Ein Freund ist ein Mensch, der die Melodie deines Herzen kennt und sie dir vorspielt, wenn du sie vergessen hast...
Sie ging einsam die dunkle Gasse entlang. Zumindest sah es für vorbeigehende Passanten so aus. Immer wieder blickte sie nach rechts, als müsste sie sich vergewissern, ob jemand neben ihr her geht. Doch da war niemand.
Es regnete und ihre schulterlangen braunen Haare klebten in ihrem Gesicht und verdeckten ihr die Sicht. Doch die 15-jährige kümmerte sich nicht darum. Jeder Schritt war schwer, als wäre sie gezwungen durch tiefen Schnee zu gehen. Je weiter sie die Straße entlang ging, desto dunkler wurde es. Einzelne gehetzte Passanten, kamen an ihr vorbei, jedoch würdigten sie sie keines Blickes.
Dies war sie gewohnt. Schließlich ist sie meistens nur ein Schatten, die möglichst unauffällig durch die Gänge der Schule streift. Wieder ein Blick nach rechts. Und wieder ist keine Person zu sehen. Sie jedoch lächelte, als hätte sie soeben einen Freund gesichtet. Ihre Schritte verlangsamten sich und sie bog in eine Straße ein, wo die kleine Wohnung ihrer Eltern war. Langsam öffnete sie die Tür und hielt sie einen Moment länger als nötig offen, als würde sie erwarten, dass eine weitere Person eintritt. Doch dies geschah nicht. Das 15-jährige Mädchen jedoch folgte mit ihren Augen einer nicht anwesenden Figur, die flink durch die Tür schlüpft.
Leise schleicht sie zu ihrem Zimmer. Darauf bedacht keinen Laut von sich zu geben, geht sie zu ihrem Bett und setzte sich an die Kante. Sie seufzte.
Ihre Augen wanderten das Zimmer entlang. Außer dem kleinen heruntergekommenen Bett waren nur sehr wenige weitere Möbel anwesend. Da wäre zum einen eine winzige Kommode, in der die kleine Anzahl Kleidung aufbewahrt wurde, die sie besaß. Außerdem ließ sich noch ein kleiner Nachttisch neben dem Bett finden, auf welcher eine Lampe stand, die sie einst aus einer Mülltonne gefischt hatte. Wieder richtete sie ihre Augen auf einen Fleck ä, auf dem sich nichts zu befinden schien. Sie jedoch nickte leicht und beschloss schlafen zu gehen, da morgen wieder Montag ist.
Der nächste Tag brach schneller heran, als ihr lieb war, jedoch verschwendete sie keinen weiteren Gedanken an ihr Unbehagen. Dies war schon lange zu einem Gefühl geworden, welches sie mit sich trug, wie die Nacht die Sterne. Wie jeden Schultag zog sie sich um, kämmte sich flink die Haare und ging hinunter in die Küche, wo ein Teller mit Obst und Eiern auf sie wartete. Langsam setzte sie sich an den Tisch und obwohl sie wusste, dass ihre Eltern schon bei der Arbeit waren, versuchte sie so leise wie möglich zu sein. Doch bevor sie anfing zu essen, rückte sie noch den Stuhl zu ihrer rechten ein wenig zurück und wartete, dass sich jemand hinsetzte. Aber für einen Aussenstehenden war nichts zu sehen. Für das Mädchen jedoch war es anders. Ihr Herz machte einen kleinen Sprung und eine kleine Gänsehaut breitete sich an ihrem Nacken aus und erstreckte sich bis zu ihren Zehen, sobald sie sah, dass der Stuhl neben ihr nun nicht mehr leer stand.
Sie aß auf, zog sich die Schuhe an und ging hinaus, um sich auf den Weg zur Schule zu machen. Langsam schlenderte sie die Straße entlang, ohne nach vorne zu blicken. An dem großen Gebäude angekommen, atmete sie tief ein und aus und machte sich bereit auf eine weitere Woche voller Schmerz und Leid. Schon immer wurde sie von ihren Mitschlülern ausgeschlossen.
