten.
“Nick, das meinst du doch nicht so… “ setzte sie an, doch er unterbrach sie sofort.
“Doch! Das meine ich genauso wie ich es sage! Ich denke es ist besser, wenn wir uns nicht mehr wieder sehen!” Er trat einen Schritt vor und legte die Kündigung auf ihren Schreibtisch.
“Alles Gute Renee!” mit diesen Worten drehte er sich um und verließ ihr Büro.
Kraftlos sank sie in ihren Stuhl. Sie vergrub das Gesicht in ihren Händen, wo sollte das noch hinführen? Alles um sie herum brach auseinander, sie konnte und wollte das nicht einfach so hinnehmen. Es war schon schlimm genug, dass ihre Beziehung zu Marc am Ende war, da wollte sie wenigstens die Freundschaft zu Nick retten, zumindest soweit das irgendwie möglich war.

Einige Stunden später stand sie vor Nicks Appartementtür und läutete, sie wusste das er daheim war und so ließ sie sich nicht abwimmeln. Nick versuchte das Läuten zu ignorieren, doch Renee blieb hartnäckig. Irgendwann wurde die Tür aufgerissen.
“Herrgott Renee, hab ich mich denn nicht klar genug ausgedrückt?! Ich will dich nicht sehen und es gibt auch nichts mehr zu reden.”
“Und wie ich dir bereits gesagt habe, werde ich das so nicht akzeptieren.” sie drückte sich an ihm vorbei und betrat unaufgefordert seine Wohnung. Nick schloß sichtlich genervt die Tür.
“Was willst du denn noch?” fragte er sie. Renee sah ihn herausfordernd an.
“Ich will meinen besten Freund zurück!” sagte sie dann. Nick senkte den Blick.
“Das geht nicht Renee. Ich kann meine Gefühle für dich nicht einfach ausschalten, sie sind da und sie sind immer intensiver geworden. Ich ertrag es nicht mit dir zusammen zu sein, immer in dem Wissen, das wir nie mehr als Freunde sein werden.”
“Ich weiß.” antwortete sie leise, “Und ich ertrag es nicht dich zu verlieren. Ich brauche dich doch. Laß es uns versuchen, wir können unsere Schichten erstmal so legen, das wir uns nicht über den Weg laufen. Ich tue alles was nötig ist, aber bitte geh nicht weg.” Renee kämpfte mit den Tränen, sie machte einen schritt auf ihn zu und legte vorsichtig eine Hand auf seine Schulter.
“Ich bitte dich!” sagte sie nochmal eindringlich. Nick seufzte tief.
“Warum machst du es mir so schwer?” er fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare, seufzte noch einmal tief und zog sie in seine Arme.
“Ich weiß nicht ob ich das schaffe und ich hab keine Ahnung wie das funktionieren soll, aber ich versuche es.” Er vergrub sein Gesicht in ihrem Haar und sie spürte seine Tränen.
“Ich danke dir.” sagte sie leise. Sie erwiderte seine Umarmung und ließ ihn weinen.
So standen sie eine ganze Weile schweigend.

