Langsam geht Miranda die Straße entlang. Soll sie es wirklich tun?
Es ist schon eine Ewigkeit her das sie ihren Sohn besucht hat.
Als sie ihn neulich bei der Beerdingung sah, traf sie der Schlag.
Wie groß er doch geworden war. Jay ist mittlerweile 17 Jahre und genauso blass wie sein Vater. Er ist ein wahrer Spargeltarzan und hat Mirandas wundervolle grüne Augen geerbt. Sein dunkelbrauner Wuschelkopf ist noch genauso strubbelig und wild wie zu seiner Kindheit. Wie wird er nur reagieren wenn sie plötzlich vor der Tür steht? Auf der Beerdigung hatte er sie kaum wahrgenommen.
„Na Prima! Das passt ja wie die Faust aufs Auge!“ flucht Miranda als es plötzlich anfängt zu regnen.
Die Straße kommt ihr so unendlich lang vor. Jetzt steht sie vor Violinas Haus. Ein kleines zierliches Vorstadthaus mit niedichem Garten. Sie klingelt. Eine Ewigkeit vergeht bis Die Tür geöffnet wird.
Edwin steht vor ihr. Eine Augenbraue hochgezogen und ein schelmisches Grinsen im Gesicht. „Trocken gefällst du mir besser!“ begrüßt er sie. „Na komm schon rein wir beißen nicht. Außer Snappy vllt..Doch Jay ist gerade mit ihm etwas rausgegangen. Du hast also Glück gehabt und wirst heil das Haus wieder verlassen.“ Miranda betritt das Wohnzimmer. Ja es war die richtige Entscheidung Jay damals hier her zu geben. Das alles hätte sie ihm nie bieten können denkt sie sich. Ein wundervolles weißes Ledersofa steht gegenüber einem heimeligen kuscheligem Kamin. „Das heißt er ist nicht da?“ fragt sie leise. „Ich hatte gehofft mal mit ihm reden zu können. Es tut mir alles so schrecklich leid. Ich hätte für ihn da sein müssen.“
Edwin legt ihr einen Arm um die Schulter und führt sie zum Sofa. „Nun setz dich erstmal, ich hole Violina.“ Edwin verlässt den Raum und Sekundenbruchteile später setzt sich Violina neben sie.
„Schön dass du mal vorbeischaust“ sagt sie, schaut Miranda aber dabei nicht in die Augen. Violina ist das genaue Gegenteil von Miranda. Sie ist klein, blond und pummelig. „Ich wollte mit Jay sprechen.“
„Hältst du das für eine gute Idee? Der Junge hat es so schon nicht leicht. Du weißt doch wie er über die Sache denkt. Ich glaube es ist besser wenn du es sein lässt und gehst!“ Edwin kommt mit einem Tablett auf dem 3 Colagläser stehen herein und setzt sich gegenüber den zwei Frauen in einen Sessel.
„Ich finde die Situation ist so schon schwer genug, und bevor du an Jay denkst, denk lieber an dich!“ mahnt Edwin. „Du bist so dürr geworden, man kann schon durch dich hindurch sehen. Du brauchst Hilfe Miranda.“ Beide blicken Miranda an und Violina ergreift ihre Hand. „Wir können dich nicht bei uns aufnehmen, aber ich habe gute Beziehungen und kann dir einen Job verschaffen wenn du das möchtest.“ Miranda versucht sich die Tränen zu verdrücken.„Violina, das wäre super lieb von dir! „
Volina steht auf und verlässt den Raum. Edwin blickt Miranda tief in die Augen. „Wenn irgenetwas ist dann meldest du dich bei uns, hast du mich verstanden? „ flüstert er. Miranda nickt nur. Violina kommt schon wieder zurück und drückt Miranda einen kleinen Zettel in die Hand. „Melde dich doch mal dort und sag einen schönen Gruß von mir. Das ist zwar nur ein kleines Restaurant, aber du würdest sehr viel mehr verdienen und müsstest nicht putzen gehen.“ „Mhm ich denke mal drüber nach. Muss jetzt aber auch schon wieder los.“ Sagt Miranda, umarmt noch kurz ihre Schwester und ihren Schwager und macht sich auf den Weg zu dem Restaurant. Es ist nicht weit entfernt und eigentlich sehr edel. Wenn nicht gerade „Eddys Bordell“ groß leuchtend über dem Eingang hängen würde. Ihre Schwester hatte schon immer eine dunkle Seite an sich. Hat sie früher angeschafft? Schafft sie noch an?
Was soll Miranda jetzt tun? „Ich hab ja nichts zuverlieren“ sagt sie sich und betritt Eddys Bordell. „Hey Süße, was willst du hier?“ vor ihr baut sich ein 2 Meter Mann auf, der genauso breit wie groß ist.„Ähm, ich würde gerne den Ladenbesitzer sprechen“ stottert Miranda. „Soso, den Ladenbesitzer möchtest du sprechen.“ Die Augen des Mannes blitzen auf und er flüstert ihr breit grinsend zu: „ Na dann komm mal mit!“


© Selina


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Kommentare zu "Nah am Abgrund 2"

Re: Nah am Abgrund 2

Autor: ullam   Datum: 19.10.2012 4:58 Uhr

Kommentar: Hallo,Selina, auch der zweite Teil ist sehr gelungen, lese gerne deine Geschichte. ullam

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