Beim Befüllen der Dose hustet die neue Kaffeepackung ein wenig Pulver. Der unverwechselbare Duft dringt in meine Nase, der in mir auch an den unwirtlichsten Orten ein wohlig warmes Geborgenheitsgefühl aufsteigen lässt. Als hielte ich sofort eine dampfende Tasse Zuhause in den Händen. Die kleinen schwarzen Krümel, die ihren Weg nicht in das neue Behältnis gefunden hatten, lassen mich an die Zeit vor Starbucks und hastig unterwegs hinuntergekippten Koffeeins denken. Für meine Oma hieß es immer "Bohnenkaffee", auch wenn er als Pulver aus einer Blechdose in die Filtermaschine wanderte. Ich fragte sie einmal, woraus der Kaffee sonst sein sollte, wenn nicht aus Bohnen. Sie erzählte mir, wie kostbar echter Kaffee einst gewesen sei, und dass man oft nur so getan hatte, als sei es welcher - Der Tasseninhalt war manchmal Karokaffee oder so sehr gestreckt, dass man es eigentlich Wasser hätte nennen müssen. Die Erwähnung der Bohne adelte ihn. Ich staune noch immer, wenn Menschen es schaffen, die einfachsten Dinge zu schätzen. Sie so zu zelebrieren, dass man sie als etwas ganz Besonderes wahrnimmt. Meine Oma konnte das. Und wo man sich die Zeit nimmt, das Wunderbare im Kleinen zu suchen, bin ich gern zu Hause. Also kratze ich die Krümel in eine Filtertüte. Muss ein wenig dabei schmunzeln, in den heutigen Zeiten der Verschwendung. Ich schätze meistens nicht, was ich habe. Weil alles im Überfluss da ist. Der Kühlschrank voll und dann bin ich genervt, wenn die Tiefkühlpizza nicht schmeckt wie beim Italiener. Noch ein Löffel duftendes Pulver und Wasser, das wie selbstverständlich aus dem Hahn schießt. Die Maschine erwacht zum Leben, blubbert, als würde sie meine ungewohnte Andächtigkeit erschrecken. Als wollte sie sagen: Reiß' dich mal zusammen, du wolltest doch nur wach bleiben, um einen Text zu Ende zu schreiben.


© Nea


9 Lesern gefällt dieser Text.

Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher






Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Bohnenkaffee"

Re: Bohnenkaffee

Autor: Erika Reinecke   Datum: 03.09.2019 18:42 Uhr

Kommentar: O, ja phne geht nicht..meine Oma hatte einen Filterafsatz oder sie brühte ihn direkt in der Porzellankanne auf.Der Duft zog durchs ganze Haus. Da hast du so Recht guter Kaffee ist auch ein Stück Lebensqualität, toll beschrieben. Jetzt gönn ich mir auch einen...nur schneller wie bei Oma

Re: Bohnenkaffee

Autor: Maline   Datum: 04.09.2019 10:32 Uhr

Kommentar: Früher gab´s nur sonntags Bohnenkaffee und der wurde mit Feigenkaffee gestreckt. Ansonsten gab´s Tietze - und Lindekaffee. Im Lindekaffee waren immer Plastikfiguren drin auf die wir als Kinder schon immer sehnsüchtig gewartet haben.
Und im Kaffeehaus bestellte man: "A Schalerl Tietze und an Gitterkuchen."(=Linzertorte) Schöne Geschichte von dir.

Liebe Grüsse! Maline

Re: Bohnenkaffee

Autor: Verdichter   Datum: 04.09.2019 13:46 Uhr

Kommentar: Sehr schön geschrieben, man ist sofort ganz bei dir.
Gruß,
Verdichter

Re: Bohnenkaffee

Autor: Verdichter   Datum: 04.09.2019 13:46 Uhr

Kommentar: Sehr schön geschrieben, man ist sofort ganz bei dir.
Gruß,
Verdichter

Re: Bohnenkaffee

Autor: possum   Datum: 05.09.2019 1:21 Uhr

Kommentar: Liebe Nea, dein Werk bringt auch bei mir schöne Erinnerungen hervor,
es ist supi verfasst,

lieben Gruß!

Re: Bohnenkaffee

Autor: Nea   Datum: 05.09.2019 5:08 Uhr

Kommentar: Liebe Erika, ich hoffe, du hast deinen Kaffee genossen,
Liebe Maline, deine Worte lassen mich auch wieder richtig nostalgisch werden,
Liebe Verdichter, vielen Dank,
Liebe possum, schön, dass du auch Gutes damit verbindest,
Grüße an euch alle! Habe mich sehr über die Kommentare gefreut.

Kommentar schreiben zu "Bohnenkaffee"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.