Das hatte Fragen aufgeworfen, das könnte Fragen aufwerfen.

Rücksichtnahme, mit doch auch vorsichtigem herantasten an die alte Scheune, die in einem wittrigen Zustand da vor ihm stand, war nicht seine Art, nicht Teil seiner Wesensart, seine Mentalität, die grobe, alles ist Materie, und wird gewogen, dadurch ihr Wert, ihr Preis festgelegt. Eine objektive Größe, das kam unterm berühmten Strich zusammen.
Schönheit, höchstens ein von anderen aufgestellter Begriff, ein sentimentales Denken, höchst unnotwendig, wertlos, bringt’s etwas, nein, bringt nichts. Wenn dadurch der Preis stieg, beim Wiederverkauf, gut, ansonsten, Axel mit zuck.

Sie, die verkaufen musste, die nach dem Vorfall, dem so plötzlich eintretendem, nichts wie weg von hier wollte, zeigte ihm, mit einer Kopfbewegung, einer richtungsweisenden den Hof, den jetzt so armseligen.
Mist, der ist Mist, in den müßte gesteckt werden, reingesteckt, viel erneuert, fast alles erneuert, nur der Grund herum, der, ja, der hatte Wert, die Lage ansprechend, da ging schon was, dachte er, mit kopfschüttelnden Bewegungen vor der Scheune des Hofes stehend.

Ihr Preis war viel zu hoch, er vermittelte ihr dies mit seinem Blick. Er sah sie dabei an, geringschätzend, die gesamte Sache geringschätzend beurteilend, auch sie selbst geringschätzend sehend, ihr sein Geringschätzendes deutlich zeigend, sie allein schon dadurch, wie es eben seine Art war, zu Preisabstrichen drang, zwingen wollte, verunsichern, er probierte es immer und immer wieder auf diese Art, er war bekannt dafür, erreichte meist was er wollte, nicht was die anderen wollten, er gewann meist, wie er wollte musste es passieren, andere hatten meist das Nachsehen, deren Wollen war nicht wichtig, er wollte und meist war sein Wille Gesetz. So wollte er ihr Sein wollen willentlich aufstülpen.

Sie wollte ihren Preis, ihren Preis für das Anwesen, das von einer auf die andere so erbärmlich dastand, es war ein schönes, vorher ein ausnehmend schönes, fruchtbringendes, sauberes Anwesen, der Hof, die Scheune, die Einrichtungen, die jetzt so elend aussehende gesamte Landschaft.
Sie rührte sich nicht, sah seinen Blick, seinen geringschätzenden, seine Geringschätzung, seine Grobschlächtigkeit, seine Dumpfheit, sein mächtig aussehen wollendes Aufbauen vor ihr, seine Schwammigkeit, sein Wollen, sein hinterlistiges, sein erbärmliches Sein.

Niemand anderer hatte sich für den Hof interessiert, niemand aus der schütter bewohnten Gegend hatte auch nur irgendein Interesse an diesem jetzt so erbärmlichen Anwesen, jetzt, nach dem Vorfall, niemand anderer war da. Nur er, der feiste Kopf, der viel hatte, der vieles hatte, hatte breite Landstriche, hatte vieles noch dazu. Er kannte nichts anderes als Habe. Viel haben.

Sie dachte an den Sommer, an viele Sommer, an die Hitze, die Sonne, an die prallen Beeren, an die lauen Abende, an die mühevolle, gleichzeitig so zufrieden machende Arbeit, an das so viel Zufriedenheit gebende Tagwerk, an das surren der zahlreichen Bienenschwärme, an die Süße der Apfelsäfte, an die Momente des tiefen Glücks, vor dem Fall, dem kurzen, dem Vorfall, der alles, alles Schöne brechen ließ, zerbrechen ließ, ohne jede Vorwarnung, von der einen auf die andere, alles enden ließ, beendete.

Der Gedanke an vor, an vor dem Eintritt des anderen, des zerfallenden, an das Weggeben des vor dem so unendlich feinen, fein gewesenen, ließ sie lächeln, ließ sie umdrehen, den geringschätzend stehenden, den Wollenden, den immer und immer Wollenden, stehen lassen, gehen.
Durch den Gang der Scheune schritt sie in den Innenhof, war für ihn nicht mehr sichtbar, dem keine Kopfbewegung nach ihr Machenden, alles immer Wollenden, meist seinen Willen stülpenden, unsichtbar, sie war nicht erreichbar für ihn, den geringschätzenden, den immer und immer wieder alles wollenden, nicht mehr erreichbar.
Kein einziges Wort war gefallen.

Er stand, auf die Öffnung der Scheune, die in den Innenhof, den jetzt so erbärmlichen Innenhof, führte, starrend da.
Er stand, er der den Hof vor dem Zerstörenden gekannt, gut gekannt, er stand, er dachte nicht, er stand.
Er wollte, wie er immer wollte, sein Wollen.
Es fiel ihm auf, sie die vordem immer aussah, so gut aussah, so schön aussah, und nie eine Preis hatte, sie war außerhalb jedes Preises zu sehen, alles hatte seinen Preis, sie hatte nie einen Preis, fiel ihm auf.
Jetzt, nach dem Fall, sah sie zerlumpt aus, und, sie hatte einen Preis, einen überhöhten Preis, jetzt einen überhöhten, einen Preis, den er niederdrücken wollte, ihren Preis niederdrücken wollte er, sie nicht um diesen Preis haben. Er wollte sie um einen niederen Preis haben. Haben wollte der Wollende, wie immer und immer wieder haben. Wollte er.
Er ging ihr nicht nach, sie war unerreichbar, sie war nicht zu erreichen.


© hp.f.


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