“Renee!” rief Anne vom Tresen.
“Ich bin im Büro!” rief Renee zurück. Anne öffnete langsam die Tür.
“Er hat schon wieder Blumen geschickt!” Anne kam herein und hielt einen riesigen Strauß bunter Blumen in der Hand. Renee schluckte schwer. Marc gab sich wirklich alle Mühe, doch sie ignorierte ihn weiterhin. Es gab nichts mehr zu bereden, er war verheiratet und sie war nicht bereit, seine Affäre, Geliebte, oder sonstwas in der Richtung zu sein. Er hatte ihr versprochen ihr nicht weh zu tun, doch er hatte es getan, sie hatte die Gefühle Oberhand gewinnen lassen und was war dabei rausgekommen? Kummer und Schmerz. Die Wunden die er ihr zugefügt hatte, waren nicht körperlich, so wie es bei Julian der Fall war, doch ihr Herz war gebrochen und der Schmerz war fast noch schlimmer, denn sie hatte Marc geliebt. Wie konnte sie ihm einen solchen vertrauensbruch verzeihen? Wenn er glaubte, mit ein paar Blumen sei alles vergeben und vergessen, hatte er sich getäuscht!
“Renee…!” sie schrak auf, “Wohin mit den Blumen?” fragte Anne.
“Dahin wo die anderen auch sind!” sagte sie, ihre Stimme klang kalt, doch sie kämpfte mit den Tränen.
“Renee, die armen Blumen.” begann Anne vorsichtig
“Nimm sie meinetwegen mit Heim, aber schaff sie mir aus den Augen!” erwiderte sie schroff
“Es ist eine Karte dabei.” versuchte Anne es nochmal.
“Die kannst du gleich mit entsorgen.”
Anne seufzte, aber sie merkte an Renees Tonfall das jede weitere Diskussion zwecklos war und so verließ sie resigniert das Büro.
Renee wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel, sie wollte nicht mehr weinen, sie hatte genug Tränen vergossen in den letzten Tagen, es war Zeit wieder nach vorn zu blicken. Sie hatte ihre Arbeit und Nick und sie waren dabei sich ganz vorsichtig wieder anzunähern, das musste eben reichen. Doch sie wusste, dass es eben nicht genug war, sie liebte Marc, das ließ sich nicht so einfach abschalten.

Renee ging nach vorn um die monatliche Inventur durchzuführen, dort sah sie Nick mit Anne am Tresen stehen. Die zwei lachten zusammen und sie bemerkte wie Anne immer wieder die Hand auf Nicks Arm legte. Renee musste lächeln, als sie die zwei beobachtete. Seufzend zog sie ein paar Schubladen auf, sie es hasste es Popcorntüten zu zählen, aber auch solche unliebsamen Aufgaben gehörten zu ihrem Job.
“Renee…” vernahm sie eine Stimme, sie zuckte zusammen. Langsam erhob sie sich.
“Marc!” sie schluckte schwer. Er hatte ständig versucht, sie auf alle möglichen Arten zu erreichen, doch die Dreistigkeit sie bei der Arbeit aufzusuchen hatte er bisher noch nicht gehabt.
“Ich muss endlich mit dir reden… bitte!” sagte er leise. Er sah grauenvoll aus, als hätte er tagelang nicht geduscht, oder geschlafen, doch Renee ließ sich davon weder beirren noch beeindrucken.
“Es gibt nichts mehr zu reden.” war ihre knappe Antwort, sie drehte sich um und ließ ihn einfach stehen.
“Renee bitte… !” hörte sie ihn noch flehend rufen, doch da war sie schon in ihrem Büro verschwunden, zitternd lehnte sie an der geschlossenen Tür, die Tränen liefen ihre Wangen hinab. Am liebsten wäre sie zu ihm gelaufen, hätte ihn umarmt und alles vergeben und vergessen, doch sie konnte sich beherrschen. Er hatte sie einmal belogen und er würde es wahrscheinlich wieder tun, dieses Risiko würde sie nicht eingehen.
Sie zuckte zusammen als es an ihrer Tür klopfte.
“Was ist?” rief sie unwirsch und unter Tränen.
“Ich bins.” sagte Nick. Renee wischte sich die Tränen mit dem Handrücken fort und öffnete.
“Was gibt’s?” fragte sie ihn. Nick sah natürlich sofort das sie geweint hatte.
“Meinst du nicht, das du ihm wenigstens die Chance zum Erklären geben solltest?”
“Was gibt es da zu erklären? Er ist verheiratet und er hat es mir nicht gesagt.” hilflos zuckte sie mit den Schultern.
“Du solltest mit ihm reden, glaub mir! Er sitzt hinten im Park und wartet auf dich. Hör ihn einfach an. Ich bitte dich!” Nick nahm ihre Hand. Renee wusste wieviel Kraft es Nick kosten musste, sie zu überzeugen sich mit Marc auszusprechen, daher willigte sie zähneknirschend ein. Sie zog ihren Mantel über und verließ das Kino durch den Hinterausgang.