Langsam betrat sie die Schule und machte sich mit eingezogenem Kopf auf den Weg ins Klassenzimmer. Ohne nach vorne zu blicken, ging sie auf ihren Platz in der letzten Reihe zu und setzte sich. Den Schikanen der Mitschüler schenkte sie keinen Nerv, denn so lange sie wusste, dass sie nicht alleine war, konnte ihr niemand etwas anhaben. Als die Lehrerin das Zimmer betrat, fiel ihr Blick sofort auf das Mädchen, welches in jedem Fach allein zu sitzen schien. Jedoch konnte sie gar nicht wissen, dass auf dem leeren Stuhl neben ihr eigentlich jemand saß. Dass eigentlich immer jemand neben ihr saß. Zumindest sah es für die 14-jährige so aus. Mit dem Klingeln der Schulglocke, verließ das Mädchen sofort das Klassenzimmer. Sie hielt es nicht für nötig länger sitzen zu bleiben. Sonst würde sie den Anderen nur eine Möglichkeit geben, sie weiter zu beschimpfen.
Sie ging an der Putzfrau vorbei, die Minuten zuvor noch die Treppen gereinigt hatte. Da das Mädchen jedoch nicht nach vorne blickte, erkannte sie nicht, dass jener Frau der Eimer voller Wasser aus der Hand fiel. In Sekundenschnelle verteilte sich das Wasser auf dem gesamten ersten Stockwerk und einzelne Schüler versammelten sich schon an den Wänden und Türen, um dem Geschehen zu folgen. Sie aber, hörte weder den Aufprall des Eimers, noch sah sie das Wasser, welches sich den Treppen immer weiter näherte. Und als das Mädchen den ersten Schritt auf die Treppe setzte, bemerkte sie erst das Wasser. Doch es war zu spät. Zu spät, um sich am Geläder festzuhalten. Zu spät, um nach Hilfe zu rufen. Und zu spät, um noch irgendwie halt zu finden. Schon öffnete sich ihr Mund , aber sie bekam keinen Laut von sich. Wäre man leise gewesen, hätte man ihr Herz schneller schlagen gehört. Ihre Augen waren aufgerissen und einzelne Tränen bildeten sich in ihnen, als sie ein ganzes Stockwerk nach unten fiel.
Sie wünschte sich alles würde schnell ein Ende nehmen, jedoch kam es ihr vor, als würde sie in Zeitlupe fallen. Als würde jemand eine Fernbedienung in der Hand halten und jede Sekunde verlangsamen. Haare hingen in ihrem Gesicht und blieben an ihren von Tränen nassen Wangen kleben. Und dann spürte sie es. Sie spürte den harten Boden. Mit einem lauten Aufprall kam sie endlich an. Schon hatten sich eine Schar Schüler, welche eilig nach unten stürmten, um den Aufprall zu beobachten, um sie versammelt und bildeten einen Kreis, aus dem es unmöglich schien auszubrechen. Sie blickte sich um und weitere salzige Tränen verließen ihre Augen. Die Schüler lachten. Niemand schien sie zu bemitleiden oder einfach fragen zu wollen, wie sie sich fühlte. Ihr Handgelenk schien verstaucht, sonst spürte sie aber keine weiteren körperlichen Schäden. Aber es gibt Wunden, die unsichtbar sind und schmerzvoller und tiefer als alles, was ein Verband heilen könnte. Sie wollte, dass alles endlich ein Ende hat. Dass alle endlich aufhören würden, sie auszuschließen. Und als sie auf dem Boden saß und immer und immer wieder die Mauer an Schülern entlang blickte, fiel ihr etwas auf. Und diese Tatsache, ließ sie fast alle Hoffung aufgeben. Jetzt war sie sicher, dass Glück und Freude in ihrem Leben niemals existieren werden.
Seit 10 Jahren schon war sie nie allein. Zumindest empfand sie es nicht so. Sie hatte immer jemanden bei sich. Eine Freundin, die ihre Mitmenschen nicht sehen konnten. Aber dieser Fakt, war ihr nicht klar. Für das Mädchen existierte sie wirklich. Für das Mädchen, war sie ein Teil ihrer Realität. Nach Minuten, die sich unendlich in die Länge zogen, wandte sie ihren Blick von den lachenden Schülern ab. Ohne Lumièra an ihrer Seite, konnte sie niemandem in die Augen sehen. Langsam zwingte sie sich, wieder ruhig zu atmen. Sie schloss die Augen und hörte auf zu weinen. Keine Träne ist es mehr wert zu rollen.
„Es ist entgültig vorbei!“ Dieser Schrei beendete augenblicklich alle Schikanen und riss das nun komplett gebrochene Mädchen aus ihren Gedanken erwachen. Ein etwa gleichaltriges Mädchen kämpfte sich selbstbewusst durch die Menge an Schülern und stellte sich direkt vor die 14-jährige. Dieser standen die Augen offen und sie verschluckte sich beim Einatmen.
