Der Himmel war tiefschwarz, Sasha sah nach oben, es war eine wolkenlose Nacht und der Himmel war ein funkelndes Sternenzelt. Sie atmete tief, die klare Nachtluft ein, im Hintergrund hörte sie die Menschenmenge jubeln, sie musste lächeln und holte nochmal tief Luft. Heute hatten sie den ersten Auftritt dieser Saison, sie war, wie jedesmal nervös, wusste jedoch, dass diese Nervosität sofort verschwand, wenn sie begann Musik zu machen. Sie genoß dieses Gefühl vorher, dieses Kribbeln im Bauch, sie spürte förmlich wie das Blut durch ihre Adern floss, diese totale Leere im Kopf, alles andere fiel von ihr ab.
Die letzten zwei Wochen waren wie im Flug vergangen, sie hatten fast jeden Tag geprobt und sie wurden immer besser, es passte musikalisch einfach zwischen ihnen allen. Josh hatte sich sehr schnell eingefügt und verstand sich super mit Andy und Marc. Sasha ging höflich mit ihm um, blieb aber immer auf professioneller Ebene dabei, sie vermied private Gespräche und vor allem irgendwelche Berührungen oder Körperkontakte. Sie bemerkte seine, teilweise traurigen, Blicke, doch sie würde sich auf gar nichts einlassen, da konnte er sie noch so sehr wie ein reumütiger Dackel anschauen. Aber auch das war heute ganz weit weg, nur noch einige kurze Augenblicke, dann würde sie das tun, was sie am besten konnte und wofür sie lebte: Gitarre spielen.
„Sasha!“ die Tür zum Bühneneingang öffnete sich einen Spalt und Andy sah vorsichtig um die Ecke, „wir legen los. Kommst du?“ er grinste sie an, Sasha wusste das er sich jedes Jahr genauso sehr auf diesen Tag freute wie sie.
„Ja.“ Sie nickte und ging hinein.