Marc sah sie schon von weitem kommen. Er hätte es nicht für möglich gehalten, dass Nick sie überzeugen konnte tatsächlich mit ihm zu reden. Sie sah so wunderschön aus, wie sie da auf ihn zukam, der Wind zerrte an ihren blonden Locken und als sie ihn erblickte sah er, dass ihre Wangen glühten und ihre Augen blitzten.
Marc seufzte, es gab eine einfache Erklärung für alles, doch er wollte es ihr weder auf den Anrufbeantworter sprechen, noch einen Brief schreiben, den sie wahrschein sowieso nicht gelesen hätte. Er wollte es ihr persönlich sagen. Er saß wie ein Häufchen Elend auf der Parkbank und schwankte zwischen Hoffnung und Verzweiflung.
Renee musste schlucken, als sie ihn dort auf der Bank sitzen sah, die Schultern eingesunken, der Blick traurig und leer und die Hände tief in den Taschen seiner Jeans vergraben. In ihrem Bauch flatterten plötzlich wieder hunderte Schmetterlinge und sie spürte wie sehr sie ihn immer noch liebte, doch sie schluckte tapfer diese Gefühle runter und sah ihn mit eisigem Blick an, als sie vor ihm stand.
“Renee!” Marc sprang auf und wollte sie umarmen doch sie wich vor ihm zurück.
“Sag was du zu sagen hast und dann verschwinde bitte aus meinem Leben!” sie verschränkte die Arme vor der Brust und Marc sah sie traurig an.
“Okay… Renee, es ist nicht so wie es an diesem Abend aussah. Sue und ich sind lange getrennt, die Scheidung ist längst eingereicht, ich warte nur noch auf die Papiere. Sie war jetzt einige Monate geschäftlich in Belgien und ich wusste nicht das sie zurück ist, deswegen war ich so überrascht. Ich hätte dir schon lange davon erzählen sollen, ich weiß das war ein Fehler, aber ich hatte Angst das du dann wieder zu machst, du warst so furchtbar ängstlich am Anfang und dann hab ich irgendwie den richtigen Moment verpasst, das war ein dummer Fehler und es tut mir sehr leid. Zwischen Sue und mir ist gar nichts mehr, ausser der Tatsache, dass sie immer wieder versucht mir das Leben schwer zu machen, was sie ja auch gerad geschafft hat.” er fuhr sich nervös durch die Haare. “Renee, ich liebe dich, du bist die Eine für mich! Bitte verzeih mir!” flehend sah er sie an.
In Renees Kopf drehte sich alles. Er lebte in Scheidung! Warum war sie auf sowas naheliegendes nicht selbst gekommen? Aber es änderte nichts an der Tatsache das er sie belogen hatte. Sie war total durcheinander, damit hatte sie nicht gerechnet.
“Du lebst in Scheidung?” fragte sie nochmal lahm.
“Ja und lieben tu ich nur dich!” hoffnungsvoll machte er einen Schritt auf sie zu. Renee hob jedoch abwehrend die Hand.
“Hättest du es einfach gesagt, dann hättest du uns beiden viel Leid erspart.” vorwurfsvoll blickte sie ihn an.
“Ich weiß und es tut mir wirklich unendlich leid. Bitte verzeih mir!”
Renee musste ihn nur ansehen um zu wissen das er die Wahrheit sagte, sie hätte ihm so gern vergeben, ihn umarmt und geküsst. sie sehnte sich nach ihm, verzehrte sich nach seinem Körper, sie wollte seine Lippen und seine Hände spüren, sich an ihn kuscheln, ihn riechen und anfassen. Sie wollte ihn mit jeder Faser ihres Körpers, doch sie konnte nicht, dafür war die Verletzung einfach zu tief.
“Ich… ich muss erstmal über alles nachdenken. Es tut mir leid.” sie machte auf dem Absatz kehrt und lief zurück.

