Meine liebe Muse,
mit der Liebe die von allem Leiblichen erlöst ist, darf ich Dich lieben, ohne Furcht und ohne Bedenken; rein und heilig ist sie.
In dieser Liebe umfange ich Dich mit dem Hauch unendlicher
Güte, ich enthebe Dich der Sorgen Deines Lebens und bin Dir Vater und
Mutter ebensosehr, wie ich Dein Geliebter bin. In ewigem Gleichmut ver-
binden uns die Gefühle der Sympathie, die wir zueinander hegen, wir sind einander lieb und gut in allen Gedanken, Worten und Taten. Beständig fühlen wir uns wie vereint, eins mit dem anderen und wie in Zärtlichkeit umschlungen. Und so licht und einfach und beseligend ist unser Dasein in der Gemeinschaft unsrer Seelen, dass wir darob beständig die reinste, innerste Freude verspüren. Und diese unsere göttliche Liebe ist von Engeln behütet,dass kein Fehl ihr geschehe; ein Strahlenkranz von Sternen zirkelt sie ein und wir sind zutiefst beglückt von ihrem sanftmütigen Leuchten.

Die Liebe, die ich meine, ist allumfassend. Wir schweben in ihr in erhabener Leichte dahin. Jede Faser unseres Wesens ist von ihrem unendlichen Lichte durchdrungen und in ihr erreichen wir für immer und ewig den Zustand höchster Beseligung. Es sind Sphären fraglosen Glückes, die wir durchstreifen, Gefilde der sonnigen Heiterkeit, kristallhelle Träume, die tausendmal wirklicher sind, als unser zur Erde gebundenes Leben. In der Liebe der höchsten Erhebung sind wir vollends vom Atem Gottes umhüllt in sich grenzenlos öffnenden Räumen. Das ganze All, Gottes Kind und Geschöpf, ist von seinem Fluidum erfüllt, in dessen duftender Zartheit wir uns wie im Märchen bewegen. Und sind wir uns fern oder nah, wir schenken uns Zärtlichkeiten geläuterter Art, die uns wieder und wieder wie wohlriechender Nektar erlaben. Wir durchdringen uns mit der Gestalt unserer
feinsten Gefühle, die leichter denn Schleier und Wölkchen, im Aether der Himmlischen schweben. Und wo wir auch sind, wir schauen mit strahlenden Augen des Geistes uns an, und in der hellen Klarheit unserer Blicke weiss sich eines vom andern im Tiefsten verstanden. Vertrauen gewährt es ihm, Freiheit und schenkt ihm das Mark seines Seins im verbindenden Strahl.

Die höchste Schöne aber dieser Liebe ist das gemeinsame Dasein in
zeitlosem Frieden. Umweht von sanften Winden der Seligkeit ruhn wir
im Austausch subtiler Gefühle. Und lieblich und traulich ist jede Gebärde der Schönheit mit der wir uns nahn. Götterfrüchte sind es, die uns nähren; in holdseliger Stille trinkt unseres Schauens Vermögen das Bild nie verblühender Blumenwiesen, und was wir empfinden im lichtvollen Staunen und Sein, strömt ohne Behind'rung vom einen zum anderen über.

Und nimmer fühlen wir uns allein. Wir wissen uns friedvoll von geheiligten Genien umgeben. In der Gemeinschaft der edelsten Geister erheben wir anbetend unser Sinnen zum Gott allumfassender Güte, in dem unser Sein sich erfüllt; und unser Loben und Preisen vereint sich dem
Gesang der Myriaden, die vor Ihm in Dank und Bewunderung weilen.

Denn Er ist Anfang und Ende im Bogen der Liebe; in Seiner Allweisheit
beschlossen ist jedes Bestehn. Und so war es und bleib es.
in Zeiten und Räumen; in Glauben und Lieben, wird jedes und alles
in seliger Freude in Gottes Allherrlichkeit ruhn.


© Ludwig Weibel


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