Ein Fest für alle

In einer kleinen Stadt in Deutschland, wo Lichterketten die Straßen erhellten und der Schnee die Dächer bedeckte, bereitete sich alles auf Weihnachten vor. Doch nicht jeder fühlte die Freude des Festes.
Farid, ein junger Mann, der vor einigen Jahren aus einem von Konflikten gezeichneten Land geflüchtet war, lebte seitdem allein in einer kleinen Wohnung. Während der Flucht hatte er seine Familie verloren; sie waren verstorben. Nun arbeitete er als Bäcker und führte ein zurückgezogenes Leben. Weihnachten feierte er nicht, da er einer anderen Religion angehörte. Trotzdem hatte er für den Abend ein ruhiges Essen geplant, um sich von der langen Arbeitswoche zu erholen.
Am Rande des Parks entdeckte er Mira, die sich in ihrem Rollstuhl abmühte, durch den tiefen Schnee zu fahren. Sie arbeitete in einem kleinen Café in der Nähe und war auf dem Heimweg, doch die Räder ihres Rollstuhls blieben immer wieder stecken.
„Kann ich Ihnen helfen?“ fragte Farid, als er näher kam.
Mira sah auf und lächelte erleichtert. „Das wäre wirklich nett, danke. Der Schnee macht es mir heute schwer.“
Farid hängte seine Tasche mit Lebensmitteln vorsichtig an die Rückseite des Rollstuhls und begann, ihn zu schieben. „Wohnen Sie weit weg?“ fragte er.
„Nicht weit,“ antwortete Mira. „Aber mit dem Rollstuhl dauert es im Schnee ewig.“
Während sie gingen, kamen sie ins Gespräch. Mira erzählte von ihrem Job im Café und davon, wie schwierig es manchmal war, ernst genommen zu werden. Farid nickte; er verstand das Gefühl, ausgeschlossen zu sein.
Plötzlich hörten sie ein leises Winseln. Es kam aus einem Karton am Rand des Weges. Farid blieb stehen, und Mira beugte sich vor. In dem Karton lag ein kleiner Welpe mit zotteligem Fell, der vor Kälte zitterte.
„Oh nein,“ sagte Mira. „Jemand hat ihn einfach ausgesetzt.“
Farid hob den kleinen Hund vorsichtig auf und wickelte ihn in seine Jacke. „Der arme Kerl,“ murmelte er. „Wir können ihn nicht hierlassen. Kennen Sie jemanden, der helfen kann?“
Mira nickte. „Selma. Sie kümmert sich um Tiere in Not. Lass uns zu ihr gehen.“
Ein unerwartetes Treffen
Selma lebte in einer kleinen Wohnung in der Altstadt und nahm oft Tiere auf, die niemand wollte. Als Farid und Mira mit dem zitternden Welpen ankamen, öffnete sie ihnen sofort die Tür.
„Kommt rein,“ sagte sie. „Es ist viel zu kalt draußen.“
In Selmas Wohnzimmer herrschte Wärme und ein fröhliches Chaos. Mehrere Hunde tollten miteinander herum – alle gerettete Tiere, die aus Krisenregionen nach Deutschland gebracht worden waren. Der kleine Welpe, den sie jetzt „Yuki“ nannten, zögerte zuerst, dann wedelte er vorsichtig mit dem Schwanz, als die anderen Hunde ihn begrüßten.
Farid erzählte, wie sie Yuki gefunden hatten, während Selma ihn behutsam trocknete und mit einem Napf warmen Futters versorgte.
„Bleibt doch zum Essen,“ sagte Selma schließlich.
Ein unerwartetes Fest
Die kleine Gruppe beschloss, spontan Weihnachten zusammen zu feiern. Mira bereitete Tee vor, Farid holte die Plätzchen aus seiner Tasche, die er eigentlich für sich gebacken hatte, und Anton – ein älterer, obdachloser Mann, der oft bei Selma Zuflucht fand – spielte leise Weihnachtslieder auf seiner Gitarre.
Obwohl Farid Weihnachten nicht feierte, spürte er zum ersten Mal seit Langem ein Gefühl von Zugehörigkeit. „Ich hätte nie gedacht, dass ich an diesem Abend Gesellschaft habe,“ sagte er leise.
Anton nickte. „Weihnachten ist nicht nur ein Fest für Christen. Es ist eine Erinnerung daran, dass wir alle füreinander da sein können – egal, wer wir sind oder woher wir kommen.“
Die Hunde, einschließlich Yuki, spielten vergnügt miteinander, während draußen leise der Schnee fiel.
Die Lehre der Geschichte: Liebe und Mitgefühl sind universell. Weihnachten ist nicht nur ein Fest für eine Religion oder Kultur, sondern eine Zeit, die uns daran erinnert, dass wir Brücken zueinander bauen können – unabhängig von Herkunft, Glaube oder Lebensumständen.


© Banana


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Beschreibung des Autors zu "Ein Fest für alle"

In dieser herzerwärmenden Geschichte geht es um Farid, einen jungen Mann, der vor Jahren seine Familie auf der Flucht verloren hat, und Mira, eine junge Frau im Rollstuhl. Gemeinsam begegnen sie Selma, einer liebevollen Hundeliebhaberin, und Anton, einem obdachlosen Mann. In einer verschneiten Weihnachtsnacht finden sie einen kleinen Welpen namens Yuki, der ihnen hilft, die wahre Bedeutung von Gemeinschaft, Mitgefühl und Zugehörigkeit zu erkennen. Die Geschichte zeigt, dass wahre Weihnachten nicht nur auf Traditionen beruhen, sondern in der Liebe und dem Zusammenhalt zwischen Menschen und Tieren liegen – unabhängig von Herkunft, Glaube oder Lebensumständen.

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Kommentare zu "Ein Fest für alle"

Re: Ein Fest für alle

Autor: Michael Dierl   Datum: 09.12.2024 0:24 Uhr

Kommentar: Hi, schöne Weihnachtsgeschichte! Paßt richtig gut in die heutige Zeit. Zum Bild kurz. Ist das mit Ki gemacht oder selbst gemalt? Schaut super aus!

lg Michael

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