“Hier bist du also.” Nick setzte sich neben sie auf einen Barhocker. Renee war in eine nahegelegene Bar gelaufen, sie brauchte jetzt erstmal einen Drink und sie trank bereits ihren zweiten Scotch, das es erst Mittag war, war ihr egal.
“Scotch?” fragte Nick überrascht.
“Zweites Frühstück.” konterte sie. Nick sah sie zweifelnd an, er wusste das Renee ausser Wein und Champagner keinen Alkohol trank und schon gar nicht um diese Uhrzeit.
“Also ist es nicht so gut gelaufen?” fragte er vorsichtig. Renee sah ihn wütend an und trank das Glas mit einem Schluck leer.
“Du wusstest es die ganze Zeit, nicht wahr? Ich habe fast den verstand verloren, vor lauter Kummer und du hättest es die ganze Zeit aufklären können… “
“Ich wusste es nicht die ganze Zeit.” verteidigte er sich. “Er hat es mir auch erst vorhin erzählt, weil du ja partout nicht mit ihm reden wolltest.” Nick nahm ihre Hand, diese Geste war ihr so vertraut, wie oft hatte er ihre Hand genommen und sie getröstet, dankbar lächelte sie ihn an.
“Okay, entschuldige. Ich bin nur total verwirrt… was soll ich denn jetzt tun?” fragend sah sie ihn an.
“Also ehrlich Renee! Wenn du das nicht selber weißt… du solltest ihm vergeben und das Ganze vergessen, ich finde du hast ihn lange genug leiden lassen.”
“Meinst du?” Renee schniefte, “Was ist wenn er mir noch mehr solcher Informationen verschwiegen hat?”
“Das wirst du nur herausbekommen, wenn du ihn fragst… nun gib dir nen Ruck!” munterte er sie auf. Es war schwer für ihn, sie zu überzeugen wieder zu Marc zurück zu gehen, aber er wusste auch, dass es nichts an ihren Gefühlen für ihn änderte, wenn sie sich endgültig von Marc trennen würde.
“Danke Nick! Wie so oft hätte ich nicht gewusst was ich ohne dich hätte tun sollen!” sie rutschte von ihrem Barhocker und umarmte ihn. Sie drückte ihr Gesicht an seine Schulter und er legte zögerlich seine Hände auf ihre Schultern. Sie rückte ein Stück von ihm weg.
“Entschuldige… ich… das war die Gewohnheit, ich wollte dir nicht zu Nahe kommen.” sie räusperte sich.
“Schon gut!” er lächelte sie an
“Da fällt mir was ein, “ grinste Renee ihn jetzt an, “was läuft da zwischen Anne und dir?”
Nick wurde rot und Renee musste leise lachen. “Erwischt!” sie knuffte ihn freundschaftlich in die Seite.
“Wir gehen am Wochenende aus.” sagte Nick und kratze sich verlegen am Kopf.
“Das finde ich wunderbar, ganz ehrlich! Ihr zwei passt gut zusammen!” Renee freute sich für ihn, niemand sonst hatte es so sehr verdient wie er.
“Okay, wir sollten langsam zurück an die Arbeit gehen, die Inventur wartet immer noch auf mich.” seufzte sie.

