Sie hatte einen Neuen. Mit ihm ging sie an den See. Dort lag die Hälfte des Ortes bereits in der Wiese und erfreute sich an der Sonne und dem Wind. Mit ihm setzte sie sich auf die kleine Bank vor dem See. Küsste ihn leidenschaftlich. Minutenlang. Erste Badegäste begannen zu tuscheln. Er küsste auch leidenschaftlich. Er küsste anders als sein Vorgänger. Der See lag friedlich eingebettet in einem Waldgebiet, ab und zu war das Surren von Libellen zu hören. Irgendwann stand der Neue auf, streckte sich und sang mehrmals lautstark in die Menge: "I was made for loving her!" Dann ging er zu jedem einzelnen Badegast hin, stellte sich ausführlich vor und sagte am Schluss, dass er vorhabe, öfters mit seiner Liebsten an diesen See zu kommen, sie dürften in Zukunft mit ihm rechnen. Später stellte er sich der Frau des Ortsvorstehers vor, betonte dabei seine Integrationswilligkeit und versprach ihr, seine Liebste glücklich machen zu wollen. Das würde dann auf die Umgebung ausstrahlen und profitieren würde davon der ganze Ort. Auch lobte er die Infrastruktur des Ortes und den Dorfladen, in dem regelmässig einkaufen würde. Als er sich nach 3 Stunden bei allen Badegästen vorgestellt hatte, setzte er sich wieder auf die Bank vor dem See, weckte seine Liebste, die vor 1.5 Stunden eingeschlafen war, und begann sie vor den Augen der Badegäste, die ihren Oberkörper mittlerweile leicht angehoben hatten und sich mit den Ellbogen auf dem Badetuch abstützten, zärtlich zu küssen.


© René Oberholzer


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