Der Weihnachtsmann von nebenan


Es war der 22.Dezember und Familie Bauer hatte noch keinen Weihnachtsmann für ihre Tochter Katleen. Vater Wolfgang Bauer hatte an einen Weihnachtsmann gar nicht mehr gedacht. Die Bescherung der Familie am Heiligabend führte immer ein bestellter Weihnachtsmann durch. Die sechsjährige Katleen wollte es so haben, und für die Eltern war es einfach selbstverständlich.
Nun war es zu spät! Trotz guter Worte und der Aussicht auf ein gutes Trinkgeld konnte die Mitarbeiter des Weihnachtsmann – Bestelldienstes nicht überzeugen.
Im Bekannten- und Verwandtenkreis kam auch niemand als Weihnachtsmann in Frage.
Der Krach zwischen den Eheleuten war vorprogrammiert: Wolfgang versuchte seiner
Tochter den Weihnachtsmann auszureden. Je mehr Argumente er ins Feld führte,
um so trotziger und sturer wurde die Kleine.
Mutter Christa hatte den Einfall, einen Obdachlosen als Weihnachtsmann zu gewinnen. In ihrer Straße war nämlich ein Heim, in dem Obdachlose und Arbeitslose
wohnten.
Schon während der Sommermonate war ihr ein Mann aufgefallen, der in diesem
Gebäude wohnte. Christa sah diesen Mann öfter beim Einkauf in der Kaufhalle.
Der Betreffende war groß und stattlich, immer sauber gekleidet und er hatte von
Natur aus einen richtigen Weihnachtsmannbart.
Als Christa ihr Vorhaben Wolfgang erzählte, tat er es mit den Worten ab: „Einen
Assi als Weihnachtsmann, du bist wohl von allen guten Geistern verlassen!“
Am nächsten Tag beim Bäcker begegnete sie dem Betreffenden.
Er war wie immer sauber gekleidet und es bestanden auch keine Anzeichen, dass
derselbige vielleicht ein Trinker wäre.
Christa sprach ihn an, und nach einem kurzen Gespräch gab er ihr seine Einwilligung.
Christa erzählte ihrer Familie nichts von dieser Absprache. Ihre Tochter Katleen
hatte sich schon damit abgefunden, das es in diesem Jahr eine Bescherung ohne
Weihnachtsmann geben wird. Katleen wollte nämlich in diesem Jahr, den
Weihnachtsmann auf Herz und Nieren testen. Ihr Freund Frank hatte nämlich gesagt,
das es keine himmlischen Weihnachtsmänner gibt. Dies wären nur Erwachsene,
die sich verkleiden würden.

Die haben im Gesicht eine Papplarve und sie tragen immer gut geputzte Halbschuhe.
Außerdem kennen sie sich immer in deinem Zuhause gut aus, und sie fragen auch
Immer, ob du auch artig warst oder ob du ein Weihnachtsgedicht aufsagen kannst.
Des weiteren können sie nie „ bitte“ oder „danke“ sagen.
Frank sagte weiter: „ Wenn es wirkliche richtige Weihnachtmänner gäbe, dann tragen diese Stiefel, und sie haben auch keine Papplarve auf, aber vor allem können sie
freundlich „bitte“ und „danke“ sagen.“
Jetzt war Katleen , in jeder Frage, über den wahren Weihnachtsmann aufgeklärt.
Trotzdem hielt sie sich an ihrem geschaffenen Weihnachtsmannbild fest.
Nun war schon Heiligabend und Uroma Liesbeth war auch, wie jedes Jahr, schon
da. Wolfgang holte sie immer, zum Heiligabend, aus dem fernen Kassel ab.
Man saß gemütlich an der Kaffeetafel im Wohnzimmer. Der geschmückte Baum
strahlte Wärme und Geborgenheit aus.
Die Bescherung erfolgte bei Familie Bauer, immer erst nach dem Abendessen.
Plötzlich klingelte es ganz heftig, und Mutter Bauer eilte zur Tür.
Vor der Tür stand ein stattlicher Weihnachtsmann. Es war der Mann aus dem
Obdachlosenheim, und er hatte sein Versprechen eingehalten!
Uroma Liesbeth, Katleen und am allerwenigsten hatte Vater Wolfgang noch mit
einem Weihnachtsmann gerechnet.
Christa bat ihm ins geschmückte Wohnzimmer.
Der Weihnachtsmann trug einen großen Jutesack auf seinem Rücken.
Katleen überlegte fieberhaft, was hatte Frank über einen echten Weihnachtsmann
gleich gesagt?
Dieser Weihnachtsmann trug Stiefel und er hatte keine Papplarve. Ein dichter,
fülliger Bart umsäumte sein freundliches Gesicht.
Also, doch ein richtiger Weihnachtsmann.
Alle wollten nun dem Weihnachtsmann ein Gedicht aufsagen. Der Weihnachtsmann
sagte: „ Er müsse noch mehr Kinder bescheren, und er habe es deshalb sehr eilig.“
Er hörte sich von Katleen ein Gedicht an. Die Uroma Liesbeth ließ sich nicht davon abbringen, sie musste auch ein Gedicht, und zwar von Uhland, vortragen.
Dabei musste sie husten und niesen, was jedoch der Weihnachtsmann schmunzeln
ertrug. Nachdem der Weihnachtsmann alle Geschenke verteilt hatte, bedankten
sich alle Vier recht überschwänglich.

Vater Wolfgang brachte den Weihnachtsmann vor die verschneite Haustür. Es war
draußen sehr kalt, und der Wind ließ die Schneeflocken tanzen. Der Weihnachtsmann klopfte Wolfgang mit seinen Besen auf dessen linke Schulter.
Danach befestigte der Weihnachtsmann seine Skier an seinen schwarzen Stiefeln
und ab ging die Post. Man hörte ihn aus der Ferne mehre Male „ frohe Weihnacht“
rufen.
Nach dem Weihnachtsfest begegnete Katleen ihren Freund Frank. Er sprudelte gleich los: „ Katleen ich muss dir etwas ganz Tolles erzählen.“ „ Am Heiligabend
war ich vormittags in der Stadt, denn ich sollte für meine Mutter Backhefe holen“
Da sprach mich plötzlich eine ältere Frau an. Sie fragte mich, ob ich sie gemeinsam
mit dem Weihnachtsmann einmal fotografieren könne.
Ich sagte zu ihr, wenn es sich lohne, mache ich fast alles!
Der Weihnachtsmann umarmte die Frau und ich schoss ein Foto.
Wieder zu Hause angekommen, zog ich meine Jacke aus, und jetzt wirst du staunen,
Katleen. In der linken Jackentasche befand sich ein kleines Plasteauto, und in der
rechten Jackentasche waren zwei Goldeuros, aus leckerer Schokolade. Ich stand nach dem Fotografieren eine ganze Weile neben dem Weihnachtmann, und wir unterhielten uns. Ich habe nichts gemerkt, und trotzdem waren die Geschenke
in meinen Jackentaschen.
Katleen, wenn ich es mir so recht überlege, dann glaube ich wieder an den Weihnachtsmann!
Katleen erzählte Frank auch von ihrem Erlebnis mit dem Weihnachtsmann,
und in ihren Herzen war er wieder eingekehrt…


© Jürgen


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