Unser Frühstück artete ein wenig aus und dauerte unterm Strich ganze fünf Stunden und wenige Minuten, weshalb wir schließlich in den Innenraum umzogen, nachdem wir bereits den Versuch gewagt hatten, mit unseren Strickjacken der aufkommenden Kälte zu trotzen. Laurie hatte sich inzwischen spontan dazu gesellt:

„Ladies, was hat euch nur so lange hier gehalten? Ist Greg etwa da?“.

Laurie hatte zwar seit drei Jahren einen festen Freund, doch Greg hatte es ihr bereits angetan, als wir vor sieben Jahren das erste Mal durch diese Tür kamen. Und da sie Greg einfach unwiderstehlich findet, konnte sie nur ihn als Grund erkennen, wieso wir so lange nicht aus diesem Lokal hier kamen.

„Stimmt!“, sagte Stef, „Greg wollte doch am Nachmittag rein kommen, hieß es, ne Mäuschen!?“.
„Ja“, stimmte ich zu, “Das hat die Kleine heute morgen noch gesagt. Ob wir ihn wohl übersehen haben?“
„Ja, das kann sein, wir haben uns schwer verquatscht heute. Aber mir steckt das Wochenende eh noch so sehr in den Knochen und die Brieftasche ist gefüllt, also lasst uns bitte noch ein Weilchen hier bleiben. Laurie, Süße, setz dich und bestell dir was Leckeres.“
„Eine Flasche Rosé und drei Gläser bitte!“, rief L schwungvoll dem Bartender zu, der nickend die Bestellung annahm, „Also, was gab es am Wochenende?“, sagte sie und schaute uns dabei neugierig an.
„Nee L, bitte nicht, das haben wir Zwei schon alles durch. Eigentlich gibt es nichts Neues. Was gab es denn bei dir?“
„Ihr seid ja langweilig, für´s Schweigen habe ich jetzt aber keine Flasche Rosé bestellt, ne!?“, und schaute und prüfend an.
„Nein“, antwortete ich, „Du kannst ja reden, während wir artig zuhören. Du bist der Mittelpunkt der Talkshow mit dem Titel Gebt uns Wein und lauscht Laurie, und wir sind dein erlesenes Publikum.. Ok, ich bin schon still, aber gönne S und mir doch bitte 20 Minuten Schonfrist. Wie läuft es mit Alex?“
„Uff, wie soll es laufen. Gut. Alles beim Alten. Nichts Neues. Am Wochenende haben wir uns kaum gesehen, wir waren getrennt weg.“
„Was?“, ertönte es aus Stefs Mund, „Wie, getrennt weg?“
„Also bitte“, sagte ich zu ihr, „Nichts, worüber man sich aufregen sollte. Wo wart ihr denn?“

Laurie atmete tief aus und fing an, uns von dem Wochenende zu erzählen, dass sie getrennt von ihrem Alex verbracht hatte. Wegen L wollte ich ja nichts sagen, aber mich hatte diese Aussage genauso so sehr wie Stef verwundert, wobei ich aber auch an meine Aussage glauben wollte, dass wirklich nichts dabei ist. Ich dachte, eigentlich macht das eine moderne Beziehung auch aus, man muss ja nicht Susi und Strolch spielen und sich alles gleichzeitig teilen. Also versuchte ich, in Lauries Worten genau diese moderne Beziehung heraus zu hören:

„Ich war am Freitag mit Fotografieren beschäftigt, das Licht war gegen 18 Uhr aber auch perfekt.. Alex ist nicht mit, wollte lieber zu Hause bleiben und mit Kumpels was ausmachen. Am Samstag habe ich dann meine Fotos gesichtet und war ein wenig in der Stadt, wo ich auch kurz Meike getroffen habe.. Genau, liebe Grüße soll ich euch ausrichten, wir sollen uns mal melden wegen Salsa.. Aber weiter, Alex hat sich dann gegen den späten Nachmittag gemeldet und hörte sich gar nicht gut an, knülle verkatert der Arme, da wollte er einfach nur ein wenig sanft betüddelt werden und konnte am Telefon schon kaum normal reden, naja, also habe ich für Tim und mich gekocht und später haben wir noch `ne Flasche Roten aufgemacht und haben ganz gemütlich in der WG gechillt. So gegen 1Uhr bekam ich dann `ne SMS von Alex, dass es ihm besser ginge und ich ihm ins Ginko folgen könnte, wenn ich denn überhaupt Lust hätte… Naja, hatte ich nicht, also bin ich zu Hause geblieben. Und heute habe ich noch nichts vom ihm gehört, war bestimmt lang gestern, also lasse ich ihn lieber noch schlafen. Vielleicht gehe ich ja später noch zu ihm, falls er sich gut fühlt. Apropos, ich müsste noch Lasagne im Kühlschrank haben, da bringe ich ihm doch glatt noch ein Stück mit, er wird sich freuen. Naja, und jetzt sitze ich hier mit euch und schlürfe einen rosafarbenen, ist doch auch fein und neben dem Trinken mit Tim ist das noch meine Lieblings-Trink-Paarung..“, und letzteres betonte sie majestätisch mit großen Gesten und fügte feierlich hinzu: „Fein, Fein!“ und erhob dabei ihr Glas zum Anstoßen.

Stef hatte mich während Lauries Ausführungen schon mit großen Augen von der Seite angeschaut, als würde sich mich fragen wollen: Glaub L wirklich, was sie da sagt? Und ich für meinen Teil konnte ihr diesen Gedanken nicht verübeln, da ich schon ganz andere Dinge gedacht hatte. Aber was auch immer Stef wirklich gedacht hatte, wir mussten etwas unternehmen und das war uns beiden ganz offensichtlich bewusst.

„L meine Süße, noch ein wenig Rosa?“, fragte ich sie, während ich die Flasche hob, und weiter: „Eigentlich hatten Stef und ich dich für heute Abend schon verplant. Aber du musst nicht mitkommen, ich habe schon ein ganz schlechtes Gewissen, dass wir einfach davon ausgegangen sind, dass du mehr Zeit für uns hast..“, und dabei setzte ich meinen Hundeblick auf, der mehr Mitgefühl versprüht als zwanzig Worte jemals könnten.
„Achso? Was habt ihr euch denn überlegt?“
Stef schaute mich fragend an und ich sie auch, denn eigentlich hatten wir gar nichts geplant, das hatte Laurie schon richtig verstanden.
„Hast du deine Ausrüstung dabei?“, fragte ich schnell, ohne eine konkrete Ahnung in welche Richtung dieses Gespräch verlaufen könnte.
„Ja, im Auto. Wieso? Ist heute Abend ein Event in der Stadt?“
„Naja, Event würde ich das nicht nennen. Es geht mehr um einen Gefallen, den du mir tun könntest…“, und dabei schaute Stef mich nun ganz neugierig an. „Achso ja, Stef und ich hatten schon darüber spekuliert als du nicht da warst. Also, du erinnerst dich vielleicht noch an diesen Herr Mark? Der von der Wunderbar? Der komische? Laurie?“, schaute ich sie ungeduldig an.
„Ja, dieser Süße aus der Bar“, kreischte sie etwas zu laut und verfiel dabei in alte Mädchenmuster zurück, „Soll ich Fotos von ihm machen? Ist er hier?“, und begann, sich wild im Café umzuschauen.

„Stef, beruhig diese Alte doch mal bitte, sie wird mir wieder zu hysterisch.. Laurie, Erde an Laurie, es geht um die Wunderbar, du sollst Fotos vom Lokal machen, bitte! Am besten abends, also gleich, so in einer Stunde. Wir haben heute erfahren, dass die Bar zum Verkauf steht und haben da einen kleinen aber feinen Plan ausgeheckt.“, bei diesem Schlusssatz wurden die Gläser erhoben: „Fein, Fein!“, schrien wir leise.

Und so war er geboren, der kleine feine Plan, der Laurie für die nächsten Stunden beschäftigen sollte.


© SofiaPierrot


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Beschreibung des Autors zu "Mädchenrosa und Sonntagsblues"

Teil 4 meiner Königsblau-Reihe

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