„Sasha!“ Cindy fiel ihr freudestrahlend um den Hals und drückte ihr ein Glas Wein in die Hand. „Du wirst einfach immer besser, ich würd auch gern so gut Gitarre spielen können.“ Cindy lallte ein wenig und der Wein schwappte, bei ihrer stürmischen Begrüßung aus dem Glas, Sasha musste lachen. Cindy war wirklich die gute Seele der Band, schon seit der Schulzeit war sie mit ihnen befreundet, sie half wo sie konnte und irgendwann ergab es sich einfach, das sie die Werbung und die Terminplanung übernahm. Es war ein offenes Geheimnis das sie Marc aus der Ferne anhimmelte, vielleicht war diese Schwärmerei mit ein Grund, weshalb sie ihnen so lange die Treue hielt.
„Danke Cindy.“ Sasha nahm ihr das Glas ab und trank einen kleinen Schluck. „Und ich hab dir schon so oft gesagt, das ich es dir gern beibringe wenn du möchtest.“ Sasha zwinkerte ihr lachend zu.
Der Auftritt war ein voller Erfolg, sie mussten mehrere Zugaben spielen und das Publikum wollte sie nicht von der Bühne lassen, jetzt genossen sie alle die entspannte Atmosphäre auf der „After-show-Party“.
„Ja, ich weiß, aber ich glaub ich hab kein Talent dafür.“ Cindy kicherte, ganz offensichtlich war sie bereits ordentlich angetrunken.
„Sag mal Sasha, was läuft da eigentlich zwischen Josh und dir?“ sie legte Sasha einen Arm um die Schulter und sah sie durchdringend an
„Was?“ Sashas Augen weiteten sich vor Schreck, „gar nichts läuft da. Wie kommst du nur auf sowas?“
„Erzähl mir nix. Man müsste schon blind und taub sein um nicht zu merken wie es zwischen euch knistert.“ Cindy seufzte. „Wie er dich vorhin auf der Bühne angesehen hat, ich wünschte mich würde mal ein Mann so ansehen.“ Sie warf einen sehnsüchtigen Blick auf Marc, der sich gerade mit einer brünetten Schönheit unterhielt.
Sasha schluckte. „Das bildest du dir ein!“ Vorsichtig warf sie einen Blick auf Josh, der mit dem Rücken zu ihr, an der Bar stand und lustlos ein Glas Bier in der Hand hielt. Cindy grinste.
„Sicher! Und die Erde ist eine Scheibe und im Himmel ist Jahrmarkt!“ sie wurde ernst und sah Sasha eindringlich an. „Wirklich Sasha, du solltest irgendwann anfangen die Augen zu öffnen und vielleicht auch dein Herz… du bist eine tolle Freundin und ich liebe dich wie eine Schwester, aber… puh, was Männer angeht, hast du wirklich absolut keinen Durchblick! So und nun brauch ich noch was zu trinken“ sie zwinkerte Sasha zu, drehte sich um und machte sich auf die Suche nach dem nächsten Drink. Auch Sasha nahm einen großen Schluck aus ihrem Weinglas, das hatte gesessen. Cindy hatte recht, was Männer anging hatte sie wirklich keinen Durchblick.
„Was solls“ murmelte sie vor sich hin, sie trank ihr Glas in einem Zug leer, holte einmal tief Luft und schlängelte sich durch die Menschenmenge zur Bar durch, bis sie direkt neben Josh stand.
„Hey!“ sagte sie nur.
„Sasha!?“ erstaunt sah er sie an, „du sprichst mit mir? Freiwillig?“ er grinste schief.
„Ich kann auch wieder gehen.“ Schmollend drehe sie sich weg, doch er legte sofort seine Hand auf ihre Schulter.
„Nein, warte…. Das war doch nur Spaß. Ich bin einfach überrascht.“
Langsam drehte sie sich wieder zu ihm um.
„Ok.“ Sagte sie nur. Sie räusperte sich verlegen, „Ich… ich glaub, ich könnte gut noch einen Drink vertragen.“ Sie winkte dem Barkeeper und bestellte noch ein Glas Wein, welches sie in einem Zug leerte.
„Wow! Du scheinst aber mächtig Durst zu haben.“ Lässig lehnte Josh am Tresen und sein Grinsen wurde immer breiter.
Sasha ignorierte die Bemerkung.
„Es war toll heut abend mit uns“ Sie schloss die Augen, als sie bemerkte wie Joshs Mundwinkel zuckten und er kurz davor war laut los zu lachen.
„Ich meine unseren Auftritt, mit dir Musik zu machen… herrje.“ Hilflos zuckte sie mit den Schultern, das hier lief gerade vollkommen anders als geplant.
„Ich weiß doch was du meinst.“ Er lachte leise und nahm ihre Hand. Sasha zuckte leicht zusammen, doch sie entzog ihm ihre Hand nicht, ein kribbeln machte sich in ihrer Magengegend breit, doch sie schob es auf den Wein den sie zuvor getrunken hatte.
„Ich fand es auch sehr schön und ich freue mich wirklich sehr auf die nächsten Wochen.“ Sein Daumen strich über ihren Handrücken und Sasha schloss für einen Moment die Augen.
„Sasha, ich möchte dir so gern noch einiges erklären.“ Begann er zögernd, doch sie schüttelte nur den Kopf.
„Wie ich dir schon mal gesagt habe, ich möchte einfach nichts mehr darüber hören. Bitte!“ sie sah ihm offen in die Augen und er spürte das es ihr damit ernst war.
„Wie du willst.“ Er seufzte und ließ ihre Hand widerwillig los. „sag mal, meinst du wir können auf der Bühne vielleicht ein bisschen mehr Nähe zulassen, ich glaub manchmal, es sieht etwas merkwürdig aus, wenn jeder von uns in einer anderen Ecke steht beim spielen.“ er wechselte geschickt das Thema und Sasha atmete erleichtert auf.
„Ich glaub, das wäre ne gute Idee.“ Sie lächelte. Das Eis war gebrochen und sie unterhielten sich wie zwei gute Freunde über ihren ersten gemeinsamen Auftritt und fachsimpelten stundenlang über Musik. Sasha lachte viel, sie fühlte sich entspannt in seiner Nähe und ging richtig aus sich heraus.
„Josh, sei mir nicht böse, aber ich glaube so langsam sollte ich schlafen gehen.“ Wie um ihre Worte zu bekräftigen gähnte sie herzhaft, sie schaute auf ihre Uhr, es war schon früher morgen, als sie sich umsah, stellte sie fest das der Saal sich merklich geleert hatte. Die Zeit war wie im Flug vergangen.
„Okay, es ist wirklich ziemlich spät geworden.“ Er griff nach ihrer Hand, „ich bringe dich noch zu deinem Zimmer.“
Sie gingen in das angrenzende Hotel, in dem sie jeder ein Zimmer im ersten Stock bewohnten, sie schwiegen den ganzen Weg dorthin, doch das Schweigen war nicht bedrückend, jeder hing seinen Gedanken nach.
„Danke Josh.“ Sasha schluckte, „Es war ein wirklich schöner Abend.“
„Das fand ich auch…“ antwortete er leise.
„Ich… ich sollte jetzt reingehen.“ Sagte sie, doch sie rührte sich nicht.
„Ja, das solltest du wirklich.“ Er nahm ihren Kopf zwischen seine Hände und legte seine Stirn gegen ihre. Sasha schloss die Augen, augenblicklich spannte sich ihr Körper an und ihr Atem beschleunigte sich, sie umfasste seine Hände mit ihren und schmiegte ihre Wange in seine Handfläche.
Sie konnte nichts gegen ihre Gefühle tun und sie wollte es auch gar nicht mehr.
„Willst du noch mit reinkommen?“ fragte sie leise.
„Oh Sasha, du ahnst nicht wie sehr ich das will.“ Er zog sie an sich und vergrub seine Lippen in ihrem Haar.
„Aber du weißt genauso gut wie ich, das das falsch wäre.“ Er schob sie widerwillig ein kleines Stück von sich und sah sie an.
„Was? Aber…“ begann sie, doch Josh legte ihr einen Finger auf die Lippen und brachte sie so zum schweigen.
„Du bist wundervoll Sasha McKay! Schlaf gut!“ er küßte sie zärtlich auf die Stirn, drehte sich um und ging.
„Josh!“ rief sie ihm nach, er drehte sich noch einmal zu ihr um und sah sie fragend an. „Schlaf du auch gut.“ Sagte sie lächelnd.


© Kimsophie74


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