War es möglich? War Lumièra wirklich zurückgekehrt? Ein leises Gemurmel ging durch die Schüler, da niemand jemals gedacht hätte, jemand würde sich für sie einsetzten und verwirrte sie, weil niemand Lumièra jemals sehen konnte. Das rothaarige Mädchen mit den niedlichen Sommersprossen, welche so aussah, wie ihre Freundin Lumièra, streckte die Hand nach ihrer aus und wartete geduldig mit einem Lächeln auf den Lippen, darauf, dass diese ergriffen wurde.
„Lumièra?“, flüsterte das braunhaarige Mädchen aber nur, als müsste sie sich vergewissern, dass sie wirklich anwesend war.
Sicher antwortete diese aber nur: „Nein, tut mir leid. Ich bin Ria. Und du bist Siria, nicht? Wusstest du, dass s‘iriser auf französisch bedeutet in allen Regenbogenfarben schillern? Wahrscheinlich kommt dein Name daher. Ist das nicht bezaubernd? Mein Name kommt auch aus dem Französischen und heißt lachen. Ich denke das beschreibt meinen Charakter ganz gut, da ich immer am lachen bin. Oh Mann, tut mir echt leid. Ich rede schon wieder so viel.“ verlegen strich sie sich eine Locke hinter ein Ohr. Sie wusste aber nicht, dass durch diesen gewaltigen Redeschwall Siria sich wohler fühlte. Dass sie sich wirklich gewollt fühlte. Daher griff sie nach der immer noch ausgestreckten Hand und ließ sich aufhelfen. Obwohl sie nichts anderes erwartete, war sie dennoch geschockt, dass Ria wirklich anwesend war. Dass auch Andere sie sehen konnten und sie nicht nur für Siria lebte.
Ohne ein weiteres Wort an die Schüler zu richten, ging Ria durch die Menge und zog Siria hinter sich her. Und mit jedem Schritt, den die beiden zusammen gingen, fühlte das Mädchen, wie der Enge Bund zwischen ihr und Limièra immer schwächer wurde und der Bund zwischen ihr und Ria stärker. Und sie wusste, dass nun der Moment gekommen war, in dem sie sich entgültig von ihrer Fantasiefreundin verabschieden und ein neues Kapitel in ihrem Leben öffnen muss. Lumièra kommt aus dem französischen und heißt helles Licht, denn in ihrem Leben war Lumièra immer das Licht welches sie ununterbrochen leitete. Doch nun wurde dieser Platz mit jedem Schritt von Ria eingenommen, obwohl keine von den Mädchen bisher etwas gesagt hatte.
Jetzt wurde das helle Licht von Lumièra, zu Lueura, welches nur noch schwaches Licht bedeutet. Aber egal wie schwach ein Stern leuchtet, er ist immer noch da und so wird Lueura immer da sein, egal wie schwach sie leuchtet.
Während Siria in ihren Gedanken den Beschluss fasste, sie von Lumièra zu verabschieden, bekam sie nicht mit, dass Ria sie in ein leeres Klassen Zimmer führte. Sie öffnete die Türe und deutete ihr hineinzugehen. Sie betraten das Zimmer und Siria wartete geduldig darauf, dass Ria anfing zu erzählen. Minuten verstrichen und keine der Beiden sagte etwas. Sie blickten sich nur gegenseitig in die Augen mit einem Lächeln auf den Lippen. Ria blickte in die dunkelbraunen ihrer neuen Freundin. Und Siria in die Grünen, welche sie an einen Saphir errinerten.
