Prinzessin Quasseltraut aus Feuchtenmoor-Holdenritt suchte – so geschah’s, im Frühling Anno Soundsoviel – einen Mann. Jawohl, sie suchte nicht etwa einen Erlöser, obwohl das wohl auch nicht ganz falsch war, nicht etwa einen Entführer, obwohl das wohl auch nicht ganz falsch war, nicht etwa einen König, außer den ihres Herzens, nein, die suchte ganz einfach einen Mann!

Zugegeben, sie suchte keinen einfachen Mann, also beispielsweise einen ohne Verstand, ohne Humor, ohne sportliches Aussehen, aber eben einen, den sie rechtschaffen – wie sie sich selbst nannte – lieben konnte. Vor allem aber suchte sie einen, der ihr die Welt so erklärte, wie sie es gerne hören mochte. Und dafür brauchte er wenigstens ein bisschen Einfühlungsvermögen und Fantasie. So viel wusste sie sogar selbst!

Was sie nicht wusste, jedenfalls war ihr das nich bewusst: er sollte die Fähigkeit besitzen, sich vom Leben ab und ihr zuwenden zu können, denn nur wer sich ihr zuwenden konnte, indem er alles andere um sich herum abwendete, der wandte sich dem wirklichen Leben zu – basta! Schließlich handelte es sich bei ihrer Person um die einer Göttin! Davon ging sie wohlmeinend aus.

Prinz Frosch aus Über-Morgenland hatte große, grünschimmernde Ohren, er entstammte einem geistig verarmten Familienzweig, derer von Vor-Gestern, er war absolut unattraktiv, aber sich selbst gegenüber ungewöhnlich hingebungsvoll. Er gönnte sich die feinsten Speisen, die süßesten Weine, die erlesensten Spielsachen und die hochfliegendsten Träume, sie durften nur nicht zu kompliziert sein. Im Zentrum seiner Träume stand – wie nicht anders zu erwarten – zunächst noch, er selbst.

Aber das würde längst nicht genügen! Denn diesmal ging es um scheinbar alles. Prinzessin Quasseltraut stand voll im Saft. Alle Medien lobten ihre Schönheit und jeder Verrückte, in allen, sehr verehrter Damen und sehr geehrter Herren Länder, konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als bei ihr vorstellig werden zu dürfen, mit freundlichen Grüßen oder auch Hochachtungsvoll – am besten jedoch untertänigst. Die Folgen daraus schätzten alle Möchtegern-Freier als unabsehbar ein. Als unabsehbar erotisch, versteht sich.

Aber Prinz Frosch aus dem Über-Morgenland, hatte, ohne es zu wissen, die besten Chancen. Er arbeitete zur Zeit nebenberuflich als Stimmensynchroninsatyr beim Horror-Film in Dollywood, wo er verschrobene Macho-Charaktere sprach. Er war stolz darauf sozusagen Stimmen-Stuntman zu sein, denn kein noch so männlicher Supermann hatte eine männlichere Supermann-Stimme als er.

Deshalb wähnte er sich auch in der Lage, einem oberstolzen Mädchen die Leichtigkeit des Seines gut erklären zu können. Und worauf es dabei ankam, das wusste er selbstverständlich auch – wenn auch mehr instinktiv als klar denkend – auf die Verharmlosung, zwecks nestbaulicher Umtriebe nämlich. Nur eines wusste er nicht: warum er das wollte! Irgendetwas in ihm bestimmte, daß es jetzt eben soweit wäre, dergleichen tun zu müssen. Und so fügte er sich begeistert in das Unvermeidliche.

Und das war gut so, denn die Prinzessin wirkte auf ihn sexuell unwahrscheinlich anziehend, obgleich das begründete Gerücht umging, sie sei kaltherzig, geldgierig, hochnäsig und beleidigend-überheblich. Das wäre demnach charakterlich furchtbar abstoßend gewesen.

Aber das ist schließlich das Schöne an der körperlichen Materialisation der Geister: ein absoluter Kotzbrocken kann eine hochattraktive Ausstrahlung haben, weil sein Äußeres stimmt und eine schöne Seele kann dafür, weil schlecht verpackt, völlig abstoßend wirken. Ein saublöder Mensch kann steinreich sein und ein Hochbegabter kann am Hungertuch nagen. Das bringt Schwung in die Sache und jeder darf mitmachen. Keiner wird aussortiert. Jeder bleibt im Spiel, mit all seinen Genen und anderen Unannehmlichkeiten der lebendigen Natur. Wichtig ist vor allem die Sicht der Dinge – und das mit Humor!

Dies ging dem Prinzen wohlweislich nicht durch den Kopf, als er lässig an der Metzgerei Schmied vorbei schlenderte, wo es mit Eifer zur Sache ging, und er die, aus der Werkstatt dringenden Schlachtgesänge der Gesellen vernahm. Die Tanzveranstaltung im Wirtshaus Gast spornte ihn an, dort auch einmal mit einem hübschen Gesponst zu erscheinen.


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Eine liebe Geschichte / Teil 1"

Re: Eine liebe Geschichte / Teil 1

Autor: noé   Datum: 03.05.2014 14:15 Uhr

Kommentar: Dein Wortwitz reißt mit, mein Lieber. Auf die Fortsetzung(en) bin ich gespannt.
Und nur einen einzigen Rechtschreibfehler habe ich entdeckt (Interpunktion lassen wir mal beiseite): "...das nich bewusst..."
Congrats!
Big Sis

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