Es nutzte nichts. Ich war am Ende mit meinem Latein. Ich ballerte am Morgen zwei Mal, am Mittag drei Mal und am Abend nochmals zwei Shots.

Früher war mir eine Spritze genug und ich flog weit über die Vorstellung des Menschens ging. Ja, ich war frei. Losgelöst von der Erde, von den erdlichen Verpflichtungen.

Es kackte mich an, dass das High-Gefühl nicht mehr dasselbe war.

Ich entschied mich zum letzten Mal verballern zu lassen. Dieses Mal ganz heftig.

Ich ging wieder zum Kurden. Als er meine Bestellung hörte, hob seine Augenbrauen hoch.

"So, viel?", sagte er erstaunt.

"Ja, ein Paar Kumpels sind bei mir.", gab ich zur Antwort mit einem Augenzwinkern.


Als Nächstes ging ich in den Supermarkt. Ich liebte beim High-Werden ne Flasche Cola vor mir zu haben.


Als ich nach Hause ankam, schloss ich alle Fenster. Liess die Badewanne mit Wasser vollmachen.

Auf Spotify lief das Lied von Sting, Shape of my heart.


Das Wasser war angenehm warm, das Licht vom Badzimmer aus. Das einzige, was Licht spendete, war die Kerze, die ich gestern aus der Kirche mitkommen liess.


Ich streckte meine Arm, band den Gummischlauch herum und machte ich ihn so ganz fest, sodass die Blutzufuhr in die Arm gestoppt war.


"Hier kommt die dreifache Dosis.", sagte ich mir selbst.


Langsam drückte ich den Spritzenkolben in den Zylinder hineien. Ich konnte sehen, wie das schwarze Zeug langsam in der Spritze weniger wurde.


Nach 10 Sekunden, war ich wieder High, wieder fühlte ich mich befreit. Das Lied gab der gechillten Atmospäre noch einen farbigen Beistrich.

Auf einmal wurde alles schwarz und still. Ich dachte, ich bin tot.

"Das bist du auch.", sagte die Stimme. Sie schien von überall zu kommen.


"Was wird mit mir nun passieren?", sagte ich erleichtert.


"Das sage ich dir später. Aber jetzt möchte ich dir zeigen, was du alles gemacht hättest, wenn du den Freitod nicht gewählt hättest.", sagte die Stimme

"Hier, bist du 35, du hast einen guten Job gefunden.", sagte die Stimme des Unsichtbaren,

"Hier, bist du 38, du hast eine Frau kennengelernt, besser gesagt deine Arbeitskollegin. Sie heisst Anna. Mit Anna wirst du eine Familie gründen. Zwei Tochter und einen Sohn."


"Hier, bist du 55, dein Sohn hat gerade sein Master Titel geholt"


"Master Titel, was... ich hätte es nicht einmal im Traum gesehen.", sagte ich erstaunt


"Hier, bist du 75, deine letzten Tage, deine Frau und Kinder alle bei dir. Nehmen Abschied.

Erfülltes 45 Jahre hättest du vor dir, hättest du dich nicht umgebracht."


"Was passiert nun?", fragte ich ihn.

"Du wirst als Hund auf die Welt kommen, mit dem Bewusstsein, dass du vorher als ein Mensch warst. Du wirst schreien und weinen, die Menschen werden nur dein Bellen hören. Doch du kommst in eine gute Familie.", antworte die Stimme

Geräusche... Geräusche von komischen Maschinen. Jemand rief, "Doktor, er ist aufgewacht!"


Ich mache meine Augen auf. Da sehe ich einen alten Mann und eine lächelnde Frau.


"Sie waren infolge der Überdosis an Methadon einen Monat im Koma.

Verstehen Sie mich?", fragte der Arzt


Ja, ich verstand ihn. Aber ich wollte lieber als ein Hund leben.


© Sanjar Almatov


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Beschreibung des Autors zu "Der letzte Shot"

Ein Mensch, der keine Perspektive im Leben mehr hat.

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