Die Affengesichter

© Claudia Matthes

Und täglich grüßt ein déjà vu
sollte ich jemals auf die glorreiche Idee kommen ein Buch zu schreiben und damit davon ausgehen das jemand sich für mein Geschreibsel interessiert dann sollte es ein etwas anders Buch sein. Anders als andere Bücher, eben besonders!  Daher habe ich mich entschlossen alle Sequenzen meines Lebens gleich beginnen zu lassen. Nämlich als déjà vu.

Da war sie wieder, die zusammengedrückte Tube der Zahnpasta. Sie liegt, mal wieder, nicht in ihrem vorbestimmten Platz sondern einfach, unachtsam, auf dem Waschbeckenrand.
Zum hunderttausenden Mal nehme ich die Tube, rolle sie von unten her auf und stelle sie zurück in den Zahnbecher. 

Groll steigt in mir auf während ich, nach dem Duschen, in den noch beschlagenen Spiegel schaue. Der Spiegel gibt nur einen Teil meines Anlitzes frei während er langsam von den Seiten her auftrocknet.
Kennt ihr das? Es zeichnen sich die ulkigsten Umrisse im Spiegel ab. Heute wirkt es wie lauter kleine Affengesichter. Ich versinke in Gedanken.....

Jeder erinnert sich ja sicher gern an seine Kindheit. Unbeschwert, vermeintlich ohne Pflichten und behütet. So dürfte sich das bei den meisten wohl anhören, nicht aber bei mir. Ich erinnere mich nur ungern an diese Zeit. Als Kind von getrennten Eltern, lebend bei meiner selbstständig arbeitenden Mutter war ich wohl alles andere als wohl behütet. Kindermädchen und Tagesmütter bestimmten meine Kindheit die ich ohnehin bis zu meinem 4 Geburtstag bei meinen Großeltern verbrachte.
An eine dieser Familien erinnere ich mich besonders gut. Sie besaßen,  in einem ihrer Zimmer innerhalb ihrer Wohnung, einen Kapuziner Affen. Eingesperrt in einem, wie man es auch aus dem Zoo kennt, Käfig in dem ohne Probleme auch ein erwachsener Mensch Platz gefunden hätte. Hier fanden Familie, Freunde, eigene Kinder und Verwandte immer wieder große Freude an dem putzigen Tierchen.
Kaum jemand, nein ich denke heute "niemand",wusste welchem eigendlichen Zweck dieses Tier diente. Ich allerdings, als eines der zu betreuenden "Fremdkinder" hatte die große Ehre regelmäßig allein mit diesem Tier zu verbringen. Unterschied zwischen meinem und dem restlichen Besuch dieser Familie war lediglich eine geöffnete Käfig und eine geschlossene Zimmertür. 

Die vielen, kleinen Bisse auf meiner Kopfhaut und die ausgerissenen Haarbüschel meiner, zu diesem Zeitpunkt bis auf den Po reichenden, Haare bemerkte lange Zeit niemand. Auch mein flehen nicht wieder dort hin zu müssen wurde gern als Problem eines noch nicht abgeschlossenen abnabelungsprozesses von meiner Mutter verstanden.

Monate später verzogen wir, mal wieder, in eine andere Stadt und mein mytherium endete zwangsläufig an dieser Stelle. Zurück geblieben ist bis heute eine tiefsitzende Schwierigkeit Affen im Zoo als niedlich zu empfinden. 

Solche und ähnliche Episoden in meiner Kindheit führten mit 12 Jahren dazu das ich von Zuhause weglief. Gemeinsam mit einer Nachbarstochter, welche von meiner Mutter aufgrund ihres Elternhauses, stets abgelehnt wurde verbrachte ich damals 2 Nächte auf einem Abenteuer Spielplatz in einer der Baumhäuser. Am Morgen des 3 ten Tages griff uns die, von unseren Eltern eingeschaltete Polizei, auf der Straße auf. Komischerweise dachten wir über die Möglichkeit das wir gesucht werden könnten überhaupt nicht nach und waren daher guter Dinge auf dem Weg ins nahegelegenen Hallenbad um uns, man höre und staune, der Körperpflege zu widmen. 
Spaßig das ich heute, ausgerechnet in einem Bereich der Jugendhilfe tätig bin der sich mit Jugendlichen ,wie ich damals eine war, beschäftigt....

....Der Spiegel ist klar, ich sehe "mich" und verlasse das Bad. Der Tag kann beginnen!


© Traumwelt C.M.


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Beschreibung des Autors zu "Die Affengesichter"

Und täglich grüßt ein déjà vu
sollte ich jemals auf die glorreiche Idee kommen ein Buch zu schreiben und damit davon ausgehen das jemand sich für mein Geschreibsel interessiert dann sollte es ein etwas anders Buch sein. Anders als andere Bücher, eben besonders!  Daher habe ich mich entschlossen alle Sequenzen meines Lebens gleich beginnen zu lassen. Nämlich als déjà vu.

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