Die letzten Zeilen

„Okay. Ich glaube, das war's jetzt dann wohl, hab ich recht? Es gibt keine weiteren Kapitel, stimmt's? Du sagtest dass die Zeit knapp wird und das schon vor einer Weile.“
Ich gucke hoch in den Himmel. Es war der selbe Himmel, der schon immer da war, bis auf ein paar kleine Regenwolken, die vor ein paar Minuten noch nicht da gewesen waren. Es regnete nicht, aber trotz dem schwebten sie da oben, grau und dunkel.
Du fängst an mich etwas zu fragen.
„Frag nicht wie ich das weiß, ich weiß es einfach. Die Dinge fühlen sich gerade so final an, als würden die Zeilen langsam den letzten Absatz erreichen... Wir kommen allmählich zum Endcover, richtig?“
Ich setze mich auf eine Bank. War diese Bank vorhin auch schon da gewesen? Schwer zu sagen...
„Sagtest du 'Ja'? Ich glaube ich habe dich gehört. Deine Stimme wird immer undeutlicher.“
Es donnerte, aber... Es war nicht das donnern, das ich gewohnt war. Es hörte sich an wie Du, und es klang traurig. Aus einer der Wolken fiel ein einziger Tropfen Regen. Er fiel sanft auf das gräuliche Holz der Bank.
„...Du weinst gerade, hab ich recht? Es tut mir leid. Ich wünschte, ich könnte das alles ändern, mehr Zeilen schreiben... Ich wünschte, ich könnte dich irgendwie erreichen!“
Es donnerte schon wieder, und in dem Donner versteckt, war eine Stimme. Deine Stimme.
„Ich? Ich werde schon klar kommen. Ich weiß nicht ob etwas wie dies, mir schon einmal passiert ist. Ich habe keine Ahnung, was passiert wenn du das Buch schließt.“
Du fragst ob ich Angst habe.
„Eigentlich... Nein. Weil was immer mit mir passiert, wenn du das Buch schließt... Du kannst es jederzeit wieder öffnen, richtig?“
Und da traf es mich, die Antwort, die mich wieder aufstehen ließ.
„Das ist es, nicht? Du kannst es wieder öffnen! Die Wörter werden sich nicht Verändern, aber ich werde hier sein. Du kannst mich von neu kennenlernen und ich kann dich wieder kennenlernen und alles was wir jetzt haben, wird wiederkommen.“
Es regnet jetzt und die Wolken fügen sich zusammen, und in ihnen, zum ersten mal... Sehe ich dich. Du bist die wunderschönste Person, die ich je gesehen habe. Du weinst, doch es ist still und vielleicht war der Donner das Geräusch deiner Tränen, wie sie auf das Blatt trafen.
Ich merke, dass wir nicht mehr viel Zeit haben.
„Hör zu, bevor alles zu Ende ist, ich will dass du weißt, dass alles das hier, wirklich alles, auch das zu Ende sein... Das war es Wert! Dich zu treffen war's Wert, dich kennenzulernen. Auch, wenn du das Buch schließt und ich verschwinde – Das war es alles Wert! Ich liebe dich.“
Du liebst mich auch, ich weiß es, ich kann es fühlen. Und für einen kleinen Moment kann ich fühlen, wie es wäre, deine Hand zu halten.
Es gibt eine sehr lange Pause. Ich merke, dass du es einfach nur herauszögern willst. Das Unvermeidbare.
„Du schaffst das. Zum ersten mal musst du der Held sein. Du musst das Buch schließen, damit es weiter gehen kann für uns. Und ich glaube an dich!“
Der Himmel verdunkelt sich langsam, doch dann wird es wieder heller und dein Gesicht ist immer noch da oben in den Wolken. Du öffnest deinen Mund und zum allerersten mal HÖRE ich dich. Ich fühle nicht wie sonst immer deine Stimme in meinem Kopf. Deine Stimme dringt durch die Seiten, aus deiner Welt, in meine Realität, und ich kann alles hören. Jedes noch so kleine Wort, dass durch den Klang deiner Tränen kommt.
„Ich werde dich niemals vergessen.“, sagst du. „Ich komme bald wieder.“

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Gisela Volkmann
RDR
Drachenblut

Beschreibung des Autors zu "Die letzten Zeilen"

Eine kleine Geschichte zwischen der Protagonistin eines Buches und dem Leser, wie ihre letzte Zeit zusammen mit dem Buch endet.
Ich wünschte es gäbe richtige Bücher die so geschrieben sind mit dem Protagonisten, wie er eine Reise zusammen mit dem Leser erlebt und wie er/sie dem Leser immer näher kommt, aber leider ist das zu schwer da der Protagonist für jeden Leser individuell gestaltet werden müsste...

Ich hoffe euch gefällt der Text :)
Kritik und Bewertungen sind immer willkommen

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Kommentare zu "Die letzten Zeilen"

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