Als sie Feierabend hatte war es schon später Abend, es war dunkel und es goß in Strömen, doch sie bemerkte den Regen kaum. Sie hatte den ganzen Tag nachgedacht, sie hatte immer noch große Angst vor weiteren Verletzungen, aber sie wusste auch das sie Marc zu sehr liebte um ihn gehen zu lassen.
Sie bog in das Wohnviertel in dem er lebte und ging zu seinem Haus. Vor der Tür angekommen holte sie nochmal tief Luft, bevor sie läutete. Es dauerte eine Weile bevor die Tür geöffnet wurde. Marc stand, nur mit einer Jeans bekleidet vor ihr. In der Hand hielt er ein Glas Weinbrand. Erstaunt sah er sie an.
“Renee.” sagte er überrascht, aber erfreut.
“Darf ich reinkommen? Es ist nass hier draussen.” sagte sie mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.
“Was? Ja… ja natürlich, komm rein.” er war immer noch ein wenig sprachlos, denn damit hatte er nicht gerechnet.
Sie trat ein und schloss die Tür hinter sich. Renee blieb einfach an die Tür gelehnt stehen und sah ihn nur an, sie ließ ihren Mantel zu Boden gleiten und streckte die Hand nach ihm aus. Marc stellte seinen Drink auf die Kommode neben der Haustür und ergriff ihre ausgestreckte Hand. Wortlos zog sie ihn zu sich. Sie umarmte ihn stürmisch und presste sich an ihn.
“Du hast mir gefehlt.” murmelte sie noch, bevor ihre Lippen die seinen berührten, ihr Kuß war wild und voller Leidenschaft. Sie wollte jetzt nicht reden, keine Erklärungen, keine Entschuldigungen, sie wollte ihn einfach nur spüren. Marcs Atem ging schneller, seine Arme umschlangen sie, er erwiderte ihren Kuß genauso leidenschaftlich. Er stöhnte auf als ihre Zungen sich berührten und einen wilden Tanz vollführten. Renee schlang ihre Beine um seine Hüften und er presste sie gegen die Tür. Renee fuhr ihm mit den Händen durch die Haare und ihre Fingernägel krallten sich in seinen Rücken und sie bog sich ihm entgegen. Marc ließ von ihr ab, ungeduldig zerrte er an ihrer Kleidung, bis sie nur noch in ihrer Unterwäsche vor ihm stand. Schwer atmend sahen sie sich einen Moment lang nur an. Regenwasser tropfte aus Renees Haaren und hinterließ kleine Rinnsale auf ihren Schultern, doch sie bemerkte es kaum. Sie machte einen Schritt auf ihn zu und ihre Finger begannen den Veschluß seiner Jeans zu öffnen, als sie die Knöpfe geöffnet hatte zog sie die Hose herunter und kniete sich vor ihn, sie sah ihn an und beobachtete seinen Gesichtsausdruck, als sie auch seine Boxershorts langsam herunterzog. Sein Brustkorb hob und senkte sich schnell. Sie lächelte und begann ihn langsam zu verwöhnen. Marc stöhnte auf und krallte seine Hände in ihr Haar.
“Renee.” flüsterte er leise ihren Namen. Er umfasste ihr Gesicht und zog sie zu sich hoch.
“Nicht so schnell… “ sagte er leise, er streichelte ihre Wange. Renee lächelte und küsste ihn zärtlich, sie nahm seine Hand und zog ihn mit sich zu Boden. Marc streifte ihr den Slip ab. Sie griff nach seinen Handgelenken und drückte sie zu Boden. Sie rollte sich auf ihn, küsste ihn wild und setzte sich auf.
“Ich liebe dich.” seufzte sie noch, bevor sie eine Weile alles um sich herum vergaßen.

“Wow… was war denn das?” fragte er atemlos.
“Eine Entschuldigung.” antwortete sie leise. Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter, “Es tut mir leid, das ich dich nicht angehört habe.”
“Mir tut es leid, dass ich dir nicht gleich die ganze Wahrheit gesagt habe.”
“Gibt es noch mehr Sachen, die du mir nicht erzählt hast? Hast du Kinder?”
Er lachte leise. “Nein, da gibt es nichts weiter zu erzählen. Keine Geheimnisse mehr, versprochen!”
“Ich liebe dich Marc.” sie kuschelte sich an ihn.
“Und ich liebe dich Renee, ich werde dich nie wieder gehen lassen.”


© Kimsophie74


2 Lesern gefällt dieser Text.


Unregistrierter Besucher

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Renee / complete"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Renee / complete"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.