Der Geburtstag des Justus Brösicke…


Es war der dreißigste April und Justus Brösicke hatte an diesem Tag Geburtstag, er wurde 65.Jahre alt.
Wie das Leben doch manchmal so spielt. An diesem Tag hatte er auch
sein 25jähriges Betriebsjubiläum.
Justus war sehr groß, aber spindeldürr. Seine hervorstehenden Backenknochen und sein breiter, großer Mund verliehen ihm etwas von einem Raubtier. Er hatte auch eine raue, tiefe Stimme, die viele Menschen abschreckte.
Das war sein Äußeres, aber sein gutes Herz und sein ehrlicher Charakter, sowie seine Hilfsbereitschaft, machten ihn zu einem warmherzigen Menschen.
Justus war in allen Dingen sehr geduldig und er schimpfte nie. Wenn
ihm etwas gegen „ die Hutschnur“ ging, sagte er nur „ Menschenskinder.“
Seine Frau Trude schimpfte und nörgelte öfter mit ihm, da ließ er sie stehen und ging zu seinen Kaninchen. Justus Brösicke hatte eine alte Häsin, die kam dann immer ans Gitter und hörte sich seinen Ärger an.
Die Häsin verhielt sich wie ein guter Freund.
Seine Frau Trude war auch in der unmittelbaren Nachbarschaft sehr beliebt.
Sie war klein und hatte ein liebevolles Omagesicht. Auf ihrem Gesicht
war ständig ein freundliches Lächeln zu Hause.
Trude hatte immer verschiedene Süßigkeiten bei sich, die sie den Kindern schenkte.
Justus wurde durch einen Kuss seiner lieben Trude geweckt. Sie rief:
„Beeile dich, beeile dich, dein Geburtstagstisch wartet.“
Er wusch sich aber in einer „ Arschruhe“ bevor der das Geburtstagszimmer betrat.
Auf dem Tisch lag eine weiße Damastdecke, und eine rötlich schillernde
Kerze ließ den Tisch würdevoll erscheinen.
Des weiterem lag auf dem Tisch eine Zigarrenschachtel der Marke
„ Jagdwappen.“ Die beiden grauen Pulswärmer waren für den Herbst gedacht. Eine große Weinbrandflasche war die Krönung seiner Geschenke.
Auf der Geburtstagskarte von Trude stand unter anderen: „ Lieber Justus lebe glücklich und lebe weiterhin froh, wie das Mäuschen im Haferstroh.“
Dankbar drückte Brösicke seine Trude und er meinte, wir sind schon solange verheiratet, da hätte die Zigarrenschachtel gereicht.
Anschließend aßen sie gemeinsam am Frühstückstisch.
Danach machte sich Justus für die Arbeit fertig. Er arbeitete als Briefzusteller beim Zentralpostamt. Sein Kundenkreis erstreckte sich über sieben Ortschaften.
Justus Brösicke war sehr beliebt bei seinen Arbeitskollegen. Bei seinen
Postkunden genoss er großes Ansehen, welches auf seine Zuverlässigkeit und auf seine Freundlichkeit zurück zuführen ist.
Im Postamt angekommen begegnete Justus keinem einzigen Menschen,
das Zentralpostamt war wie ausgestorben. Im Vorraum des Gebäudes
sowie in allen Zimmer war kein Angestellter zu sehen.
Justus machte die Tür zur Endladekammer auf und ein lautes „Happy
Birthday“ war zu hören.
Alle Postangestellten hatten sich versammelt, ja es war ein vielstimmiger
Chor.
Der Leiter des Zentralpostamtes, Johannes Knute, hielt eine silberne 25
hoch. Der BGL-Vorsitzende überreichte Brösicke einen aus Messing gefertigten Pokal. Der Pokal hatte eine Widmung, die lautete: „ Immer treu und redlich macht vieles im Leben möglich.“
Es begann das große Händeschütteln. Bis plötzlich einer rief, lasst Justus doch zu seinem Geburtstagstisch gehen.
Mitte in der Endladekammer stand der Geburtstagstisch. Eine weiße Decke lag darauf. Eine große Blumenvase stand auch da. In der Vase steckten Forsythienzweige und an den Zweigen hingen viele Brühwürfel, die an bunten Fäden befestigt waren.
Justus hatte die Angewohnheit, wenn andere Kaffee tranken, sich mit Brühe zu begnügen. Ein Lebenslicht brannte und eine grüne, bauchige
Kräuterlikörflasche rundete alles ab.
Es wurde bis in die Nacht rein gefeiert. Bier und Schnaps floss reichlich in Strömen.
Bei all dem ausgelassenen Feiern wusste man nicht, galt es dem Geburtstag von Justus oder seinem Betriebsjubiläum.
Der Leiter des Postamtes hatte Justus das „Du“ angeboten und die Chefsekretärin wollte Justus ständig küssen. Das Ganze war mehr als eine feucht-fröhliche Feier.
Brösicke war überglücklich, und es drehte sich alles vor seinen Augen.
Wie er nach Hause in sein Bett kam, dass konnte er nicht nachvollziehen.
Am nächsten Tag auf dem Postamt traf Justus auf den Leiter Johannes Knute und Justus redete ihn mit „Du“ an. Da explodierte Knute fast
und sein Gesicht wurde puterrot. Er sagte zu Brösicke: „Für Sie bin ich immer noch der Amtsleiter Knute, ich wüsste nicht , dass wir Beide zusammen Schweine gehütet hätten!“
Justus verließ Knute und er pfiff den langen Gang entlang die Melodie
„…du bist verrückt mein Kind , du gehörst nach Berlin“ und so weiter…


© Jürgen


0 Lesern gefällt dieser Text.




Kommentare zu "Der Geburtstag des Justus Brösike"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Der Geburtstag des Justus Brösike"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.