Auf einmal begann die Rot haarige zu reden und Siria musste sich anstrengen um dem schnellen Redeschwall folgen zu können. „ Hör mir bitte zu. Ich... also: seit einigen Wochen bin ich jetzt schon auf dieser Schule und... und ich merke wie die Anderen zuvor sind. Es ist einfach nur ecklig. Und als sie dich vorhin ausgemacht haben, könnte ich nicht mehr nur zuschauen. Ja... und ich beobachte dich schon seit dem ersten Tag, weil du einfach sehr nett aussiehst. Aber man soll nicht nach dem Äußeren einen Charakter ausmachen, also wollte ich dich besser kennenlernen. Und ich... also ich habe bemerkt, dass du... ähm... also eine Freundin hast. Lumièra nicht? Also vorhin hat sie zu mir gesagt, dass sie gehen müsste, aber ich dir ausrichten soll, dass sie wiederkommt. Und also... warum dachtest du eigentlich ich wäre sie?“
Siria könnte nicht antworten. Sie dachte immer, niemand könnte Lumièra sehen. Wie konnte sie sie dann sehen? Sie suchte nach den passenden Worten und sagte dann sehr langsam: „Sie sieht so aus, wie du.“ Dann war Ruhe zwischen den beiden. Sie versuchten die neuen Informationen zu verarbeiten. Ria, dass das Mädchen vor ihr wirklich denkt, ihre Fantasiefreundin sei real. Sie war angewidert von den Mitmenschen. Wie konnten sie dieses junge Mädchen so zerstören, dass sie derartig in dieser Welt gefangen ist? Sie wusste es wäre falsch, ihr zu sagen, dass Lunièra nur in ihrer Fantasie existiert. Sie sollte sie dazu bringen sich von ihr zu verabschieden. Jetzt ist sie ja für Siria da.
Und Siria versuchte zu verarbeiten, dass dieses hübsche Mädchen vor ihr Lumièra auch sehen konnte. Erstaunlich... sie hatte das eigenartige Gefühl eine Freundin gefunden zu haben. Und sie fühlte sich nicht mehr so stark mit Lumièra verbunden. Als wäre sie aus einem Traum erwacht. Als wäre ein Spiel ihrer Fantasie plötzlich zur Realität geworden.
Und da hörte sie ihren Namen. Sie hörte die zarte Stimme von Lumièra nach ihr rufen. Ganz leise und immer wieder sagte sie: „Siria, Siria, Siria, ich muss mit dir reden. Komm bitte zu mir.“
Sie wusste, dass sie dieser Stimme folgen musste, schließlich war es ihre beste Freundin, die sie rufte.“ langsam erhob sie sich und meinte an Ria gerichtet: „ ich... ich muss kurz auf die...ähm... Toilette.“ mit diesen Worten verleiß sie das Zimmer und ließ eine weniger verwirrte Ria hinter sich. Diese wusste den wahren Grund für ihr apruptes Hinausgehen. Sie wusste, dass dieses Mädchen Hilfe brauchte. Sie wartete geduldig auf ihre Rückkehr.
Mittlerweile erwartete Lumièra Siria auf der Toilette. Diese betrat eine Kabine und blickte ihre Freundin wartend an.
„Wir gehen seit 10 Jahren gemeinsam durch dick und dünn. Immer war ich für dich da und du für mich. Aber ich denke es ist an der Zeit, mich von dir zu verabschieden. Ich werde jetzt gehen, aber ich erwarte von dir, dass du mich niemals vergisst.“
Siria stand der Mund offen. Sie wusste, dass dieser Moment kommen wird, aber dennoch war sie geschockt. Lumièra war immer für sie da gewesen. Sie war ihre einzige Freundin. Sie war immer an ihrer Seite. Siria wollte weinen, aber dann erinnerte sie sich, dass sie geschworen hatte nie wieder eine einzige Träne zu vergießen. Langsam nickte sie und antwortet lächelnd: „Danke!“ mit diesem Wort drehte sie sich um verließ die Toilette. Noch einmal ging sie alle schönen Momente mit Lumièra durch und grinste. Das war eine schöne Zeit. Aber jetzt hatte sie eine neue Freundin gefunden. Endlich konnte sie ein neues Kapitel in ihrem Leben aufschlagen und die Abenteuer, die auf sie warteten gemeinsam erleben. Jetzt hatte Siria den Stern gefunden, der sie von nun an leiten wird, ohne den noch leicht leuchtenden Stern jemals zu vergessen. Denn das Licht einer
Kerze erlischt, aber das Licht eines Sternes wird immer da sein, egal wie leicht er
schimmert.


Schreibt mir bitte, wie euch die Geschichte gefallen hat und lest euch gerne meine anderen Geschichten durch.


© Sweeties story


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Beschreibung des Autors zu "Manchmal kann ein Abschied die Erlösung von allem Leid sein"

Sie sieht, was Andere nicht sehen. Niemand versteht sie und niemand versucht es. Alle schließen sie aus und schikanieren sie. Aber alles ändert sich, als die Realität sie einholt und sie aus einem Traum erwachen lässt, der 10 Jahre dauerte.




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