Sie hatten mich nicht bemerkt, die Jungen aus meiner Jahrgangsstufe. Ihren pubertär-männlichen Stimmen konnte die halbe Bahn zuhören. Ich hatte mich ein paar Sitzreihen hinter ihnen kleingemacht.

Dann hielt ich den Atem an. Etwas gedämpfter, aber immer noch viel zu laut tönte Jens in die Viererrunde: „Äh Alter, wenn du willst kannst du die Mari ficken. Kein Problem mir der.“

Einen Moment Schweigen. Dann die ungläubige Nachfrage von Kevin: „Ist die nicht mehr deine Freundin?“ Jens: „Keinen Bock mehr. Mari habe ich durch und durch gefickt. Bin auf was anderes scharf. Du kannst Mari haben, die fickt auch mit dir. Die braucht das.“

Mein Hals verengte sich, ich hätte würgen mögen. Mein Herz schlug heftig. Mari war nicht meine Freundin. Ich fand sie etwas einfach gestrickt und blöd - wie sie Jens anhimmelte seit sie seine Freundin sein durfte. Aber diese ekelhafte Art zu reden ließ mich fast heulen vor Wut. Ich nahm auch nicht mehr wahr, wie die anderen sich geil um Details bemühten.

Ich stieg eine Station früher als üblich aus, wollte nicht gesehen werden, wollte die Jungs nicht ansehen müssen.

Auf dem Weg nach Hause hatte ich Mari vor Augen. Aber sollte ich mich da irgendwie einmischen?

Zu Hause erklärte ich meiner Mutter, dass ich mir selbst etwas zu essen machen wollte. Ich wollte nicht daß sie sieht, wie es meinem zugeschnürten Hals ging. Während ich mir einen Pfannkuchen anrührte sprach ich halblaut vor mich hin: „Fressen, Ficken, Fußball...“ so sah mein Männerpsychogramm aus. „Fressen, Ficken, Fußball...“

Ich hatte nicht meine Mutter bemerkt, die saß neben der Küche auf der Dielenbank. Sie trat in die Küche. „Sag mal, wen meinst du damit?“ Das klang streng, lauernd.

„Ach!“ Gab ich schroff wider. Ich rührte weiter, in die Schüssel starrend.

Meine Mutter begriff. Sie berührte sanft meine Schulter. Aber ich schaute sie nicht an. Vielleicht suchte sie nach Worten, sie zögerte, tief atmend. „Es sind nicht alle so, Kathi, glaub mir.“ Ich war ihr dankbar, dass sie mich dann in Ruhe ließ.

Den Nachmittag brütete ich in meinem Zimmer vor mich hin, eingehüllt in Musik und Räucherstäbchenduft, an meiner Teetasse nippend.

Am frühen Abend holte mich meine Mutter an Telefon. Es war Matthias. Ob ich mit ihm zum Schnupperabend des Alpenvereins kommen würde. Die Leute da kennenlernen und von wegen, was man so an Ausrüstung braucht. „Ja klar, gern!“ In mir ging die Sonne auf und strahlte durch mein Gesicht hindurch meine Mutter an.


© Leandra


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